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Wider den Mainstream - slightly off topic

Zauberwind - Der ZwischenrufWider dem Mainstream -
slightly off topic

Mainstream, so benennt die Wikipedia "den kulturellen Geschmack einer großen Mehrheit", "im Gegensatz zu Subkulturen oder dem ästhetischen Underground".

Mainstream hat viel mit den großen Trends zu tun und der Frage, wer nun entscheidet was "Mainstream" ist, wann etwas "Mehrheitsgeschmack" ist und so weiter.


Dem entsprechend kann man wunderbar darüber streiten, ob Dark Fantasy jetzt Mainstream ist, ob Mario Simmel und Hohlbein Mainstream in ihrem Bereich sind oder waren und ob ... (to be continued).

Eine wirklich besondere Form der Weichspülmainstreambewegung (was für eine tolle Wortschöpfung) kann man derzeit bei den Programmverantwortlichen des dritten Radioprogramms des Hessischen Rundfunks (kurz HR3) beobachten.

Aber der Reihe nach ...

Horst: Der "Hässliche" ... pardon ... Hessische Rundfunk will nämlich sein Programm "rund um die Uhr durchhörbar" gestalten. Übersetzt heißt das in etwa, dass immer die gleiche Festplatte mit den Hits von heute und denen der letzten zwanzig Jahre auf Hochtouren läuft. Dazu dann Wortbeiträge, die möglichst die Minutengrenze nicht überschreiten dürfen, damit der Hörer nicht so lang auf den musikalischen Einheitsbrei verzichten muss.

Dass Rockmusik im "durchhörbaren" Programm kaum noch vorkommt, daran haben wir uns gewöhnt - und man tröstet sich mittels CD drüber hinweg. Dass sinnvolle Wortbeiträge auf das Nötigste reduziert werden, ist man gewöhnt, wenn man NDR2 kennt. Selbst Stenkelfeld wurde verbannt, weil zweieinhalb Minuten Wort zu lang waren. Jetzt gibt es im NDR noch maximal 90 Sekunden nicht-musikalische Beiträge am Stück. Und nun geht HR3 denselben ätzenden Weg zur Privatradio-Kopie.

Bettina: Naja, es gibt ja durchaus die "Spartensender", bei denen nur Rock läuft, oder nur Softpop, oder nur ... aber das ist sterbenslangweilig. Ebenso wie ich absolut keine Lust dazu habe, alle paar Songs mit Werbung überfallen zu werden, von Spaßmoderatoren daran erinnert zu werden, dass sie der ultimativste allerbeste und tollste Sender des ganzen Landes sind. Die Senderszene der Populärsender zeichnen sich durch eine ausgesprochene Uniformität aus, in der man rund um die Uhr die gleichen Lieder hören kann – das hat den Vorteil, dass es vollkommen egal ist welchen Sender man einschaltet, um welche Uhrzeit man einschaltet und wo man sich gerade aufhält – wie unglaublich langweilig und eine Verflachung.

Genau hier aber machen die Programm der drei Moderatoren einen entscheidenden Unterschied. Ihr Programm ist nicht weichgespült, aber unserer Ansicht nach auch nicht so außergewöhnlich, dass die Hörer in Massen abschalten. Es ist immer interessant und „anders“, im besten Sinn.
 

Horst: Alles dies soll zum Ende des Jahres ein nicht ganz unerwartetes Ende finden, denn: Die Sendungen "Der Ball ist rund" (mit Klaus Walter) und hr3-Rebell (mit Volker Rebell) fallen den 24-Sunden-Durchhörbarkeits-Plänen zum Opfer. Der dritte Moderator, Werner Reinke, wird eine - bisher nicht näher bezeichnete - Sendung im HR1 erhalten.

In den Sendungen, die der "Durchhörbarkeit" zum Opfer fallen, werden Musiker und Musik vorgestellt, die oft nicht so gut tanzen können wie durchschnittliche Pop-Hupfdohlen, die aber eben ein entscheidendes Merkmal mitbringen: Sie sind anders. Nicht immer geht diese Musik leicht ins Ohr.

Und ja: manchmal gefällt sie uns irgendwie so gar nicht, manchmal ist sie "sperrig", herausfordernd. Und doch:  Sehr häufig sitzen Bettina und ich Samstag früh und Sonntag abend vorm Radio. Gerade weil manchmal etwas dabei ist, das wir eigentlich gar nicht für unsere Ohren auswählen würden - weil wir es nicht kennen, weil wir gar nicht danach gesucht hätten.

