Denis Villeneuves DUNE: Zu sehr Oberfläche, zu wenig Tiefe?
Denis Villeneuves »DUNE«:
Zu sehr Oberfläche, zu wenig Tiefe?
Dennoch aber … dennoch aber … irgendwie … Ist es jetzt DAS Meisterwerk?
Wer nach dem Ende des Films aus dem Kino geht wird sicherlich von den Bildern überwältigt sein. Ob es nun die Schiffe der Gilde sind, ob es die Kopter sind - schade, dass die Libellen-Flieger als einziges technisches Element etwas von der Entwicklung aufzeigen, die ja durchaus sein könnte. Die gigantischen Armeen der Atreides, die Szene mit den Sardaukar, natürlich die Würmer - immer wieder angedeutet … Ja, alles schon groß und gewaltig und man möchte sich da jeden einzelnen Frame gerne ins Wohnzimmer hängen. Angesichts dieser massiven Gebäude oder Raumschiffe jedoch ist es erstaunlich, wie wenig Menschen dann später auf dem Planeten selbst zu sehen sind. Man kann argumentieren, dass die die Atreides nicht die reichste Familie sind und daher einfach nicht die Menge von Personal im Palast haben wie die Harkonnen. Aber wenn man einerseits dann die Armee der Atreides sich anschaut und dann feststellt, dass offenbar nur DREI Soldaten Letos Privatgemächer bewachen - mehr sieht man ja nicht … Hmmm.
Was man dem Film zugute halten muss: Die Zuschauenden werden nach und nach in den Kosmos Herberts eingeführt. Manchmal vielleicht eine Spur zu viel mit dem üblichen Erklärungssätzen - man hätte Etliches auch zeigen können - aber so nach und nach begreift man immerhin, dass man eine feudal beherrschte Kosmoswelt hat, es einen Kaiser gibt, die Häuser sich nicht grün sind. Alles fein. Alles gut. Da war Lynch viel hektischer. Und vielleicht muss man auch nicht die Mentalen an sich erklären oder warum es keine Computer in dieser Welt gibt - denn Butlers Dschihad fällt zumindest in diesem Teil kein einziges Mal als Begriff. Warum aber der Traum des grünen Arrakis unter den Tisch gekehrt wird? Gut, die Bene Gesserit sind halt auch im Roman kurz da und man muss sich das mit der dunklen Macht hinter den Thronen auch erst erschließen.
Alles in allem aber hat der Film auch ein Temp-Problem. Vor allem gegen Ende lässt Villeneuve Gelegenheit um Gelegenheit vergehen, um wirklich einen guten Cliffhanger setzen zu können. Zugegeben: Auf das Bild des Sandwurms warten wir alle. Aber den Zweikampf zwischen Paul und den Fremen hätte man auch in den zweiten Teil packen können. Als Auftakt wäre das sicherlich besser gewesen. An dieser Stelle merkt man, was man eigentlich an Peter Jacksons „Die Gefährten“ hat - wobei man auch zugeben muss, dass die Vorlage hier natürlich auch ein weitaus besseres Ende setzt als bei Herbert. Als Zuschauende fragt man sich allerdings immer wieder: Ist es jetzt zu Ende? Nein, doch nicht. Okay, aber jetzt. Nein, JETZT muss es doch. Es schreit doch danach, dass jetzt endlich … aber nein, Paul muss natürlich in den Sonnenuntergang reiten. Oder so ähnlich. Leider macht Villeneuve ja keine Directors-Cuts, aber vielleicht macht er hier dann doch mal eine Ausnahme? Denn auch die ständigen Vorausdeutungen mit Chani sind ein wenig zu viel. Hätte man hier den Film etwas gekürzt, den Cliffhanger dort gesetzt, wo sie in den Sandsturm mit den Kopter geraten … Aber schön. Es ist so, wie es ist.
