Michael Ende und seine Bücher - Die unendliche Geschichte
Die unendliche Geschichte
zum 30. Geburtstag von Michael Endes Fantasy(Welt)Bestseller
zum 30. Geburtstag von Michael Endes Fantasy(Welt)Bestseller
Mit der unendlichen Geschichte habe ich um mein Leben gekämpft. Sie hat mich fast ins Irrenhaus gebracht. Da war ich auch noch zum Schluss, als ich sie fertig hatte, total unsicher, obs nicht der größte Mist geworden ist, den ich je gemacht hab. (1)
Das Buch entwickelte sich rasch zum ersten deutschsprachigen Fantasyweltbestseller. Bis 1983 erschienen 1 Millionen Exemplare in 15 Auflagen. 60 Wochen hielt sich der Roman in der Spiegelbestsellerliste. Bis zu Endes Tod, 1995, kletterte die Auflage auf 5,6 Millionen. Heute, 30 Jahre danach, ist Die unendliche Geschichte in über 40 Sprachen übersetzt mit einer Auflage von 10 Millionen Exemplaren.
Bastian Balthasar Bux, ein vielleicht 11 jähriger dicklicher Junge, flieht an einem regnerischen Novembermorgen vor seinen Klassenkameraden in das Antiquariat von Karl Konrad Koreander. Der alte Mann, in ein Buch vertieft, fühlt sich von dem Jungen gestört, mag eigentlich sowieso keine Kinder und will Bastian möglichst schnell loswerden. Ihr kurzes Gespräch wird vom Klingeln des Telefons unterbrochen. Koriander legt das Buch, in dem er gerade gelesen hat, ab und geht zum Telefonieren ins Büro. Bastians Blick fällt auf den schönen kupferroten Einband. Der kleine Büchernarr ist fasziniert, fühlt sich von dem Buch mit dem Titel Die unendliche Geschichte magisch angezogen. Er greift danach und schleicht sich leise hinaus. Dann beginnt er zu laufen, Richtung Schule. Das schlechte Gewissen plagt ihn. Er hat gestohlen. Wo soll er jetzt hin? Er versteckt sich auf dem Dachboden der Schule, holt das Buch unter seiner Jacke hervor und beginnt zu lesen.
Er liest von dem Land Phantasien, das durch das Nichts bedroht wird, und von der Herrscherin dieses Reiches, der Kindlichen Kaiserin, die an einer unheimlichen Krankheit leidet, die sie töten wird. Und auch von Atreju, dem elfjährigen Jungen vom Volk der Grünhäute, der sich auf die Große Suche begibt um eine Möglichkeit zu finden, Phantasien zu retten. Bastian vertieft sich immer weiter in die unendliche Geschichte, erleidet lesend Hunger, Durst, Angst und viele Gefahren an der Seite Atrejus bis sie ans südliche Orakel gelangen und von der Rettung Phantasiens erfahren: Ein Menschenkind muss der Kindlichen Kaiserin einen neuen Namen geben und Phantasien wird neu erschaffen. Atreju sucht weiter, während das Nichts sich weiter ausbreitet. Aber seine große Suche bleibt ohne Erfolg. Enttäuscht kehrt er zum Elfenbeinturm, zur Kindlichen Kaiserin zurück, mit Bastian, der ihn lesend begleitet. Irgendwie hatte Bastian schon die ganze Zeit das merkwürdige Gefühl, das er die unendliche Geschichte beeinflussen könnte. Er weiß sogar schon einen neuen Namen für die Herrscherin Phantasiens. Aber er traut sich nicht ihn auszusprechen. Erst als die Kindliche Kaiserin mit der Hilfe des Alten vom wandernden Berg das Ende Phantasiens herbeiführt, ruft Bastian ihren neuen Namen: Mondenkind.
