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STF contra PRA. Sieg durch K.O. in der dritten Runde?

STF contra PRASTF contra PRA
Sieg durch K.O. in der dritten Runde?

Als im Frühjahr 2008 PRA bei VPM an den Start ging, da hatte das sicher mehrere Gründe. Man suchte Ersatz für die eingestellte Atlan-Serie, wollte wohl auch den Einstieg in die hoch komplexe Hauptserie erleichtern. Bestimmt war PRA auch als Testfeld für neue Autoren gedacht.

Ganz sicher waren die Mannen bei VPM aber auch durch den Erfolg von STERNENFAUST inspiriert.

Daran, dass mit MADDRAX eine langlebige Konkurrenzserie bei Bastei entstanden war, hatte man sich sicher schon gewöhnt, konnte man sich doch damit trösten, dass hier ein einmaliger Genremix aus Endzeit-SF, Fantasy und Horror vorlag.

Aber ein Konkurrent auf dem Gebiet der reinen SF?

Das konnte man nicht auf Dauer unbeachtet lassen. Und wie man früher z.B. auf Ren Dhark und Rex Corda mit der PR-Zweitauflage reagiert hatte - und das letztlich mit Erfolg! - so rückte man jetzt der Konkurrenz gewissermaßen mit den eigenen Waffen zu Leibe. Wie STERNENFAUST spielte auch PRA in einem Universum mit eher bodenständiger Technik und statt der gewaltigen Zyklen der Mutterserie gab es bei PRA ähnlich wie bei STERNENFAUST nur Kurzzyklen. Und wie damals bei STF so nahmen auch bei PRA Schlachten und Kämpfe einen sehr breiten Raum ein.

Jetzt ist das Kräftemessen beendet und zwar mit einem durchaus überraschenden Ende: STERNENFAUST läuft weiter, PRA wird eingestellt.

Der letzte BandMan kann das ganze natürlich schnöde kaufmännisch erklären, etwa so: Bei VPM ist man halt ganz andere Absatzzahlen und Gewinnmargen gewohnt als bei Bastei. Letztere geben sich eben mit bescheideneren Verkaufserlösen und Gewinnen ab, als  die Leute um den Erben des Universums. Fakt bleibt aber, VPM hätte PRA nicht eingestellt, wenn damit Geld zu verdienen gewesen wäre und STERNENFAUST hätte es nicht bis zur 117 gebracht, wenn Bastei Geld zuschiessen müsste. Oder man sieht das Ganze aus der übergeordneten Perspektive und betrachtet das Ende von PRA als den Anfang vom Ende der SF im Heftroman, dem die anderen Serien früher oder später zwangsläufig folgen werden. Das alles hat seine Berechtigung und es liegt jeweils ein Stück Wahrheit darin. Man kann es aber auch ganz anders anfangen und das Ganze einmal anhand der Inhalte betrachten und daraus seine Schlüsse zu ziehen. 

Wenn PRA jetzt nach nur 36 Ausgaben eingestellt wird, ist das der absolute Minusrekord für eine deutsche SF-Heftserie seit Anfang der sechziger Jahre. Trotzdem heisst das nicht, dass die Serie ein kompletter Fehlschlag war. Sicher hat PR durch PRA einige neue Leser gewonnen und auch von den Autoren, die sich dort ausprobieren konnten, haben sich einige für die Mutterserie empfehlen können. Der Konkurrenz konnte allerdings nicht das Wasser abgegraben werden.

Woran lag es letztlich, dass PRA auf der Strecke geblieben ist, während die STERNENFAUST weiter durchs Universum fliegt? Schließlich gab es viele Befürworter, auch hier im Zauberspiegel wurde PRA  in verschiedenen Beiträgen als zeitgemäße Version von PR und spannende Unterhaltung begeistert kommentiert! Hat am Ende nicht vielleicht doch die komplexe, abwechslungsreiche Unterhaltung über schlichtes "Shoot and Run" und eine zu enge und festgefahrene thematische Ausrichtung triumphiert? Bleibt die SF eben doch letztlich ein Genre für neugierige, vielseitig interessierte Leser und ist keine in Buchstaben gegossene Form eines Egoshooters? Es gibt gute Argumente für so eine Sichtweise.

Im Grunde schien alles von vornherein für PRA zu sprechen. Bei VPM gab es eine Zyklen- und Serienerfahrene Crew und ein Verlagshaus, das seit Jahrzehnten auf zyklenorientierte Serien gesetzt hatte. Bei Bastei dagegen war der einzige Versuch in diese Richtung, BAD EARTH, schon mit Nummer 45 eingestellt worden. Die neue STERNENFAUST-Serie sollte deshalb bewußt wieder stärker dem Erfolgscredo des Hauses, abgeschlossene Einzelromane, folgen. Dazu kommt der enorme Startvorteil den PRA hatte. Allein durch die Werbung in der Mutterserie wurden viel mehr potentielle Leser erreicht als bei den Anzeigen von Bastei beim Professor und bei MADDRAX. Und doch...

