Leit(d)artikel KolumnenPhantastischesKrimi/ThrillerHistorischesWesternAbenteuer/ActionOff TopicInterviewsHintergründeMythen und WirklichkeitenFictionArchivRedaktionelles

Barbarensöhne, zaubernde Steuerprüfer und unglückselige Verbindungen

StoryBarbarensöhne, zaubernde Steuerprüfer und unglückselige Verbindungen
Wieder mal Dummdreistes aus dem Leben des Tillus von Trällo
„
Schon wieder ein neuer Auftrag, hach...“, stöhnte ich demonstrativ.

„Was heißt schon wieder? Die letzten drei Aufträge hat Ghunhilda übernommen.  Ihr wart ja zwei Wochen abermals in den Klauen einer überschminkten Megäre!“, blaffte Quodd mich an.

 

Er lümmelte wie eine voll gefressene Kröte in meinem Lieblingssessel und zupfte beharrlich am stilvoll gemusterten Plüsch des guten Stücks.

Seit der Firmenumbenennung hatte sich mein ehemaliger Steuerberater in meinen Geschäftsräumen eingenistet und residierte als selbst ernannter Geschäftsführer in denselben. Er hatte wohl gute 30 Pfund seit seiner Amtsannahme zugenommen – scheinbar bekam ihm seine neue Position prächtig.

„Ach, jetzt haltet ihr mir Ghunhildas Überbeflissenheit vor? Sie rafft nun mal alle verfügbaren Aufträge an sich!“

„Unsinn! Selbst Boller hat letzten Monat einen Auftrag übernommen. Ihr wart ja mal wieder nicht zu finden. Es gibt einfach zu viele Hurenhäuser und Spielhöllen in Dudderstatt - die kann ich auf meine alten Tage schließlich nicht alle abklappern.“

Ich seufzte und massierte in bühnenreifer Manier meine Schläfen.

„Was Ihr mir schon wieder unterstellt, tzz. Ich war krank und bedurfte intensiver Pflege.“

„Eure Krankheiten sind der Schnaps und das Spiel. Und Eure Pflege wird von grell geschminkten Dirnen betrieben. Aber lassen wir das, Ihr werdet Euch nie ändern.

Zumindest habe ich Euch heute antreffen können, und so kann ich Euch einen neuen Auftrag unterbreiten, den IHR übernehmen werdet.“

Ich knurrte ärgerlich wie ein in die Enge getriebenes Tier und setzte meine beste Beleidigtsein-Miene auf, mit der ich Quodd jedoch kaum beeindrucken konnte.

„Morgen treffen ein reicher Dumdriaer-Häuptling und sein Sohn in Dudderstatt ein.

Der Häuptling möchte, dass sein Sprössling das Leben in der Zivilisation kennenlernt und sich die Umgangsformen der besseren Gesellschaft aneignet.“

Zur besseren Erläuterung sei angemerkt, dass die Dumdriaer ein kleiner Volksstamm sind und sich auf der Entwicklungsstufe von aufgeweckten Wühlmäusen befinden.

Sie residieren im allgemeinen in einem kahlen Gebirge, das als Höhepunkt von zivilisatorischer Annehmlichkeit tröpfelndes Gebirgswasser von der der heimischen Höhlendecke zu nennen weiß.

Der durchschnittlich gebildete Dudderstätter stellte sich die Dumdiaer als geifernde Barbaren vor, in Felle und Moos gekleidet, kleine Kinder essend und von einem fortwährenden Drang zum Schänden und Morden besessen.

„Ein reicher Dumdriaer?! Womit will er uns denn bezahlen – mit Kieseln und bunten Glasscherben?“, grunzte ich verdrossen.

„Nun, dieser Stamm ist auf eine mehr als reichhaltige Silberader gestoßen. Der Häuptling Korrgarr hat einen Großteil seines Lebens in der Zivilisation verbracht und weiß um den Wert des Silbers. Versucht also erst gar nicht, ihn übers Ohr zu hauen, Tillus. Verhaltet euch ehrenhaft und führt den Jungen nicht durch sämtliche Hurenhäuser und Spelunken dieser Stadt. Bringt ihm Sprache und Kultur nahe, soviel Ihr davon Ahnung habt und behütet ihn vor allen rauflustigen Trunkenbolden und Rabauken, die nächtens unsere Straßen bevölkern.“

Ich wedelte abwiegelnd mit der Hand und warf Quodd einen mit gekränkter Ehre durchweichten Blick zu.

„Bei Grimbols stählernem Stengel, wie seid Ihr in Kontakt mit einem Barbarenhäuptling aus den Bergen geraten?“, wollte ich unverblümt wissen.

„Das liegt doch auf der Hand: Ich bin sein Steuerberater …“

Das Grinsen auf Quodds knittriger Visage war beinah obszön zu nennen.

*

Häuptling Korrgarr und sein Sprößling waren auf zwei unglücklich dreinsehenden Auerochsen in die Stadt eingeritten. Das Gefolge des Häuptlings bestand aus zwei riesigen Kerlen, die schnaufend hinter den Ochsen getrottet waren.

Ebennun lümmelte die Gesellschaft auf den Sesseln in meinem Büro, wobei sie sich höchst erfolgreich anstrengten, diese mit ihren staubigen Hinterteilen zu verschmutzen.

