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... Aleta-Amirée von Holzen über Piraten in der Karibik, auf Zelluloid und anderswo

Aleta Amirée von Holzen... Aleta-Amirée von Holzen ...
... über Piraten in der Karibik, auf Zelluloid und anderswo

Nachdem ich das Buch „A PIRATE'S LIFE FOR ME!“ gelesen hatte, nahm ich Kontakt mit der Autorin auf, um ein paar Fragen zu stellen, die mich während des Lesens bewegt hatten. Die Antworten darauf beschäftigten mich dann noch weitergehend und boten gute Möglichkeiten zum Nachfragen.
 
Das folgende Interview war für mich sehr faszinierend. Es wurde per E-Mail geführt und wurde binnen der wenigen Kontakte zu einer kleinen Diskussion.

Jene hätte ich länger fortführen können (es ist ja auch noch nicht aller Tage Abend), aber zunächst soll es für diese Veröffentlichung reichen. Es ist ohnehin länger geworden als geplant. Ich hoffe aber, dass es für den geneigten Leser ebenso interessant ist wie für mich.
 
Anmerkung: Die in der Folge analog zum Buch häufiger verwendete Abkürzung „PotC“ bedeutet  „Pirates of the Caribbean“.

Zauberspiegel: Sie haben den Text für eine Arbeit an der Universität geschrieben. Wie ist es zu der Veröffentlichung als Buch gekommen?
Aleta-Amirée von Holzen: Meine Referendarin an der Universität Zürich hatte schon länger eine eigene Reihe an herausgeben wollen, und meine Arbeit war so zur rechten Zeit am rechten Ort, um Band 1 der Reihe „Populäre Literaturen und Medien“ zu werden0

Zauberspiegel: Also praktisch ein Selbstverlag der Universität? Gibt es weitere Bände in Vorbereitung? Wollen Sie selbst weitere veröffentlichen?
Aleta-Amirée von Holzen: Nein, die Reihe erscheint beim Zürcher Verlag SSI. Die Herausgeberin, Prof. Dr. Ingrid Tomkowiak, leitet die gleichnamige Abteilung am Institut für Populäre Kulturen der Universität Zürich, und die Reihe publiziert schwerpunktmässig studentische Abschlussarbeiten und Dissertationen, die dort entstanden sind. Der zweite Band von Petra Schrackmann widmet sich unter dem Titel „‚An Awfully Big Adventure!’ J. M. Barries ‚Peter Pan’ im medialen Transfer“ einem phantastischen Thema und wird noch dieses Jahr erscheinen. Ich selbst habe im Moment keine grösseren Publikationen geplant.

Zauberspiegel: Das ist ein faszinierender Titel. Auch dieses Buch würde mich sehr interessieren.
Aber weiter zu Ihnen.
Warum Piraten? Wie Sie selbst vermerken, ist das Genre seit Jahrzehnten praktisch aus dem öffentlichen Interesse verschwunden. Wie sind Sie zu diesem speziellen Sub-Genre des Abenteuerfilms gekommen? (Auch das Argument „Errol Flynn ist sexy“ wäre für mich sehr plausibel.)

Aleta-Amirée von Holzen: Zuerst hatte ich im Rahmen eines Seminars über das Thema Abenteuer eine Arbeit zum ersten Teil von „Pirates of the Caribbean“ verfasst. Für die Abschlussarbeit bot sich daraufhin die Ausweitung des Themas auf das gesamte Genre an, da es im englischsprachigen Bereich überschaubar ist. Eigentlich kannte ich vorher nur wenige Piratenfilme, aber Piraten findet man doch einfach toll, nicht wahr? Eine meiner Lieblingsschallplatten als Kind war Stevensons „Schatzinsel“, und als Jugendliche war ich fasziniert von der Comicreihe Barbe-Rouge (dt. „Der Rote Korsar“) von Charlier/Hubinon. Allerdings waren die Piratenfilme, die neuen wie die älteren, wirklich eine Entdeckung. Ich kann sie immer und immer wieder ansehen, ohne ihrer müde zu werden. Die Arbeit hat sich für mich auch aus diesem Grund gelohnt – ohne sie hätte ich so viele Filme nicht gesehen, die mir inzwischen richtig ans Herz gewachsen sind.

