Eine Frage an ... Dietmar Kuegler: Wie ist das mit dem Duell am OK Corral?
Wie ist das mit dem Duell am OK Corral?
: Ein weiteres bedeutsames Ereignis der amerikanischen Pioniergeschichte fand am am 26. Oktober 1881, also vor etwas mehr als 136 Jahren, statt: Das Duell am OK Corral in Tombstone, Arizona.
Ich habe über dieses Ereignis schon so viel veröffentlicht und werde auch im kommenden Jahr anlässlich der „Wyatt Earp Days“ wieder in Tombstone sein und hier auf Facebook über diesen Aufenthalt berichten, so daß ich mich heute darauf beschränke, an diesen Tag zu erinnern.
Nach monatelangen erbitterten Auseinandersetzungen hatte City Marshal Virgil Earp erfahren, daß die Brüder Clanton und McLaury sich im OK Corral Mietstall aufhielten und gegen das Verbot des Waffentragens in Tombstone verstießen – nachdem Ike Clanton Stunden vorher in der ganzen Stadt Drohungen ausgestoßen hatte, daß er und seine Leute an den Earps und Doc Holliday Rache nehmen würden.
Fälschlicherweise wird dieses spektakuläre Duell häufig als private Fehde zwischen den Earps und den Clantons dargestellt. Das war nur bis zu einem gewissen Maße richtig – weil solche Auseinandersetzungen letztlich unvermeidlicherweise auch persönliche Wendungen nehmen. Tatsächlich aber ging es in Tombstone um eine politische und wirtschaftliche Auseinandersetzung, die weitaus größere Dimensionen hatte. Tombstone stand als reichste Stadt Arizonas im Zentrum von Machtkämpfen zwischen Demokraten und Republikanern, die hier Einfluß gewinnen wollten, um ihre Stellung für die Zeit zu festigen, wenn das Territorium Arizona zum Bundesstaat werden würde. Hier waren auch lukrative Ämter zu vergeben.
Die Minengesellschaften standen im Konflikt mit den Kleinranchern des Umlands, zu denen sich Viehdiebe und Grenzbanditen gesellten. Und dann gab es den wirtschaftlich starken Rotlichtbezirk, der wenig an Recht und Ordnung interessiert war.
Es ging also um handfeste Interessen verschiedener Fraktionen. Die Earps und Clantons waren nur die Gallionsfiguren dieser großen Fehde, die am 26. Oktober 1881 eskalierte.
Virgil Earp hatte seine Brüder und Doc Holliday als Deputies vereidigt. Er traf die Clantons und McLaurys bewaffnet an und forderte sie auf, ihre Revolver abzulegen.
Ike Clanton ergriff ebenso die Flucht wie der berüchtigte Billy Claiborne. Augenzeugen bestätigten später vor Gericht, daß die McLaurys und Billy Clanton als erste zu den Waffen griffen.
Innerhalb von 30 Sekunden fielen fast ebenso viele Schüsse. Danach war Wyatt Earp der einzige, der unverletzt stand. Seine Brüder und Doc Holliday waren verwundet, Billy Clanton und Tom und Frank McLaury waren tot.
Dieser legendäre Straßenkampf wurde zum Muster für Tausende von Schießereien in unzähligen Filmen – eben weil derartige Duelle in Wirklichkeit gar nicht so häufig im sogenannten „Wilden Westen“ vorkamen.
Rein rechtlich gesehen hatten die Earps sich einwandfrei verhalten, wie bei einer gerichtlichen Untersuchung bestätigt wurde. Vor einigen Jahren überprüfte die juristische Fakultät der University of Arizona die alten Akten und gelangte zu dem selben Ergebnis.
Aber der Haß zwischen den oben erwähnten Fraktionen setzte sich fort, weit bis ins 20. Jahrhundert.
Wie ich vor kurzem an dieser Stelle berichtet habe, wurde Virgil Earp in Folge der Ereignisse zum Krüppel geschossen, Morgan Earp wurde ermordet.
In Tombstone finden immer um diese Zeit die „Helldorado“-Tage statt, eine der ältesten Pionierzeitveranstaltungen der USA, die schon in den 1920er Jahren begonnen wurde. Die Stadt lebt noch heute recht gut von dem Duell der Earps und Clantons.
Meine Fotos zeigen Reenactors der Earps und Doc Holliday auf dem Weg zum OK Corral, sowie die Gedenktafel am Original-Schauplatz in der Fremont Street. (Der Kampf fand nicht im Corral, sondern unmittelbar daneben auf der Straße statt.) Ferner die von Wyatt Earp persönlich 1924 gezeichnete Skizze des Kampfes. Sowie Bilder der Brüder, des Grabs auf dem Boothill und des Denkmals, das Tombstone W. Earp gesetzt hat.
Dietmar Kuegler gibt viermal im Jahr das »Magazin für Amerikanistik« heraus. Bezug: amerikanistik(at)web.de