Das siebte Feral Magazin hält drei außergewöhnliche Geschichten bereit. In der ersten Story wird der Leser Zeuge am Mord einer amerikanischen Schauspielerin in den 60er Jahren. Das zweite Kapitel setzt die Erlebnisse von Jette Greif in den 20er Jahren fort und in der letzten Geschichte bekommen es Diane und Valentina mit der Bewohnerin eines weiteren Witch House zu tun.
Im Editorial berichtet Herausgeber Ömer Yalicilic über die weiteren Planungen und Entwicklungen im Feral Magazin. Neben einem Kurzbericht zur Comic Con in Dortmund nimmt der überwiegende Platz ein Bericht über ein Projekt ein, das in nächster Zeit fertig gestellt sein wird. In einigen Monaten erscheint die Vinyl-Schallplatte „Feral Sounds Vol.1“, für die es gelungen ist, einige hochkarätige Künstler zu gewinnen. Einige Songs wurden exklusiv für diese Platte aufgenommen. Die Songs und die Künstler werden auf fast zwei Seiten komplett vorgestellt.
In dieser Ausgabe startet die Rubrik „Dr. Monkula`s Gruft“, in der Alexander Iffländer regelmäßig über neue Projekte berichten wird.
Mit dem siebten Feral-Magazin hat diese Artikelreihe an die aktuelle Ausgabe angeschlossen, die im November 2023 in den Handel gekommen ist. Das achte Feral Magazin wird voraussichtlich im Frühjahr erscheinen und an dieser Stelle besprochen werden.
Fatamorgana (14 Seiten)
Barney erzählt dem Leser eine Geschichte, die nach eigener Aussage wahr ist. Im Sommer 1967 fährt er durch die Wüste und beobachtet, wie eine blonde Frau einen kleinen Jungen mit einem Messer ersticht. Als er die Szene ein zweites Mal erblickt, ist er überzeugt, einer Fata Morgana aufzusitzen. Er erreicht schließlich ein Zirkuszelt, in dem er wieder die Frau erblickt. Er greift zur Waffe und erschießt sie, bevor sie weiteren Schaden anrichten kann. Als die Tote zu Boden geglitten ist, erkennt Barney, dass es sich bei der vorgeblichen Tötung um eine Filmszene handelt. Die Filmcrew ist entsetzt, denn Barney hat die Hauptdarstellerin Jayne Mansfield erschossen.
Die Produzenten befürchten rassistische Unruhen, denn Barney ist ein Schwarzer. Sie wollen nicht, dass ihr Film in den Zusammenhang rassistischer Tumulte gesetzt wird und inszenieren einen Autounfall, in dem Jayne Mansfield zu Tode gekommen ist. Der Autounfall wird zum Medienereignis und die Produzenten verdienen eine Menge Geld mit dem Film. Barney wird hinter den Kulissen zum Star, denn schließlich verdanken die Produzenten ihm den Erfolg des Films.
Nun einige Jahre später möchte Barney mit der wahren Geschichte über den Tod Mansfields Geld verdienen. Denn die Geschichte ist wahr, genauso wahr wie sein Erlebnis aus dem Jahr 1961, als er an der gleichen Stelle in der Wüste von Außerirdischen entführt wurde.
Fazit
Jan Wiesemann hat eine clevere Geschichte konstruiert, die von Ömer Yalincilic in schönen Bleistiftzeichnungen umgesetzt ist. Wiesemann hat reale Personen und Ereignisse in die Geschichte eingebaut. Die Schauspielerin Jayne Mansfield ist tatsächlich bei einem Autounfall im Jahre 1967 ums Leben gekommen. Barney ist ebenfalls eine real existierende Person, die in den 60er Jahren mit seiner Ehefrau Betty für viel Aufsehen gesorgt hat. Die beiden haben behauptet, dass sie von Außerirdischen entführt seien und haben mit der Geschichte viel Geld verdient. Selbst heute versuchen die Erben der beiden die Geschichte noch weiter zu vermarkten.
Wiesemann treibt die Hochstaplerei der beiden noch weiter auf die Spitze, in dem er Barney behaupten lässt, er habe in Wirklichkeit Jayne Mansfield erschossen. Der Leser geht mit Barney auf die Reise und gelangt schließlich an das Filmset, an dem die Mansfield erschossen wird. Die Erklärung, dass die Mordszene an dem Jungen mittels einer Spiegelung in die Wüste gelangt ist, ist dermaßen hanebüchen, dass der Leser zuerst an eine schlecht durchdachte Geschichte glauben mag. Tatsächlich stellt sich später heraus, dass die Ereignisse lediglich der Fantasie des Hochstaplers Barney entspringen und die Szene den grotesken Charakter der Behauptungen untermauert.