Zauberspiegel: Stimmt. Auch ich fand/finde Piraten aufregend. Welcher Junge (mich eingeschlossen) ist nicht schon als Pirat zu einer Faschingsfeier gegangen? Wie geht man mit der desillusionierenden Erkenntnis um, dass reale Piraten eigentlich gar nicht so heldenhaft, sondern meist eher böse sind?
Aleta-Amirée von Holzen: Das weiss ich nicht, da dies für mich keine desillusionierende Erkenntnis war – ich hatte schon einige historische Kenntnisse, ich wusste, dass die Piraten vor allem als Idealbild in der populären Vorstellung vorhanden sind. Zudem gibt es in vielen Piratengeschichten – etwa auch solchen aus Entenhausen – übel wollende Piratenfiguren, und ich denke, dass die Faszination, die vom Piraten als Figur ausgeht, auf diesem Changieren zwischen dem Extrem des bösen Piraten, das der historischen Wirklichkeit näherkommt, und dem romantisierten guten Piraten beruht. Und so böse die realen Piraten auch sind: Faszinieren können die historischen Piraten einem mit ihren waghalsigen Taten und ihrem kompromisslosen Lebenswandel nichtsdestotrotz. Bereits die zeitgenössischen Schriften über die historischen Piraten der Karibik, Exquemelin oder später die „Great History“, schwanken zwischen Ablehnung und oft fast widerwilliger Faszination. Ich möchte die literarischen Piraten – und das sind die historischen Piraten der Karibik heute – aber nicht mit tatsächlichen heutigen Piraten gleichsetzen, die man in keinster Weise idealisieren darf.

Zauberspiegel: Die angegebenen Quellen der Recherche sind von beachtlicher Menge. Über welchen Zeitraum zog sich die Vorbereitung zu der Arbeit?
Aleta-Amirée von Holzen: Alles in allem bin ich gut ein Jahr an der Arbeit gewesen, allerdings gab es mehr und weniger intensive Arbeitsphasen. Die Recherche und Materialbeschaffung brauchte schon mehr Zeit, als ich anfänglich gerechnet hatte, im Nachhinein kann ich aber nicht mehr nachvollziehen, wie lange ich für welchen Arbeitsschritt gebraucht habe. Die Arbeit war auch nicht in dieser Länge geplant, der Umfang hat sich während des Schreibens so ergeben, da ich so tolles Material hatte, das für meine Analyse enorm viel „hergab“

Zauberspiegel: Nebenbei gefragt: Sie sprechen in Ihrem Buch eine ganze Reihe von Piratenromanen an. Ich denke, Sie werden nicht alle davon gelesen haben, aber immerhin eine ausreichende Menge. Ehrlich gesagt habe ich (ausser dem einen oder anderen Kinderbuch) nie so etwas gelesen. Gibt es Empfehlungen, die Sie mir oder den Lesern sozusagen zum Kennenlernen geben können?
Aleta-Amirée von Holzen
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Die Piratenbücher, die ich in meinem Buch erwähne, habe ich tatsächlich alle gelesen. Schliesslich wollte ich mir einen umfassenden Überblick über das Genre beschaffen. Empfehlen kann ich für Einsteiger vor allem die Piratenromane von Rafaele Sabatini, also drei Bücher um „Captain Blood“, „The Black Swan“ (das fand ich am ungewöhnlichsten, da sich das Abenteuer zu einem grossen Teil an einem einzigen Strand abspielt) und „The Sea-Hawk“, der allerdings im Mittelmeer spielt. Von der Literatur aus dem 19. Jahrhunderts hat mich besonders das Jugendbuch „Under Drake’s Flag“ von G. A. Henty angesprochen, denn der Text „flutscht“ auch heute noch beim Lesen. Lesenswert sind immer auch die Klassiker – Stevenson, Scott, Cooper, Marryat. Leider sind viele der Bücher nicht auf Deutsch erhältlich oder auch in Englisch vergriffen, z. B. „Alone in the Pirates’ Lair“ von 1866, das recht spannend ist, sofern man über eine gewisse Immunität gegenüber englischem Patriotismus verfügt, wie man sie bei einigen Texten aus dem 19. Jahrhundert benötigt.