Wirklich, es ist kein schlechter Film. Die Frage ist: Was werden die erzählen, die nicht als Fans in den Film hineingegangen sind? Denn schließlich muss der Film seine Kosten einspielen und die sind schon gewaltig. Erst dann - und auch erst wirklich dann - wird es einen zweiten Teil geben. Und die Frage ist: Werden da Leute nicht sagen, sie hätten das alles schon mal gesehen? Der Unerfahrene, der schließlich zum Helden wird und am Ende des Tages als Sieger hervorgehen wird? Der Vorwurf, dass der Film eine sogenannte „White Saviour“-Heldengeschichte erzählen würde, ist ja auch auch schon im Netz erhoben wurden. Dass dem nicht so ist, dass wissen die Bücherleser*innen, die zumindest vielleicht bis zum dritten Teil der Originale vorgedrungen sind. Aber wenn man sich DUNE aus der Warte von jemanden ansieht, der oder die schon unzählige Male eine Heldenreise miterlebt hat - reisst der DUNE vom Hocker? Oder bleibt halt nur haften, dass es irgendwie um Wüste, Sand, riesige Würmer und Machtspiele geht? Und Machtspiele, kann da was mit Game of Thrones eigentlich mithalten? Also in den Büchern zumindest? (Es gibt keine 8. Staffel.)
DUNE ist sicherlich ein Meilenstein der SF-Literatur, weil Herbert die Technik aus der Gleichung Mensch und Zukunft wenn nicht eliminiert, so doch stark rausgenommen hat. DUNE ist auch ein Meilenstein, weil der Roman verschiedene Themen angeht, die der Film so in der Form nicht leisten kann oder leisten mag. Dass der Film zu sehr an der Oberfläche klebt, dass kann man ihm vorwerfen. Zwar nimmt er sich genügend Zeit, aber letztendlich hakt er doch zu sehr die Stationen des Handlung ab ohne wirklich interpretatorisch was Neues zu bieten. Was Villeneuve an diesen Stoff gereizt hat, das sehe ich im Kino leider nicht. Gut, Villeneuve mag die Totalen total gern und die Art wie er seine Schauspieler im Raum aufstellt erinnert bisweilen daran, dass hier alle letzten Endes nur Schachfiguren sind. Aber sonst darüberhinaus? Faszinierten ihn die Ränkespiele der Häuser? Die Ökologie des Planeten und der Traum von Lyn-Kietes, diesen umzuwandeln? Sind es die Bene Gesserit, die letzten Endes in die Irre gehen, weil Liebe ihren Plan umgeworfen hat? Ist es Pauls Zerwürfnis zu sehen, dass er den Dschihad nicht verhindern kann, was er auch versucht? Das wäre noch die eine der eindrücklichsten Szenen im Zelt in der Wüste gewesen, aber dafür war sie nun einfach zu kurz. Und Paul entscheidet sich dann viel zu schnell für „Hier ist die Wüste, hier bleibe ich erstmal.“ Apropos: Hat jemand verstanden, warum die Bullenstatue dauernd in den Focus gerückt wird? Soll uns das was sagen?
Das Fazit nach dem Kinobesuch und des Sacken-Lassens dieses Films: Es ist ein guter Film geworden. Die Bilder, die Schauspieler, die Musik - manchen mag sie vielleicht etwas nerven und ja, Dudelsäcke, hmm - das passt alles. Man wird nicht überfahren sondern allmählich in die Welt eingeführt. Der Film lässt sich etwas mehr Zeit als Lynch. Allerdings hakt er das ab, was man aus dem Roman kennt, bleibt etwas zu sehr an der vermeintlichen Rettergeschichte von Paul. Wenn es um große Bilder geht, wenn übergroße Raumschiffe unter Beschuss stehen - das kann der Film. Was er eher nicht so kann: Action-Sequenzen. Und zum Tod von Duncan Idaho sage ich mal nichts. Weil … also - DAS hätte man ja doch wirklich … aber nun ja. Trotz aller der Mängel: DUNE ist ein guter Film geworden. Und ich wäre auch erfreut über einen zweiten Teil. Mal sehen, was die Kinozuschauer halt sagen, wenn sie aus dem Film kommen.
Kommentare
OT: Ich halte auch etwa Conan für Howards schlechteste Figur.Am wenigsten charakterlich durchstrukturiert.Leider die mit dem meisten Erfolg.