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Opulentes Schwelgekino: Beauty and the Beast im richtigen Leben

Beauty and the BeastOpulentes Schwelgekino:
Beauty and the Beast im richtigen Leben

Geschichten, so alt wie die Zeit, nennt man Märchen. Und eines der Kennzeichen von Märchen ist, dass sie im Laufe der Jahre immer wieder neu erzählt wurden. Die Hauptgeschichte selbst blieb dabei gleich, aber immer wieder gab es kleine Varianten, wurde hier etwas hinzugefügt und dort etwas weggelassen. So betrachtet ist die neueste Variante von "Beauty and the Beast" - Disneys Realverfilmung des Zeichentrickklassikers aus den 90ger Jahren - genau das.


Beauty and the BeastDas erneuter Erzählen einer Geschichte, die wir alle im Grunde schon seit Kinderzeiten kennen. Einige Details sind neu, anderes hat man weggelassen, aber im Grunde ist es die Geschichte, die von einer Rose, einem Biest und einer Schönen handelt. Ich habe mir die englische Originalfassung in 3D angesehen.

Anzumerken ist, dass man für Deutschland offenbar auf eine Eindeutschung des Titels oder auf einen zusätzlichen Untertitel verzichtet hat. Wenn es "Beauty and the Beast" heißt, dann wissen wir sofort, wie die Handlung funktioniert. Wir wissen, dass es sich um eine junge Frau dreht, die von einem häßlichen Biest in einem Schloß festgehalten wird. Das Biest hat vorher den Vater gefangengenommen, der sich erdreistete eine Rose aus dem Garten genommen zu haben. Im Laufe der Zeit verliebt sich die Schöne in das Biest und am Ende stellt sich heraus: Das Biest ist ein verzauberter Prinz, ein Fluch wird gebrochen und alle leben glücklich und zufrieden bis ans Ende der Tage. Dieser Stoff verwandelte sich dann in den Händen von Disney. Die Firma mit der Maus war schon immer dafür bekannt, Märchenstoffe zu nehmen und ihnen einen eigenen Stempel aufzuprägen; teilweise allerdings ist dieser so stark, dass wir das Original vergessen und glauben, Cinderella habe auch bei den Gebrüdern Grimm drei nette Mäuse gehabt. Und das mit dem Kürbis... Nun ja. In den 90gern wurde aus der Kaufmannstochter des französischen Märchen-Originals halt Belle, die Tochter eines skurrilen Erfinders, erfand Disney mit Gaston einen lächerlichen und tumben Gegenspieler und gewann mit der Zeichentrickvariante und der ikonischen Ballsaalszene einen Oscar.

Vermutlich hofft man auch diesmal wenigstens für den Oscar des besten Songs nominiert zu werden. - immerhin hat man für die Neuverfilmung des Zeichentrickvorbildes Alan Menken, den Komponisten des Originals, erneut gewinnen können. Diese schrieb nicht nur neue Songs - die sich harmonisch neben den alten stellen, die Ballade des Biests wird sicherlich eines der Highlights der nächsten Jahre für hohe Tenöre sein - sondern er hat auch den kompletten orchestralen Soundtrack neu gestaltet. Und für den verstorbenen Howard Ashman fand man einen adäquaten Ersatz: Niemand Geringerer als Sir Tim Rice schrieb die Texte für die neuen Songs. Vielleicht klappt das ja mit dem Oscar für den besten Song noch - Josh Groben singt am Ende des Abspanns nochmal mit Verve das neue Lied des Biestes.