Zauberspiegel: Nun zum Buch direkt: Weshalb die Filme der letzten 25 Jahre? Wie Sie schreiben, handelt es sich bei den Filmen fast ausschliesslich um Abwandlungen des Themas. Wäre da eine reine Auseinandersetzung mit den klassischen Filmen nicht sinnvoller gewesen?
Aleta-Amirée von Holzen: Das denke ich gerade nicht, für mich liegt die Faszination von Genres gerade in ihrer Variation. Ich finde es viel spannender, historische und zeitgenössische Werke anzuschauen und zu verknüpfen, als mich nur mit „klassischen“ Werken zu beschäftigen, zumal dies andere vor mir schon getan haben. Zu den Filmen der letzten 25 Jahre gibt es bisher wenig wissenschaftliche Literatur. Der Zeitraum bot sich an, weil hier in Hollywood nur wenige Piratenfilme gedreht wurden, sodass ich diesen jeweils eine ausführliche Einzelanalyse widmen konnte. Den Schnitt 1983 zu machen, war zunächst eher willkürlich, hat sich aber im Nachhinein für die Untersuchung als „Glückstreffer“ erwiesen.

Zauberspiegel: Wieso ist es ein „Glückstreffer“? Im Übrigen stimme ich Ihnen zu. Betrachtungen zu Filmen der „klassischen“ Phase gibt es zu jedem Genre genug.
Aleta-Amirée von Holzen: Wie sich gezeigt hat, sind es genau die Filme ab diesem Zeitpunkt, die das Schema des klassischen Piratenfilms ändern und statt einem zwei männliche Protagonisten bieten. Das hätte auch anders sein können, ich hatte die Abgrenzung gezogen, bevor ich alle Filme gesehen hatte. Bei Bedarf hätte ich das freilich anpassen können, aber so konnte ich den ursprünglichen Plan für meine Arbeit, welche Filme einzeln besprochen werden, beibehalten.

Zauberspiegel: Interessant wäre auch eine Auseinandersetzung mit dem US-Film The Island (Freibeuter des Todes, 1980), der ja seine Handlung komplett noch konsequenter als der von Ihnen behandelte Savage Islands in die Moderne verlegt. Obwohl ich ich diesen Streifen für den schlechtesten Film aller Zeiten halte, wäre eine nähere Betrachtung sicherlich lohnend für das Thema.
Aleta-Amirée von Holzen: Ich habe den Film zwar (noch) nicht gesehen, aber da haben Sie natürlich auch Recht. Auch „schlechte“ Filme können für eine bestimmte Fragestellung sehr aufschlussreich sein. Ich fände es auch spannend, SciFi-Filme wie Ice Pirates anzuschauen. Aber eben, ich musste das Korpus einfach einschränken, sonst wäre ich nie fertig geworden.

Zauberspiegel: Ice Pirates hatte ich nun wieder völlig vergessen, ein weiterer Genre-Schlenker. Da gibt es noch vieles zu entdecken. Es ist schon klar, dass man sich für ein Sachbuch Grenzen setzen muss, da es sonst ins Uferlose geht. Aber es gäbe ja noch die Möglichkeit von fortsetzenden Arbeiten.
Welche zwei Kapitel wurden übrigens für das Buch nachträglich hinzugefügt?

Aleta-Amirée von Holzen: Die über PotC 2 und PotC 3, da der dritte Teil ja erst nach der Abgabe der Arbeit in die Schweizer Kinos kam.

