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Abzählreime am Sonntagmorgen - »He's out there«

He's out thereAbzählreime am Sonntagmorgen
»He's out there«

Eigentlich ist so ein Ding ein Kandidat für meine Trashfilm-Reihe. Es kam aber der Punkt wo ich mir dachte, dass dieses Teil hervorgehoben werden müsste. Es besitzt Qualitäten, die zwar nicht dem entsprechen was es gerne darstellen möchte, aber gerade das macht es so interessant. Als erfahrener Betrachter von Slashern und/oder Home-Invasion-Filmen legt man schon nach kurzer Zeit ein permanentes Schmunzeln auf die Lippen, denn er macht irgendwie Alles richtig und doch Alles falsch.

Yvonne Strahovski als LauraSchon von der ersten Szene an wusste ich ziemlich genau was als Nächstes geschehen würde. Und wirklich, es gab nicht einen Ausbruch aus den erkannten Klischees, nicht eine Reaktion der Protagonisten die einmal anders gewesen wäre. Als in den 70ern die erste Welle dieser Art Filme in die Kinos schwappte, da war auch ich natürlich überrascht und gefesselt von solchen Dingern. Diese Art Thriller war neu und durchaus nicht unoriginell. In den folgenden Jahrzehnten wurden sie jedoch Standard und die Filme, in denen Varianten erzählt wurden, gerieten immer mehr ins Hintertreffen.

HE'S OUT THERE wurde von unbeschriebenen Blättern gemacht. Für Regisseur Quinn Lasher ist dieser der bisher einzige Film, für Autor Mike Scannell ebenso. Ich nehme an, sie haben sich ein paar solcher Filme verschiedener Dekaden angesehen und sich gesagt: "Das können wir auch." Nun sollte man nicht verhehlen, dass Slasher prinzipiell nicht viel verlangen. Gleichwohl darf man sich als Macher schon mal ein paar Gedanken durch den Kopf gehen lassen.

Ein Buffet im WaldDas beginnt schon mit der ersten Szene. Eine Familie will zu ihrem Wochenendhaus an einem idyllischen See fahren. Aufgrund seines Jobs kann der Mann erst nachkommen. Also fahren Laura und ihre beiden Töchter Kayla und Madison allein hin. Muss ein tolles Familienleben sein, wenn man nicht einmal einen halben Tag aufeinander warten kann. Sie treffen vor dem Grundstück zufällig auf einen Mann namens Owen, der ihnen hilft das verrostete Schloss zu öffnen. Aha, da haben wir schon den Verdächtigen, denn mehr Cast gibt es nicht. Wer also sollte sonst der Bösewicht sein? Das aber wäre zu billig – wir zaubern später noch einen anderen Typen aus dem Hut.

Während Laura im Haus mit ihrem Mann telefoniert, der ihr mitteilt, dass er auf dem Weg ist, gehen die Mädels auf Entdeckungstour in den Wald. Schon hier beginnen sich meine Gedanken zu regen. "Die werden dort doch bestimmt etwas finden." Und richtig, da steht ein gedeckter Tisch mit Kuchen. Maddie probiert davon. Zwei Stunden danach geschieht etwas mit dem man nicht rechnen kann, weil es auch einfach Blödsinn ist. Madison wird plötzlich schlecht, sie muss sich übergeben und leidet unter Atemnot. Mama zieht ihr einen kleinen Zettel aus dem Mund auf dem "Hello" steht. Zwei Stunden später? Äh, na ja, tolle Idee.

Mami Mami"Von nun an beginnt der Terror." Jemand poltert auf dem Dachboden. Die Kinder drängen sich an ihre Mutter. Ab jetzt werden die Mädchen zum absoluten Nervfaktor. Ständig "Mami, Mami!" kreischend, jammernd und heulend möchte man sie in den Keller sperren, um sich ihrer zu entledigen. Laura versucht ihren Mann zu erreichen, doch das Festnetztelefon ist tot. Das Handy hat sie im Auto vergessen. Sie läuft dorthin. "Es ist sowieso weg." Natürlich. Ein Mann schleicht um das Haus, der Silhouette nach eindeutig Owen. "Ja, schon klar, das glaube ich euch nun echt nicht."

Laura und ihr Anhang wollen fliehen. Sie rennen zum Wagen. "Na, der springt doch sowieso nicht an." April, April, er tut es doch. Nach wenigen Metern aber säuft der manipulierte Motor mit einem "Blubberdiblubb" ab. Also rennen sie zurück zum Haus, wo der Terrorverdächtige erneut lärmend über den Dachboden marschiert. "Mami, Mami!" Eigentlich mag ich nicht mehr.

Shawn, der Vater, erreicht das Grundstück, er findet den Zaun verschlossen vor. Da er über das Handy Laura nicht erreichen kann, bzw. nur Stöhngeräusche empfängt, macht er sich auf den Weg, das Ziel zu Fuß zu erreichen. "Na, da kommt er doch niemals lebend an." Tatsächlich steht schon wenig später ein Kerl mit einer Axt hinter ihm.

Schatten auf dem RasenMama und Kinder kauern im Haus. Bald klopft es an der Tür und die Stimme von Shawn ertönt. Die Mädchen erweitern ihren Wortschatz: "Papi, Papi!" Zögernd nähert sich Laura der Tür. "Natürlich kann ihr Ehemann nicht davor stehen. Der ist längst hinüber. Das was er sagt, wurde über die Handys aufgezeichnet." Wie Recht ich habe. Immerhin, da er tot ist liegt er vor dem Haus. Seine Augen wurden entfernt. Wieder Kreischen, wieder Flucht! Vielleicht kann man ja das Auto von Paps erreichen. Laura besorgt den Wagen (wie ist sie durch den Zaun gekommen?), fährt vor das Haus, holt die Kinder heraus und "Blubberdiblubb." Kann ja auch nicht funktionieren. Also wieder zurück.