Beauty and the BeastSchon in den ersten Minuten des Films wird klar: Disney wagt kein Risiko. Stattdessen spulen sich mit den bekannten Songs nach und nach die vertrauten Szenen ab, folgt auf die Sehnsucht-Eröffnungsnummer Belles die Auseinandersetzung mit Gaston, wird ihr Vater vom Biest eingekerkert. Nicht fehlen darf die große Ballsaal-Szene - mit das Herzstück dieser Variante. Allerdings enthält der Zeichentrickfilm eindeutig mehr Slapstick und Humorszenen. Nicht, dass Humor in der neuen Verfilmung fehlt, die Dialoge sind teilweise recht nett, aber Gaston landet nach seinem Heiratsantrag halt nicht im Dreck des Dorftümpels. Ebenso gibt es auch keine verrückten Erfindungen zu sehen. Disney hat die Hintergrundgeschichte der Charaktere vertieft - es gibt dabei auch einige neue Charaktere beim Personal des Schlosses - und variiert die Handlung nur sehr, sehr leicht. Und diese ist deutlich gestrafft. Wirklich Neues kann diese Verfilmung gegenüber den anderen Varianten nicht bringen, eher hat man das Gefühl, Disney wollte die Erwartungen der Kinozuschauer nicht unbedingt verprellen und setzte daher auf eine sichere Bank.

Zu dieser sicheren Bank gehört die Besetzung: Emma Watson, die im Original auch selbst singt, verleiht der Belle etwas mehr Rebellentum und Aufmüpferei als der Zeichentrickfilm. Im Vorhinein war von einer "feministischen Sichtweise" die Rede - ob das zutrifft? Zwar ist Belle eindeutig forscher, hat eine Arbeit. Allerdings macht sie wiederum nur die Wäsche. Im Grunde ist Belle leider dann dennoch das typische Rollenklischee, die Disney früher so gerne hatte. Junges Mädchen, dass von der Sehnsucht nach etwas Besserem ins Abenteuer getrieben wird und am Ende den Mann des Lebens trifft nennt sich das. Mit "Frozen" hat Disney das etwas geändert, aber diese Veränderung ist nicht bei Belle angekommen. Emma Watson ist jedenfalls zauberhaft. Ebenso ist es Dan Steven als Biest, der in dieser Variante erst als junger Mann verzaubert wird und daher etwas mehr Bildung hat als in der Vorlage. Das Kostüm des Biestes ist prachtvoll, erinnert an die Filmvorlage, verleiht Stevens aber auch Glamour und Flair. Neben den beiden Hauptdarstellern ist der Film bis in die kleinste Nebenrolle gut besetzt. Sir Ian McKellen als Clogsworth ist eher mehr zu hören als zu sehen, ebenso gilt das für den Darsteller des Lumiere, Ewan McGregor. Angela Lansbury hat mit Emma Tompson als Madame Pottine eine würdige Nachfolgerin gefunden. Wenn man sich auch gewünscht hätte, dass der Titelsong nicht zu sehr in Lansburys bekannter Version verweilen würde, aber nun ja - es ist halt immer wieder schön, die vertrauten Zeilen von einer sinnlichen Altstimme zu hören.

Beauty and the BeastMan sollte diesen Film überhaupt in 3D sehen. Die Ausstattung und die Sets sind einfach spektakulär in Szene gesetzt, die Kostüme der Darsteller sind teilweise übertrieben märchenhaft, teilweise erinnern sie auch an reale Vorlagen. Die verwandelten Diener sind als Gegenstände exzellent am Computer umgesetzt worden und bei der berühmten "Sei zu Gast"-Szene bleibt einem als Zuschauer die Spucke weg. An prachtvollen Spezialeffekten ist auch kein Mangel. Der Film bietet daher glanzvolle Bilder zum Schwelgen, wie das bei einem Märchenfilm sein sollte. Das ist etwas, was wirklich visuell eindrucksvoll ist.

Im Großen und Ganzen gesehen: Natürlich ist das ein Film, nach dem die Welt nicht unbedingt gefragt hat. Es ist einer der Filme, bei denen ich mich in den Kinosessel fallen ließ, mein Gehirn abschaltete - die Handlung ist ja bekannt, da braucht man nicht unbedingt aufzupassen - und die mich recht gut unterhielten. Leider hat man einige Songs aus der Spezialvariante der DVD von damals nicht  in den Film integriert. Es fehlt also "To Be Human Again". Und auch Songs aus dem Musical sucht man vergeblich. Stattdessen gibt es neue Songs von einem Traumduo, darf man sich in den prachtvollen Bildwelten einfach verlieren und den Verstand komplett abschalten. Auch solche Filme muss es geben.

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