Insolvenz in Augsburg - Das Aus für den Weltbild-Verlag?
Insolvenz in Augsburg
Das Aus für den Weltbild-Verlag?
Jetzt also der Insolvenzantrag. In den letzten Monaten waren die Umsätze merklich zurückgegangen und es besteht wenig Aussicht, die Absatzzahlen in naher Zukunft wesentlich zu verbessern.
Zwar gilt der Betrieb grundsätzlich als sanierungsfähig, aber die Eigentümer, zwölf Bistümer, die Soldatenseelsorge Berlin und der Verband der Diözesen sahen sich weder in der Lage, ständig steigende Summen zuzuschießen, noch sahen sie einen Sinn darin. Davon abgesehen waren sie wohl auch untereinander eher zerstritten als einig, was ja auch nicht gerade von Vorteil ist, wenn man ein gemeinsames Projekt betreiben will.
An dieser Stelle soll nicht Thema sein, ob es christlich ist, wie die Kirche mit ihren Mitarbeitern umgeht, dass sie ganz legal einige Gesetze zum Schutz der Mitarbeiter umgehen darf, dass sie eine Sonderrolle in Sachen Steuerrecht genießt usw. Konzentrieren wir uns auf das Geschäft an sich.
Wenn eine Firma den Bach runtergeht, werden Fragen gestellt nach den Gründen. Dann ist es zwar in der Regel zu spät, aber vorher wollen ja viele Führungskräfte auch noch gar nicht wahrhaben. Anstatt sich diese Fragen selbst zu stellen, wenn sie die Umsatzzahlen und Auswertungen sehen, machen sie sich und anderen etwas vor und unterbinden seitens der Untergebenen erst recht jegliche Diskussion dieser Art.
Wie so oft sind die Leserkommentare zu den Artikeln der Nachrichtenmagazine interessanter als die Artikel selbst, denn da gibt es noch eine Menge Widersprüche, Ungereimtes und Unklarheiten.
Bei den Kommentaren dagegen geht es einmütiger zu. Grob gesagt, lassen sich diese Aussagen in wenige Kategorien zusammenfassen:
Nicht in den Leserkommentaren angesprochen fand ich einen Punkt, der mich persönlich wahnsinnig genervt hat: Ein Gewinnspiel jagte das nächste, ständig kamen Briefe, in denen man mir dafür dankte, was ich doch für eine gute Kundin wäre, zum Dank könnte ich bei der nächsten Bestellung irgendeinen Kitsch günstig oder gar kostenlos dazu bekommen. Un diese Serien, die man nur bestellen konnte, wenn man irgendwelche vergoldeten Papp-Glücksmarken auf eine Vorteilskarte klebt und einschickt, komplett mit Gewinn-Nummer und lauter solchem albernen Pipapo.
Eine einzige Serie hat mich mal interessiert. Ich habe angerufen und gefragt, ob ich das auch ganz normal bestellen könnte, ohne diesen ganzen Quatsch mit den Marken und so weiter. X-mal wurde ich weiter verbunden, keiner wusste, ob das ginge. Der fünfte oder sechste Mitarbeite, den ich am Rohr hatte, stand wohl etwas höher in der Hackordnung und hat es mir dann möglich gemacht, das ganz sauber und schmerzlos zu bestellen.
Eine seriöse Firma hat doch so einen Quatsch nicht nötig, oder? Ein Kauf ist doch immer noch der Tausch Ware gegen Geld, ganz ohne dieses alberne Getue. Es wäre meiner Meinung nach sinnvoller gewesen, sich auf das Sortiment zu konzentrieren als mit so einem Kram Zeit, Geld und Energie zu verpulvern und dabei sowohl die Umwelt als auch die Nerven der Kunden zu strapazieren.
Und diese Gewinnspiele! Nee wirklich, haben die echt geglaubt, ich hätte mir Chancen auf eine echte Bereicherung ausgerechnet? Müsste doch nun wirklich jeder wissen, dass das einzige, was man nach Teilnahme an so was garantiert kriegt, massenhaft Reklame von Fremdfirmen ist. Der Gewinner ist nämlich ganz allein der Veranstalter, denn der kann dann haufenweise Adressen von Leuten verticken kann, die bewiesen haben, wie leicht sich zu beeinflussen sind und auf jeden Quatsch reinfallen.
Im Grundsatz ist jede Krise eine Chance, aus den Fehlern der Vergangenheit zu lernen und es für die Zukunft besser zu machen. Aber das hängt davon ab, ob gründlich Ursachenforschung betrieben wird, woran das Projekt denn überhaupt gescheitert ist. Ergehen sich die Verantwortlichen nur in endlosen gegenseitigen Schuldzuweisungen, kann sich nichts bessern.
Oder liegt es etwa am bösen Konkurrenten Amazon? In letzter Zeit soll der Internet-Versandriese ja ganze Innenstädte auf dem Gewissen haben. Wirtschaft und Politik übertreffen sich ja gegenseitig im Wettern dagegen. Aber auch hier gilt: Erst Ursachenforschung betreiben, warum die Kunden sich dahin wenden und nicht an den Kaufmann vor Ort. Erst wenn diese Motivation geklärt ist, kann man überlegen, ob der Handel in der Heimatstadt vielleicht was verbessern kann, um die Käufer zurück zu gewinnen. Bei Weltbild ist noch nicht aller Tage Abend. Wenn sie die Kurve noch kratzen wollen, müssen sie aber auch mal ernsthaft erforschen, was die Kunden verärgert hat oder welche Verbesserungen sie sich wünschen. Diese Frage können aber in erster Linie die Kunden selbst beantworten und nicht irgendwelche schlipstragenden Experten, die selbst seit dem Studium keine Buchhandlung mehr betreten haben.
Es gilt nach wie vor: Der Kunde muss sich bei seinem Handel heimisch fühlen und spüren, dass er selbst genau die Zielgruppe ist. Das zeigt sich sowohl durch ein sorgsam zusammengesetztes Sortiment als auch durch zielgruppengerechte Werbung.
Ein Laden, der willkürlich irgendwelche Waren nebeneinander anbietet, hat keine Seele. Dort kann sich auch kein Kunde willkommen fühlen, wenn so viele Sachen angeboten werden, die so gar nicht zu seinem Bedarf passen. Es stört das Einkaufserlebnis nachhaltig, wenn man beim gemütlichen Stöbern dauernd auf Dinge stößt, die da nicht hingehören. In der Buchhandlung vor Ort will man ja auch nicht zwischen den Regalen über Gartenzwerge stolpern und in den Regalen ein wildes Sammelsurium vom Akku-Schrauber über Spitzen-BHs und Vorratsdosen für die Küche bis zur Kaminattrappe vorfinden.