Nun ist auch Bastian ein Teil der unendlichen Geschichte. Er bekommt von Mondenkind das Amulett Auryn, das Zeichen der Kindlichen Kaiserin, und den Auftrag Phantasien neu zu erschaffen. Tu was Du willst steht auf der Rückseite des Auryn. Und Bastian tut, was er will, ohne zu ahnen, was die Inschrift wirklich bedeutet. Er verliert sich immer mehr in Phantasien, vergisst langsam sein früheres Leben. Und wir begleiten ihn auf seinem Weg Phantasien neu zu erschaffen. Perelin, der Nachtwald und Goab, die Wüste der Farben entstehen. Wir begegnen dem Löwen Graograman, dem bunten Tod und der Dame Aiuola. Und wir erleben wie Bastians Freundschaft zu Atreju auf eine harte Probe gestellt wird. Am Ende seiner langen Reise erkennt Bastian, das ihn nur das Erkennen seines wahren Willens zurück nach Hause bringt. Und dorthin muss er zurückkehren, wie ihm am Ende des Buches Karl Konrad Koreander bestätigt: Es gibt Menschen, die können nie nach Phantasien kommen, und es gibt Menschen, die können es, aber sie bleiben für immer dort. Und dann gibt es noch einige, die gehen nach Phantasien und kehren wieder zurück. So wie du. Und die machen beide Welten gesund.
Die Entstehung der unendlichen Geschichte geht auf das Jahr 1977 zurück. Zwei Jahre schrieb Michael Ende an dem Buch. In einem Interview mit Klaus Seehafer zu Beginn der 1980er Jahre erinnert er sich:
Aber das ist eine andere Geschichte und soll ein andermal erzählt werden. Diesen Satz, der immer wieder in der Unendlichen Geschichte vorkommt, hat Roman Hocke zum Anlass genommen, 2003 sechs Autoren zu bitten, eine dieser Geschichte zu erzählen. Ralf Isau, Tanja Kinkel, Ulrike Schweikert, Peter Freund, Wolfram Fleischhauer und Peter Dempf sind dieser Aufforderung nachgekommen. Roman Hocke spricht im Interview mit Momo Evers darüber:
Doch dann wendete sich das Blatt. Ohne Endes Wissen verkaufte Geissler die Filmrechte weiter an die Neue Constantin Filmgesellschaft, an Bernd Eichinger. Der Autor befürchtete: Die Gefahr, die ich sehe, besteht eigentlich darin, dass man vor lauter äußeren, eindrucksvollen Bildern den eigentlichen Kern der Story verliert, das, was den Leuten so direkt zu Herzen geht in meiner Geschichte... Genau das muss gerettet werden. Der Kern muss erhalten bleiben, und das hängt wirklich vom Regisseur ab.(5)
Eichinger wollte Ende als künstlerischen Berater. Er durfte sogar Einfluss auf die Wahl des Regiesseurs, der Hauptdarsteller und die Ausstattung nehmen. Gemeinsam wollte man: . (6)
Doch dann kam es zum Eklat. Das von Michael Ende und dem Regiesseur Wolfgang Petersen mühsam erarbeitete Drehbuch, für Ende schon ein kaum tragbarer Kompromiss, wurde von Bernd Eichinger verworfen. Der Autor erfuhr nur zufällig davon. Ende war entschlossen den Film zu stoppen. Am 10.03.1983 kam es zu einem Treffen in den Räumen des Thienemann Verlages in Stuttgart. Eichinger drohte Autor und Verlag mit einer Millionenklage. Es kam zur Unterzeichnung des Stuttgarter Dokuments, worin sich Ende und der Thienemann Verlag verpflichteten, die Verfilmung nicht weiter zu behindern. Dafür erhielt der Autor das Recht, bei Nichtgefallen des Films, seinen Namen zurückzuziehen.
