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AMANDO DE OSSORIO - Eine kleine Werkschau: Teil 1: Biografie und Frühwerk

Amando de Ossorio - Eine kleine WerkschauTeil 1:
Biografie und Frühwerk

Der spanische Horrorfilm kam spät, schlug dann aber mit Wucht international ein. Dabei scheint es aus heutiger Sicht ein wenig merkwürdig, dass die Filme, die Ende der 60'er bis Ende der 70'er Jahre entstanden, einen solchen Erfolg verbuchen konnten. Selbst mit verklärtem Blick, den auch ich habe, muss man eingestehen, dass die weitaus meisten Filme inhaltlich wie technisch unzulänglich waren.

 

Familienfoto - Ossorio mit einem TemplerAber vielleicht machte auch gerade das wieder ihren Reiz aus. Es waren bodenständige Filme, mit wenig Budget hergestellt und einer Phantasie ausgestattet, die jeder Zuschauer nachvollziehen konnte. Obgleich in ihnen Vampire, Werwölfe und andere klassische Gruselgestalten ihr Unwesen trieben, so waren sie doch greifbarer als die Vorbilder aus den USA oder GB.

Einer der führenden Genrevertreter jener Zeit war der Regisseur Amando de Ossorio, dem es 1971 gelang, den wohl nachhaltigsten Beitrag zur spanischen Horrorfilm-Geschichte zu liefern, LA NOCHE DEL TERROR CIEGO (Die Nacht der reitenden Leichen). Er drehte danach noch drei direkte Folgefilme sowie ein paar weitere Horrorstreifen, denen hier nun ein wenig mehr Aufmerksamkeit geschenkt werden soll.

Bemerkenswert dabei ist, dass de Ossorio nicht wie seine Kollegen auf jene Figuren des klassischen Horrorfilms setzte, einmal abgesehen von seinem Horror-Erstling MALENKA (1968), der von einer Vampirin handelte. Es ist diese Tatsache, die sein Werk in jener Phase so ein wenig hervorstechen lässt. Er entwickelte eigene Stoffe, wenngleich auch nicht immer originell. Nun gut, er drehte mit LA ENDEMONIADA (1975) einen Film im Fahrwasser des weltweiten Kassenschlagers THE EXORCIST (1973), dennoch entpuppt sich das Ding bei genauerem Hinsehen als durchaus eigenständig.

Aber der Reihe nach:

Biografisches
Der 6. April 1918 markiert den Beginn. Amando de Ossorio Rodriguez wird im spanischen La Coruna geboren. In einigen Biografien wird auch das Jahr 1925 genannt, was jedoch auf einer falschen Interpretation beruht. Er selbst gab dieses Jahr einmal in einem Interview an. Er nannte es das Geburtsjahr seiner Interessen, nämlich der Malerei und der Fotografie. Dieses studierte er auch nach erfolgreichem Schulabschluss.

Nachdem er das Studium hinter sich hatte, arbeitete er als Journalist. Gleichzeitig begann er, Geschichten für das Radio zu dramatisieren. Diesem blieb er im Übrigen treu, auch in jener Zeit, da er mit Filmen erfolgreich war. Als er sich 1984 vom Film zurückzog, widmete er sich dem wieder vermehrt, sowie der Malerei.

Ende der 40'er Jahre zog es ihn nach Madrid, wo er anfing Drehbücher zu schreiben. Kleine Dramen, die er zum Teil schon für das Radio realisiert hatte. Die eine oder andere Geschichte konnte er verkaufen. Zudem hielt er sich als Darsteller in Statistenrollen über Wasser. Er bekam jedoch auch die Gelegenheit als Regieassistent zu arbeiten. Warum er trotz des Studiums der Fotografie sich nie als Kameramann versuchte, bleibt ein Geheimnis.

Bereits 1956 hatte er Gelegenheit, seinen ersten Film selbst zu inszenieren. LA BANDERA NEGRA fiel jedoch durch. Zu gewagt war das Experiment, ein Ein-Mann-Theaterstück als Spielfilm zu bringen. Der endlose Monolog des einzigen Darstellers José Maria Seoane wurde ob der politischen Einstellung verboten. Und so arbeitete de Ossorio weiter für das Radio, schrieb Drehbücher und wurde Produktionsassistent. Er konnte lediglich ein paar Kurzfilme und Minidokumentationen inszenieren.

La tumba del pistoleroErst 1964 gab es eine weitere Gelegenheit, wieder im Regiestuhl Platz zu nehmen. Mit dem Aufkommen des Euro-Westerns, vornehmlich aus Italien, gab es einen hohen Bedarf an Filmen dieses Genres. Die Spanier klinkten sich mit ein, drehten Filme, die wie jene aus Italien aussahen. Mit LA TUMBA DEL PISTOLERO stieg er ins Regiefach ein. Ein weiterer Western war 1966 REBELDES EN CANADA. Es folgten Ausflüge ins Drama und der Komödie. Alles wenig erfolgreich.

