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Eine Frage an ... Dietmar Kuegler: Wie war das mit John Horton Slaughter?

Eine Frage an Dietmar KueglerWie war das mit John Horton Slaughter?

Dietmar Kuegler erinnert auf Facebook immer wieder an bestimmte Daten und Ereignisse der amerikanischen Geschichte. Diese mehr oder weniger kurzen Vignetten sind interessant und ausgesprochen informativ und auf jeden Fall lesenswert.

In Absprache mit Dietmar Kuegler wird der Zauberspiegel diese Beiträge übernehmen.

Dietmar KueglerDietmar Kuegler: Am 2. Oktober 1841 wurde auf einer Plantage im westlichen Louisiana ein Mann geboren, der so ziemlich alle Facetten des „Wilden Westens“ personifizierte. Gleichwohl wurde er über die Region hinaus, in der er lebte, nie so populär wie Männer wie Pat Garrett, Doc Holliday, John Wesley Hardin u. a. Aber sein Leben war eine bemerkenswerte Reflektion der amerikanischen Pionierzeit: JOHN HORTON SLAUGHTER.

Er war Sheriff, Texas Ranger, Revolvermann, Spieler, Soldat, Indianerkämpfer, Rancher und wurde inzwischen mit Recht in die Ruhmeshalle der großen Westerner des „National Cowboy & Western Heritage Museum“ in Oklahoma City aufgenommen.

„Texas John“, wie er zu Lebzeiten häufig genannt wurde, entstammte einer gutsituierten Pflanzerfamilie, genoss eine gute Ausbildung auf Schulen in Texas und lernte hier mexikanische Vaqueros kennen. Deren Leben faszinierte ihn. Sie lehrten ihn alle Tätigkeiten auf einer Rinderranch. Slaughter wurde zum Cowboy und lernte fließend die spanische Sprache.

1860 wurde er Mitglied einer Texas-Ranger-Kompanie und war in Kämpfe mit Comanchen verwickelt. 1861 trat er in die Konföderierte Armee ein. Nach Ende des Bürgerkrieges kehrte er ins Ranchland vonTexas zurück und arbeitete wieder als Cowboy. 1874 gründete er mit seinem Bruder die „San Antonio Ranch Company“, eine Firma, die sich darauf spezialisierte, Rinderherden im Auftrag von Viehzüchtern auf dem Chisholm Trail nach Kansas zu treiben. Das war eine profitable Geschäftsidee. Slaughter heuerte Cowboys für das Herdentreiben an und übernahm bis zum Verkauf der Rinder in Kansas alle Arbeiten für den jeweiligen Rancher.

Binnen weniger Jahre hatte er genug Geld verdient, um selbst als Viehhändler und Züchter tätig zu werden. Er ging zunächst nach New Mexico und kaufte schließlich Land in Arizona. 1884 erwarb er die „San Bernardino Ranch“ im Grenzgebiet zu Mexiko unweit der Stadt Douglas.

Hier erwarb er sich beträchtliches Ansehen als ehrlicher Geschäftsmann, sowie als unerschrockener Kämpfer gegen Viehdiebe und Grenzschmuggler. 1886 wurde er zum Sheriff des Cochise County gewählt – der legendären Silberregion rings um Tombstone. Das Gebiet war noch immer geprägt von der Fehde zwischen den Geschäftsleuten und Minenbesitzern der Stadt und den Clantons, die 1881 zum Duell im OK Corral geführt hatte. Slaughter ging kompromisslos gegen Grenzbanditen vor und stellte unter anderem die Jack Taylor Gang. Diese Bande war zwischen 1884 und 1888 extrem erfolgreich mit Überfällen auf Eisenbahnen. Sie ging mit außerordentlicher Brutalität vor. Bei einem Überfall erschossen sie vier Passagiere. Bei einem anderen Überfall auf eine Bahnstation in Sonora ermordeten sie den Lokomotivführer.Der Eisenbahndetektiv Jeff Milton war ihnen auf der Spur und bat 1887 Sheriff Slaughter um Hilfe. Die Männer kannten sich, da Milton zeitweilig als Deputy unter Slaughter gearbeitet hatte. Slaughter fand heraus, dass Jack Taylor und seine Kumpane sich auf der einsamen Farm der alleinstehenden Flora Cardenas verkrochen. Zusammen mit Milton stellte Slaughter ein Aufgebot zusammen. Sie umstellten das Cardenas-Anwesen – aber die Banditen hatten sich rechtzeitig in Sicherheit gebracht. Slaughter und Milton gelang es jedoch, ihre Spur wieder aufzunehmen. Sie verfolgten sie bis nach Contention City, wo sie sich in der Hütte des Holzfällers Guadeloupe Robles verkrochen hatten, dem Bruder von Manuel Robles, einem der Bandenmitglieder.