Am 29.03.1984 sah Michael Ende die Nullkopie des Films. Er urteilte: (7) Er zog seinen Namen zurück: Ich würde mich selbst nicht mehr im Spiegel erkennen, würde ich für so etwas meinen Namen hergeben.(8)
Die unendliche Geschichte lief mit großem Presserummel am 06.04.1984 in 300 Kinos an. Im Herbst darauf startete der Film mit 1000 Kopien in den USA. Sowohl in Deutschland, wie auch in Amerika war der bis dahin teuereste deutsche Film ein großer Erfolg. Michael Ende allerdings war enttäuscht:
(1) Interview mit Klaus Seehafer, Anfang 1980er
(2) ebenda
(3) Interview Roman Hocke, geführt von Momo Evers für die Zeitschrift Nautilus, 2004
(4) Hocke / Neumahr: Michael Ende, magische Welten, 2007, Seite 113
(5) Hocke / Kraft: Michael Ende und seine phantastische Welt, 1997, Seite 117 / 118
(6) ebenda Seite 118
(7) ebenda Seite 122
(8) ebenda Seite 123
(9) ebenda Seite 123
Bastian Balthasar Bux, ein vielleicht 11 jähriger dicklicher Junge, flieht an einem regnerischen Novembermorgen vor seinen Klassenkameraden in das Antiquariat von Karl Konrad Koreander. Der alte Mann, in ein Buch vertieft, fühlt sich von dem Jungen gestört, mag eigentlich sowieso keine Kinder und will Bastian möglichst schnell loswerden. Ihr kurzes Gespräch wird vom Klingeln des Telefons unterbrochen. Koriander legt das Buch, in dem er gerade gelesen hat, ab und geht zum Telefonieren ins Büro. Bastians Blick fällt auf den schönen kupferroten Einband. Der kleine Büchernarr ist fasziniert, fühlt sich von dem Buch mit dem Titel Die unendliche Geschichte magisch angezogen. Er greift danach und schleicht sich leise hinaus. Dann beginnt er zu laufen, Richtung Schule. Das schlechte Gewissen plagt ihn. Er hat gestohlen. Wo soll er jetzt hin? Er versteckt sich auf dem Dachboden der Schule, holt das Buch unter seiner Jacke hervor und beginnt zu lesen.
Er liest von dem Land Phantasien, das durch das Nichts bedroht wird, und von der Herrscherin dieses Reiches, der Kindlichen Kaiserin, die an einer unheimlichen Krankheit leidet, die sie töten wird. Und auch von Atreju, dem elfjährigen Jungen vom Volk der Grünhäute, der sich auf die Große Suche begibt um eine Möglichkeit zu finden, Phantasien zu retten. Bastian vertieft sich immer weiter in die unendliche Geschichte, erleidet lesend Hunger, Durst, Angst und viele Gefahren an der Seite Atrejus bis sie ans südliche Orakel gelangen und von der Rettung Phantasiens erfahren: Ein Menschenkind muss der Kindlichen Kaiserin einen neuen Namen geben und Phantasien wird neu erschaffen. Atreju sucht weiter, während das Nichts sich weiter ausbreitet. Aber seine große Suche bleibt ohne Erfolg. Enttäuscht kehrt er zum Elfenbeinturm, zur Kindlichen Kaiserin zurück, mit Bastian, der ihn lesend begleitet. Irgendwie hatte Bastian schon die ganze Zeit das merkwürdige Gefühl, das er die unendliche Geschichte beeinflussen könnte. Er weiß sogar schon einen neuen Namen für die Herrscherin Phantasiens. Aber er traut sich nicht ihn auszusprechen. Erst als die Kindliche Kaiserin mit der Hilfe des Alten vom wandernden Berg das Ende Phantasiens herbeiführt, ruft Bastian ihren neuen Namen: Mondenkind.
Nun ist auch Bastian ein Teil der unendlichen Geschichte. Er bekommt von Mondenkind das Amulett Auryn, das Zeichen der Kindlichen Kaiserin, und den Auftrag Phantasien neu zu erschaffen. Tu was Du willst steht auf der Rückseite des Auryn. Und Bastian tut, was er will, ohne zu ahnen, was die Inschrift wirklich bedeutet. Er verliert sich immer mehr in Phantasien, vergisst langsam sein früheres Leben. Und wir begleiten ihn auf seinem Weg Phantasien neu zu erschaffen. Perelin, der Nachtwald und Goab, die Wüste der Farben entstehen. Wir begegnen dem Löwen Graograman, dem bunten Tod und der Dame Aiuola. Und wir erleben wie Bastians Freundschaft zu Atreju auf eine harte Probe gestellt wird. Am Ende seiner langen Reise erkennt Bastian, das ihn nur das Erkennen seines wahren Willens zurück nach Hause bringt. Und dorthin muss er zurückkehren, wie ihm am Ende des Buches Karl Konrad Koreander bestätigt: Es gibt Menschen, die können nie nach Phantasien kommen, und es gibt Menschen, die können es, aber sie bleiben für immer dort. Und dann gibt es noch einige, die gehen nach Phantasien und kehren wieder zurück. So wie du. Und die machen beide Welten gesund.
