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AMANDO DE OSSORIO - Eine kleine Werkschau: Teil 8: LA NOCHE DE LAS GAVIOTAS

Amando de Ossorio - Eine kleine WerkschauTeil 8:
LA NOCHE DE LAS GAVIOTAS

Nach dem doch recht vermurksten dritten Film um die untoten Templer konnte es eigentlich nur noch wieder aufwärts gehen. Dummerweise gab es für diesen Film schon praktisch kein Geld mehr. LA NOCHE DE LAS GAVIOTAS entstand deshalb unter schwierigen Bedingungen und man sieht dem Film durchaus an, dass er mehr oder minder nichts gekostet hat. Dennoch hat er annehmbare Schauspieler und einen clever ausgewählten Drehort.

 

Das Blutgericht der reitenden LeichenDie Story ist akzeptabel, wenn auch beliebig. Es gibt sogar Einige, die glauben, dass de Ossorio Anleihen bei Lovecraft gemacht hat. Wow, auch hier muss man wieder sagen: Zu viel der Ehre. Der krötenartige Götze und die überdimensionalen, bluttriefenden Krabben mögen zwar einen morbiden Charakter haben, aber sie sind dennoch einfache Effekthascherei.

Der junge Arzt Henry Stein tritt seinen ersten Job als Doktor eines kleinen Küstenortes an. Als er mit seiner Frau Joan ankommt, schlägt ihm nur Hass und Ablehnung entgegen. Der alte scheidende Doktor verlässt geradezu fluchtartig die Stätte seines Wirkens.

Schon während der ersten Nacht werden die Steins Zeugen einer Prozession der Dorfbewohner am Strand. Da sie es für eine Art Ritual halten, das für guten Fischfang sorgen soll, verfolgen sie es nicht weiter. Auch als Joan glaubt, die Schreie einer Frau zu hören, vermutet Henry dahinter die ständig kreischenden Seemöven dahinter.

Sie lernen Teddy kennen, einen verwachsenen und zurückgebliebenen Mann, der keine feste Bleibe hat und sich vor den Nächten fürchtet. Als ihnen wohlgesonnen stellt sich auch noch die junge, alleinstehende Lucy heraus. In der folgenden Nacht kommt eine völlig aufgelöste Frau zu ihnen, um sich zu verstecken. Die Dorfbewohner erzwingen jedoch die Herausgabe des Mädchens.

Am nächsten Tag will Henry das Mädchen aufsuchen. Als Teddy ihnen verrät, wo sie wohnt, wird er von den Dörflern verprügelt. Die Eltern des Mädchens verweigern den Steins den Zutritt. So müssen sie unverrichteter Dinge wie gehen. Niemand will mit ihnen etwas zu tun haben.

Am Abend wird Lucy von den Dorfbewohnern geholt. Sie wird, wie die Opfer der Nächte vorher, zum Strand geführt und an einen Felsen gekettet. Währenddessen schleppt sich der schwer verletzte Teddy zum Haus der Steins. Er erzählt ihnen, was er über das Treiben im Dorf weiss. Danach müssen die Bewohner des Ortes regelmässig junge Frauen geheimnisvollen Geistern als Opfer darbringen, sonst würde das Dorf zerstört.

Die HauptdarstellerHenry rennt daraufhin zum Strand und kann Lucy gerade noch vor den herannahenden untoten Templern retten. Sie fliehen zum Haus. Unterdessen verlassen die Menschen eilig das Dorf, das kurz darauf von den Templern heimgesucht wird. Die Steins, Lucy und Teddy verbarrikadieren sich im Haus, doch die Untoten können eindringen. Teddy fällt ihnen zum Opfer.

Die drei Verbliebenen fliehen auf den Pferden der Angreifer. Die Bösen holen sie aber schnell ein und töten Lucy. In der Burg der Templer angekommen geraten Henry und Joan in den Zeremonienraum, in dem die jungen Frauen einer krötenartigen Gottheit geopfert werden. Die Beiden zerstören die Statue des Dämons, was zur Folge hat, dass die Templer ihre Existenz verlieren.


Rein technisch ist LA NOCHE DE LAS GAVIOTAS nicht nur der schwächste Film der Reihe, sondern des Regisseurs überhaupt. Die Skandinavier dürften neidisch werden ob einer solch hellen, ja zum Baden einladenden Midsommernacht. Will heissen, der Film, der meist bei Nacht spielt, wurde ausschliesslich bei Tage gedreht. Die entsprechenden Dunkelfilter, die Nacht suggerieren sollen, wurden entweder schlampig oder gar nicht benutzt. Die wieder einmal hineingeschnittenen Szenen, in denen die Templer aus den Gräbern steigen, stellen einen extremen Kontrast zu den neu gedrehten Bildern dar, sodass selbst einem unbedarften Laien auffällt, dass Beides nicht auf dem gleichen Filmmaterial gedreht worden sein kann. Vermutlich führten der Zeitdruck und der notorische Geldmangel dazu, dass auch keine Nachbearbeitung mehr stattfand.