Als Attribut seiner Häuptlingswürde hatte Korrgarr einen ausgehöhlten Wildschweinkopf über seine pausbäckige Rübe gestülpt. Sein gewaltiger Wanst war in ein schlecht gegerbtes Bärenfell gepresst. Eine dicke Goldkette mit silbernen Medallions schien ihm die Luftröhre abzuschnüren, jedenfalls deutete seine knallrote Gesichtsfarbe darauf hin. Breitschwert, Dolch und Axt hatte er sich in einen breiten Ledergürtel gestopft.

Korrgarrs Sohn, gezeichnet fürs Leben mit dem illustren Namen Worrgarr, war von gedrungener Gestalt, ausgestattet mit breiten Schultern, mächtigen Muskelpaketen und dem Hang, sich eine stattliche Plauze zuzulegen.

Sein unrasiertes Gesicht hatte einen eigentümlich herben Charme, wobei sein stumpfer Blick und sein häufiges Stirnrunzeln nicht auf ein Übermaß an Intelligenz schließen ließen. Er trug weder Tunika noch sonst eine Oberbekleidung, was sich wohl damit begründete, dass eine Vielzahl an künstlerisch fragwürdigen Tätowierungen und verschiedenste Narben seinen Körper bedeckten und er diese gern zur Schau stellte. Sein Breitschwert hatte er beim Hereinkommen achtlos in eine Ecke gepfeffert. Einen mit Fett verschmierten Dolch hatte er in meine sündhaft teure Tischplatte gerammt, was mir vor Entsetzen fast die Tränen in die Augen trieb (es würde mich ein kleines Vermögen kosten, das edle Shlubb-Holz wieder in einen annehmbaren Zustand zu versetzen).

Quodd hatte Vater und Sohn meinen exzellenten ‚Traube der Sonne‘ kredenzt, den die beiden achtlos hinunter stürzten. Wein schien nicht deren bevorzugte Alkoholika zu sein, da beide etwas missmutig die Stirn runzelten und nach bitterem Met verlangten. Korrgarrs knollige Nase war rot und von aufgeplatzten Äderchen bevölkert, so dass ich mutmaßte, dass er zeitweise im Innern eines Flugol-Schnaps-Fasses wohnte, dennoch schien er Wein für besseres Spülwasser zu halten.

„Mein Jüngelchen soll, genau wie ich damals, eure sogenannte Zivilisation kennenlernen. 74‘ (74 Jahre nach dem Pickeltod des ‚krausen Propheten‘ auf dem Heiligen Bierfass sei hier gemeint) bin ich von unserem Hügel runter gepurzelt und habe die seidenen Laken Eurer Freudenhäuser ebenso kennengelernt wie Euren überbürokratisierten Verwaltungswirrwarr. In feines Tuch und poliertes Leder habe ich mich gehüllt, habe Eure Duftwässerchen benutzt und mir den Bart stutzten lassen. Schreiben und Lesen habe ich mir beibringen lassen, genauso wie das Feilschen und Gaunern beim Viehhandel und beim Geldverleih. Ich habe gerade so viel an Zivilisation getrunken, dass mir nicht im Übermaß schlecht davon wurde.

Ich habe in dieser Zeit mein Oberstübchen ordentlich in Schwung gebracht, so dass mich Eure schlitzohrigen Pferdehändler und nach Schmiergeld heischende Stadtbüttel nicht mehr hinters Licht führen können …“. Korrgarr keuchte nach diesem Vortrag rasselnd, die Sprache unserer Zivilisation schien ihn auszulaugen – schließlich war er eigentlich guturales Grunzen und eine Art rhythmisches Bellen zur Verständigung gewohnt.

„… ächz … was ich damit sagen will: Tut alles Nötige, damit mein Jüngelchen die Lebensart eures verkommenen Molochs kennenlernt und zum selben verkommenen Halunken heranreift wie sein alter Papa!“.

„Hihi, werter Herr Korrgarr, ich und mein Kompagnon werden unser Bestes tun,  Eurem Sprössling die komplexen und diffizilen Eigenheiten des zivilisatorischen Zusammenseins näher zu bringen.“, schleimte Quodd, wobei sein schmieriges Grinsen den Zuckergehalt einer Schokoladentorte in den Schatten gestellt hätte.

„Genau!“, grunzte ich verdrossen und verdrehte hinter Quodds Rücken die Augen.

1. In den Fängen des Barbiers
„Beim flauschigen Liebreiz des Koddodoss, welch ungestüme Mähne, welch heroisch geschwungene Augenbrauen, welch … Huch, was ist denn das?“, kreischte Rogel und hob abwehrend eine Hand vors gepuderte Gesicht.

„Ich würde für Läuse plädieren … oder ein ähnlich geartetes Krabbelzeug.“, meinte ich lakonisch.

Wir befanden uns in ‚Rogels duftender Locke‘, dem führenden Barbierladen in Dudderstatts Körperpflege-Viertel. Rogel zog eine aufdringliche Parfumwolke hinter sich her, richtete alle fünf Herzschläge seinen ondulierten Lockenturm, den er auf seinem Rübenförmigen Kopf balancierte, und tänzelte um Worrgarrs Kopf herum.

