Fabelfilm, Trickfilm oder einfach Horror? - »King Kong und die weiße Frau«
Fabelfilm, Trickfilm oder einfach Horror?
»King Kong und die weiße Frau«
Aber dort bricht der Monsteraffe aus und hinterlässt bei seiner Suche nach Ann eine Spur der Verwüstung … (1)
Ein früher Horrorfilm und die Zensur
Der Tonfilm war längst kein Grund mehr die Menschen in die Kinos zu locken, als dieser seine Höhepunkte Ende der Zwanziger Jahre längst erreicht hatte. Der Tonfilm war eben nur der Ton zu den bisherigen Bildern. Dass man daraus mehr machen musste, um das Publikum zu locken war nun die nächste Aufgabe der Filmwirtschaft. Was machen wir besonderes mit dem Ton? hätte die Losung lauten können. Man erfand einen Monsterfilm, in dem ein Riesenaffe Teile New Yorks zertrümmert. Das müsste doch die Menschen anziehen.
Letztlich war es aber nicht nur ein Film mit Zerstörungswut, sondern hinter King Kong verbarg sich auch eine ganz und gar brauchbare Handlung, die dem Film dramatische Züge und abenteuerliche Akzente verlieh. So kam es, dass der Film unter verschiedenen Genres angesiedelt wurde, aber eben selten als wirklicher Monsterfilm oder gar Horror- oder Science-Fiction-Film angesehen wurde. Dennoch war aber aber genau das. Ein SF-Film, der dem später genannten Subgenre Monster-Film ganz klar angehört.
In Deutschland wurde der Film 1933 unter dem Titel "Die Fabel von King Kong" gezeigt. Allerdings in einer abgespeckten Fassung von gut 75 Minuten, obwohl er im Original über 100 Minuten lang war. Lange Zeit ging er nicht durch die damalige deutsche Zensur. Man betrachtete King Kong King Kong als "Angriff auf die Nervenkraft des deutschen Volkes". Hitler hingegen war von der Hollywood-Produktion "fasziniert", wie dessen Vertrauter Ernst Hanfstaengl berichtet: "Er redete oft davon und ließ sie sich mehrfach vorführen." Nach einer Klage gab man den Film schließlich frei. (2)
Eine verschwundene Szene
Gut, man King Kong als Fabeltier bezeichnen. Insofern hat auch King Kong etwas Belehrendes, eine Moral von der Geschichte sozusagen. Auch die uralte Variante von der Schönen und dem Biest wird hier in moderner Form aufgekocht. Auch wenn das Biest hier etwas ganz und gar Monströses und riesenhaftes ist. Die Expedition ist schon etwas Besonderes. Im Urwald begegnen den Expeditionsteilnehmern auch gleich mehrere Ungetüme, wie ein Saurier, Flugsaurier und so manches mehr, was aber in der Filmfassung von 2005 noch weiter ausgebaut wurde. Dazu zählt auch die Szene in der Spinnengrube, die aus dem Film von 1933 herausgeschnitten wurde und seitdem als verschollen gilt. (3) Peter Jackson hat diese dann rekonstruiert und man findet diese kurze Sequenz von wenigen Sekunden als Bonus auf der neusten Blu-ray-Fassung von Filmjuwelen. Warum wurde diese Szene entfernt? Darüber streiten sich die Geister oder besser gesagt; man weiß es nicht so genau. Möglicherweise fand der Regisseur, dass sie allzu schrecklich sei für das Publikum - so vermutet man unter anderem. (4)
Ein Blick auf die Akteure und Macher
Fay Wray, Robert Armstrong und Bruce Cabott spielten seinerzeit die Hauptrollen. Wray war dabei Gerüchten zufolge nur die zweite Wahl. Jean Harlow lehnte die Rolle zuvor ab. Robert Armstrong und Bruce Caboot drehten zuvor und in der Folge noch weitere Filme für die RKO. King Kong und die weiße Frau rettete die RKO vor dem Ruin. (5) Der gleiche Produzent - nämlich David O. Selznick zeichnete sich auch für "Vom Winde verweht" und die u.a. die Hitchcock-Filme "Ich kämpfe um dich" und "Rebecca" verantwortlich. Fay Wray erlangte eine Art Kult-Satus als Scream-Queen des US-Kinos. 2004 starb sie hochbetagt mit 96 Jahren in New York. (6)
Die Rolle Edgar Wallaces
Fans von Edgar Wallace bezeichnen die Figur des Riesenaffen oft als seine literarische Schöpfung. Leute, die es nicht so mit Edgar Wallace haben, verneinen das stets. Im Booklet der neuen Blu-ray ist lesen, dass der erste Drehbuch maßgeblich auch eine Arbeit von Edgar Wallace. Dieser Drehbuch-Entwurf wurde aber verworfen. Später wurde Wallace ein den Credits genannt als einer der beiden Ideengeber. Und das ist dann wohl auch zumindest fakt. Es war auch seine Idee und leider starb er ja noch während der Vorbereitungen zu dem Film.