Nachdem seit 1967 überraschend Horrorfilme im Kommen waren, lanciert durch die ersten Filme Paul Naschys, versuchte er sich dort. MALENKA (1968), eine Vampirkomödie, war allerdings kein Durchbruch, trotz Anita Ekbergs in der Hauptrolle. Dieser sollte sich erst drei Jahre später einstellen, eben mit LA NOCHE DEL TERROR CIEGO. Fortan blieb er dem Genre treu, drehte in den kommenden vier Jahren drei Folgefilme sowie drei andere Horrorstreifen.

Er arbeitete immer am unteren Limit der finanziellen Möglichkeiten, was dazu führte, dass er nie mit dem Ergebnis zufrieden war. Seine Drehbücher enthielten exakte Vorstellungen, wie die Bilder des Films aussehen sollten, denn neben dem geschriebenen Buch gab es auch noch ein Gezeichnetes. Die Entwürfe konnten jedoch nie realisiert werden. Es fehlte an Geld und Verständnis der Produzenten. Nach eigener Aussage gab es Filme, in die diese Leute zu sehr hinein redeten, im Falle MALENKA sogar ohne sein Wissen einige Szenen hinzufügten.

So etwas lässt sich später immer schlecht beweisen und ist eine willkommene Ausrede für das Misslingen eines Films. Tatsache ist jedoch, dass de Ossorio sich nach und nach dem Filmgeschäft wieder entzog. Er muss frustriert gewesen sein. Nach der erfolgreichen Zeit gab es zwei Erotikfilmchen und schliesslich den blödsinnigen Monsterheuler SERPIENTE DE MAR (1984), dem auch Stars wie Ray Milland und Jared Martin nicht mehr helfen konnten.

Er kehrte zurück zu den Wurzeln, war wieder im Radio tätig und verdingte sich zeitweise als Journalist. Nebenbei schrieb er eine beachtliche Anzahl an Drehbüchern, die aber noch heute in den Archiven vor sich hin modern. Nicht ein Einziges konnte er realisieren oder verkaufen.

Ein besonderes Steckenpferd von ihm war es, den Fans, die ihn um ein Autogramm anschrieben, nicht nur einfach eine Karte zurück zu schicken. Jeder bekam ein exklusiv angefertigtes Bild von ihm, in der Regel mit einem Motiv der untoten Templer, denen er nicht nur die grössten Erfolge verdankte, sondern die er auch wirklich mochte.

De Ossorio war ein gern gesehener Gast auf diversen Filmfestivals und ein bereitwilliger Interviewpartner. In den späteren Interviews konnte man ihm immer anmerken, dass er ein wenig traurig war, diese Filme hinter sich gelassen zu haben. So plauderte er gern darüber, ging oft über die Fragen, die gestellt waren, hinaus.

Am 13. Januar 2001 endete es. Amando de Ossorio erlag einem Herzinfarkt. Noch kurz zuvor hatte er an der Dokumentation AMANDO DE OSSORIO: EL ULTIMO TEMPLARIO (2001) mitgewirkt. So enthält diese auch das letzte Interview mit ihm.

Frühe Filme

LA BANDERA NEGRA (1956)
(nicht in Deutschland erschienen)
Man kann darüber spekulieren, ob dieser nun ein künstlerisch wertvoller Film ist oder nicht. Leider war es bis heute nur wenigen Menschen vergönnt, ihn zu sehen. Er galt lange Zeit als verschollen, eingemottet in unbekannten Archiven. Der de-Ossorio-Biograf Rafa Calvo dazu:
"Es war sehr aufregend, als ich eine Kopie des Films fand, weil er doch als verloren galt. Ein 90minütiger Monolog mit nur einem Darsteller. Der Film zeigt die verachtende Haltung de Ossorios gegenüber der Zensur des Franco-Regimes. Ein experimenteller Film, der aufgrund dessen zensiert und nie gezeigt wurde."
Der Film ist zwar nur 73 Minuten lang, aber egal. Er zeigt den Schauspieler  José Maria Seoane, der zur Sperrstunde aus einer Bar geworfen wird und nun über die Schlechtigkeit der Welt zu sinnieren beginnt, dabei anklagend immer wieder gegen die herunter gelassenen Gitter der Bar klopft und den Besitzer der Unterwürfigkeit und Charakterlosigkeit bezichtigt. Ich könnte mir vorstellen, dass es neben der Zensur jener Jahre noch andere Gründe gab, den Film nicht zu zeigen. In den wenigen Ausschnitten, die man in der Dokumentation EL ULTIMO TEMPLARIO sehen kann, wirkt er düster und depressiv. Möglich, dass man dieses dem Zuschauer nicht zumuten wollte. Vielleicht wäre ein solch endloser Monolog im Film aber auch einfach nur zu langweilig gewesen.

