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Wie Frank Lloyd Wright beinahe Jules Verne nach Ellis Island brachte

Wie Frank Lloyd Wright beinahe Jules Verne nach Ellis Island brachte


Open Culture ist mehr als nur ein Haufen nutzlosen Wissens, Open Culture birgt historische Perlen, lässt einen spannende, amüsante oder verwirrende Dinge entdecken. Open Culture ist meiner Ansicht nach notwendig, um das Wissen um unsere menschliche Kultur in ihren unterschiedlichsten Facetten zu bewahren und Menschen zu eröffnen, die sonst nie davon erfahren hätten.

Die Geschichte von Frank Lloyd Wrights Jules Verne-artige Traumstadt auf Ellis Island gehört dazu.

Ellis Island ist eine Insel im Hafengebiet von New York City, das durch den Hudson River gebildet wird. Für die amerikanische Geschichte ist diese Insel von entscheidender Bedeutung, und ein großer Teil der heutigen Amerikaner könn(t)en ihre Verwandten bis zur Ankunft auf Ellis Island zurückverfolgen, denn Ellis Island war über lange Jahre der Ankunftspunkt für die Schiffe, die in der Neuen Welt ankamen.

Von seiner Eröffnung 1892 bis zur endgültigen Schließung als "Einwanderungsinsel", war Ellis Island irgendetwas zwischen einem Gefängnis, einer Abfertigungshalle, einer Eingangsuntersuchung, einem Terminal. Schiffe, die in New York ankamen und Einwanderer an Bord hatten, galten als Einwanderer in Staat und Stadt New York, auch wenn ihre eigentlichen Reiseziele vielleicht ganz andere waren. Entsprechend war die Einwanderungsbehörde für Staat und Stadt New York für die Regeln und Modalitäten der Einwanderung zuständig.

Vor 1820 gab es keine Zählung der Einwanderer, man verließ das Schiff, mit dem man angekommen war, und verschwand. Erst ab 1820 mussten die Kapitäne der Schiffe, die in die Häfen einliefen, auf Listen die Namen und zunehmend mehr weitere Informationen über die Einwanderer erfassen. Bis zur Errichtung von Castle Garden 1855, dem Vorläufer von Ellis Island als Durchgangsstation der Imigranten, war es noch immer so, dass die Einwanderer im Hafen ihr Schiff verließen und sich auf den Weg zu ihrem (möglichen) Zielort machten.

Castle Garden, eine künstliche Halbinsel im Hafengebiet von New York, war eine ehemalige Theater- und Konzerthalle, die zu einem Übergangslager für die Einwanderer umgebaut worden war. Schon 1890 zeigte sich, dass die Einwandererzahlen inzwischen so angewachsen waren, dass Castle Garden nicht mehr geeignet war, und eine alternative Lösung gefunden werden musste.

Diese hieß Ellis Island, benannt nach einem der ehemaligen Besitzer der Insel, die erst Hinrichtungsstätte, später dann Gefängnis und danach Munitionslager war. Von 1890 bis 1892 erfolgte der Umbau von Ellis Island, mit künstlichen Aufschüttungen zur Vergrößerung der Fläche, dem Bau der An- und Ablegepiere, sowie den verschiedenen Räumlichkeiten.

Viele Millionen Einwanderer betraten Ellis Island, wer nicht abgelehnt wurde weil er krank, oder beispielsweise Anarchist war, wurde danach mit einem Schiff nach New York übergesetzt. Dies änderte sich mit dem Immigration Act von 1924, der die Zahl der Einwanderer, die im Land zugelassen wurden, beschränkte. Die Gebäude waren in ihrer Größe und Ausstattung als Durchgangs- und Prüfungsstation immer weniger geeignet und notwendig, und wurde 1954 geschlossen.

Was wird nun aus Ellis Island?

Die Frage, was man mit der Insel anfangen sollte, wurde akut. Die U.S. General Services Administration, die amerikanische Liegenschaftsverwaltung, ging mit der Frage in die Öffentlichkeit zu geben und rief dazu auf Vorschläge und Entwürfe einzureichen.

Sam Lubell und Greg Goldin vom Gotham Center for New York History erzählen, wie Ellis Island beinahe eine Modellstadt im Stil von Jules Verne wurde.

Zwei Mitarbeiter des Radiosenders NBC wandten sich an Frank Lloyd Wright, einen amerikanischen Stararchitekten seiner Zeit, und machten ihm ihre ambitionierte Idee einer "completely self-contained city of the future" schmackhaft. Die Idee einer Stadt auf Ellis Island, die völlig eigenständigen, in sich abgeschlossen und mit allen notwendigen zivilisatorischen Errungenschaften, faszinierte den Architekten. Er antwortete, das Projekt sei wie für ihn gemacht, und er machte sich an die Arbeit.

Das Ergebnis wäre nichts weniger als eben jene futuristische Stadt gewesen, die aussah wie einem Roman von Jules Verne entsprungen.

Wer war Frank Lloyd Wright?
Frank Lloyd Wright, geboren 1867 in Wisconsin, war Sohn eines Pfarrers und einer Lehrerin, musste in seiner Kindheit häufig umziehen, da sein unsteter Vater von einer missionarischen Stelle zur nächsten zog. Als die Eltern sich scheiden ließen und die finanzielle Situation immer brisanter wurde, begann er für einen Dean an der Universität zu jobben. Er wusste aber die ganze Zeit über, dass es sein Ziel war, Architekt zu werden. Bevor er 1893 eine eigene Firma gründete, arbeitete er in renommierten Firmen in Chicago und lernte dort die Planung und Entwicklung von Gebäuden und Gebäudekomplexen von der Pike auf.

