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Eine Frage an ... Dietmar Kuegler: Wie war das mit Robert H. Paul?

Eine Frage an Dietmar KueglerWie war das mit dem Robert H. Paul?

Dietmar Kuegler erinnert auf Facebook immer wieder an bestimmte Daten und Ereignisse der amerikanischen Geschichte. Diese mehr oder weniger kurzen Vignetten sind interessant und ausgesprochen informativ und auf jeden Fall lesenswert.

In Absprache mit Dietmar Kuegler wird der Zauberspiegel diese Beiträge übernehmen.

Dietmar KueglerDietmar Kuegler: Am 12. Juni 1830 wurde ein Mann geboren, der als US Marshal von Arizona kein ausgesprochen spektakulärer, aber ein typischer Vertreter des Gesetzes in der Zeit der wilden Frontier war. Er repräsentiert daher Tausende von Polizisten der amerikanischen Pionierzeit, weshalb er es wert ist, dass man sich seiner erinnert.

Robert H. Paul kam in Massachusetts zur Welt, besuchte hier die Schule und riss 1842 von Zuhause aus, um als Schiffsjunge in New Bedford auf dem Walfänger „Majestice“ anzuheuern. In den folgenden 22 Monaten umrundete er das legendäre Kap der Guten Hoffnung und segelte um die ganze Welt. Er war beteiligt an der Jagd auf 56 Wale, kehrte 1844 kurzzeitig nach Hause zurück und fuhr dann wieder auf einem Walfänger zur See.

Bei dieser Tour ertrank er fast, weil er sich ein Bein brach und anderthalb Stunden hilflos im Wasser trieb, bevor er gerettet wurde.

Bis 1848 arbeitete er auf Walfängern. Dann erreichte er am 27. Februar 1849 San Francisco und stürzte sich in den Goldrausch von Kalifornien. Er lebte zeitweise in Hangtown und dann bei Sutter’s Mill in Coloma. Von hier aus ging er zum Yuba River und heuerte bei einer Firma an, die einen Staudamm errichtete. Er hatte längst erkannt, dass die Suche nach Gold nur für wenige Glückliche von Erfolg gekrönt war. Er arbeitete in verschiedenen Jobs in zahlreichen Minenstädten, kehrte 1854 nach San Francisco zurück und wurde hier zum Constable gewählt. Wenig später wurde er zum Deputy Sheriff ernannt. 1857 folgte die Ernennung zum Under Sheriff. Als solcher zerschlug er eine Straßenräuberbande, die „Tom-Bell-Gang“, mit dem Resultat, dass er 1860 selbst zum Polizeichef von Mokelumne gewählt wurde; er blieb auf diesem Posten bis zum März 1864.

1865 investierte er das Geld, dass er als Sheriff verdient hatte, in Minenaktien und war 1874 bankrott. Ab 1874 arbeitete er als Postkutschenbegleiter der Wells Fargo Company in Kalifornien, Nevada und Utah. Er war dabei so erfolgreich, dass der Chef der Wells Fargo ihn 1877 als Sicherheitsagent nach Arizona schickte.

Paul lenkte die Postkutsche, die zwischen Benson und Tombstone überfallen wurde. Neben ihm wurde der bekannte Begleitmann Budd Philpot vom Bock geschossen. Zeitweise wurde behauptet, Doc Holliday sei an dem Überfall beteiligt gewesen. Heute weiß man, dass drei Männer der Clanton-Gang den Überfall begangen hatten und Jim Crane der Todesschütze war. Robert Paul feuerte mit seiner Schrotflinte zurück, verletzte einen der Banditen und trieb die Täter in die Flucht. Aufgrund der Schießerei gingen die Gespannpferde durch. Nach einer Meile gelang es Bob Paul mit einem tollkühnen Sprung vom Bock auf die Deichsel und auf den Rücken eines der Pferde die Kutsche wieder unter Kontrolle zu bringen. Er brachte sie zur nächsten Pferdewechselstation und kehrte mit einem Aufgebot zurück. Innerhalb einer achtzehntägigen Jagd konnte er die Räuber stellen und nach Tombstone bringen. Das machte ihn in Arizona berühmt.

Die Republikanische Partei des Territoriums stellte ihn als Kandidaten für das Amt des Sheriffs im Pima County auf. Hier wurde ein energischer Polizeibeamter benötigt. Es war die Zeit der Earp-Clanton-Fehde in Tombstone. Paul, ein riesiger, kräftiger Mann, 1,95 m groß, wurde zunächst von den Freunden seines Gegenkandidaten Charles Shibell, den Clantons und McLaurys, durch Wahlfälschung betrogen.

Paul war ein Freund Wyatt Earps und ein Gegner der sogenannten „Cowboy-Fraktion“. Er zog vor Gericht, ließ den Wahlbetrug klären und wurde nachträglich durch das Oberste Bundesgericht von Arizona im Februar 1881 zum Sieger erklärt. Er behielt sein Amt bis zum Juli 1886. In dieser Zeit fanden die berühmte Schießerei am OK-Corral und Wyatt Earps Rachefeldzug statt. Paul wurde von der Territoriums-Verwaltung nach Colorado geschickt, um Doc Holliday zu verhaften und nach Arizona zurückzubringen. Er scheiterte; der Gouverneur von Colorado lehnte die Auslieferung Hollidays ab.

Im April 1883 versuchte ein Mob in Tucson einen gewissen Joseph Casey zu lynchen, der den Gefängniswärter Andrew Holbrook ermordet hatte. Robert Paul stellte sich dem Mob ganz allein entgegen und vertrieb die wütende Menge aus dem Gerichtshaus von Tucson.

Nach Ausscheiden aus dem Sheriffs-Amt investierte Paul wieder in die Minenindustrie und verlor bis zum März 1889 alles Geld. Erneut völlig bankrott, nahm er einen Job als Sicherheitsagent der Southern Pacific-Eisenbahngesellschaft an, bis er am 17. März 1891 von US-Präsident Benjamin Harrison zum US-Marshal von Arizona ernannt wurde. Ferner amtierte er als Friedensrichter von Tucson.

Er bekleidete diese Positionen ohne Fehl und Tadel und bewies, dass er zwar ein miserabler Geschäftsmann, aber ein erstklassiger Gesetzeshüter war. Daneben hatte er 1862 in Kalifornien geheiratet. Er und seine Frau hatten 10 Kinder großgezogen. Der letzte Sohn lebte bis 1951. Robert Paul starb am 26. März 1901 im Alter von 70 Jahren an Krebs und liegt in Tucson begraben.

Der bekannte Rechtsanwalt und Historiker John Boessenecker schrieb 2012 ein Buch über das bemerkenswerte Leben dieses mutigen Mannes: „When Law Was in the Holster: The Frontier Life of Bob Paul“.


Dietmar Kuegler gibt viermal im Jahr das »Magazin für Amerikanistik« heraus. Bezug: amerikanistik(at)web.de

Das Magazin für Amerikanistik, September 2021Die kommende Ausgabe

 

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