Plötzlich entdecken sie durch das Fenster Owen, der in aller Seelenruhe über den Rasen auf das Haus zulatscht. Was will der überhaupt hier? Er hat behauptet, dass er hin und wieder nach dem Rechten sieht, wenn die Besitzer nicht da sind, aber mitten in der Nacht? Jene sind zudem jetzt anwesend und es ist bemerkenswert, dass sie nicht einmal kennen. Laura versucht ihn zu warnen. "Solche Situationen gehen nie gut aus." Da kommt von hinten auch schon der Typ mit der Axt. Die Kinder müssen das ebenfalls mit ansehen. "Mami, Mami!" Herrgott, was spricht dagegen ihnen die Stimmbänder zu cutten?

Nun, da er gesehen wurde, kommt der Unbekannte ohne weiteres Brimborium ins Haus. Er schnappt sich Laura und zerrt sie hinaus. "Warum hat er das nicht gleich getan? Der ganze Terrorquatsch vorher ergibt irgendwie keinen Sinn. Er wird die Frau ohnehin nicht töten, denn irgendjemand muss ihm am Schluss ja Saures geben." Er schleppt sie zu einem Auto, wirft sie in den Kofferraum und schlägt ihr mit der Axt in die Hüfte. Hä?! Die Kinder versuchen abzuhauen, doch er fängt sie ab und schlägt sie bewusstlos. Endlich mal eine gute Idee, die Stille beruhigt die Nerven.

Der böse KillerAm darauf folgenden Morgen sieht man den Killer, der mitten im Wald selbstgeschnitzte, menschengroße Figuren aufgestellt hat. Nach und nach entfernt er die Glieder, Augen etc. um sie mit echten Körperteilen zu ersetzen. Der Typ trägt übrigens eine zombieartige Maske. Natürlich kommt es nicht dazu, dass er die beiden am Ufer liegenden Kinder abschlachtet, dafür sorgt dann Mutti, die sich seiner Axt bemächtigt und ihn kurz und klein haut. "Mami, Mami!". Alle zusammen in den Wagen, der ohne "Blubberdiblubb" (???) mit ihnen davon fährt. Die Leiche des Fieslings ist plötzlich verschwunden. Kommt etwa eine Fortsetzung? Ein Franchise? Sollte mein "Bitte nicht"-Gebet erhört werden, dann könnte ich ein frommer Mensch werden.

Nicht nur, dass der Film so berechenbar wie 1+1 ist, er nervt auch vom Anfang bis zum Ende. Daran sind nicht nur die Kinder schuld, die in der O-Fassung noch viel schlimmer plärren, man hat es in der deutschen Version schon abgeschwächt. Die Musik unterstützt jedes Klischee des Films auf nicht minder nervtötende Weise. Man kann immer sofort erkennen, wenn es dramatisch (?) wird. Der Sound schwillt an, wird lauter und hektischer, und der Schockeffekt wird dem Zuschauer mit Pauken und Trompeten eingehämmert. Jeder soll ja sofort erkennen was Sache ist.

Yvonne Strahovski, eine vielbeschäftigte TV-Schauspielerin, kann man durchaus als gute Darstellerin wahrnehmen, womit sie sich weit über das erbärmliche Niveau des Films erhebt. Die Kinder fallen lediglich durch ihr Gekreische auf, der Rest ist Staffage. Die farbliche Gestaltung des Films ist unter aller Kanone, denn die Graustichigkeit beleidigt die Augen. Natürlich gibt es auch wieder diesen leeren Digitalkameralook.

Der Film ist so einfältig und doof, dass ich ihn im Grunde sogar mögen könnte, wenn da nicht diese absolut üble Tonspur wäre, die wirklich jeden Nervenstrang zerstören kann. Und sollten sie es doch wahr machen und eine Fortsetzung drehen, dann bleibt mir nur Eines:

"MAMI, MAMI!!!"

He's out thereHe's out here
(He's out there)
mit Yvonne Strahovski (Laura), Anna Pniowsky (Kayla), Abigail Pniowsky (Madison), Justin Bruening (Shawn), Jules Bailay (Owen), Ryan McDonald (Killer).
Produktion: Adrienne Biddle für Screen Gems, Unbroken Pictures
Regie: Quinn Lasher
Drehbuch: Mike Scannell
Kamera: Ed Wild
Musik: Nathan Whitehead

Farbe – 2,39:1 – 89 Minuten (NTSC), 87 Minuten (PAL)

USA 2018

Uraufführung: 26. August 2018
Deutsche Erstaufführung: 28. Septemberg 2018 (DVD/Bluray)

Deutscher Vertrieb: Splendid Film

Cover und Screenshots der deutschen DVD (Splendid Film)

Kommentare  

#1 Laurin 2018-12-27 19:06
Mal ehrlich, den Film versucht mir Amazon auch laufend aufs Auge zu drücken, jedoch nagten bei mir da immer die Zweifel, wenn ich mir wiederholt den Einsteigertext zum Film durchgelesen hatte. Jedenfalls immer wenn ich den Film schon bestellen wollte riefen das kleine Engelchen auf der rechten und der kleine Teufel auf der linken Schulter einhellig im Chor (nö ... nicht "Mami, Mami!") Finger weg.

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