Zauberspiegel: Den grössten Teil der Einzelbesprechungen nimmt eben die Pirates of the Caribbean-Trilogie ein. Geschah dieses auch aus einer kommerziellen Erwägung, weil jene Filme aktuell in den Köpfen der potentiellen Leser sind?
Aleta-Amirée von Holzen: Da ich die beiden Kapitel über PotC 2 und PotC 3 erst für die Publikation geschrieben habe, ist dies sicher nicht von der Hand zu weisen. Hätte ich die Arbeit aber nicht vor dem Erscheinen des dritten Teils abgegeben, hätte ich diese aber nur schon der Vollständigkeit halber sicher auch einbezogen. Allerdings hatte ich diese Kapitel nur halb so umfangreich geplant – aber während des Schreibens sind mir so viele Dinge aufgefallen, die ich auch noch erwähnen wollte. Aufgrund ihrer Komplexität bieten diese Filme einfach sehr viel Stoff für die Analyse (zumindest unter meinen speziellen Abenteuer-Blickwinkel), und das habe ich natürlich ausgenutzt.

Zauberspiegel: Yellowbeard ist für mich die Überraschung Ihres Buches. Bisher habe ich den Film immer nur als Klamotte angesehen, die eher zufällig im Piratenmilieu spielt. Ich war überrascht, dass Sie in Ihrem Kapitel die Schlüssigkeit des Drehbuchs bezüglich der Abenteurerkonzepte nachweisen konnten. Wie sind Sie zu diesen Erkenntnissen gekommen? Immerhin verlangt der Film prinzipiell von seinen Zuschauern ein solches Denken nicht.
Aleta-Amirée von Holzen: Beim ersten Schauen war ich von dem Film auch nicht speziell ergriffen. Es war aber genau das Ziel meiner Arbeit zu untersuchen, wie diese neueren Filme mit diesen Konzepten umgehen – daher die Erkenntnisse –, und tatsächlich hat der Film bei jedem Schauen vor dem Hintergrund des Abenteuer- und des Piratenkonzeptes für mich an Qualität gewonnen. Das Abenteuer neigt in einem gewissen Sinne zur Universalität – es kann immer und überall stattfinden –, und ich finde es schön, dass sich dies noch auf die Art der Erzählung ausweiten lässt: Selbst in einer „Klamotte“ wie „Yellowbeard“ funktioniert das Abenteuerkonzept – und in Bezug auf das Konzept des extremen, bösen Piraten hat „Yellowbeard“ ebenfalls einiges zu bieten.

Zauberspiegel: Cutthroat Island nimmt in Ihrem Buch meines Erachtens eine Sonderstellung ein, da Sie in der Besprechung zum ersten und einzigen Mal auch persönlich-emotionale Sätze im Text haben. Auch ich finde es schade, dass dieser Film so untergegangen ist. Wie ist Ihr persönlicher Bezug zu diesem Film?
Aleta-Amiirée von Holzen: In einer wissenschaftlichen Arbeit sollte man sich persönlicher Urteile ja weitgehend enthalten. Aber die wissenschaftlich orientierte Literatur und viele Kritiken, die ich zu diesem Film gefunden habe, gehen wirklich mehr als ungnädig mit dem Film um – und das hat er meines Erachtens schlichtweg nicht verdient. Ich konnte es nicht lassen, hier klar Stellung zu beziehen. Es ist möglich, dass Cutthroat Island der erste Piratenfilm war, den ich gesehen habe. Ich fand ihn immer gut, gerade weil (endlich mal!) eine Frau die Hauptrolle hat und Geena Davis diese, wie ich finde, sehr gut ausfüllt. Ich habe immer den leisen Verdacht gehegt, dass viele dieser Kritiker dem Film von Anfang an keine Chance gegeben haben. Allein die Anfangssequenz jedoch, wo Morgan ihr Pferd über das grüne Wasser hetzt, ist für mich eine kleine filmische Sehenswürdigkeit.