Die Entstehung der unendlichen Geschichte geht auf das Jahr 1977 zurück. Zwei Jahre schrieb Michael Ende an dem Buch. In einem Interview mit Klaus Seehafer zu Beginn der 1980er Jahre erinnert er sich:
In der Unendlichen Geschichte war es wiederum so, dass ich bis zuletzt nicht wußte, wo der Ausgang von Phantasien ist. Das Buch sollte ja schon ein Jahr vorher herauskommen. Der Verleger hatte Drucktermine bestellt, das Papier lag schon da, und er rief immer an und fragte: Wann krieg ich es denn nun, und ich musste immer sagen: Du, ich kann's Dir nicht geben, Bastian kommt nicht mehr zurück. Was soll ich machen? Ich muss warten, bis es soweit ist, bis die Figur aus sich heraus die Notwendigkeit erlebt, dass sie zurückkommen muss, und deswegen wurde es eben diese Odyssee.Aber offensichtlich sind nicht alle unveröffentlichten Seiten im Papierkorb gelandet. Seit 1998 bringt Roman Hocke, Freund und Lektor Endes, Bücher mit Texten, Gedichten, Briefen, Essays aus dem Nachlass heraus. 2004 erscheint das große Michael Ende Lesebuch. Darin findet sich auch das Kapitel Bastian erlernt die Zauberkunst aus der Unendlichen Geschichte: Im Änderhaus angekommen bringt die Dame Aiuola Bastian die Grundlagen der Zauberei bei. Und eine Vorstufe zur Unendlichen Geschichte findet sich in dem 1998 erschienenen Romanfragment Der Niemandsgarten.
Als wir seinerzeit ausmachten, das ich dieses Buch schreiben sollte, als der Verleger bei mir unten gewesen war und sagte: Wie wär's denn, wenn Du mal wieder ein Buch schriebst?- ich schreibe ja sehr ungern- sagte ich: Naja, wenn's sein muss. Da hab ich in meiner Kramkiste herumgekruschtelt, wo ich Notizen hineinschmeiße, und da war unter anderem auch ein Zettel, auf dem stand: ein Junge gerät beim Lesen eines Buches buchstäblich in die Geschichte hinein und findet nur schwer wieder heraus. Da sagte er: Das machst Du, das hört sich gut an. Und ich dann: Ach ja, aber weißt Du, viel ist da nicht drin. Das wird vielleicht eine 100- Seiten- Geschichte. Na, um so besser, sagte er, schreibst endlich auch mal ein kurzes Buch. Und dann fing ich an. Und dann ist mir das Ding buchstäblich unter den Händen explodiert; in dem Moment nämlich, wo man das ernst nahm, sich also nicht mit ein paar Zaubertricks rettet, dass der Junge rein und wieder raus gelangt. Das ist mir zu wenig.