„LÄUSE, herrjeherrje!!!! Und was ist denn daaaas?“.

„Fettverkrustungen, Straßenstaub und … ganz gewöhnlicher Dreck, würde ich meinen.“

Blankes Entsetzen spiegelte sich in Rogels käsiger Miene.

„Herrjemineh, was machen wir da bloß?“

„Waschen, würde ich mal unverfroren vorschlagen. Und Haareschneiden nicht zu vergessen.“, presste ich verdrossen hervor.

Rogel blickte mich mit gequälter Miene an, Laus-Entfernung schien nicht zu seinen Spezialitäten zu zählen.

Worrgarr schielte misstrauisch unter seinen verkrusteten Haarsträhnen hervor. Augenscheinlich traute er weder mir noch dem schnatternden Barbier über den Weg.

„Wasch‘ endlich das Gezausel und hör‘ mit dem Herumgetrippel auf!“, knurrte Ghunhilda. Die baumlange Knochenbrecherin war mir von Quodd als ‚Anstandsdame‘ auf’s Auge gedrückt worden. Mit Ihrem von Narben und krumm verheilten Knochen gesprenkelten Gesicht schüchterte sie Rogel unverhältnismäßig ein.

„Ja doch, ja doch. Hach, diese Untiere …“.

Rogel ging widerstrebend ans Werk, wobei ihn Worrgarr misstrauisch beäugte.

Als Rogel eine große Schüssel mit parfumiertem Wasser anschleppte, knurrte der Barbar in wölfischer Manier.

„Haltet ihn fest, Ghunhilda, unser wilder Mann scheint eine zarte Abneigung gegenüber sauberem Wasser zu haben …“, raunte ich Ghunhilda zu.

Die Geschwindigkeit der ramponierten Dame überraschte mich immer wieder. Innerhalb eines Lidschlags befand sich der unwillige Barbar in (wie es Ghunhilda so manches Mal treffend formulierte) in ihrem Schraubstock-Quetsch-die-Kehle-Griff.

Worrgarr zappelte tapfer ein wenig herum, was ihm aber nicht übermäßig half – seine Kopfhaut mitsamt dem struppigem Gebirge wurde einer Radikalkur unterzogen. Läuse, einige Käfer und eine Gruppierung des seltenen Schmalzwurms fanden den wässrigen Tod in wohlduftender Lauge.

„Haalunkään, Miestkörle …“, würgte Worrgarr mitsamt grunzender Verwünschungen in seiner Muttersprache hervor.

„Aha, er kann schon einige Brocken unseres gepflegten Vokabulars – ein Anfang ist gemacht!“, schmunzelte ich süffisant.

Nach der Ungeziefer-und-Dreck-Entfernung folgte ein flotter, der Saison gemäßer Haarschnitt und eine Rasur. Als die letzte Bartstoppel fiel, war unser guter Barbar schon ganz blau angelaufen und gab ein Schnaufen von sich, das von einem gluckerndem Röcheln untermalt wurde.

„Lasst ab, Ghunhilda, ich befürchte, dass er ansonsten den Löffel abgibt.“

„Ach was, das Kerlchen hat prächtige, dicke Halsmuskeln. Da müsste ich schon etwas kräftiger drücken …“.

„Und nun werden wir seine Fingernägel auf Vordermann bringen. Seht euch diese dreckverklumpten Krallen an – einfach fürchterlich, nicht wahr?“, krächzte Rogel und begann auch schon, sich mit einer winzigen Feile ans Werk zu machen.

Worrgarr, der zu Boden gesunken war, rappelte sich plötzlich wieder hoch, sprang den perplexen Rogel an und biss diesem mit einem einzigen klangvollen Biss die Nase ab. Der Barbier schrie vor Schreck und Schmerz wie am Spieß und zeigte schlotternd auf den Nasenklumpen, der aus Worrgarrs Zähnen hervorlugte.

„Pneime Pnase, pneime Pnase … pnieses Pnier pnat pnir pneime Pnase pnabpnebissen …“

„Na, das fängt ja schön an. Ich hoffe das Silber Eures Vaters kann den Verlust einer solch schönen Nase wieder gutmachen.“, seufzte ich mit einem nachklingenden Tadel im Vibrato.

2. In den Klauen des Linguisten
„p-r-i-m-i-t-i-v … der P-R-I-M-I-T-I-V-E … die P-R-I-M-I-T-I-V-E-N …“.

Worrgarr glotzte irritiert und leicht hilfesuchend durch die Gegend.

„Meister Zimbulinus, ich glaube nicht, dass dies ein Wort ist, welches er zu einer ersten, bescheidenen Kommunikation benötigen wird …“, seufzte ich.

Der hochehrenamtliche Professor zuckte indigniert mit seinen buschigen Brauen und kritzelte zugleich eine Anmerkung in seine golden verschalte Notiz-Rolle.

„Ihr wollt doch wohl, dass dieser … dieser … äh …“.

„Barbar, Wilder, Primitiver, Rohling … oder wie wäre es mit ‚Kulturbanause?“, grunzte ich verdrossen – für einen lehrenden Linguisten schien der gute Mann entschieden zu wenig Synonyme in seinem Vokabular zu beherbergen.