Vielleicht fassen wir noch mal zusammen, was PRA eigentlich ausmachte. Am einfachsten ist wohl der Unterschied zur Mutterserie zu beschreiben. PRA war so eine Art PR-light. Man hat die erfolgreiche PR-Serie genommen und dann fast bis auf das Skelett ausgeweidet.

  • 1. Der von den Fans so geliebte kosmische Hintergrund wurde radikal entfernt.
  • 2. Die PR-eigene Vielfalt der Figuren und Handlungsträger wurde zugunsten einer Fixierung auf Perry Rhodan selbst aufgeben.
  • 3. Die großangelegten Zyklen über 100 Bände und mehr wurden durch Kurzzyklen von jeweils zwölf Bänden ersetzt. 
  • 4. Das faszinierende Rhodansche Universum wurde beinahe wieder auf Null gefahren.
  • 5. Auch die ausgefeilte Technik wurde wieder auf ein relativ bescheidenes Maß zurückgesetzt.
  • 6. Anstelle der gewohnten komplexen Handlung trat oft schlichtes Shoot and Run, wurde sogar mit dem Prädikat "Action" geradezu zum Markenzeichen der Serie erhoben. 
  • 7. Die komplexen, differenzierten Konflikte der Mutterserie wurden durch das simple Schwarz/Weiss-Schema "Rhodan gegen einen Oberschurken" ersetzt.
  • 8. Als nostalgische Reminiszenz wurden die Mutanten reaktiviert.
  • 9. Weltbewegende Entwicklungen waren von vornherein ausgeschlossen, weil keine Widersprüche zur Mutterserie entstehen durften.

Klar, dass viele Rhodan-Leser damit nicht wirklich zu packen waren. Aber wie sah es mit den STERNENFAUST-Lesern aus? Waren die nicht auch auf die "Raumschlacht der Woche" und permanente Kämpfe abonniert? War die Serie nicht auch stark auf die Hauptperson Dana Frost fixiert? Eher bodenständige Technik ist ebenfalls ein Merkmal der STERNENFAUST und auch einen kosmischen Überbau gab es in den ersten 60 Heften nur ganz am Rande in Gestalt der Toten Götter und ihrer Hinterlassenschaften. Insofern wundert es nicht, dass viele STERNENFAUST-Leser beim Start von PRA begeistert waren.

Und was geschah dann? Bei PRA verliefen die ersten beiden Zyklen im Grunde nach dem gleichen Muster (obwohl es vorsichtige Ansätze zu mehr Themenvielfalt in der zweiten Staffel gab!) und auch der anfangs vielversprechende dritte Zyklus reihte sich letztlich wieder da ein. Kämpfe, Schiessereien, Verfolgungsjagden, Zweikämpfe, Explosionen, aber wenig Geschichte, am Ende eines Bandes war die Handlung oft nur milimeterweise voran gekommen. Rhodan fast immer mitten drin, andere Figuren blieben blaß. Nur die Mutanten vermittelten noch ein wenig "echten" Rhodanflair. Kosmischer Überbau Fehlanzeige! Also im Grunde schmorte man die ganze Zeit im eigenen Saft, wirkliche Entwicklung war nicht vorhanden, das Grundmuster ist immer gleich geblieben. Wie sagte Marc A. Herren an anderer Stelle so treffend: Die Serie fußt im Grunde darauf, dass Perry mit dem Strahler in der Hand dauernd irgendwelchen Gangstern nachrennt.

Sternefaust fliegt weiter - Hier zum 118. MalGanz anders bei der STERNENFAUST. Die Serie entpuppte sich als Chamäleon, wurde immer wieder neu erfunden und überraschte den Leser mit Veränderungen. War der Start noch stark im Sinne des Aliens der Woche geprägt mit Begegnungen auf fremden Planeten und Kontakten zu verschiedenen Außerirdischen, kam dann der Schwenk zur Raumschlacht der Woche, waren nebenbei Elemente wie Agentenstories und so spannende Entwicklungen wie die Genetics, genmanipulierte Menschen, eingeführt worden. Die abgeschlossenen Einzelabenteuer wurden allmählich mit einem immer stärker werdenden Roten Faden versehen. Überraschend wartete man sogar mit Fantasy-Elementen auf, schickte Dana Frost als Amazone ins Reich der barbarischen Morax. Es folgten eine speziesübergreifende Expedition in unerforschte Bereiche der Galaxis und schließlich (beim Start von PRA) befand man sich endgültig auf der Spur von Überwesen, der Toten Götter und ihrer Helfer. Während PRA die vielschichtige und komplexe Rhodanserie minimierte, expandierte das STERNENFAUST-Universum. Telepathie und Teleportation hielten Einzug in die Serie. Die einzelnen Zyklen waren nicht mehr abgeschlossen, sondern gingen thematisch ineinander über. Statt einfacher Schwarz/Weiss-Konflikte gab es differenziert dargestellte Auseinandersetzungen mit den Hinterlassenschaften der Toten Götter und ihrer Hilfsvölker. Nach dem Neustart mit Band 100 trat sogar Dana Frost zugunsten anderer Figuren ein wenig in den Hintergrund, gab es vermehrt Geschichten, die ohne die STERNENFAUST und ihre Crew auskamen. Die Technik dagegen wurde immer vager und fantastischer. Wen nimmt es Wunder, dass jetzt auch öfter Rhodan-Leser den Weg zur STERNENFAUST fanden?