Zauberspiegel: Komisch, das war auch meine Einschätzung. Ich glaube, dass der Film bewusst von den Kritikern wie vom Publikum herabgewürdigt wurde, weil heilige Grenzen überschritten wurden – eben wegen der Frau als Hauptfigur. Wenn dieser Film der erste war, war er dann auch der Auslöser für das nähere Interesse an Piratenfilmen? Oder geschah das auf anderem Wege?
Aleta-Amirée von Holzen: Nein, der Auslöser für meine Arbeit war „Pirates of the Caribbean – The Curse of the Black Pearl“. Ich hätte mich sicher schon vorher für Piratenfilme interessiert, aber ich habe die im Fernsehen jahrelang immer verpasst (bzw. wir hatten einige Jahre keinen Fernseher), und es kamen ja vor „Pirates of the Caribbean“ seit „Cutthroat Island“ keine mehr ins Kino. Ich wusste aber zu Beginn meiner Recherchen, dass ich mit „Cutthroat Island“ mindestens noch einen Film im Korpus der Einzelanalysen habe, der mir gut gefällt, und das war mir schon wichtig.

Zauberspiegel: Wäre es für Sie denkbar, einen Folgeband zu schreiben, der sich mit den Piratenfilmen anderer Länder auseinandersetzt? Es ist sicherlich interessant, die vorgegebenen Motive unter dem Aspekt verschiedener Kulturen zu sehen.
Aleta-Amirée von Holzen: Ja, warum nicht? Ich habe mein Korpus eher aus praktischen Gründen als aus mangelndem Interesse an anderem Material eingeschränkt. Allerdings sehe ich weniger einen ganzen Folgeband, sondern vielleicht eher einen kürzeren Beitrag – irgendwann einmal … wenn ich zum Beispiel Italienisch gelernt habe, damit ich nicht mehr auf die deutschen Übersetzungen angewiesen bin, die leider immer wieder zu wünschen übrig lassen. Für wissenschaftliche Analysen finde ich es schon besser, wenn man die Filme oder Texte auch in der Originalsprache rezipieren kann. Es gäbe bestimmt noch viele interessante Aspekte zu entdecken, sei es in französischen, lateinamerikanischen oder fernöstlichen Piratenfilmen. Ich fände es auch schön, wenn meine Arbeit jemanden anregen würde, sich ebenfalls mit dem Thema zu befassen und vielleicht meine Erkenntnisse mit anderem Material zu vergleichen.

Zauberspiegel: Ich habe mehrere Piratenfilme z. B. aus Japan und Indonesien gesehen, die zwar grundsätzlich von klassischen Motiven ausgehen, aber die inhaltlich so ganz anders als die amerikanischen Vorbilder sind, weshalb die PotC-Trilogie für mich keine solch umwälzende Überraschung darstellte wie für viele andere Zuschauer.
Aleta-Amirée von Holzen
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Ich kenne mich mit der fernöstlichen Filmwelt leider nur sehr wenig aus, dafür hat mir bisher die Zeit gefehlt. Aber gerade wenn diese grundsätzlich klassische Motive verwenden, wäre es sicher interessant, sich diese ebenfalls anzuschauen. Bei PotC war doch das eigentlich Überraschende, dass Hollywood ein solches Projekt überhaupt realisiert hat und es einen solchen riesigen Erfolg hatte – den es zweifellos verdient, v. a. den ersten Teil halte ich für ein Meisterwerk. Aber viele der Piratenelemente sind ohne Frage bereits anderswo zu entdecken, u. a. in französischen Fantasy-Mantel-und-Degen-Comics („De Cape et de Crocs“). Auf verschiedenen Ebenen gibt es eben auch Parallelen zum Zeichentrickfilm Sinbad oder zu Savage Islands, die ich im Buch dargelegt habe. PotC arbeitet ja sehr stark mit Zitaten und Übernahmen (es lebe der Zeitgeist!), nur sind sie halt so gut gemischt, dass man die Vorbilder nicht kennen muss, um wiederum vor allem den ersten Film als einen vollen Genuss zu empfinden. Ich denke, das ich auch eine der Hauptqualitäten des Films.