Das Slaughter-Aufgebot stürmte die Hütte ohne Vorwarnung. Die Banditen eröffneten sofort das Feuer. Slaughter streckte Guadeloupe Robles mit dem ersten Schuss nieder. Eine Kugel streifte sein Ohrläppchen. Die Banditen flüchteten durch die Hintertür und brachten sich hinter einigen Felsen in Deckung. Es kam zu einem wilden Schusswechsel. Slaughter erschoss Nieves Deron, ein weiteres Bandenmitglied, und verwundete Manuel Robles, dem es trotzdem gelang, in ein Waldgebiet zu entkommen. Jack Taylor flüchtete über die Grenze und wurde von mexikanischen Rurales gestellt. Er landete lebenslang im Gefängnis.

Auch Manuel Robbles und Geronimo Miranda wurden noch 1887 im Grenzland der Sierra Madre von Rurales erschossen. Am 12. August 1888 versuchte das letzte freie Bandenmitglied, Fred Federico, Sheriff Slaughter aus dem Hinterhalt zu ermorden. Dabei tötete er versehentlich Slaughters Deputy Cesario Lucero, wurde gestellt und zum Tode verurteilt.

Slaughter half der Armee, den Apachenführer Geronimo aufzuspüren, der sich zeitweise auf dem Gebiet der „San Bernardino Ranch“ verborgen gehalten hatte. Er wurde für eine zweite Amtszeit als Sheriff wiedergewählt und sorgte dafür, dass das Cochise County den Ruf als Land der Desperados verlor.

Wie viele Männer seiner Zeit, war Slaughter ein leidenschaftlicher und geschickter Pokerspieler. In San Antonio (Texas) versuchte der als Viehdieb bekannte Bryan Gallagher ihn um seinen Gewinn zu betrügen – Slaughter hatte die Pokerrunde mit ihm begonnen, um ihn ohne Blutvergießen festnehmen zu können. Aber Gallagher griff sich kurz vor Ende des Spiels die Einsätze in der Tischmitte und flüchtete. Slaughter nahm die Verfolgung auf, jagte Gallgher bis nach New Mexico, stellte den Mann auf der Ranch des Rinderbarons John Chisum und schoss ihn nieder.

1871 hatte Slaughter erstmals geheiratet. Aus der Ehe gingen vier Kinder hervor. Seine Frau starb 1877 an Pocken. 1879 heiratete Slaughter die 18jährige Cora Viola Howell aus New Mexico. Das Paar adoptierte mehrere Kinder, darunter 1896 ein kleines Apachenmädchen.

Die letzten Jahre Slaughters waren von Krankheiten geprägt. Die Slaughters verließen ihre Ranch und zogen in eine kleine Wohnung im benachbarten Douglas. Hier wurde John Horton Slaughter am Morgen des 16. Februar 1922 tot in seinem Bett gefunden. Er war in der Nacht friedlich für immer eingeschlafen.


Dietmar Kuegler gibt viermal im Jahr das »Magazin für Amerikanistik« heraus. Bezug: amerikanistik(at)web.de

Das Magazin für Amerikanistik, September 2020Die kommende Ausgabe

 

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