Die Geschichte beginnt ausgesprochen linear, um dann mehrere Twists hintereinander abzufeuern. Der erste Twist besteht darin, dass der Mord an dem Jungen Teil einer Filmaufnahme ist. Die nächste Überraschung besteht darin, dass der Mord als Autounfall getarnt wird und Barney hinter den Kulissen für seine Tat gefeiert wird. Leser, denen der Name Jayne Mansfield ein Begriff ist, werden vermuten, dass der Sinn der Geschichte darin besteht, die wahren Umstände um ihren Tod in einem anderen Licht dastehen zu lassen. Auf der letzten Seite erwartet den Leser noch eine weitere Wendung, in der Barney behauptet, von Außerirdischen entführt worden zu sein und dass er mit seinen Enthüllungen jetzt richtig Geld verdienen wolle. Spätestens jetzt begreift der Leser, dass er den Ausführungen eines Hochstaplers aufgesessen ist.
Einige Personen werden dem Leser in der Geschichte recht bekannt vorkommen. Jayne Mansfiels ist deutlich zu erkennen und bei dem Regisseur am Filmset handelt es sich um Niemandes geringeres als Alfred Hitchcock. Barney hält bei seiner Autofahrt durch die Wüste an einer Tankstelle an und bekommt dort eine Waffe verkauft. Bei dem Verkäufer handelt es sich um den Serienkiller Ted Bundy, der in den 70er Jahren nahezu 30 Frauen brutal ermordete.
In den Händen des Wahnsinns (8 Seiten)
Am Ende der letzten Ausgabe verletzt sich Jette Greif an einem vergifteteten Dorn, der an einer Filmspule angebracht ist. Nun erwacht sie nach einem Albtraum in einem Bett in einem Krankenhaus. Ihre Bettnachbarin warnt sie, dass es sich bei der Klinik um gar kein Krankenhaus handeln würde. Der Arzt würde die Patienten für schreckliche Experimente missbrauchen und die Krankenschwester Ilona steht ihm dabei zur Seite.
Die Krankenschwester versucht Jette zu beruhigen, denn ihre Mitpatientin Frau Singer würde nur Schauermärchen verbreiten. Sie führt Jette in den Operationssaal, der allerdings eher einer religiösen Messe gleicht. Maskierte Gestalten haben sich um einen Altar herumgruppiert und Dr. Mabuse erscheint mit einem Hundekopf.
Jette erwacht wiederum aus einem Fiebertraum und ist beruhigt, dass die Ereignisse im Krankenhaus nicht real sind. Allerding stutzt sie, denn Schwester Ilona betritt mit einem Mal den Raum (Fortsetzung in der nächsten Ausgabe.
Fazit
M.M. Ludwig und Kritzelkunst setzen die Erlebnisse von Jette Greif nahtlos fort. In der letzten Ausgabe verletzte sich Jette an dem vergifteten Dorn der Filmspule und fällt in Ohnmacht. Das Gift scheint noch nachzuwirken, denn Jette hat einen Albtraum, in dem sie in einer Klinik erwacht, in der der seltsame Dr. Mabuse grauenhafte Experimente an seinen Patienten verübt. Die Erlebnisse stellen sich zwar als nicht real heraus, aber trotzdem ist Jette verunsichert, denn Schwester Ilona aus dem Traum gibt es wirklich. Die nächste Ausgabe wird zeigen, ob Jette Eindrücke aus ihrer Bewusstlosigkeit in den Traum eingewoben hat oder ob dieses erste Warnungen vor Gefahren sind, die von Dr. Mabuse und seiner Helferin ausgehen.
Traumsequenzen wirken in Geschichten zuweilen wie ein Lückenfüller, sollten sie mit dem eigentlichen Handlungsfluss nichts zu tun haben. Es ist gut möglich, dass in hier ebenfalls ein Lückenfüller vorliegt, der nicht weiter zur Handlung beiträgt. Allerdings ist dieser Traum grafisch dermaßen gut gezeichnet, dass die Betrachtung der einzelnen Panels eine wahre Freude ist. Insbesondere die Eingangssequenz mit einer Schar an Krabbeltieren und die Szenen in der Messe sind außerordentlich gut gelungen.
Genaugenommen handelt es sich bei dem Albtraum nicht um einen Traum, sondern um einen Traum im Traum. Jette erwacht aus einem Albtraum und erwacht im nächsten. Das führt den Leser auf eine falsche Fährte und er ist versucht zu glauben, dass er sich wieder in der regulären Handlungsebene befindet.
