»Life on Mars: Lazarus« - warum manche Serien kein Sequel brauchen
»Life on Mars: Lazarus«
Warum manche Serien kein Sequel brauchen
Diese Mehrdeutigkeit macht beim ersten Sehen den Reiz der Serie aus. Die Zuschauenden sind sich nicht sicher, was da genau passiert ist. Man folgt einfach der gelben Ziegelsteinstrasse.
Hinein also in eine Geschichte, die in Sam Tylers eigene Familienvergangenheit führt. Denn darum geht es eigentlich in der ersten Staffel. Ein Bearbeiten und Verarbeiten von Kindheitstraumata, von Dingen, die Sam als Kind nicht verstanden hat und die erst jetzt klar werden. Beim zweiten Anschauen wird man die ganzen vielen Hinweise und Einzelheiten erkennen, wird manchen Erkenntnismoment haben. Dabei ist allerdings die wichtige Frage ungeklärt: Was ist eigentlich mit Maya passiert? Die Verlobte von Sam, die von einem Serienkiller entführt wurde, ist eigentlich die Hauptmotivation. Dass Sam in der ersten Folge direkt den Täter von damals überführt klärt ja die Frage nicht, ob Sam wirklich in der Vergangenheit ist - dann hätte das sicherlich gute Konsequenzen - oder ob er im Koma liegt oder ob er sich in einer Parallel-Realität befindet. Wenn die letzteren Annahmen zutreffen, dann hat die Pilotfolge nichts weiter gebracht als Sam mit dem Wissen für - was auch immer später passieren wird - auszurüsten. Zudem rückt Maya mehr und mehr in den Hintergrund, je weiter die Serie voranschreitet. Abgesehen davon: Was es mit dem Mädchen und dem Clown auf sich hat, darüber rätselt das Fandom wohl noch heute. Gruseln wird man sich mit Sicherheit über Roger Whittaker ...
Das Problem von „Life on Mars“: Der eigene Erfolg. Das Konzept Kriminalfälle in den 70gern von einem Ermittler der Gegenwart enträtseln zu lassen trifft einerseits die Nostalgie-Freude der Zuschauenden, die erdfarbene Mode noch selbst getragen hat. Andererseits hat der normale Krimifan auch etwas davon, weil jede Folge eine solide „Wer war der Täter“-Handlung zu bieten hat. Zudem: Man möchte ja schlussendlich wissen, ob das alles real ist oder reine Fiktion, was Sam erlebt. Der übergeordnete Spannungsbogen hält die Zuschauenden bei der Stange. Abgesehen davon, dass die Charaktere und die ständige Auseinandersetzung zwischen Sam und seinem Vorgesetzten das Salz in der Suppe darstellen. Die 70ger waren so, wie sie waren. Dass einige Remakes folgten - mal mehr, mal weniger erfolgreich - zeigt eigentlich nur, dass der Stoff an sich funktionierte.
Allerdings: Wenn man Anfangs nur eine Staffel, eine Miniserie plant, die dann so erfolgreich wird, dass man eine zweite Staffel nachschießen möchte … Dann sollte man dafür gewappnet sein. Bei der zweiten Staffel haben sich die Macher*innen wohl in die Augen gesehen und sich gefragt, was sie jetzt eigentlich noch zu erzählen haben. Ja, das eine große Geheimnis - Zeitreise? Wahnsinn? - wird am Ende der Staffel geklärt. Wobei das heftige Diskussionen unter den Fans auslöste - elegant war dann doch anders. Sams Verlobte rückt mehr und mehr in den Hintergrund, bis sie auf einmal wohlbehalten auftaucht ohne dass geklärt wird, wie, warum, weswegen. Damit entfällt Sams eigentlicher Hauptantrieb. Das Rätsel um die Division, die Sam angeblich aus Hull nach Manchester schickte - auch das wird zwar immer wieder mal erwähnt, so richtig motivierend ist das allerdings auch nicht. Zwar kann man sich die zweite Staffel durchaus ansehen. Allerdings wirkt die Serie an sich auserzählt. Was Sam noch in dieser Welt soll? Gute Frage. Dass er sie als bessere Alternative ansieht, ist nachvollziehbar, aber … so ganz rund schließt die Staffel dann nicht ab. Sicher, einige Fragen klärt dann noch „Ashes to Ashes“. Wobei: Eigentlich klären die drei Staffeln wirklich so ziemlich alle Fragen rund um das Universum von Gene Hunt und das, was Sam Tyler passiert ist. Wirklich alle. Echt. Tatsächlich. Offene Fragen gibts da nicht mehr.
Jetzt ist die Frage: Wenn die Macher*innen aktuell ankündigen, mit „Life on Mars: Lazarus“ noch ein Sequel zu einer Serie zu schaffen, deren zweite Staffel schon Probleme hatte - wobei „Ashes to Ashes“ durchaus davon der Selbstreflexion profitiert - was wollen die eigentlich erzählen? Die Pilotepisode ist jedenfalls fertig. Ob die BBC zugreifen wird und dann eine weitere Serie in Auftrag geben wird - keine Ahnung. „Life on Mars“ war schon ein Erfolg, auch wenn es hier in Deutschland bei Kabel1 etwas unterging. (Dass damals geschnittene Folgen gezeigt wurden, weil die Folgen 50 Minuten lang sind, man aber die 45 Minuten plus Werbung beibehalten musste ist etwas, was bis heute noch Zornesröte ins Gesicht treibt. Glücklicherweise sind die DVDs angeschnitten.) Wenn „Ashes to Ashes“ schon alles erklärt, war zu erklären gewesen war, was bleibt dann da noch? Was will man da noch erzählen? Die verlorenen Abenteuer von Sam Tyler? Wir wissen momentan wenig darüber, was „Lazarus“ erzählen wird. Es sollen verschiedene Zeitebenen vorkommen und irgendwie auch die Figuren der beiden Vorgänger-Serien auftauchen. Wie auch immer. Benannt ist das ganze - natürlich - nach einem Song von David Bowie, dem letzten, den er vor seinem Tod veröffentlichte. Was dann ja auf jeden Fall in das gesamte Thema des Serienkosmos durchaus passt. Denn … aber es mag Leute geben, die beide Serien noch nicht kennen, daher keine Spoiler.
Daher bleibt eine gewisse Skepsis. Vielleicht kann es sein, dass die Macher*innen doch noch DIE zündende Ideen haben, dass es gelingt das Charisma der ersten Staffel zumindest halbwegs einzufangen. John Simm hat schon signalisiert, dass er gerne zurück in das Leben auf fremden Planeten zurückkehren möchte. Mag sein, dass wir in diesem Jahr noch Neues zur Fortsetzung hören werden.