Man überlegt sich: Was für eine Geschichte muss das sein, die den Leser geradezu zwingt, in sie hinein zugeraten, warum braucht ihn die Geschichte einfach? Naja, und so entstand nach vielen Irrtümern und Herumtasten dieses Phantasien. Dann fragt man sich als zweites: Was für ein Junge muss das denn sein? Das passiert ja nicht jedem. Was für Voraussetzungen muss er mitbringen, damit er sich überhaupt auf dieses Abenteuer einlässt? Da hatte ich erst einen ganz anderen Bastian. Ich hatte einen asozialen, einen trotzigen Jungen, der sich von selber abschließt gegen die Welt. Nur merkte ich, als ich schon mitten im Buch war, dass der ganz gewiss nie wieder zurückkommen wird. Da geht mir die Geschichte überhaupt nicht auf. Also nochmal zurück und wieder von vorne angefangen. Das, was heute im Buch steht, ist ungefähr ein Fünftel vom dem, was ich in Wirklichkeit geschrieben hab. Vier Fünftel sind in den Papierkorb gewandert.(2)
Aber das ist eine andere Geschichte und soll ein andermal erzählt werden. Diesen Satz, der immer wieder in der Unendlichen Geschichte vorkommt, hat Roman Hocke zum Anlass genommen, 2003 sechs Autoren zu bitten, eine dieser Geschichte zu erzählen. Ralf Isau, Tanja Kinkel, Ulrike Schweikert, Peter Freund, Wolfram Fleischhauer und Peter Dempf sind dieser Aufforderung nachgekommen. Roman Hocke spricht im Interview mit Momo Evers darüber:
Seinen Ursprung hatte dieser Satz in einer merkwürdigen Begebenheit. Michael Ende hat die erste Fassung seines Manuskriptes zur Unendlichen Geschichte stark kürzen müssen. Da fielen viele Kapitel dem Rotstift zum Opfer. Ende wollte mit dem Satz: Aber das ist eine andere Geschichte und soll ein andermal erzählt werden, daran erinnern, dass sich an den betreffenden Stellen einmal eine ganz andere Geschichte befand. In der Tat hat Michael Ende den Satz aber auch als Aufforderung gemeint: Nachdem der Roman ein großer Erfolg wurde, erhielt er körbeweise Leserpost. Viele junge Leser wollten wissen, wann er denn die Geschichten erzählen würde, die er ein andermal erzählen wollte. Sie erhielten alle die gleiche Antwort: Jeder Leser sollte sich eine mögliche Fortsetzung ausdenken. Nur so würde seine Unendliche Geschichte eine wahrhaft unendiche Geschichte. Phantasien ist ja nichts anderes als die Innenwelt der Menschen, und diese ist unendlich weit und wächst mit jeder neuen Geschichte, mit jedem neuen Traum, vielleicht sogar mit jedem neuen Gedanken. Die Zeiten ändern sich, und die Welt mit ihnen. Ich denke, jede Kultur, jede Generation muss ihr spezielles Phantasien neu erfinden. Bei Michael Ende heißt es: Jede Generation muss das Reich der Phantasie zu neuer Blüte bringen, entstehen doch dort alle Vorstellungen von Welt, selbst unsere Werte. Für mich wie auch für die Autoren war das eine Herausforderung, der wir uns stellen wollten. Schließlich mangelt es unserer Zeit an sinnvollen Vorstellungen über das, was die Welt sein soll, in der wir gerne leben.(3)Schon früh, bereits 1980, wurde Ende um die Filmrechte gebeten. Er führte lange Gespräche mit dem jungen Filmproduzenten Dieter Geissler. Man einigt sich auf einen europäischen, einen leisen poetischen Film, der den Zauber des Buches vermitteln soll. Als die Öffentlichkeit von Endes Filmplänen erfährt, erreichen ihn regelmäßig Protestbriefe von Lesern, die das Buch für nicht verfilmbar halten. Er rechtfertigt sich in einem Essay: Ich glaube, dass der Film ein künstlerisches Medium sein kann.Ich glaube es ganz einfach deshalb, weil ich einige Filme in meinem Leben gesehen habe, die ich für Kunstwerke halte.(4)
Doch dann wendete sich das Blatt. Ohne Endes Wissen verkaufte Geissler die Filmrechte weiter an die Neue Constantin Filmgesellschaft, an Bernd Eichinger. Der Autor befürchtete: Die Gefahr, die ich sehe, besteht eigentlich darin, dass man vor lauter äußeren, eindrucksvollen Bildern den eigentlichen Kern der Story verliert, das, was den Leuten so direkt zu Herzen geht in meiner Geschichte... Genau das muss gerettet werden. Der Kern muss erhalten bleiben, und das hängt wirklich vom Regisseur ab.(5)
Eichinger wollte Ende als künstlerischen Berater. Er durfte sogar Einfluss auf die Wahl des Regiesseurs, der Hauptdarsteller und die Ausstattung nehmen. Gemeinsam wollte man: . (6)
Doch dann kam es zum Eklat. Das von Michael Ende und dem Regiesseur Wolfgang Petersen mühsam erarbeitete Drehbuch, für Ende schon ein kaum tragbarer Kompromiss, wurde von Bernd Eichinger verworfen. Der Autor erfuhr nur zufällig davon. Ende war entschlossen den Film zu stoppen. Am 10.03.1983 kam es zu einem Treffen in den Räumen des Thienemann Verlages in Stuttgart. Eichinger drohte Autor und Verlag mit einer Millionenklage. Es kam zur Unterzeichnung des Stuttgarter Dokuments, worin sich Ende und der Thienemann Verlag verpflichteten, die Verfilmung nicht weiter zu behindern. Dafür erhielt der Autor das Recht, bei Nichtgefallen des Films, seinen Namen zurückzuziehen.