Bettina: Entscheidend für die Entscheidung genauer hinzuhören ist bei diesen Sendungen insbesondere auch, dass diese Moderatoren mit gewaltiger Sachkenntnis und Engagement ihre Sendungen betreuen. Sie führen Interviews mit Gehalt, haben Meinungen (die wir auch nicht immer teilen, aber das ist auch nicht notwendig) und reden auch mal länger als 90 Sekunden.

Immer wieder Radio, das auch den Kopf fordert und nicht nur zum "durchhören", sondern vor allem zum ZUHÖREN animiert. Radio, das mehr als Hintergrundgeräusch ist. - Wunderbares Radio.

Seit vielen Jahren sind drei Moderatoren fester Bestandteil des HR3: Volker Rebell, Klaus Walter und Werner Reinke. Jeder ist auf seine Art ein wirklich außergewöhnlicher Moderator.

Nun scheinen sich die Programmverantwortlichen offensichtlich dazu entschlossen zu haben, ebenfalls mit großem Einsatz Mainstreamprogramm zu fahren, in dem uniform (Spaß-)Moderatoren uniformes Programm machen. Wir schätzen (und das ist uns wichtig an dieser Stelle zu betonen) fast alle Moderatoren unseres bisherigen "Haussenders". Wirklich Besonders wird er gerade durch diese drei. Mit dieser Entscheidung werden einige Glanzlichter des Programms entfallen. Und warum nun dieser Zwischenruf?

Horst: Weil wir einfach unseren Mund aufreißen müssen.

Bettina: Und weil wir - in guter Alt68'er-Manier wenigstens gesagt haben wollen, dass wir dagegen sind *Lachen*. Weil *ernst* ... ehrlich gesagt gehen wir nicht davon aus, dass Protest etwas an der Entscheidung ändern wird. Die Programmzeit von Volker Rebell beispielsweise wurde im Lauf der Jahre schon zusammengestrichen. Getan werden konnte dagegen wenig.

Horst: Nene, das sehe ich nicht so. Man kann es ihnen schwer machen - man kann ihnen immer wieder deutlich machen, dass es eine ganze Reihe von Menschen gibt, die offensichtlich HR3 übers Internet hören, gerade die drei ausgesucht hören, und mit der Entscheidung nicht einverstanden sind.

Bettina: Richtig - wir sind nicht damit einverstanden und machen unser Unverständnis deutlich - wie übrigens eine große Zahl anderer Leute ebenfalls. 

Horst: Grade kamen übrigens schon wieder welche dazu. Inzwischen sind es schon ... Stand: 23:04 Uhr ... 533 Unterzeichner der Petition.

Bettina: Soviel zum Thema, dass die ja keiner hört. In der kurzen Zeit, in der die Seite überhaupt am Laufen ist. Wollen wir also dafür sorgen, dass es sich weiter herumspricht und weisen auf eine Initiative von Christoph Reichelt hin, der mit der Seite derballistrund.org (der Link öffnet die Seite in einem neuen Fenster, damit verlässt man die Seiten von zauberspiegel-online) gegen die Einstellung der Sendung von Klaus Walter protestieren will.

 

 

Kommentare  

#1 Stefan Holzhauer 2008-11-06 00:35
Ich empfehle SWR3. Brauchbare bis gute Musik auch mit Rockeinlagen, 80s und unbekannten Interpreten, Wortbeiträge z.T. deutlich länger als eine Minute, fast nur hörenswerte Moderatoren und meistens gute (selbstgemachte) Gags. Leider manchmal ein Hang zum Über-Rotieren von aktuellen Songs. Das Morgenmagazin mit Zeus und Wirbitzky ist der witzige Wachmacher schlechthin. Und für "sperrige Musik" jenseits des Mainstream gibts die Internetstreams "Rock" und "Intensiv". Ich höre seit 20 Jahren nix anderes, auch wenn ich mich sehr geärgert habe, als sie Elmar Hörig damals wegen eines flachen Schwulen-Witzes entlassen haben.
#2 Harantor 2008-11-06 00:42
Warts ab, auch SWR wird noch auf Durchhörbarkeit getrimmt. NDR2 hat das schon hinter sich und ist kaum koch vom Dudelsender Radio Hamburg zu unterscheiden
#3 Stefan Holzhauer 2008-11-06 00:49
In nächster Zeit eher unwahrscheinlich, nach Umfragen ist SWR3 der beliebteste Sender bundesweit. Außerdem: Selbst wenn stört mich das nicht. Das Internet bietet Streams für wirklich jeden Geschmack. Aber dann ist das Geheule bei den ÖR wieder groß, weil keiner mehr zuhört und die nicht wissen, wieso. :lol: 8) :-*

