Hörbücher, Audible.de und das DRM
Hörbücher, Audible.de und das DRM
Das Herunterladen war noch das Problemlose an der Sache...
Ich hätte schon stutzig werden sollen, als man unbedingt von mir wissen wollte, auf welcher Art Gerät ich die gelesenen Literaturschätze denn anhören wolle. Was weiß denn ich? Auf meinem MP3-Player natürlich, von mir aus auch auf dem PDA, den habe ich ja eh immer dabei und der hat auch genug Platz auf der SD-Karte. Oder auf eine CD brennen und im MP3-tauglichen Autoradio hören, Hörbücher sind ein famoser Ablenker auf eintönigen Autobahnen. Dachte ich. Audible denkt sich das anders.
Zum Herunterladen und Archivieren möchte der Anbieter erst einmal, dass man sich seine laubfroschfarbene Verwaltungssoftware installiert. Nicht erst jetzt schwante mir Übles. Ich weiß noch nicht genau, wie tief sie sich in mein System eingegraben hat, aber aus Erfahrungen mit anderen Anbietern DRM-geschützter Audiodateien ist man Kummer gewöhnt.
Und weiter: Nach einigen Experimenten und ausdauerndem ungläubigen Kopfschütteln muss ich feststellen, dass die Audiobücher dermaßen mit DRM zugeknallt sind, dass von bequemem überall-Hören nicht einmal ansatzweise die Rede sein kann. Habe ich mir die 96 Millionen Byte für den STERNENWANDERER umsonst durch die DSL-Leitung gezerrt? Klar, im ja weiter oben installierten Verwaltungsprogramm kann ich einfach auf START drücken und mir das gelesene Werk am PC reinziehen. Wer will das schon? Ich jedenfalls nicht. Als nächstes den MP3-Player angeschlossen (TREKstore soll ja gehen) und festgestellt, dass das Gerät nicht unterstützt wird (ist auch kein Wunder, der kann nämlich kein DRM, böses, böses Raubkopierergerät). Okay - immer noch frohen Mutes und nach einem schrägen Blick auf den in seiner Cradle schlummernden PALM Zire 71 mit der opulenten 1-GB-SD-Karte im Erweiterungsslot wird schnell klar: dann eben den als Abspielhardware nutzen.
Es könnte einfach sein, Audible legt aber auch dem exakt zwei Hindernisse in den Weg: Erstens muss auf dem PDA eine weitere (DRM-)Abspielsoftware installiert werden (von mir aus), zweitens liegt mein STERNENWANDERER im Audible-Format 4 vor, die Software für den Palm kann aber nur das Format 3. Meine Anfrage bei der Hotline wird lapidar mit "Sie dürfen sich das zusätzlich nochmal im passenden Format herunterladen" beantwortet.
Warum sollte ich? Ich HABE die Datei bereits. Außerdem zeigt ein Blick auf die Datei-Parameter schnell, dass das sechseinhalb Stunden währende Lauschwerk - in der bei mir vorhandenen Fassung wie oben bereits erwähnt 96 MB gross - in der PDA-Fassung nur noch ungefähr 45 MB auf die virtuelle Datenwaage bringt. Demnach erheblich höher komprimiert wurde und beim Anhören ganz sicher kein Genuss ist (was ein Experiment bestätigte).
Denn schon der "großen" Version mit 96 MB hört man die Kompression bei der Wiedergabe leider sehr deutlich an. Hätte ich für diese Qualität auch noch bezahlen müssen, wäre mein Unmut groß gewesen.
Und da stehe ich nun mit meinem dummen Gesicht. Ich hätte das Werk gern morgen auf einer längeren Autofahrt gehört, Audible ist aber ganz offensichtlich anderer Meinung. Die sind der Ansicht, dass sie bestimmen dürfen, wo ich wie und wann die Datei konsumieren darf.
Tut mir leid, Freunde, auf diese Art und Weise werde ich garantiert kein Kunde bei euch. Die Alternative ist immer, sich die herkömmliche CD-Version zu kaufen, die kostet nach einem halben Jahr im Handel auch nicht mehr, und läuft im Auto-CD-Player ohne Murren. Ist kein Kopierschutz drauf, kann ich sie sogar mit kostenloser Software in ein oder mehrere MP3-Dateien umwandeln und auf meinem DRM-freien Player anhören und das in einer Qualität, die auch kritische Ohren erfreut, statt mit Nebengeräuschen, zischenden S-Lauten und deutlich hörbaren Artefakten durchsetzt zu sein. Ist ein Kopierschutz drauf, darf ich den nicht umgehen, das sagt ja inzwischen das von der Regierung industriefreundlich angepasste Gesetz zum Urheberrecht, medienfreundlich als "Novelle" tituliert. Immer offen bleibt aber der analoge Weg, denn dabei umgehe ich keinen Kopierschutz: CD in den Player, dessen Audio-Ausgang an die Rechnersoundkarte angeschlossen und das analoge Signal mit passender Software (Audacity ist Open Source und kostet nichts) wieder in ein digitales verwandelt. Der damit einhergehende Qualitätsverlust ist nur messtechnisch zu ermitteln.
Personen mit genügend krimineller Energie - oder hinreichend DRM-Frustration - werden ganz sicher unter Bemühung einer einschlägigen Suchmaschine ihrer Wahl im Internet einen Weg finden, das Audible-Format "aa" in etwas Pflegeleichteres und Nervenschonenderes umzuwandeln.
Ich gehe einen anderen, wenngleich ähnlichen Weg: Es gibt kostenlose Software, die das Audiosignal direkt an der Soundkarte abgreift und auf der Festplatte aufzeichnet. Heute Nacht wird der Computer laufen und das Hörbuch wiedergeben (sechseinhalb Stunden lang, macht aber nichts, die Lautsprecher sind aus und kein Geräusch wird meinen seligen Schlummer stören). Der Audiorecorder schneidet mit; morgen liegt das Lauschwerk als Wave-Datei auf der Platte und muss nur noch ein wenig parametrisiert werden, damit es im Auto läuft. Auch hier umgehe ich keinen Kopierschutz, sondern nutze ebenfalls lediglich die so genannte "analoge Lücke" des Urheberrechtsgesetzes. Und wenn ich dann nach den Feiertagen wieder zu Hause bin, wird Audibles Software deinstalliert und das Online-Konto aufgelöst. Denn ich habe definitiv nicht vor, für den Mist auch noch zu zahlen.
Für deren nicht kundenfreundliche DRM-Sperenzchen habe ich nämlich weder Zeit noch Verständnis.