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Hinfort mit ihnen ... und ihre Werke auch! - Wedel, Weinstein, Spacey & Co.

Zauberwort - Der Leit(d)artikelHinfort mit ihnen ... und ihre Werke auch!
Wedel, Weinstein, Spacey & Co.

Die einst so Mächtigen der (Medien-)Branche stehen am Pranger. Sie haben ihre Macht missbraucht und werden zurecht dafür kritisiert und gefeuert. Damit gehe ich völlig konform. Wer andere sexuell belästigt oder gar vergewaltigt, hat persönliche (und wenn möglich auch juristische) Konsequenzen zu tragen.

Aber gilt das auch für ihre Werke?

Verschiedene Schauspielerinnen belasten Dieter Wedel und seit einiger Zeit auch Harvey Weinstein. Uma Thurman hat sich nun auch angeschlossen und wegen seines tyrannischen Verhaltens am Set auch gleich noch Tarantino mit ins Boot geholt wie SPON am Sonntag meldete. Spacey hat Jungen und Männer belästigt. Dustin Hoffmann, Woody Allen und andere haben ihre persönliche Macht missbraucht. Sofern nicht alles verjährt ist, sollte das eben auch Konsequenzen vor Gericht haben. Das was unter #MeToo läuft hat seinen Sinn und ist richtig, um Strukturen von Missbrauch und das Schweigen darüber zu brechen, denn hinterher stellt sich heraus, dass immer alle alles gewusst haben (vgl auch »Family Guy«-Schöpfer Seth McFarlane, der auf der von ihm moderierten OSKAR-Gala den fünf Nomierten für die Beste Shaupielerin dazu gratulierte, dass sie nicht mehr von Harvey Weinstein angezogen sein müssten) und man sehe sich diesen Ausschnitt aus »Family Guy« an. Andere wie Stephen Collins (Star Trek - The Motion Picture, 7th Heaven) und die verstorbene Marion Zimmer Bradley (Marion Zimmer Bradley wird des Kindesmissbrauchs bezichtigt - Reaktionen im Netz) haben die Enttarnung bereits hinter sich und stehen im gesellschaftlichen Abseits. Die erwähnten Namen erheben keinen Anspruch auf Vollständigkeit.

So weit so richtig ...

Nun wird aber zunehmend die Forderung laut, nicht nur Wedel und andere nicht mehr zu beschäftigen, sondern auch deren bisherige  Werke nicht mehr auszustrahlen. Jetzt regt sich in mir Widerstand. Wedels TV-Mehrteiler gehören mit zum Besten was das deutsche Fernsehen hervorgebracht hat. Harvey Weinstein hat einige erfolgreichsten Filme der Welt federführend produziert. Kevin Spacey hat einige hervorragende Leistungen abgeliefert. Woody Allen (von seiner Adoptivtochter des sexuellen Mißbrauchs  beschuldigt) und seine oft als Art-House-Meisterwerke gefeierten Streifen. Spacey komplett in den Giftschrank sperren oder auch nur Stephen Collins erschien mir nicht nur übertrieben, sondern am Ziel vorbei. Sicherlich ist jeder Erwähnten für sich ein oder gar das Aushängeschild ihrer Werke, aber ...

... keines davon sind reine Soloschöpfungen. Selbst MZB hatte einen Lektor und auch Übersetzer, Titelbildgestaltzer. Weder die Mehrteiler von Wedel, noch die Filme von Allen oder Spacey waren ausschließlich Werke der Genannten. Daran hat eine ganze Mannschaft vor und hinter der Kamera gearbeitet. Viele Köpfe und Hände waren nötig, um diese Filme, Serien und ja auch Bücher zu schaffen.

Was passiert also mit »Der große Bellheim« (Regie Dieter Wedel), »Der Herr der Ringe«-Filmtrilogie (Produziert von  Harvey Weinstein), »American Beauty« mit Kevin Spacey, den Büchern von Marion Zimmer Bradley oder den Werken anderer Regisseure, Produzenten, Autoren oder wer auch immer als Kulturschaffender Frauen und/oder Männer missbraucht hat.

Soll also jeder andere Mitwirkende mitbestraft werden? Soll der Zuschauer bestraft werden? Es ist ja jedem freigestellt, ob er sich nocheinmal was ansehen will: Aber um beim ›Bellheim‹ zu bleiben. Mario Adorf, Heinz Schubert, Will Quadflieg Hans Korte & Co. waren einfach großartig. Das war und ist großartiges Fernsehen. Wedel mag das Aushängeschild und der Motor hinter der Miniserie gewesen sein, aber er war längst nicht alles an diesem Stück TV-Geschichte. Und ich will Adorf als den großen Bellheim sehen.

Ansonsten stellt sich vielmehr die Frage: Wo anfangen, wo aufhören? Fangen wir wieder an, Bücher und Filme zu verbrennen. Da graust es mich. Das kann doch die Lösung nicht sein. Muss man nicht die Kunst und den Künstler trennen? Oder reicht es in Zukunft - um es mal richtig zu überspitzen - irgendwo im Suff mal einen sexistischen Spruch zu klopfen oder muss man es wie der momentane amerikanische Präsident machen: »Grab 'em by the pussy!«. Müssen es Sexualstraftaten sein oder tuts auch was anderes (immerhin sollte dann die Veröffentlichung der Serie »Petrocelli« beendet werden, weil Co-Star Albert Salmi seine Frau erschoß, bevor er Selbstmord beging)? Welche Maßstäbe sollen gelten, um Filme, Bücher und andere Medien im Giftschrank verschwinden zu lassen? Und wer soll das entscheiden? Wer ist der für alle gültige moralische Kompass, der entscheiden kann was warum in welchen Giftschrank gehört?

Fragen über Fragen und ich finde keine mich befriedigende Antworten. Ich komme zu der Auffassung, eine Verbannung aus dem TV oder auch von Streamingdiensten oder gar dem Vertrieb auf DVD oder BluRay scheint mir eine komplette Schwachsinnsidee, getragen von allzuviel Aktionismus zu sein.

Und nun gilt es, diese Skandale aufzuarbeiten, ohne dabei in Wolkenkuckucksheime zu entfleuchen. Danke.




Kommentare  

#46 Sarkana 2018-02-12 23:24
zitiere Heizer:
In seriösen Zeitungen (Rubriken Feuilleton, Gesellschaft oder Medien) und im Zusammenhang mit den Vorwürfen, gilt Wedel als überwertet.
Das „ Genie“ würde auch nur mit lauwarmem Wasser kochen, so die Ansicht nicht weniger Kritiker

Nya, die selben Kritiker haben "Winnetou – Der Mythos lebt" Preise verliehen und ausgerechnet die (zumindest in teil 1 & 2) katastrophalen Drehbücher gelobt - bei Dialogen die teils das Niveau des klassischen "Nachmittags-Hartz-4-Fernsehen" noch unterschreiten ...
#47 Heizer 2018-02-12 23:53
Interessanter Ansatz, Sarkana.
Woher aber soll ich meine Vorurteile beziehen?
TV-Today? Bravo? Cinema ?
Es gibt natürlich auch Special Interest Magazine, die das ganze aus etwas zu professioneller Sicht betrachten. Zeit, FAZ, Süddeutsche, Welt, Spiegel oder Focus bilden da aber eher die reine Rezeptionsebene ab. Ich selber kann, wie geschrieben, bei Wedel nicht mitreden. Auch die Winnetou-Neuverfilmung kenne ich nur im Ansatz. Nicht sooo übel, aber letztlich nicht mein Ding.
Wozu rätst Du Sarkana, wenn ich „a priori“ urteilen soll?

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