„Hmmmm, jaaaaaaa …..“, presste Zimbulinus hervor, „Ihr wollt doch wohl, dass er sich gewählt auszudrücken vermag!“

„Sicher, aber vorerst genügt es, wenn er im Gasthaus eine ordentliche Mahlzeit bestellen kann und in der Lage ist, den Preis für eine Dirne auszuhandeln …“

Zimbulinus garstige Brauen zuckten empört nach oben, und seine fransigen Lippen formten ein entsetztes O. Der promovierte Schriftgelehrte und Sprachlehrer grummelte missmutig in seinen fransigen Bart, setzte aber zu keinem weiteren Diskurs an.

Ich verabschiedete mich vom Meister-der-eleganten-Sprachkapriolen und sah beim Hinausgehen noch, wie sich Barbar und Sprachlehrer gefährlich anfunkelten.

Durch die Tür vernahm ich ein letztes gefährliches Grollen Worrgarrs, das der Sprachmeister spitz kommentierte.

Als ich die Treppe hinabgestiegen war und das Haus durch die breite Flügeltür verließ, konnte ich gut beobachten, wie Zimbulinus durch das Fenster im 1. Stock segelte und mit einem sprachlich eher unausgereiften Quieken mit dem Kopf voran dem Boden entgegen sauste. Gemäß den höchst tödlichen Kräften der Flieh-und Schwerkraft überlebte er diese Behandlung nicht, und in den nächsten Stunden hatte unsere Reinemachefrau kräftig zu tun, die befleckten Mamorfliesen vor dem Eingang von widerspenstigen Hirnresten und blutverklebten Haaren zu säubern.

„Wie erklären wir dies der Gilde der Sprachvirtuosen und vor allem seiner Verwandschaft?“, wollte Boller von mir am Abend wissen.

„Was gibt es da zu erklären – das war eindeutig ein Arbeitsunfall – ohne Zweifel.“

3. In den Tavernen des Grauens
Um seinen kulinarischen Geschmack zu verfeinern und Worrgarr angemessene Tischmanieren anzugewöhnen, besuchten er, ich und Boller die angesagte Taverne ‚Zum Fetten Eber‘. Der ‚Eber‘ hatte eine exquisite Speisekarte und zuvorkommendes Personal zu bieten.  Am Eingang empfing uns ein gelackter Oberkellner mittleren Alters, der sein schwindendes Haupthaar und seine Krähenfüße mit einer diabolischen Parfumwolke und einer dicken Schicht Schminke zu kaschieren versuchte. Seiner Position entsprechend hatte er sich einen überheblichen Manierismus angeeignet, den schlichte Gemüter als beleidigende Arroganz auffassen mochten. Mit provokant gerümpfter Hakennase führte er uns an einen freien Tisch, wobei er affektiert mit einem Taschentuch vor seiner Nase wedelte, als würden Überträger der Zupfpest von uns auf seinen Riechkolben überspringen.

Er gab uns einen Tisch, der verdächtig nahe am Eingang zur Küche stand und überdies eine kümmerliche Beleuchtung zu bieten hatte.

Beim Hinsetzen wedelte er unverschämt mit seinem Taschentuch, als würde er den Duft von in Jauche getränkten Schweinen abwehren.

„Ich reißen Kehle aus dünnem Scheiße-Kerl …“, grollte Worgarr und wollte sich just daran machen diese Ankündigung in die handgreifliche Tat umzusetzen.

Ich hielt den ungestümen Barbarenspross zurück, indem ich ihm versteckt in die Kniekehle trat.

„Nicht doch, Worrgarr. Unhöfliche beziehungsweise impertinente Oberkellner gehören in einer zivilisatorischen Speisegaststätte quasi zum Inventar. Leider muss man sich mit solchen Rüpeln abfinden, wollte man ihre Kadaver nicht haufenweise vor den Wirtshaustüren stapeln …“, meinte ich, wobei ich gefährlich in Richtung des Genannten linste.

Diesem schien meine Bemerkung nicht zu beeindrucken, er zuckte lediglich kurz mit einer Augenbraue. Dies war aber auch schon das Höchste der Gefühle, welches er sich leistete.

Betont abfällig reichte er uns die Speisekarte und trabte dann gen Küche.

Worrgarr sah sich die Karte sorgfältig von rechts nach links, dann von oben nach unten an, drehte sie dann, beschnüffelte sie ausgiebig, nickte kurz und biss schließlich herzhaft in sie hinein.

„Nein, Worrgarr! Das ist nicht die Vorspeise! Darauf sind lediglich alle Speisen gelistet, die dieses Etablissement zu bieten hat …“, sagte ich und nahm dem Barbaren die angebissene Karte weg.

„Wollen wir mal sehen, was der Fette Eber denn heute so zu bieten hat … Aah, sie haben wieder diese exquisiten Fasanenhälse in Trüffelbutter als Tagesgericht … die kann ich nur empfehlen – wirklich ein Balsam für den Gaumen!“

„Haben Feuerstelle da hinten … gebratenes Ochsenfett und … wie heißt … mmh … aah … Schweinedarm?“, grinste Worrgarr und präsentierte mir dabei sein fauligen Zähne.

