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Eine Frage an ... Dietmar Kuegler: Wie war das mit der »Hunley« und der »Housatonic« vor Charleston?

Eine Frage an Dietmar KueglerWie war das mit der »Hunley« und der »Housatonic« vor Charleston?

Dietmar Kuegler erinnert auf Facebook immer wieder an bestimmte Daten und Ereignisse der amerikanischen Geschichte. Diese mehr oder weniger kurzen Vignetten sind interessant und ausgesprochen informativ und auf jeden Fall lesenswert.

In Absprache mit Dietmar Kuegler werden wir diese Beiträge übernehmen.

Dietmar KueglerDietmar Kuegler: Am 17. Februar 1864 wurde zum erstenmal ein Kriegsschiff von einem U-Boot versenkt. Im Amerikanischen Bürgerkrieg griff die konföderierte „H. L. Hunley“ vor der Küste von Charleston (South Carolina) das Blockadeschiff „USS Housatonic“ der Unionsmarine an, brachte es zum Sinken – und ging dann selbst mit der gesamten Besatzung unter.

Es war einer der letzten Versuche, die für die Südstaaten immer bedrohlicher werdende Blockade der konföderierten Häfen zu durchbrechen.

U-Boote sind noch heute eine sehr spezielle Form von Kriegsschiffen, die der Besatzung erheblichen Mut abfordern. Die Hunley war eines der ersten militärischen Unterseeboote der Welt. Insgesamt kostete sie nicht weniger als 21 konföderierten Seeleuten das Leben.

Konstruiert worden war die Hunley von James McClintock in New Orleans, finanziert von Horace Lawson Hunley, nach dem sie benannt werden sollte.

Die US Navy hatte schon 1861, bei Ausbruch des Bürgerkrieges, versucht, U-Boote zu bauen. Ihre erste Konstruktion war die „Alligator“. Gleichzeitig arbeiteten auch die Konföderierten an der „Pioneer“. Beide Boote waren nicht erfolgreich. Bei den Konföderierten war es zudem so, daß sie im Laufe des Krieges ihre Werkstätten ständig verlegen mußten, weil die Unionsarmee kontinuierlich vorrückte. Von New Orleans zogen Hunley und McClintock schließlich nach Mobile (Alabama). Hier bauten sie die „American Diver“, die sich von Anfang an als viel zu langsam und instabil erwies und auf ihrer ersten Feindfahrt im Februar 1863 in einem Sturm in der Mobile Bay unterging. Sie wurde nie wieder gefunden.

Unbeeindruckt machte sich McClintock an den Bau der Hunley. Das Boot war für eine Besatzung von 8 Mann ausgelegt. 7 Männer mußten mit Kurbeln den Antriebspropeller bedienen, der 8. Mann steuerte das Boot. Auch die Pumpen, die das Boot zum Sinken und Auftauchen brachten, wurden von Hand bedient.

Aus heutiger Sicht war die Hunley eher ein „bemannter Torpedo“. Um es stark vereinfacht zu beschreiben: Sie war vorn mit einer Art Harpune von knapp 7 m Länge versehen, an deren Spitze ein Kupferbehälter mit einer Sprengladung (ca. 60 kg Schwarzpulver) angebracht war, die beim Aufprall auf ein Hindernis explodieren sollte (Aufschlagzünder). Das Boot selbst hatte eine Länge von 12 m.

Nach ihrer Fertigstellung, wurde sie nach Charleston (South Carolina) transportiert, wo sie für Testfahrten zu Wasser gelassen wurde. Schon bei ihrem ersten Einsatz am 29. August 1863 sank sie – und 5 Mann der Mannschaft ertranken. Es war ein Unfall. Der Kapitän hatte versehentlich die Tauchfunktion betätigt, während die Einstiegsluke noch offen war. Am 15. Oktober 1863 wurde ein weiteres Testmanöver unternommen – und die Hunley sank erneut. Diesmal kamen alle 8 Besatzungsmitglieder ums Leben, darunter auch Horace Hunley selbst, der darauf bestanden hatte, die Fahrt mitzumachen.

Ungeachtet der offensichtlichen Schwächen, wurde das Boot erneut gehoben und wieder dienstbereit gemacht.

Interessant dabei ist allerdings, daß die konföderierte Marine das Boot immer nur als Testfahrzeug ansah und es niemals offiziell als Kriegsschiff einsetzte. Wenn also gelegentlich die Bezeichnung „CSS Hunley“ zu lesen ist, ist das falsch. Die Hunley blieb bis zuletzt ein privat konstruiertes Boot, dessen Bau von der konföderierten Regierung mit Interesse begleitet und finanziell unterstützt wurde.

Der konföderierte General Beauregard zweifelte nach den Mißerfolgen die Nützlichkeit des U-Boots an und sprach sich gegen Unterwassereinsätze der Hunley aus. Der Plan war daher, daß die Hunley tief an der Wasseroberfläche fahren sollte, so daß die Lanze mit der Sprengladung unter der Wasserlinie an feindliche Schiffe herangetragen und zur Explosion gebracht werden konnte.

In der Nacht des 17. Februar 1864 lief die Hunley aus, um die USS Housatonic zu versenken, ein 5 Meilen vor dem Hafen von Charleston liegendes Blockadeschiff aus Holz mit 12 Kanonen.

Kommandant der Crew war Lieutenant George E. Dixon. Die Hunley erreichte die Housatonic unentdeckt und rammte die Außenwand wie geplant unter der Wasserlinie.

Die Explosion brachte das Schiff innerhalb von wenigen Minuten zum Sinken. 5 Unionsmatrosen ertranken.

Womit die Hunley-Konstrukteure nicht gerechnet hatten war, daß die Druckwelle der Explosion auch das U-Boot schwer beschädigte. Es konnte noch ein Stück weiterfahren und versank dann mit der gesamten 8-köpfigen Besatzung.

In den 1970er Jahren wurde es, bedeckt vom Hafenschlamm, von Tauchern entdeckt. Nach langen Jahren der Bemühungen um eine Finanzierung der Bergung, wurde es im Jahr 2000 gehoben. Es war erstaunlich gut erhalten. Seither arbeiten Restauratoren an einer Widerherstellung des Bootes. Eine Replika des U-Bootes in Originalgröße befindet sich auch im "Alabama Battleship Memorial Park" in Mobile (Alabama).

Eingehende Studien haben auch – zumindest teilweise – das Leben der Besatzungsmitglieder rekonstruieren können, über die wenige Informationen in den militärischen Akten enthalten waren, da es sich durchweg um Freiwillige gehandelt hatte.

Es handelte sich um Lieutenant Dixon, entweder aus Alabama oder Ohio, Frank Collins aus Virginia, Joseph F. Ridgaway aus Maryland, James A. Wicks aus North Carolina, Arnold Becker aus Deutschland, Corporal Johan Frederik Carlsen aus Dänemark, C. Lumpkin, vermutlich aus England, und Augustus Miller (oder Mueller) aus Deutschland.

2004 wurden die sterblichen Überreste der Besatzung in Charleston unter großer Anteilnahme der Bevölkerung beerdigt.

Meine Fotos zeigen ein Gemälde der Hunley von R. G. Skerrett von 1902, die Replika in Originalgröße im Charleston Museum, Skizzen der Konstruktion, die USS Housatonic, sowie die Gräber der Hunley-Besatzung und den Gedenkstein.

Dietmar Kuegler gibt viermal im Jahr das »Magazin für Amerikanistik« heraus. Bezug: amerikanistik(at)web.de

Das Magazin für Amerikanistik, September 2018Die aktuelle Ausgabe

 

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