Um es einmal überspitzt auf den Punkt zu bringen. Jeder STERNENFAUST-Roman ist/war gewissermaßen eine Wundertüte, überraschte den Leser und nur wer dabei blieb, blieb auf der Höhe der Zeit, bekam mit, welchen Dreh die Serie jetzt wieder bekam. Anders bei PRA, dort gab es immer genau das, was die Reihe versprochen hatte "Action" und Rhodan persönlich mitten drin, garniert mit ein paar Mutanten. Darauf konnte der Leser sich verlassen. Keine Experimente, keine Entwicklung, keine Überraschungen. Für zwölf Bände hatte ein solch einfaches Konzept sicher seinen Reiz, aber darüber hinaus? Nein, die thematischen und inhaltlichen Beschränkungen der Serie hätten schon radikal abgebaut werden müssen, um auf Dauer eine breite Leserschaft zu fesseln.

Also doch thematische Vielfalt und Einfallsreichtum bezwingen simple Dauer-"Action" und thematische Einheitskost? Natürlich kann man die Entwicklung so interpretieren! Aber es bleiben Zweifel, vielleicht ist alles ganz anders. Kann es sein, dass PRA doch ein großer Erfolg war?  Wenn man sich Band 2500 von PR anschaut, dann hat am Ende vielleicht doch das PRA-Prinzip gesiegt. Nur, dass es jetzt eben in die Mutterserie Einzug hält. "Action" statt Geschichte, weg mit dem kosmischen Überbau, Rhodan im Mittelpunkt der Serie als "Hans Dampf in allen Gassen". Und dazu das bekannte PR-Universum mal eben entsorgt. Für PRA-Fans sicher eine interessante Perspektive, für andere PR-Leser wohl eher gewöhnungsbedürftig oder ein Grund, mal wieder auszusteigen und auf bessere Zeiten zu warten. Ist also letztlich nicht PRA eingestellt worden, sondern die Mutterserie? Läuft PRA wegen des großen Erfolges jetzt unter dem Label PR weiter? Und ist umgekehrt die STERNENFAUST zur wahren Erbin der Rhodanserie avanciert, mit Psi-Fahigkeiten, kosmischem Überbau und langwierigen Zyklen?

Was würde daraus folgen? Können Adaptionen bei einer Serie, die (wohl aufgrund geringerer Auflage) teurer als die Mutterserie angeboten wurde, die PR-Erstauflage  wirklich nach vorne bringen? Oder werden wir hier in fünf Jahren viele Artikel über STERNENFAUST Band 250 finden, die letzte große deutsche SF-Heftserie, während gleichzeitig VPM den Heftbereich endgültig dichtgemacht hat und PR(A) in Form monatlicher Taschenhefte oder gar zweimonatiger HCs oder Softcover bei einem der Kleinverlage seinen Lebensabend beschließt? 

Die Zeit wird es zeigen!

Aber ich bin optimistisch. Betimmt soll die momentane Entwicklung in der Erstauflage nur den PRA-Lesern den Umstieg auf die Mutterserie erleichtern. Und vielleicht schüttelt VPM - wie so oft in der Vergangenheit - demnächst wieder einen zukunftsweisenden Knüller aus dem Ärmel und setzt einen weiteren Meilenstein für die deutsche SF, mit neuen innovativen Ideen, die wieder mehr auf die Stärken der Mutterserie PR setzen.

Und in Bezug auf PRA gilt es nur noch zu sagen:  Requiescat in Pace!

Kommentare  

#16 Hermes 2009-08-28 15:33
Zitat:
Kann es sein, dass PRA doch ein großer Erfolg war? Wenn man sich Band 2500 von PR anschaut, dann hat am Ende vielleicht doch das PRA-Prinzip gesiegt. Nur, dass es jetzt eben in die Mutterserie Einzug hält. "Action" statt Geschichte,...
Wenn man jetzt mal ins Rhodan-Forum schaut, wo über die letzten Hefte diskutiert wird, scheint an dieser eher provokanten Aussage doch einiges dran zu sein!
#17 Laurin 2009-08-29 02:02
Würde ich auch so sehen Hermes,
zumal es durchaus logisch ist neue Stielelemente eher in einer begrenzten Ablegerserie zu testen als sie Knall auf Fall in die Muterserie einzufügen ohne vorher zu wissen ob man damit Zuspruch oder Ablehnung erfährt (und welche Dosis Action nun die Richtige ist).

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