„Hmmm, ich schätze, dieserart Delikatessen sind nicht im Repertoire dieser Bumsbude vorgesehen.“

Der Kellner, der für unsere Bedienung zuständig war, hätte ein Zwillingsbruder des Oberkellners sein können. Er hatte das dasselbe auf einen vorwitzigen Strich gestutzte Oberlippenbärtchen und den ähnlich abfälligen Blick in der Pupille.

Auch das despektierliche Naserümpfen schienen die beiden gemeinsam in ihrer Freizeit zu trainieren.

Er sage nichts, schlug nur einmal mit einem genervten Stöhnen die Augenlider nieder, was wohl seine Interpretation von ‚Was soll’s denn nun sein‘ war.

„Auch Scheiße-Kerl … ich mi … mmmh …. Messer … Augen ausstech‘n … und in … mmmhh … Popoloch stopf‘n!“

„Nicht doch, Herr Worrgarr. Das Reduzieren des Trinkgelds auf ein Mitleid erregendes Mindestmaß ist für solcherlei Schweinepriester eine viel größere Bestrafung, nicht wahr?“, grinste ich süffisant in Richtung des Kellners.

Dieser zuckte leicht zusammen und gestattete sich gar einen Hauch des Entsetzens über seine Gesichtszüge kriechen zu lassen. Er deutete den Schatten einer Verbeugung an, wobei sein Mund zerknirscht nach unten hing.

„Na schön, beginnen wir unser Mahl mit einer Rotaugensuppe garniert mit Kräutern der Saison und glasierten Marderzungen. Das hört sich doch recht nett an, oder?“

Worrgarr grunzte eine nicht identifizierbare Bemerkung dazu und Boller der Vinzling machte einen verzweifelten Augenaufschlag, den ich als Zeichen der Kapitulation wertete.

Der Kellner trottete misslaunig von dannen und verschwand in dem Schwaden verhüllten Schlund der Küche.

Die Marderzungen konnten Worrgarr genau so wenig verzücken wie der Hauptgang, der aus Rinderfilet in einer Knoblauch-Essig-Reduktion und gesüssten Mandeln bestand.

„Worrgarr nich‘ satt. S’ist für ein‘ Säugling zu wenig!!!“, knurrte der ungesättigte Barbar.

„Beruhigt Euch, Herr Worrgarr, es folgen noch einige Gänge. Seht doch, der Flegel von einem Lakai serviert den nächsten Gang: In Chili eingelegte Teufelspeperoni mit Teufelssprossen. Seit vorsichtig … NEIN … schlingt nicht alles hinunter …“

Aber es war zu spät. Worrgarr lief knallrot an, seine Ohren wurden gar dunkelrot und schienen dem Verfaulen anheim zu fallen. Auch die Nase wurde in Mitleidenschaft gezogen und schien wie ein pfeifender Teekessel kurz vor der Explosion zu stehen.

„Wasssääääää!!!“, japste der Barbar, sprang auf, wobei er seinen Stuhl umstieß und zur Theke hechtete, wo er eine Wasserkaraffe ins Visier genommen hatte.

An der Theke rumpelte Worrgarr in seiner ungestümen Hast mit einem vornehm gekleideten Edelmann zusammen, dem bei diesem Zusammenstoß sein äußerst kostspieliges Wams mit seinem entfleuchenden Rotwein durchtränkt wurde.

„Dummdreister Trottel von einem Bauern! Wie kannst Du es wagen …“

„Was sein??? Kleidchen von … Männchen sein … nass!? Ich … wisch ab und gut is.“, grunzte Worrgarr in seiner pragmatischen Art und rubbelte den Rotwein vollends ins Gewebe.

„Bei Gomburs Goldenem Zipfel, solch Untat verlangt nach Genugtuung!“, krähte der Edle und schlug Worrgarr mit seinem Seidenhandtuch zweimal läppisch ins Gesicht.

Worrgaar beantwortete dies mit der einzigen ihm logisch erscheinenden Reaktion und verabreichte dem buntgekleideten Herrn einen kernigen Faustschlag in die gepuderte Visage, der ihn über die nächst stehenden Tische katapultierte, wo er bewusstlos liegen blieb, die dünnen Beine über den Tischrand baumelnd.

Die Zechkumpane des Geschlagenen standen von ihren Tischen auf und begutachteten die Auswirkungen von Worrgarrs beachtlichem Hieb.

„Bei den diamantenen Nippeln von Vulvia, dieser Unhold hat Melatius die Nase zerbröselt. Sie ist nur noch ein matschiger Klumpen Wackelpudding in rotem Gelee!“

„Was für ein Monstrum! Er hat tatsächlich die unglaubliche Impertinenz an den Tag gelegt, meinen erlauchten Bruder mit seinen garstigen Pranken zu schänden“, japste ein betäubend parfümierter Geck mit Spitzhut und gezupften Augenbrauen.

„Wenn dieses Stück Unrat auch nur einen Tropfen adligen Blutes in seinen Adern hätte, würde ich es auf der Stelle zum Duell fordern“, krächzte er weiter und fuhr sich theatralisch übers Gesicht.