Regieanweisung für 'Lebende'ÄEs fällt dadurch auch schwer, der Handlung zu folgen, da man zumindest optisch nie genau weiss, ob Tag oder Nacht ist. Besonders krass zeigt sich dies gegen Ende, als Henry Lucy in den abgedunkelten Szenen am Strand befreit und im Gegenschnitt die Flucht der Dorfbewohner bei vollem Tageslicht gezeigt wird.

Jede Nacht wird ein junges Mädchen den Templern geopfert. Da es sich nur um ein kleines Dorf handelt, muss man sich schon fragen, wo die alle her kommen. Aber wie so oft bemüht sich das Drehbuch nicht um Schlüssigkeit. Kann man es hinnehmen, dass wieder riesige Löcher vorhanden sind, versteht es der Film durchaus, kurzweilig zu unterhalten. Die Darsteller agieren etwas besser als gewohnt. Die Story bemüht sich, irgendwelche Nebenhandlungen zu vermeiden. Einzig die Sache mit Teddy hat nicht zwingend immer etwas mit dem direkten Ablauf zu tun.

Ich musste das Drehbuch schnell schreiben. Also wählte ich eine einfache Geschichte. Das Ende von EL BUQUE MALDITO, die Szene am Strand, sollte der Ausgangspunkt sein.
(Amando de Ossorio)

Regieanweisung für UntoteVielleicht war es die beste Lösung. Das Ende von EL BUQUE MALDITO hatte jedoch nur dahin gehend Einfluss, dass der neue Film am Strand spielte. Aus Kostengründen wurde alles ausserhalb gedreht, denn ein Studio wäre zu teuer gewesen. Ein kleines Dorf in Katalonien, das wirklich auch Abgeschiedenheit ausstrahlte. Das typische Prinzip, aus der Not eine Tugend zu machen. Wenngleich filmisch viel in die Hose ging, so ist die Wahl des Drehortes positiv zu sehen. Diese abgeschiedene, scheinbar eigene Welt, schafft immerhin Atmosphäre.

Der Film wurde innerhalb von nur drei Wochen dort abgedreht. Die Darsteller sind, wohl vielleicht zum ersten Mal in einem de Ossorio-Film, nicht überdreht. Sie alle passen sich der Ruhe des Films an, der auf Spektakuläres verzichtet – verzichten muss.

Bei Ansicht des Films wird dem Zuschauer klar, dass es der letzte der Reihe um die Templer sein muss. De Ossorio brachte nichts Neues mehr ein und die Vorstellung, dass es noch eine Geschichte um die Untoten hätte geben können, versetzt eher in Erstaunen. Obwohl dieser Film trotz aller Mängel recht annehmbar geriet, erwiesen sich die reitenden Leichen als zu eindimensional. Die jeweiligen Ideen zu den Filmen wurden in de Ossorios Händen zu Klischees. Leider ist nicht in Erfahrung zu bringen, was er noch machen wollte.

Im Grunde markierte der Film das Ende der Karriere de Ossorios. Er war nicht in der Lage, sich und seinen Filmen Impulse zu geben. Der folgende Film LA ENDEMONIADA mochte zwar noch gelungen sein, aber er machte den Abstieg deutlich. Und danach war es praktisch zu Ende.

LA NOCHE DE LAS GAVIOTAS ist im Grunde ein überflüssiger Film, wenngleich man ihn durchaus goutieren kann.


La noche de las gaviotasLA NOCHE DE LAS GAVIOTAS
Profilmes, Ancla Century Filmes 1975 – 85 Minuten
Regie und Drehbuch: Amando de Ossorio
Kamera: Francisco Sanchez
Spezialeffekte: Soria-Molina
Schnitt: Pedro del Rey
Musik: Anton Garcia Abril
mit Victor Petit (Henry Stein), Maria Kosti (Joan Stein), Sandra Mozarosky (Lucy), Jan Antonio Castro, Julie James, Javier de Rivera, Pilar Vela, Fernando Villena, Maria Vidal, Oscar Phens, Susana Estrada.

Alternativtitel:

NIGHT OF THE SEAGULLS (International)
DAS BLUTGERICHT DER REITENDEN LEICHEN (BRD)
DON'T GO OUT AT NIGHT (GB)
THE BLIND DEAD 4 (USA)
LA NOTTE DEI GABBIANI (Italien)
I CAVALIERI DELLA MORTE (Italien-Video)
LA CHEVAUCHÉE DES MORTS-VIVANTS (Frankreich)
LE RETOUR DES TEMPLIERS MAUDITS (Frankreich-Video)
ZOMBI STI NYHTA TOU MAVROU THANATOU (Griechenland)
I MEGALI NYHTA TON ZOMBI (Griechenland – Wiederaufführung)
NOC UPIOROV (Polen)
TERROR BEACH (?)

DVD-Veröffentlichungen:

DAS BLUTGERICHT DER REITENDEN LEICHEN (Laser Paradise, BRD)
1,66:1 - Deutsch

NIGHT OF THE SEA GULLS (Blue Underground, USA – Anchor Bay, GB)
1,78:1 - Englisch

Trailer (deutsch – wieder mit lustigen Werbesprüchen)

Trailer (englisch)

Trailer (englisch – Überlänge 5 Minuten)

 

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