Am 29.03.1984 sah Michael Ende die Nullkopie des Films. Er urteilte: (7) Er zog seinen Namen zurück: Ich würde mich selbst nicht mehr im Spiegel erkennen, würde ich für so etwas meinen Namen hergeben.(8)
Die unendliche Geschichte lief mit großem Presserummel am 06.04.1984 in 300 Kinos an. Im Herbst darauf startete der Film mit 1000 Kopien in den USA. Sowohl in Deutschland, wie auch in Amerika war der bis dahin teuereste deutsche Film ein großer Erfolg. Michael Ende allerdings war enttäuscht:
(9)
Biblio- und Mediographie
(1) Interview mit Klaus Seehafer, Anfang 1980er
(2) ebenda
(3) Interview Roman Hocke, geführt von Momo Evers für die Zeitschrift Nautilus, 2004
(4) Hocke / Neumahr: Michael Ende, magische Welten, 2007, Seite 113
(5) Hocke / Kraft: Michael Ende und seine phantastische Welt, 1997, Seite 117 / 118
(6) ebenda Seite 118
(7) ebenda Seite 122
(8) ebenda Seite 123
(9) ebenda Seite 123
Kommentare
Du scheinst Dich auch schon mit Ende beschäftigt zu haben?
Ich kenne Ende seit meiner Kindheit, damals war er mein absoluter Lieblingsautor, naturgemäß sind heute einige dazugekommen. Was ich an Büchern von und über ihn bekommen konnte, habe ich in meinem Regal. Das erste Mal von der Unendlichen Geschichte hatte ich im Deutschunterricht gehört. Unser Lehrer erzählte von den vielen Quellen, die Ende verarbeitet hatte, und wertete das dummerweise als Makel, als Abschreiben. Nun ja ... Für mich ist das Buch von seinem äußeren Erscheinungsbild her in der originalen Gestaltung eines der faszinierendsten Bücher, die ich kenne.
Übrigens fand Ende die zweite Verfilmung als die wesentlich werkgetreuere. Als ich sie vor ein paar Jahren im Fernsehen gesehen habe, war ich erstaunt, wieviele Details aus dem Buch in den Film eingeflossen sind. Bis dahin hatte ich ihn (vor lauter Vorurteil) als lieblose Fortsetzung betrachtet.
Ich versuche immer noch, bei Ende auf dem neuesten Stand zu bleiben, daher freuen mich deine Artikel sehr. Ich hoffe, da kommt demnächst noch was nach.
In den beiden Büchern von dtv und Heyne finden sich da auch Interviews mit den Machern, Petersen, Eichinger, Ul de Rico? Gibt es auch Äußerungen von Ende darin?
Fand Michael Ende den zweiten Teil wirklich besser als den ersten? Ich kann mir das nicht vorstellen. Seine Kritik zum ersten Film ("Ein gigantisches Melodram aus Kitsch, Kommerz, Plüsch und Plastik"), trifft meiner Meinung nach für den zweiten Film noch wesentlich schlimmer zu.
Auch in diesen Film werden viele Sachen anders oder sogar verdreht dargestellt. Sogar einer der wichtigsten Grundsätze wird verletzt, der besagt, dass kein Wesen Phantasiens der Kindlichen Kaiserin jemals etwas antun könnte, denn alle Wesen existieren nur durch ihr Dasein und ihr Untergang würde den Untergang aller bedeuten. Der ganze zweite Film basiert also auf einer Geschichte, der diesen Grundsatz verletzt.
Also fand Michael Ende den zweiten Teil wirklich besser? Woher hast du diese Information?
WO???????
und zwar NEU!