Zauberspiegel: Oh, bitte verstehen Sie mich nicht falsch. Auch ich war sehr froh, dass Hollywood diesen Mut hatte, einen solchen Film zu drehen und vor allem inhaltlich etwas Eigenes zu produzieren. Inmitten dieser ganzen meist einfältigen Retro-Filme oder Neuverfilmungen alter eigener oder ausländischer Produktionen ist die Trilogie eine Wohltat, zumal alle drei auch richtig gute Filme sind. Asiatische Filme haben (ungesehen von der westlichen Welt) schon in den 60er und 70er Jahren z.B. Magie in die Stoffe eingebracht. Wer diese Art Filme gesehen hat, für den waren eben diese Neuerungen nicht so neu. Das sollte die PotC-Trilogie in keiner Weise abwerten.
Aleta-Amirée von Holzen
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Es würde mich schon interessieren, ob der östliche Kulturraum ein ähnliches Abenteuerkonzept hat wie das von mir verwendete, oder ob und wo es hier Unterschiede gäbe.

Zauberspiegel: Die meist konventionellen italienischen Filme brachten m. E. zumindest einen Film hervor, der ein Novum darstellt. Ausgerechnet das Bud Spencer/Terence Hill-Vehikel Il Corsaro Nero (Freibeuter der Meere, 1970) bietet den interessanten Plot, dass es sich um zwei gleichberechtigte Piratencharaktere handelt, die im Verlaufe des Films mehrfach vom Guten zum Bösen und wieder zurück tendieren. Auch hier wäre eine Besprechung nach den Kriterien Ihres Buches denkbar.
Aleta-Amirée von Holzen
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Ja, das wäre wirklich ein interessanter Film, der sich auch klar aus der Menge von italienischen Piratenfilmen der 60er- und 70er-Jahren abhebt, soweit ich diese kenne.

Zauberspiegel: Piraten sind sicherlich nicht Ihr Leben. Welche Interessen in Literatur und Film haben Sie noch und könnten Sie sich vorstellen, auch darüber zu schreiben?
Aleta-Amirée von Holzen: Es gibt noch vieles, worüber zu schreiben ich mir vorstellen kann. Ich habe in meinem Studium Arbeiten zu vielen verschiedenen Themen verfasst, die natürlich nicht für eine Publikation gedacht waren. Generell interessieren mich immer Handlungskonstruktionen, Figurenkonstellationen, -charakterisationen und typische Darstellungsweisen besonders, eben gerade im Blick auf Modelle wie „Held“ oder „Abenteurer“ bzw. auf „Schema und Variation“. Was die populäre Literatur angeht, habe ich ziemlich breit gefächerte Interessen, wohl mehr noch auf wissenschaftlicher als auf Fan-Ebene. Persönlich liebe ich phantastische Literatur, schwärme für Comics, habe eine Schwäche für Mantel-und-Degen-Geschichten bzw. historische Romane und ein Faible für Märchen und Sagas. Ich „konsumiere“ Literatur in allen Formen gern (ich habe ja auch Literatur studiert): Bücher, Filme, Fernsehserien, auch Kinder- und Jugendliteratur. Wissenschaftlich gesehen, werde ich mich in der näheren Zukunft vor allem mit Superhelden beschäftigen.

Zauberspiegel: Das ist wahrlich ein sehr interessantes Thema. Ich bin schon sehr gespannt.
Damit möchte ich Ihnen danken für diese kleine, aber (zumindest für mich) sehr ergiebige Diskussion.

Aleta-Amirée von Holzen
:
Ich danke Ihnen für die interessanten Fragen.
Zauberspiegel
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Alles Gute auf dem weiteren Weg.

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