Dreams in the Witchhouse: Diabolique (10 Seiten)
Valentina wird in der Nacht zum Vampir und verwandelt sich bei Tagesanbruch in einen Menschen zurück. Diane muss sich ihrem Schicksal ergeben und bleibt ein Vampir. Eines Nachts erreicht Valentina eine mentale Nachricht von Shazzula, dass sie wieder nach Europa zurückkehren soll. Die beiden machen sich auf den Weg nach Deutschland.
In einem weiteren Witch House lebt Aura. Sie verfügt über eine Substanz mit dem Namen Esmakra und plant sie mit dem Blut Valentinas zu mischen. Sie glaubte Valentina zu kontrollieren, muss nun aber erkennen, dass Shazzula einen größeren Einfluss auf sie hat. Sie schickt ihren Gehilfen zum Flughafen, um die beiden Frauen abzufangen. Valentina erhält einen Anruf Shazzulas, in dem sie vor Aura warnt. Valentina greift sich einen Stein und erschlägt den überraschten Mann.
Fazit
Ömer Yalincilic schreibt und zeichnet die weiteren Erlebnisse von Diane und Valentina. Der Leser erfährt nun, dass mehr als ein Witch House existiert. In der zweiten Storyline in Feral residiert die Comtesse in einem Witch House und will von dort einen Dämon aus einer anderen Dimension beschwören. Witch Houses sind Phantomhäuser, die zwischen gewöhnlichen Häusern stehen und von den Menschen nicht bemerkt werden. Bewohnt werden sie von Vampiren, die von dort aus unbemerkt auf die Jagd nach ihren Opfern gehen können. Zugleich sind die Häuser Orte, an denen Energie gebündelt wird, die Wege zu anderen Dimensionen schaffen können.
Diane und Valentina werden nach Deutschland gelockt, wo ein weiteres Witch House steht, das von Aura und ihrem Gehilfen bewohnt wird. Es ist nicht ganz klar, was für ein Wesen Aura ist. In einer Szene verwandelt sie sich in eine Fledermaus und fliegt davon. Das würde dafürsprechen, dass es sich bei der Frau um eine Vampirin handelt. Andererseits fliegt sie am hellen Tage davon, so dass es sich bei ihr nicht um eine gewöhnliche Blutsaugerin handeln kann.
Aura injiziert sich die Substanz Esmakra. Das Esmakra ist eine milchig-weiße Flüssigkeit, die aus dem Film Diabolique aus dem Jahre 2013 stammt. Regisseur dieses Films ist wie bei den Phantasmagoria-Filmen Cosmotropia de Xam, auf dessen Motiven die vorliegende Comicserie basiert. In dem Film wird das Esmakra menschlichen Opfern der Vampire injiziert, um sie so abhängig und gefügig zu machen. Von daher spricht vieles dafür, dass Aura noch ein Mensch oder zumindest ein Zwischenwesen von einem Vampir ist. Sie will Valentina in das Witch House locken, um eine Substanz aus dem Blut Valentinas und des Esmakras herzustellen. Sie hofft, dass der Konsum der Substanz ihre Macht ins Unermessliche steigern wird.
Aura kann sich nicht mehr an ihr Leben vor der Einnahme des Esmakra erinnern. Zukünftige Ereignisse werden zeigen, ob es sich bei Aura um eine gewöhnliche Frau handelt oder ob doch noch das eine oder andere Geheimnis offenbart wird.
Die Zeichnungen Yalincilics sind atmosphärisch dicht und die Hintergründe sind ein abwechslungsreicher Mix aus Verspieltheit und Detailliertheit. Er weicht bei dieser Geschichte von seinem üblichen Rhythmus ab. In den letzten Storylines waren die Hintergründe zu Beginn einer Geschichte etwas sparsamer ausgezeichnet und der Grad der Intensität steigerte sich im Laufe der Story, um dann in ein fulminantes Finale zu münden. Die ersten Panels dieser Geschichte sind detaillierter gezeichnet und der Rhythmus verläuft mehr stromlinienförmig. Das mag daran liegen, dass diese Episode wie ein Auftakt der Konfrontation mit Aura wirkt. Diane und Valentina werden nach Deutschland gelockt und Valentina schlägt den Gehilfen Auras nieder. Es ist anzunehmen, dass es in der nächsten Ausgabe zu einer Konfrontation mit Aura kommen wird und vielleicht auch Shazzula in die Ereignisse eingreift.
Feral 7
Erscheinungsdatum: November 2023
Preis: 6,66€
Fata Morgana
Story: Jan Wiesemann
Zeichnungen: Ömer Yalincilic
In den Händen des Wahnsinns
Story: M.M. Ludwig
Zeichnungen: Detlef Klewer (Kritzelkunst)
Dreams in the Witch House
Story/ Zeichnungen: Ömer Yalincilic
Chapter-X Comics