Er ist bekannt für seine ausgefallenen Entwürfe, sein Bemühen darum eine eigene amerikanische Architektur zu schaffen, die sich von der europäischen Architektur löste (Stichwort Prairie Houses), die von ihm formulierten Grundsätze der Architektur und sammelte Kunst und Literatur.

Im Verlauf seiner beruflichen Tätigkeit bis zu seinem Tod 1959 entwarf Wright 1.171 architektonische Projekte, über die Hälfte davon wurde nicht realisiert - darunter auch sein Plan für Ellis Island.


Im Verlauf seiner beruflichen Tätigkeit bis zu seinem Tod 1959 entwarf Wright 1.171 architektonische Projekte, über die Hälfte davon wurde nicht realisiert - darunter auch sein Plan für Ellis Island. Außer den von ihm geschaffenen Gebäude hinterließ Frank Lloyd Wright mehr als 23.000 Zeichnungen, 40 riesige Modelle, 44.000 Photographien, 600 Schriften 300.000 Briefe. Sein Einfluss auf die amerikanische Architektur ist so groß wie sein Erbe. Sein Archiv ist im Besitz der Frank Lloyd Wright Foundation und versucht seit seinem Tod 1959 seine Arbeit lebendig zu halten.

Was sucht Jules Verne auf Ellis Island?

Tatsächlich war Frank Lloyd Wright von der Idee auf Ellis Island eine Stadt zu schaffen, die eigenständig alles bieten kann, was eine Stadt so braucht, begeistert. Gerade die Tatsache, auf dem begrenzten Gebiet etwas völlig Neues zu gestalten, war entscheidend für seine Zusage. Das Ergebnis war eben dies: Eine Stadt, die einem Werk von Jules Verne entsprungen sein könnte. Wright nannte diesen Plan "Key Project". Er rechnete mit Kosten von monumentalen 93 Millionen Dollar, inklusive dem Abriss der vorhandenen Gebäude.

“Its Jules Verne-esque design, based on Wright’s sketches, was resolutely futuristic,” schreiben Lubell und Goldin. Basis sollte auf der Insel ein "circular podium sein, das alle Aufbauten tragen sollte. Geplant waren zunächst Wohnungen für 7.500 Einwohner, die wie gestapelte Teller übereinander liegen sollten. Darüber sollten sich Sonnendecks befinden, umgeben von einem Stern aus sieben gewellten Türmen, die sich wie Kerzen nach oben verjüngen. In diesen Türmen sollten sich noch mehr Wohnungen und ein Hotel mit 500 Zimmern befinden.

Und in der Mitte von allem platzierte Wright einen riesigen Globus, scheinbar pockennarbig und gezeichnet durch Äonen von Meteoreinschlägen. Dieser sollte oberhalb der Plätze der Stadt schweben, gehalten von Schutzdächern aus Plastik. Die Wohnungen sollten lichtdurchflutet und klimatisiert sein, Theater, Krankenhäuser, Kirchen, Schulen, eine Bibliothek und Sportarenen sollten wie riesige Murmeln in einem terassierten Park am Rande der Fläche liegen.

Ergänzt werden sollte dies durch eine sogenannte "Agora", einen freien, offen Platz, wo sich ein Plantearium, ein Kino, Geschäfte, Banken und Restaurants befinden sollten. Nicht zu vergessen sollte es einen Yachthafen für 450 Boote geben.

Für die nötige Stabilität sollten riesige, goldverkleidete Stahlkabel sorgen, die zwischen den einzelnen Ebenen gespannt werden sollten, ähnlich den Verstrebungen von Brücken.

Autos sollte es übrigens nicht geben, denn statt Straßen sollte es breite Laufbänder geben. Die Brunnen und die Landschaftsgestaltung sollte aussehen "wie ein Juwel, schwebend über dem Wasser und davon umgeben, frei von Verkehrsstaus und Krach." Es sollte, so Wright, zwangloses, inspiriertes Leben fördern, ohne das übliche Geschrei einer Großstadt.

Leider starb Wright bevor es zu einem Treffen zwischen ihm und den Initiatoren kam, das geplant war um die Details zu besprechen und Entscheidungen zu treffen. Allerdings starb er nicht, ohne vorher noch einen Plan seiner Stadt zu zeichnen. So existiert zumindest eine Vorstellung der Stadt, die einen unwillkürlich an Jules Verne denken lässt - und ein wenig träumen.

Frank Lloyd Wright schuf in seiner Lebenszeit 1.171 archtektonische Arbeiten, etwa die Hälfte von ihnen kamen über das Planungsstadium nicht hinaus und wurden nicht umgesetzt, darunter auch seine Pläne für Ellis Island.

Heute ist Ellis Island Teil des Statue of Liberty National Monument, richtig, gemeinsam mit der Statue of Liberty, und dient als Gedenkstätte für die Geschichte der Einwanderung in die Vereinigten Staaten.

 

Quellen:
https://www.openculture.com/2024/03/when-frank-lloyd-wright-designed-a-plan-to-turn-ellis-island-into-a-futuristic-jules-verne-esque-city-1959.html

https://www.gothamcenter.org/blog/frank-lloyd-wrights-last-dream

https://www.openculture.com/2023/02/the-unrealized-projects-of-frank-lloyd-wright-get-brought-to-life-with-3d-digital-reconstructions.html

https://www.openculture.com/2018/07/take-360-virtual-tours-frank-lloyd-wrights-architectural-masterpieces-taliesin-taliesin-west.html

https://franklloydwright.org/frank-lloyd-wright/

https://www.openculture.com/2016/07/portraits-of-ellis-island-immigrants-arriving-on-americas-welcoming-shores-circa-1907.html

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