ZWEI SPANISCHE ITALO-WESTERN

Als Regisseur sogenannter Spaghetti-Western konnte man sich, wenn man nicht gerade Sergio Leone oder Sergio Corbucci hiess, kaum auszeichnen. Aber es gab unzählige Regisseure, die sich hier ihre ersten Sporen verdienten. Einer davon hiess eben Amando de Ossorio. 1964 konnte er dafür wieder im Regiestuhl Platz nehmen. Er inszenierte LA TUMBA DEL PISTOLERO (in Deutschland nicht erschienen).

Der Film erzählt die übliche Geschichte eines Mannes, der in eine Stadt kommt um die Hintergründe aufzuklären, die zum Tode seines Bruders führten. An sich nichts Besonderes, aber... Der spanische Filmhistoriker Carlos Aguilar dazu:
"Der Western ist sehr interessant, weil er der einzige seiner Art ist, an den ich mich erinnern kann, in dem absolut niemand stirbt."
Das war dann wohl auch der Grund, warum der Film international kaum Verbreitung fand. Zudem war er entgegen des Trends noch in Schwarz/Weiss gedreht.

Rebeldes en CanadaZwei Jahre später kam REBELDES EN CANADA (Die Unversöhnlichen – Kinotitel / Gnadenlose Killer – Videotitel). In ihm geht es um die französischen Zuwanderer in Kanada, die von der Armee verfolgt werden. Der Film kehrt seinen Vorgänger praktisch um, in Farbe gedreht, mit einer beachtlichen Anzahl an Faustkämpfen und Schiessereien ausgestattet. Die finale Schlacht zwischen den Freiheitskämpfern und der Armee hat einen beachtlichen Bodycount. Der Film kam erst verspätet im Jahre 1971 zu uns in die Kinos, da der Hauptdarsteller George Martin erst später zu einem der Stars der Italo-Western geworden war. Er spielte zwar auch in LA TUMBA DEL PISTOLERO die Hauptrolle, doch wer wollte jetzt noch einen Schwarz/Weiss-Film sehen?

Für beide Filme hatte de Ossorio auch die Drehbücher geschrieben. Beide offenbarten eklatante Schwächen in der Logik. Diese sollten sich auch in den Büchern für seine Horrorfilme fortsetzen. Schon hier interessierte es ihn offenbar wenig, dass alle Geschehen wirklich zusammen passten und der zeitliche Kontext stimmte. Wichtig war lediglich die Dramaturgie. Diese gründete sich zumeist in der visuellen Gestaltung und der Action. Mit den Schauspielern hatte de Ossorio nicht so viel am Hut, was später noch häufiger zur Sprache kommen wird.

EINHEIMISCHES
In den folgenden zwei Jahren drehte er ein Drama und zwei Musikkomödien. Leider ist über diese Streifen wenig in Erfahrung zu bringen, da sie das Land nicht verliessen. Ehrlich gesagt hatte ich keine Lust, mir irgendwelche spanischen Videokassetten zu besorgen, nur um die Dinger gesehen zu haben. Man mag mir das verzeihen, aber es wäre auch nutzlos, da diese Film kaum jemand hier je sehen wird bzw. sehen will.

La Nina Del PatioPASTO DE FIERAS (1967) ist das Drama um einen Schäfer, der eines seiner Schäfchen sucht und dabei allerlei Seltsames erlebt. Eine Co-Produktion mit Argentinien. Selbst spanische Web-Seiten geben Null Informationen her. Der Film existiert nicht einmal auf Video.

Zu LA NINA DEL PATIO (1967) war immerhin ein knapp 5 minütiger Clip bei You Tube zu finden (in spanisch), der aber aus Urheberrechtsgründen entfernt wurde. Der Film ist eine belanglose Komödie um ein Waisenkind, das eine Karriere als Flamenco-Star macht. Er ist in erster Linie ein Vehikel der damals sehr erfolgreichen Sängerin Estrellita Castro.

ESCUELA DE ENFERMER (1968) ist eine typische Musikklamotte um Jugendliche und ihre Musik. In etwa vergleichbar mit den hierzulande entstandenen Komödien z.B. mit Peter Kraus. Einen 3-Minuten-Clip gibts bei You Tube.

Soviel als Vorspiel. Die nächsten acht Teile beschäftigen sich mit jeweils einem Horrorfilm von Amando de Ossorio. Nach dieser Periode will ich dann praktisch als Anhang die letzten drei Filme abhandeln, deren Bedeutung doch deutlich geringer ist.
 
Amando de Ossorio - Eine kleine WerkschauDie weiteren Artikel:
Teil 02: MALENKA (23. März 2010)
Teil 03: LA NOCHE DEL TERROR CIEGO (06. April 2010)
Teil 04: LA NOCHE DE LOS BRUJOS (20. April 2010)
Teil 05: EL ATAQUE DE LOS MUERTOS SIN OJOS (04. Mai 2010)
Teil 06: LAS GARRAS DE LORELEI (18. Mai 2010)
Teil 07: EL BUQUE MALDITO (01. Juni 2010)
Teil 08: LA NOCHE DE LAS GAVIOTAS (15. Juni 2010)
Teil 09: LA ENDEMONIADA (29. Juni 2010)
Teil 10: Die letzten Drei (13. Juli 2010)

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