„Nun ja, da Herr Worrgarr ein Prinz aus den Dumdriaer Bergen ist, hat er wohl mehr als genug adligen Blutes in seinen Venen“, mischte ich mich ungeniert ein.

Durch den Puder auf seiner Haut schimmerte alsbald eine kirschfarbene Röte durch.

„Ich … nun … äh … die Dumdriaer Berge bestehen aus Fels und sind bevölkert von ärmlichem Bauernvolk und grunzenden Barbaren. Das dortige Adelsgeschlecht kann man schlecht als solches bezeichnen. Deshalb ist es unter unserer Würde, mit jenen in Felle gehüllten und verwanzten Unratessern zu fechten. Wir werden diese Angelegenheit in einer Weise abhandeln, wie es ihr zusteht …“

„Indem ihr ein Rudel Knochenbrecher und Bauchaufschlitzer engagiert, die Herrn Worrgarr hinterrücks meucheln werden …“

Graf Puderfresse warf mir einen pikierten Blick zu, der besagte, dass ich mitleidserregendes Insekt eigentlich keines weiteren Kommentares wert sei.

Danach wedelte er mit seinen Fingern einige Sklaven aus seinem Gefolge herbei, denen es beschieden war, den bewusstlosen Melatius aus dem Fresstempel zu schleppen.

„Ich ahne Fürchterliches …“, piepste Boller und raufte sich dabei das struppige Haar.

„Ach was, lasst uns mit der Völlerei fortfahren und Herrn Worrgarr zeigen, wie wahrhaft zivilisierte Großstädter auch nach mehrmaligem Übergeben neuen Appetit gewinnen können!“, grinste ich grimmig und biss in einen Hühnchenkeule mit Sahne-Brombee-Sosse.

4. Der Steuerprüfer des Teufels
Es ging mir schrecklich. Mein Bauch fühlte sich an, wie ein überhitzter Kohleofen kurz vor der Explosion. Boller lag halb bewusstlos auf dem kleinen Sofa, das ich extra für seine Vinzlings-Grösse hatte anfertigen lassen. Er ließ dann und wann ein gequältes Stöhnen gepaart mit einem sanften Furz entweichen und war zu keiner Bewegung mehr fähig.

Am Schlimmsten hatte es aber Worrgarr erwischt. Nachdem er sich bereits mit den Teufelspeperoni den Magen verätzt hatte, legte er noch unverfroren mit einer gesundheitsschädigenden Portion Schweineleber in Essig nach, was seine Magensäfte endgültig überkochen ließ. Seine Verdauungsfunktionen kapitulierten, seine Gliedmaßen machten schlapp und aus seinem Rachen stieg ein Aroma empor, gegen das verrottende Galle als Odem des Himmels zu bezeichnen war.

Worrgarr lag jammernd in seiner eigenen Kotze, unfähig sich zu rühren. Dann und wann gelang es ihm abwechselnd mich und dann die ihn maletrierenden Speisen zu verfluchen.

Mein Hausdiener Spuug reinigte uns, entfernte die Kotze, brachte feuchte Handtücher und stellte überall im Raum Schalen mit Zitronenwasser auf, um den brachialen Gestank zu verbannen.

Ebdendann, als Spuuk mir eine lindernde Hals-Nacken-Massage verabreichte, platzte Quodd durch die Tür.

„Eine Katastrophe! Oh, bei Fuxxus geweihtem Zipfel, welch Katastrophe!“, krähte er.

Quodd war bleich wie Marmor und seine hässlichen Ohren wackelten ein Lied der Angst – etwas, das ich bei Quodd noch nie gesehen hatte.

„Uuuuh….was ist denn los? Kommt zur Sache, in meinem Magen hüpfen Feuertrolle umher und der Gott des Dauerkotzens hat mich zu seinem persönlichen Adepten erkoren.“

„Ich … wi … uuhh … es ist …. die Steuerprüfung!“, ächzte Quodd, wobei seine Gesichtsfarbe von einem käsigen Weiß in ein Tod und Qualen verheißendes Grau wechselte.

„Wir haben die Steuerprüfer im Haus!“

Schlagartig war ich munter. Ein Schock dieses Kalibers hatte die Wirkung, alle schwer verdaulichen Essensreste in meinem Magen zu einem bloßen Nichts zu pulverisieren.

„Aber … aber habt Ihr die Buchhaltung nicht von einem Zauberer entsprechend manipulieren lassen, Quodd?“

„Ja … ja doch. Aber …. aber dieser Sohn einer Ziege hat seinen eigenen Zauberer mitgebracht. Und dieser Mistkerl entzaubert nun meine doppelte Buchführung.“

„Bei Huldas frostiger Titte, das darf doch nicht wahr sein!“

Ich rollte mich schnaufend von meiner Liegestatt und fiel mit einem satten Plumpsen auf den Fußboden. Krabbelnd arbeitete ich mich in die Räume unserer Buchhaltung vor. Der steuerliche Inquisitor war gerade bei Werke und wendete mir den Rücken zu. Der Zauberer, wohlweislich ein garstiger Verräter seiner Zunft, zwirbelte seine Finger über die manipulierten Unterlagen und murmelte Worte, die sich mehr nach dem Quietschen von Bettfedern anhörten, als nach einer weihevollen Beschwörung.

