»Ich weiß, was ich letzten Sommer getan habe …« - (Falsche?) Erinnerungen in der SF
»Ich weiß, was ich letzten Sommer getan habe…«
(Falsche?) Erinnerungen in der SF
Das betraf jedoch nur das sogenannte deklarative Gedächtnis, in dem Fakten abgelegt werden – mechanische Abläufe konnte der Patient weiterhin erlernen, denn dafür ist das prozedurale Gedächtnis zuständig, das seinen Sitz im Kleinhirn und in den Basalganglien hat. . Molaison lernte also Golf zu spielen, konnte sich jedoch nicht daran erinnern, es gelernt zu haben.
Man muss schon Adam Sandler heißen, um aus so einer Situation noch eine romantische Komödie wie „50 erste Dates“ machen zu können.
Das deklarative Gedächtnis enthält zum einen das semantische Gedächtnis mit allgemeinen Fakten über die Welt und zum anderen das episodische Gedächtnis, die persönliche Chronik der Ereignisse unseres Lebens. Sollte dieses episodische Gedächtnis jemals völlig gelöscht werden, könnte das Opfer vermutlich noch tanzen, schwimmen und Fahrrad fahren, aber wäre in anderer Hinsicht ein unbeschriebenes Blatt Papier - wie ein neu geborenes Kind.
Diese Auslöschung der Persönlichkeit wird in einigen SF-Welten als humane Alternative zur Todesstrafe angewendet. Der Körper lebt weiter und kann eine neue Persönlichkeit entwickeln, während der Straftäter zusammen mit dem Verlust der Erinnerungen, die ihn geformt haben, aufhört zu existieren.
Meist gibt sich die SF jedoch mit weniger zufrieden. Das bekannteste Beispiel sind wohl die Neuralysatoren der „Men in Black“, die ungeschützte Betrachter je nach Einstellung die letzten Minuten oder Stunden vergessen lassen und sie zugleich empfänglich machen für Suggestionen, was in der betreffenden Zeitspanne statt dessen geschehen sein soll. Wenn ein Man in Black in den Ruhestand geht, werden routinemäßig die Erinnerungen an die gesamte Dienstzeit ausgelöscht … obwohl es Möglichkeiten gibt, die gelöschten Erinnerungen wiederherzustellen.
Was bisher noch nicht erwähnt wurde, sind psychologische Vorgänge, bei denen traumatische Erlebnisse verdrängt werden. Sigmund Freuds sah in Verdrängungen einen zentralen Bestandteil der psychoanalytischen Theorie; Gedächtnisforscher andererseits zweifeln daran, dass Erinnerungen verdrängt werden können, und führen als Beleg Post-Traumatische Belastungsstörungen an, die gerade darauf gründen, dass belastende Erlebnisse nicht vergessen werden können.
Sowohl die NeuroLinguistische Programmierung als auch die Scientologenwissenschaft Dianetik beschäftigen sich mit der Untersuchung und dem Neubewerten von Erinnerungen.
Im Jahr 2004 kam ein Film in die Kinos, der sich ebenfalls mit Erinnerungen beschäftigte: „Eternal Sunshine of the Spotless Mind“, in Deutschland mit dem kurzen und treffenden Titel „Vergiss mein nicht“. Hier ist es möglich, unerwünschte Erinnerungen gezielt auszulöschen, und Kate Winslet macht davon Gebrauch, als ihre Beziehung zu Jim Carrey in die Brüche geht: sie lässt ihn kurzerhand aus ihrem Gedächtnis entfernen. Bei ihrer nächsten Begegnung wundert er sich, dass sie ihn behandelt, als ob nie etwas zwischen ihnen gewesen wäre … und von ihrem Standpunkt aus stimmt das ja auch. Für die gezielte Behandlung ist es erforderlich, dem Arzt ein paar Andenken vorzulegen. Mit einem speziellen Gehirnscan wird aufgezeichnet, in welchen Regionen des Gehirns bei der Betrachtung dieser Andenken an die gemeinsame Zeit Aktivität entsteht, und genau diese Stellen werden – in Ermangelung eines besseren Ausdrucks: gelöscht.
Jim Carrey leidet natürlich wie ein Hund unter dieser Situation. Und dass der Gehilfe des Arztes im Gesprächsprotokoll nachgelesen hat, womit Jim bei Kate zuerst landen konnte, und dessen Anmache bei ihr reproduziert, macht’s nicht besser! Von wegen „Keine zweite Chance für den ersten Eindruck.“
Bei Perry Rhodan war seit den Anfangstagen der Dritten Macht Gehirnwäsche eine Option. Entweder der arkonidische Psychostrahler ließ das Opfer vergessen, was es gesehen oder getan hatte, oder ein Hypnomutant wie André Noir, Clifford Monterny und Gregor Tropnow gab den nötigen Befehl. Captain Clark Flipper, der nach der Rückkehr vom Mond nicht bei Perry Rhodan in der Gobi bleiben, sondern zu seiner Frau in die USA zurück kehren wollte, erhielt einen Hypnoblock, der alle Erinnerungen an die Ereignisse rings um die Arkoniden verbergen sollte. Das führte bei den (vorhersehbaren!) Verhören durch den australischen Geheimdienst zu einem tödlichen Gehirnschlag.
Subjektiv noch schlimmer dran war ausgerechnet Perry Rhodans Sohn mit Thora da Zoltral, der unter dem Namen Thomas Cardif aufwuchs und auf die Enthüllung seiner wahren Identität mit ausgeprägtem Hass auf seinen Vater reagierte – so sehr, dass er schließlich das Solare Imperium an die Mehandor verriet. Thomas Cardif erhielt einen Hypnoseblock, der seine Identität vor ihm selbst verbarg; statt dessen trichterte man ihm ein, er sei der Terraner Dr. Edmond Hugher und habe durch eine schwere Krankheit sein Gedächtnis verloren.
Im Kampf gegen die Mehandor setzten die Terraner aufs Goszuls Planet sogar eine Biowaffe ein, die „Seuche des Vergessens“. Nach Symptomen wie roten Flecken und Schmerzen im Genick verloren Befallene nach einer Woche den Zugang zu ihren Erinnerungen. Unbehandelt hielt dieser Zustand etwa zwei Monate an, bevor die Erinnerungen zurückkehrten und als Nebeneffekt die Intelligenz anstieg. Mit einem Heilmittel, das die Terraner den Eingeborenen zur Verfügung stellten, ließ sich die Erinnerung früher zurückgewinnen.
Soviel erst einmal zum Auslöschen oder Verbergen von Erinnerungen. Der Komplex der Implantation von Erinnerungen an Erlebnisse, die man nie gehabt hat – sei’s bei „Total Recall“, „Dark City“, „Blade Runner 2049“ oder im Reich der Thoogondu – der soll ein anderes Mal behandelt werden.
Kommentare
Äh. Wenn du das sagst.