Und auch hier ist ja ein Trend zum Amateurjournalismus zu sehen: Podcasts erfreuen sich größter Beliebtheit. Was eigentlich zeigt, dass Wortbeiträge mit vielen Minuten Länge offensichtlich funktionieren. Nur vielleicht nicht mehr im Radio... Oder die Verantwortlichen der meisten Sender sind merkbefreit.
#4 blu 2008-11-06 02:37
Wie? Dauerlalala im Radio? Na danke, dann kann mans ja gleich auslassen.

HR3 höre ich mittlerweile fast gar nicht mehr, dennoch sitze ich jeden Samstag Morgen mit meinem Käffchen und dem Frühstück in der Küche vorm Radio und lausche andächtig Werner Reinke, der -wie ich finde- nicht nur eine tolle sonore Stimme hat (was das Frühstück noch gemütlicher macht) sondern dazu auch noch eine super Sendung moderiert, die eben dem sonstigen Programm gegenüber tatsächlich interessant, amüsant und informativ ist. Ich muss ehrlich sagen, gäbe es den Reinke nicht mehr, hätte der HR einen Hörer weniger (wird den HR nicht interessieren, aber egal).

Ich hab eigentlich den ganzen Tag über das Radio an (Internet-Radio nutze ich auch, aber eher weniger) und lausche und genieße die eine oder andere Sendung. Bisher ist es mir eigentlich gar nicht bewusst aufgefallen, aber jetzt wo es hier angesprochen wird, merke ich erst richtig wie sehr es mich stört, daß man eben nur noch diesen Einheitsbrei serviert bekommt und die interessanten Sendungen immer weniger werden. Gott sei Dank gibts ja noch andere Sender die etwas mehr Wert auf Kultur als auf Popgeschnatter legen, und die sehr häufig nette Beiträge oder Berichte (und natürlich auch Hörspiele) ausstrahlen. Und wo die Moderatoren noch Moderatoren sein dürfen.

Wenn ich Musik in Dauerschleife hören will, dann laufen bei mir sowieso fast nur MainFM und AFN, die spielen wenigstens das was ich auch wirklich mag.
#5 Mainstream 2008-11-06 09:41
-
Herr Holzhauer, würden Sie bitte aufhören mit ihrer
Technik-Verliebtheit zu prahlen!!!
Das Wort Amateur-Journalismus lehne ich ab. Denn
es beinhaltet immer noch das Wort Journalismus.
Und davon sind wir in den sogenannten Dritten
Hörfunkprogrammen schon ganz lange weg. Und bei
den Privatsendern muss es ja genauso sein, weil
einer dem Schwanz vom anderen hinterher rennt.

Die Konsequenz vom 'wegschalten' ist immer mit
der Folge verbunden, 'Mainstream' noch mehr
Mainstream' zu machen. Man muss sich diese
Programmbereichsleiter mal ansehen.
Das zieht sich ja nicht nur durch die
Unterhaltungsindustrie. Das sind Kinder. Armselige,
minderbemittelte Kinder, die bei einem guten Rat
wütend den Ball in die Ecke feuern und 'jetzt erst
recht' brüllen.

Machen wir das Fass der Öffentlich-Rechtlichen gar
nicht erst auf. Diese Fehlentscheider sitzen überall.
Eigentlich ein Witz.

Ich habe bei meinen sehr, sehr wenigen Ausflügen
in die Gefilde des Populär-Radios eher den Verdacht,
das mehr und mehr gequatscht wird, Jingles rauf
und runter gespielt werden, volksverdummende
Quiz stattfinden. Je weniger Musik gespielt wird,
umso weniger Abgaben müßen bezahlt werden.

Und, ich hasse es ja zuzugeben, aber Holzis Lösung
ist das einzig Wahre. Es ist nur bedauerlich, weil es
nicht der Weisheit letzter Schluss sein kann.

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