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Eine Frage an ... Dietmar Kuegler: Was ist der German-American-Day

Eine Frage an Dietmar KueglerWas ist der German-American-Day?

Dietmar Kuegler erinnert auf Facebook immer wieder an bestimmte Daten und Ereignisse der amerikanischen Geschichte. Diese mehr oder weniger kurzen Vignetten sind interessant und ausgesprochen informativ und auf jeden Fall lesenswert.

In Absprache mit Dietmar Kuegler werden wir diese Beiträge im Zauberspiegel übernehmen.

Dietmar KueglerDietmar Kuegler: Am 6. Oktober, wird in den USA der „Deutsch-Amerikanische Tag“ (German-American Day) begangen. Er geht zurück auf die Gründung der ersten deutschen Siedlung in Nordamerika, Germantown – heute eine Vorstadt von Philadelphia (Pennsylvania).

Im nämlichen Jahr war das Schiff „Concord“ aus Europa in Philadelphia eingetroffen. An Bord befand sich eine christliche Gruppe von 13 Familien aus dem Raum Krefeld, geführt von dem deutschen Prediger Franz Daniel Pastorius. Sie hatten die religiöse und politische Unterdrückung ihrer alten Heimat verlassen, um in der Kolonie des englischen Quäkers William Penn, der hier 1681 eine Heimstatt für alle Religionen geschaffen hatte, die sich in der Alten Welt nicht entfalten durften, ein neues Leben nach ihren Vorstellungen zu beginnen.

Am 6. Oktober 1683, auf den Tag genau vor 334 Jahren – erreichte Pastorius mit seiner Gruppe den Siedlungsplatz, auf dem wenig später Germantown entstand.

Deutsche Einwanderer hatte es in Nordamerika schon vorher gegeben. Britische Werber hatten im Sauerland erfahrene Bergleute für die Kohlenminen in Virginia gesucht, deutsche Handwerker waren über England in die Neue Welt gelangt und hatten sich hier und da in den ersten Siedlungen niedergelassen. Aber erstmals kam mit Franz Daniel Pastorius eine ganze Gruppe, die eine eigene Ortschaft gründete.

Die religiöse Ausrichtung dieser Menschen ist nach heutigen Maßstäben nicht eindeutig zu beschreiben. Sie neigten den Quäkern und Mennoniten zu, deren Bibelinterpretation im 17. Jh. eine etwas andere Einordnung hatte als heute.

Germantown wird gelegentlich gern als eine Art neues Paradies beschrieben – verglichen mit der düsteren, repressiven Enge, die in den europäischen Staaten von Fürstenhäusern und Amtskirchen erzeugt wurde. Ganz so idyllisch war das Leben nicht. Pennsylvania war weitgehend unerschlossen. Jeder Fußbreit Boden mußte der Wildnis abgerungen werden. Das Leben war hart, entsprach aber den Vorstellungen dieser ersten Siedler, deren einziger Anspruch war, ihrem Glauben gemäß ohne obrigkeitliche Unterdrückung leben zu können.

Mit Germantown sind einige bemerkenswerte Ereignisse der frühen amerikanischen Geschichte verbunden, das Bedeutendste fand am 18. Februar 1688 statt: Franz Daniel Pastorius und 3 weitere führende Mitglieder der Gemeinde verfaßten im Haus der Familie Kunders die erste Resolution gegen die Sklavenhaltung in Nordamerika.

Sie beriefen sich mit starken Worten auf die Bibel, wonach der Mensch nicht andere Menschen zu Handelsgut und sich bestimmten Menschengruppen überlegen machen dürfe. Es sollten viele Jahre vergehen, bis die Quäker-Gemeinschaft sich der Forderung von Franz Daniel Pastorius anschloß.

Schon 1690 gründete William Rittenhouse hier die erste Papiermühle in Nordamerika. 1721 entstand unter Leitung von Antonius Jacobus Henckel die erste lutherische Kirche, und am 4. Oktober 1777, also vor genau 240 Jahren, wurde im amerikanischen Unabhängigkeitskrieg die „Schlacht von Germantown“ geschlagen, bei der die Briten die amerikanischen Milizen besiegten.

Zeitweise lebte George Washington während der amerikanischen Revolution hier. Germantown war Sitz der ersten Bank der jungen Vereinigten Staaten. Der in Germantown geborene Mathematiker David Rittenhouse wurde 1777 Schatzminister von Pennsylvania und 1792 erster Direktor der Münzprägeanstalt der USA.

Auch der berühmte Western-Autor Owen Wister („The Virginian“) stammte aus Germantown.

Die Quäker-Familie Johnson, leidenschaftliche Gegner der Sklavenhaltung, erbauten 1768 ein herrschaftliches Haus in Germantown, das vor dem Amerikanischen Bürgerkrieg zur Station der sogenannten „Underground Railroad“ wurde, es wird sogar als Gründungsort der „Untergrundbahn“ angesehen – einer Organisation, die geflüchtete Sklaven auf Schleichwegen in die freien Staaten im Norden brachte und ihnen den Beginn eines Lebens in Freiheit ermöglichte. In diesem Gebäude verkehrten prominente Personen wie John Brown und William Lloyd Garrison – Vorkämpfer der Antisklaverei-Bewegung. Hier war zeitweise die befreite Sklavin Harriet Tubman versteckt – demnächst Motiv der neuen 20-Dollar-Note der USA.

Dieses Haus steht im Zentrum des immer im Juni stattfindenden „Juneteenth Festivals“, der ältesten Gedenkfeier des Protestes gegen die Sklaverei in Amerika.

1983 erschien zur 300-Jahr-Feier der ersten deutschen Siedlung in Nordamerika mein Buch DIE DEUTSCHEN IN AMERIKA.

Viele historische Bauten aus der Kolonialzeit und der viktorianischen Ära sind hier erhalten, und viele Gedenksteine erinnern an die Ereignisse dieses geschichtsträchtigen Ortes.

Meine Fotos zeigen die Gedenktafel für Franz Daniel Pastorius und seine deutsche Gruppe, die Gedenktafel der Stadtgründung, sowie einige historische Gebäude in Germantown: 1. Das Cleveden Haus, vor dem 1777 die Schlacht im Unabhängigkeitskrieg stattfand. 2. Das Francis-Cope-Haus von 1862. 3. Das Johnson-Haus von 1768, bedeutendes Symbol für die Sklavenbefreiung. Sowie mein Buch DIE DEUTSCHEN IN AMERIKA (leider seit langer Zeit nicht mehr im Handel).

Dietmar Kuegler gibt viermal im Jahr das »Magazin für Amerikanistik« heraus. Bezug: amerikanistik(at)web.de

Das Magazin für Amerikanistik, Dezember 2017
Die kommende Ausgabe

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