„Was … was soll das? Lasst ab! Sofort aufhören“, japste ich kraftlos.

„Das würde dir so passen. Aber Meister Sufolokus hat deine dilettantischen Manipulationen bereits rückgängig gemacht.“

„Manipulationen?? Ich weiß von keinen Manipulationen. Dies ist eine ungeheuerliche Unterstellung … Moment mal …. diese Stimme …?!?“

Der in Schwarz gekleidete Steuerscherge drehte sich um, woraufhin ich vor Schrecken vollends zusammensackte.

„Du?!?“

„Ja, ich, kleiner Bruder!“

„Mein eigener Bruder ist zur schlimmsten Kreatur des Bösen degeneriert, zu einem Steuerprüfer?“

„Oh, du warst schon immer so schrecklich melodramatisch, Tillus. Oder sollte ich dich Dämel Konngriggo nennen? Oder wie wäre es mit ConnConnerkson? Oder ist dir das Pseudonym Fitzz Zschibberlitsch genehmer?“

Bei Huldas goldschimmernder Ritze, wie konnte Tellus nur davon wissen? Und noch viel wichtiger: Wie konnte er dem absoluten Bösen anheim fallen? Hätte er nicht einen anständigen Beruf ergreifen können, wie ich? Ich hatte mich als Meuchelmörder, Heiratsschwindler, Trickbetrüger und Immobiliengauner probiert, allesamt ehrbare Professionen. Und Tellus war in die niedersten Abgründe gesunken, hatte sich den gemeinsten Dämonen verschrieben, war zum Schergen des übelsten Systems des Königsreiches geworden: Der royalen Steuerbehörde!

„Durch diese betrügerischen Manipulationen wirst du im tiefsten Kerker des Königs enden, werter Bruder“, sagte Tellus und dabei zuckte seine linke Augenbraue nervös, was ihm, je nach Sichtweise, entweder einen diabolischen oder einen schwachsinnigen Zug verlieh.

Gerade wollte ich erwidern, dass die unbequemen Gästezimmer der königlichen Kerkergewölbe nie und nimmer mit meiner Anwesenheit rechnen dürften, als ungestüm Quodd durch die Tür stolperte, wiederum mit einer unangenehmen Nachricht bewaffnet.

„Räuber, Mörder, Tunichtgute!“

„Ja ja, ist schon gut, Quodd. Mein Bruder steht ja vor mir“, knurrte ich angewidert.

„Nein, nein! Ich meinte damit nicht den ehrenwerten Herrn Steuerprüfer“, japste Quodd, wobei er es schaffte, seiner Schleimerei noch eine wahrhaft erniedrigende Verbeugung beizufügen, „Es ist bewaffnetes Gesindel im Haus. Sie haben die Eingangstür aufgebrochen und suchen Herrn Worrgarr!“

„Bei Dumbils eitrigem Sperma, diese parfumierten Gecken haben schnell reagiert!“

„Was? Welche parfumierten Gecken?“

Ich winkte ab, hievte mich hoch und wankte geschwächt und mit verdorbenen Magen zu einem lebensgefährlichem Kampf mit versierten Meuchlern und Metzlern.

Ich hörte Schreie und Kampflärm aus meiner Lounge, was mich dazu anspornte mich von einem trägen Schlurfen zu einem gehetzten Torkeln aufzuraffen.

In meiner Lounge war ein muntereres Hauen und Stechen zugange.

Ghunhilda schwang in der Rechten ihre furchterregende Doppelaxt, während sie mit der Linken ihr monströses Breitschwert wirbelte. Sie hatte es mit fünf Angreifern gleichzeitig zu tun, da Worrgarr platt auf dem Sofa dahin dümpelte und ab und zu einen Schwall Kotze absonderte. Boller war vollends nutzlos, er dämmerte bewusstlos auf seinem miniaturisierten Sofa dahin.

Ein abgetrennter Kopf flog dicht an mir vorbei, mit einem verdutzten Ausdruck auf der hässlichen Visage (als wäre sein letzter Gedanke gewesen: Bei Dolphurs kargem Nippel, wie konnte mir das heute nur passieren?). Ghunhilda leistete ganze Arbeit, aber die Mörderbande (nun nur noch zu viert) bedrängten sie nun hart, und einem von der Bande gelang es, ihr den rechten Oberschenkel aufzuschlitzen.

„Heda, ihr Meute von zerrupften Gockeln, ich bin auch noch da!“, krähte ich, wobei es mir auch schon sauer hochstieß.

Einer der Banditen wandte sich daraufhin mir zu (die anderen war schwer mit Ghunhilda zugange und ich sah wohl so bemitleidenswert drein, dass meiner Person keine größere Aufmerksamkeit geschenkt werden konnte).

Der große Kerl, ein augenscheinlich wenig attraktives Individuum, mit modisch gesehen unakzeptablen Schnauzbart und schrecklich behaarter Brust, hob sein rostiges Kurzschwert, das er unzweifelhaft in mein Brustbein versenken wollte.

