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Eine Frage an ... Dietmar Kuegler: Wie war das mit Charles Goodnight?

Eine Frage an Dietmar KueglerWie war das mit Charles Goodnight?

Dietmar Kuegler erinnert auf Facebook immer wieder an bestimmte Daten und Ereignisse der amerikanischen Geschichte. Diese mehr oder weniger kurzen Vignetten sind interessant und ausgesprochen informativ und auf jeden Fall lesenswert.

In Absprache mit Dietmar Kuegler wird der Zauberspiegel diese Beiträge übernehmen.

Dietmar KueglerDietmar Kuegler: Wenn es um die wahren „Rinderbarone“ der amerikanischen Pionierzeit geht, um die Männer, die gewaltige Ranchbetriebe mit Zehntausenden von Rindern aufbauten, sollte sein Name an erster Stelle stehen: CHARLES GOODNIGHT. Er starb am 12. Dezember 1929.

Geboren wurde Charles Goodnight am 5. März 1836 in Illinois nicht weit von St. Louis. 1846 kam der Junge mit seiner Mutter und seinem Stiefvater nach Texas. Er wuchs auf einer Farm heran und wurde im Alter von 20 Jahren zum Cowboy. 1857 wurde er Texas Ranger. Er kämpfte gegen Viehdiebe und Comanchen. Als Rancher schloss er später einen Vertrag mit Quanah Parker über den Kauf von Ranchland.

1861 trat er in die Konföderierte Armee ein, blieb aber den Krieg über bei einem Grenzregiment in Texas, um die einsamen Farmen und Ranches zu schützen.

Nach Ende des Krieges baute er zusammen mit seinem Partner Oliver Loving eine Viehzucht auf. Es war eine wirtschaftlich katastrophale Zeit, in der die Rinderpreise in Texas verfielen. Goodnight gehörte zu jenen Züchtern, die frühzeitig erkannten, dass man die Rinder zu den Märkten bringen musste, wenn die Märkte nicht nach Texas kamen. Während die meisten texanischen Viehzüchter auf die Verladestationen in Kansas setzten, entschieden er und sein Partner sich, 1866 mit einer Rinderherde nach Westen zu ziehen. Vom Brazos River aus trieben sie die Longhorns durch die Wüste des Llano Estacado. Der Weg wurde als „Goodnight Loving Trail“ bekannt. Viele Zeitgenossen hatten Goodnight für verrückt geklärt. Tagelang zogen er und seine Cowboys durch völlig wasserloses Gebiet. Es war die einzige Möglichkeit, die Jagdgründe der Comanchen zu umgehen, die die Herde sonst angegriffen hätten. Am Ende ihrer Kräfte erreichten sie Fort Sumner in New Mexico, wo Goodnight die Longhorns mit beträchtlichem Gewinn an die Armee verkaufte.

Erstmals wurde auf diesem Weg ein sogenannter „Chuckwagon“ eingesetzt, mit dem die Mannschaft unterwegs versorgt wurde. Goodnight gilt als der „Erfinder“ dieses Küchenwagens, der zur Standardausrüstung gehörte, als die großen Rindertrails zu den Märkten nach Kansas begannen.

In New Mexico schloss Goodnight einen Vertrag mit dem Großrancher John Chisum. Beide arbeiteten künftig als Fleischlieferanten für die Armee zusammen und weiteten den Goodnight-Loving Trail bis in den Süden Wyomings aus.

1876 gründete Charles Goodnight mit einem neuen Partner, John Adair, die JA-Ranch, die erste Rinderranch im Texas Panhandle, und zwar in einem Gebiet, in dem sich der Palo Duro Canyon befindet. (Oliver Loving war 1867 in New Mexico gestorben.) Der Canyon, heute ein Naturschutzgebiet, bot den Goodnight-Rinderherden ein geschütztes Areal. Sie waren hier vor der Witterung und auch vor Viehdieben sicher. 1880 rief Charles Goodnight die „Panhandle Stockman’s Association“ ins Leben, die Viehzüchtervereinigung des westlichen Texas.

Unter Goodnights Führung wurde diese Vereinigung nicht nur eine politische Interessenvertretung der Viehzüchter, sondern entwickelte auch neue Zuchtmethoden, um das trockene, unwirtliche Land im Panhandle besser nutzen zu können.

Goodnight war immer für Neuerungen aufgeschlossen. Er baute eine der ersten privaten Bisonherden auf und unternahm Versuche, Rinder und Bisons zu kreuzen: das Ergebnis wurde als „Cattalo“ oder „Beefalo“ bezeichnet. Goodnight spendete Bisons an große Zoos und 1902 auch an den Yellowstone Nationalpark. Er galt stets als großzügig und jovial. Zeitgenossen beschrieben, dass er die große Bedeutung, die er im Laufe seines Lebens erlangte, nie selbst realisierte. Er war niemals überheblich, sondern behandelte jeden Menschen mit Respekt und Freundlichkeit.

Im Juli 1870 hatte Charles Goodnight die Lehrerin Mary Ann Dyer aus Weatherford (nahe Fort Worth) geheiratet. Sie beeinflusste ihren Mann, soziale und kirchliche Projekte zu unterstützen. Er ließ in dem kleinen Ort Goodnight eine Methodisten-Kirche errichten, und seine Frau rief die „Goodnight Academy“ ins Leben, eine Art Highschool, auf der Hunderte von Rancher- und Cowboy-Kindern eine Ausbildung erhielten.

Mary Ann Goodnight übernahm alle schriftlichen Arbeiten auf der Ranch; denn Charles Goodnight hatte nie lesen und schreiben gelernt, obwohl er zeitweise eine Zeitung leitete und im Aufsichtsrat von Banken saß. Sie schrieb seine gesamte Korrespondenz. Heute befindet sich in den erhaltenen Akten auch ein Briefwechsel zwischen Goodnight und Quanah Parker: beide Männer verstanden sich gut.

1918 verlor er einen Großteil seines Vermögens, als eine mexikanische Silbermine – in die er fast alles Geld investiert hatte – verstaatlicht wurde. Er war 1919 gezwungen, seine Ranch an den Ölmagnaten W. J. McAlister zu verkaufen. Die Goodnights behielten allerdings Wohnrecht in ihrem Haus.

Als Mary Ann im April 1926 starb, war Charles Goodnight allein. Er war krank und brauchte Hilfe. Eine Cousine väterlicherseits aus Montana, Corinne Goodnight, 26 Jahre alt, zog bei ihm ein und kümmerte sich um den alten Rancher. 1927, an seinem 91. Geburtstag, heiratete er sie. Im Dezember 1929 starb er in seinem Winterhaus bei Phoenix (Arizona). Er wurde in Amarillo neben seiner ersten Frau bestattet.

Das Goodnight-Ranchhaus steht heute unter Denkmalschutz und wird als „Charles Goodnight Historical Center“ betrieben.

Der Historiker J. Frank Dobie, der Goodnight noch persönlich kannte, schrieb über den „Vater des Texas Panhandle“: „Ich habe eine Vielzahl von Männern getroffen, mehrere waren echte Gentlemen, andere waren gerissene Emporkömmlinge, viele waren großmäulige Angeber oder sture und dumme Ochsen… Charles Goodnight war für mich ein großer Mann.”


Dietmar Kuegler gibt viermal im Jahr das »Magazin für Amerikanistik« heraus. Bezug: amerikanistik(at)web.de

Das Magazin für Amerikanistik, September 2020Die kommende Ausgabe

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