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Technisches
In Deutschland seinerzeit als "Trick- und Sensationsfilm" angekündigt war er in erster Linie natürlich Trick. Aber welcher Film ist kein Trickfilm - wenn man es genau nimmt. Das fängt ja schon bei Pappkulissen an. Es war aber wie eingangs erwähnt auch Horror und wenn man es in der Zeit betrachtet sogar knallharter Horror. Begriffe wie Splatter oder Slasher gab es damals nicht, aber wenn man einige Aspekte dazu denkt (wie zum Beispiel spritzendes Blut) wäre es heute sicher ein Film, der nicht wie hier als FSK 6 durchginge. King Kong zertrampelt Menschen, zerkaut sie zwischen seinem Gebiss, zerreißt sie, tötet Saurier. Solche gab es selbst in Monsterfilmen der 50er und 60er-Jahre nicht, wenn man beispielsweise "Tarantula" oder "Formicula" nimmt. Insofern wurden hier schon 1933 einige Brutalismen geboten, die aber in Fernsehausstrahlungen (oft am Sonntagnachmittag bei Kaffee und Kuchen) unterschlagen wurden.
Für viele Szenen verwendeten Merian C. Cooper und Ernest B. Schoedsack, die beiden Regisseure setzten auf die Stop-Motion-Technik. Dazu schreibt Wikipedia: Stop-Motion ist eine Filmtechnik, bei der eine Illusion von Bewegung erzeugt wird, indem einzelne Bilder (Frames) von unbewegten Motiven aufgenommen und anschließend aneinandergereiht werden.(8)
Die neue Blu-ray
Die neue Blu-ray von Filmjuwelen bietet einiges an Bonus. Neben dem umfangreichen Booklet mit vielen Infos und Jahresdaten (teilweise unwichtige) auch eine kolorierte Fassung des Film, die in ihrer Bildqualität aber sehr zu wünschen übrig lässt. Daneben gibt es noch eine Kinofassung in der Synchronisation der 50er-Jahre sowie die verschollene geglaubte Originalsynchronfassung von "Die Fabel von King Kong" aus dem Jahre 1933. Dazu noch so einiges mehr - schaut selbst unten auf den Umfang.
Fortsetzungen, Epigonen und mehr
Der Film und der Affe selbst wurde Teil der Popkultur. Das Empire State-Building wirbt noch immer mit King Kong. 2017 war der Schreiber dieser Zeilen selbst vor Ort und ihm strahlten auf beeindruckende Weise kleine Stoff-Äffchen entgegen oder Tassen und etliche andere Souvenirs zu nicht weniger beeindruckenden Preisen. Auch großer Poster und alte Filmplakate gab es da zu bestaunen. Die Fertigstellung des Gebäudes war 1931 und damit nur kurz vor der Filmpremiere, womit man beides gut miteinander verknüpfen kann - auch in Bezug auf die verwendete Promotion "Das achte Wunder der Welt". Das ESB war zeitweise das höchste Gebäude der Welt.
Die erste Fortsetzung des Films "King Kongs Sohn" kam noch im selben Jahr in die Kinos. Der Regisseur auch hier Ernest B. Schoedsack, der Produzent Selznick. Der Film ist nur gut 70 Minuten lang und eigentlich eine eher heitere Variante. Beeindruckend bleiben die Spezialeffekte. 1949 folgte Panik um King Kong. Auch das ehe rein Familienfilm als ein Horrorfilm. Regisseur auch hier wieder Ernest B. Schoedsack. Produzent war hier sein ehemaliger Co-Regisseur vom ersten Film: Merian C. Cooper. In den 60er-Jahren folgten die japanischen King Kongs. 1976 gab es das erste Remake von John Guillermin. Auch dieser Film orientierte sich nur grob an dem Klassiker und setzte eine emotionale Note mit hinein. So verkam der Film letztendlich fast zur Schnulze. Peter Jacksons Remake von 2005 nahm das Original ernster. Letztlich war Jackson laut Infos auf der Blu-ray ein Verehrer des alten Klassikers. Auch er kam nicht umhin eine emotionale Note mit hineinzupacken, so das Kongs Ende am Schluss auch eher Traurigkeit als Erleichterung auslöst. Der Film nimmt aber viele Details des Klassikers neu auf und stellt sie in wirklich tollen Bildern aus. Dieser Kong war auch noch echter als alle folgenden, die sehr stark an Computerspiele erinnern. Gemeint sind Skull Island (2017) und Godzilla vs. Kong (2021), die bildgewaltige Spektakel sind, aber in der Handlung nicht überzeugen. Letzterer vereint wenigstens King Kong und Godzilla auf irgendeine Art, in dem sie Frieden schließen.
King Kong und die weiße Frau
(1)= Filmjuwelen
(2)= Der Spiegel (Online)
(3, 4, 7)= Info auf der Bluray "King Kong und die weiße Frau" (Filmjuwelen, 2022)
(5)= Wikipedia (King Kong und die weiße Frau)
(6)= Wikipedia (Fay Wray)
(8)= Wikipedia (Stop-Motion)
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Kommentare
Den Klassiker KING KONG UND DIE WEISSE FRAU hatte ich mir sogar in klassischem Schwarzweiß (DVD aus meinem Filmarchiv) vor gerade mal einer Woche wieder mit Spannung angesehen. Denn der Film hat einfach seinen ganz eigenen Charme, den man kaum kopieren können dürfte.
In der Baumstamm-Szene wurden sämtliche, damals möglichen Trickeffekte in einigen Einstellung auf einmal angewandt.
Schüftan, Matte Paintig, Traveling Matte, Rückprojektion, Stop-Motion...
Das waren vier verschiedene Ebenen, wo jede einzelne auf die Bewegung und Geschwindigkeit der anderen abgestimmt werden musste, um sie übereinander zu kopieren, oder mit erweiterten Vordergrund erneut abzufilmen.
Das Team um Willis O'Brien war da wohl einige Zeit beschäftigt.