Ich konnte mich aufgrund meiner desolaten körperlichen Verfassung nicht auf einen Nahkampf einlassen und fischte demgemäß meine vergifteten Wurfsterne aus meinem Stiefelschaft, die ich aufgrund jahrerlanger Routine treffsicher im Kehlkopf meines Gegners platzieren konnte. Mein verwendetes Gift, war von einer derart schnellwirkenden und Schmerz auslösenden Sorte, dass der Rüpel Schaum geifernd und mit hervorquellenden Augäpfeln zu Boden sank und ruckzuck den Löffel abgab.

Diese tödliche Arbeit hatte mich derart Kraft gekostet, dass ich schnaufend zu Boden sank und mit ansehen musste, wie Ghunhilda allein die drei restlichen Auftragsmörder niedermachte.

Einen Kopftuchträger mit Haifischgesicht spaltete sie mit der Axt vom Schulterblatt bis zur Hüfte, so dass diesem weiteres Schwertgeschwingen entscheidend vergällt wurde. Da die Axt somit im Kopftuchmann feststeckte, nahm die riesige Frau ihr Schwert nun beidhändig und hackte dem ihr nächst stehenden Assassinen den Unterschenkel mit einem eleganten Drehschlag ab und schickte dem davonfliegenden Teil einen wahrhaft unanständigen Fluch hinterher.

Der verbliebene Meuchelmörder, den eine Blutfontäne rot gesprenkelt hatte, ließ eingeschüchtert sein Rapier fallen.

„Ich … ich gebe auf. Gewährt mir Gnade…“, japste der Wicht.

„Blödsinn!“, fauchte Ghunhilda und spießte des Mann auf und nagelt ihn an die Wand.

„Gutt, gutt g’macht!“, rülpste Worrgarr aus seiner liegenden Position und ließ, wie als zusätzliche Bestätigung seiner Worte, einen neuerlichen Schwall Kotze auf meinen sündhaft teuren Teppich schwappen.

„Da gebe ich Herrn Worrgarr vollkommen recht, Ghunhilda, du hast unseren Furcht einflößenden Barbaren wie eine liebende Mutter unter deine Fittiche genommen“, kommentierte ich entkräftet.

Ghunhilda warf Worrgarr einen bedeutsamen Blick zu, der mich für den Barbaren nichts Gutes ahnen ließ.

5. Alles futsch

Tellus betrat mein blutgetränktes Solar und hielt sich ein Taschentuch vor das Gesicht.

„Bei Gildas frostiger Titte, diesen Schurken habt ihr’s ja ordentlich besorgt.“

„Mein lieber Bruder. Diese Männer gingen einem ehrbaren Beruf nach, und sie als Schurken zu bezeichnen, ist eine regelrechte Beleidigung. Im Gegensatz zu dir, hatten sie wahrhaften Berufsethos und wandelten auf dem Pfad ehrbarer Rechtschaffenheit. Du hingegen hast den Weg der sieben Teufel des Schaddragg gewählt und jeglicher Moral abgeschworen. Steuerprüfer, pfui.“

Tellus schnaufte nur ein gleichgültiges ‚Pah‘ hervor und wandte sich um, meine Steuerunterlagen im Arm.

Am nächsten Morgen waren Ghunhilda und Worrgarr verschwunden. Die rabiate Kampfwalküre hatte sich den armen Barbaren geschnappt und hatte mit ihm die Stadt verlassen. Worrgarr musste wohl nun den Rest seiner Tage als Beischlaf-Sklave und Leibdiener für Ghunhilda fristen – jedenfalls hatte Ghunhilda mir gegenüber einmal eine solche Bemerkung fallen lassen, als wir über die Sitten ihres Volksstammes diskutierten.

„Bei Domburs gezackten Hoden, sie hat sich aus dem Staub gemacht. Mitsamt dem armen Barbaren, den sie sich unter ihren haarigen Arm geklemmt hat! Und Quodd, diese armselige Qualle hat sich natürlich auch in eines seiner Mäuselöcher in der Unterstadt verkrochen.“  Ihn würde ich wohl auch nicht mehr wiedersehen.

„Bleibt nur noch Ihr, mein treuer Weggefährte Boller.“

Boller sah mich an, als ob er es sich schwer überlegte, sich nicht sofort aus dem Staub zu machen, bevor der Schatten meines Ungemachs auch ihn zu verschlucken drohte.

„Lasst auch uns das Bündel schnüren, bevor die königliche Garde aufkreuzt, damit mir in den royalen Kerkern die Fußnägel auf ein jämmerliches Maß gestutzt werden.“

Ich stopfte einige auserlesene Kleidungsstücke in meine abgewetzte Reisetasche, und als ich mich umdrehte, war Boller lautlos verschwunden.

Nun gut, ich war es gewohnt, allein meinem Schicksal zu trotzen.

Und ich war mich sicher, dass die nächste Stadt prächtige Abwechslung bereit hielt.

E N D E

Der Gästezugang für Kommentare wird vorerst wieder geschlossen. Bis zu 500 Spam-Kommentare waren zuviel.

Bitte registriert Euch.

Leit(d)artikelKolumnenPhantastischesKrimi/ThrillerHistorischesWesternAbenteuer/ActionOff TopicInterviewsHintergründeMythen und WirklichkeitenFictionArchivRedaktionelles