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... Hans-Peter Roentgen über Spannung, Unterleiber und Checklisten

Hans-Peter Roentgen... Hans-Peter Roentgen ...
... über Spannung, Unterleiber und Checklisten

Hans-Peter Roentgen hat mit seinem Buch über Exposés Maßstäbe gesetzt. Nun hat er sich eines anderen für Autoren sehr wichtigen Themas angenommen. Es geht um den ›Unterleib der Literatur‹.

Was das ist? Nun ich will es mal spannend machen und auf das Interview verweisen, dass wir mit dem Verfasser der dieses Buches gemacht haben.


Hans-Peter Roentgen: Spannung - Der Unterleib der LiteraturZauberspiegel: Tun wir - um der Spannung willen - einmal so, als ob ich das Buch "Spannung - Der Unterleib der Literatur" noch nicht gelesen habe. Wie Hägar sagt: "Unwissenheit ist die Mutter aller Abenteuer". Resultiert also Spannung auch daraus, dass der Protagonist gern mal unwissend in eine schwierige Situation gestoßen wird?
Hans-Peter Roentgen: Das ist sicher eine Möglichkeit, Spannung zu erzeugen. Aber nicht die einzige.

Zauberspiegel: Warum ist Spannung der ›Unterleib der Literatur‹?
Hans-Peter Roentgen: Weil Spannung nicht aus dem Kopf, aus dem Verstand kommt. Sondern aus den Gefühlen. Es ist wie Sex. Mit dem Verstand kommst du dem nicht bei.

Zauberspiegel: Ist Spannung mehr als Mord- und Totschlag?
Hans-Peter Roentgen: Auf jeden Fall. Kriegen sich die beiden Verliebten, obwohl er ihr gerade ein Glas Bier über den Kopf geschüttet hat und sie den Lieblingsteller seiner Mama an der Wand hat zerschellen lassen? Wenn wir mit den Personen mitfühlen, dann wollen wir wissen, wie der Konflikt gelöst wird.

Zauberspiegel: Grundsätzlich gefragt: Was ist Spannung überhaupt?
Hans-Peter Roentgen: Spannung ist, wenn du das Buch nicht mehr zuklappen kannst. Spannung zieht den Leser in die Geschichte und er muss wissen, wie es ausgeht. Wenn der Leser das Buch zuklappt und vergisst, weiter zu lesen, dann fehlt es an der Spannung.

Zauberspiegel: Rebecca Gablé, Andreas Eschbach und andere haben sich an diesen Projekt auf die ein oder andere Weise beteiligt. War es schwierig, diese Autoren zur Mitarbeit zu bewegen, um einen Blick in ihre Arbeitsweise zu werfen?
Hans-Peter Roentgen: Nein, ich kenne diese Autoren ja seit einiger Zeit und alle haben sich intensiv mit dem Thema auseinandergesetzt und halten darüber auch Seminare.

Zauberspiegel: Ist Spannung etwas Universelles oder hat sich in der Zusammenarbeit mit den Autoren herausgestellt, dass es individuelle Techniken gibt, Spannung zu erzeugen?
Hans-Peter Roentgen: Sicher hat jeder Autor seine eigene Stimme, seine eigene Art, Geschichten zu erzählen. Das zeigt sich auch in den Interviews im Buch. Dennoch gibt es viele Techniken, die alle Autoren auf die eine oder andere Art verwenden. Eine Freundin, die Julia sagt, sie habe Romeo mit einer Nutte gesehen; ein Zeuge, der plötzlich umgebracht wird, bevor er etwas sagen kann; ein Junge, der gemobbt wird – unerwartete Ereignisse und bedrohliche Konflikte sind immer gut. WENN uns Julia & Co. Interessieren!

Zauberspiegel: Wie ist das mit dem Leser? Nimmt der die Spannung nicht auch jeweils anders auf? Gibt es Momente da Autoren mit ihrem Spannungsaufbau scheitern, obwohl sie alles richtig gemacht haben?
Hans-Peter Roentgen: Ja, nicht alle Leser finden alles gleich spannend. Wer als Lonesome Cowboy im Wilden Westen herumstreifen will, wird sich nicht dafür interessieren, ob Julia ihren Romeo kriegt. Und es gibt keinen Stein der Weisen. Es gibt Spannungsregeln, sicher, aber die sind Werkzeuge, mit denen sich mangelnde Spannung erhöhen lässt. Aber es gibt kein TÜV-Prüfsiegel: Aha, Herr Meier hat alle Spannungsregeln beachtet, also ist sein Text spannend.

Zauberspiegel: Ein guter Teil dieses Buch ist der praktischen Arbeit gewidmet, sprich hier kann der angehende Jungautor üben, wie er was macht (so er willens und bereit ist). Wie sind diese Übungen entstanden?
Hans-Peter Roentgen: Aus meinen Erfahrungen mit Autorencoachings. Und weil ich weiß: Um Schreiben zu lernen, muss man schreiben, schreiben, schreiben. Sie sollen dazu anregen. Trockenschwimmkurse haben noch niemandem das Schwimmen beigebracht.

Zauberspiegel: Wer soll sich mit Deinem Buch befassen? Angehende Jungautoren oder meinst, dass auch Autoren mit Veröffentlichungen daraus lernen können? Immerhin heißt es ja: Man ist nie zu alt zum Lernen. Ist man auch nie erfahren genug?
Hans-Peter Roentgen: Eigentlich hatte ich an Jungautoren gedacht. Aber offenbar profitieren auch alte Hasen von dem einem oder anderem Kapitel. Ich gehe auch immer wieder zu Workshops verschiedenster Autoren und Lektoren. Man lernt nie aus.

Zauberspiegel: Kann der Autor sich Techniken aneignen, die ihm schon beim Entwerfen des Plots sagen, ob er gerade einen kapitalen Fehler macht? Und: Kann Autor sich ein inneres Alarmsystem aufbauen, das ihm spätestens beim Schreiben sagt, er vergaloppiert sich in Sachen Spannung gerade, dass ihm quasi aus dem Bauch (oder Unterleib) heraus warnt?
Hans-Peter Roentgen: Schwierig. Beim ersten Planen, ersten Schreiben sollte man nicht zuviel Kritik zulassen, das tötet leicht die Phantasie. Erfahrene Autoren haben natürlich ein Gefühl für Dramatik, Spannung entwickelt und merken leichter, wenn sie sich vergaloppieren. Ich glaube, dass es vor allem die Überarbeitung ist, bei der dann die Spannungsschrauben kontrolliert werden. Mit jedem neuen Text entwickelt sich daraus ein Bauchgefühl, da spürst du schneller, welche Wege eher in langweilige Landschaften führen.

Zauberspiegel: Besten Dank fürs Interview. Und eine Rezension folgt - der Spannung halber - im Laufe der kommenden Woche wink

Kommentare  

#1 Ingo Kirchhof 2015-01-25 00:45
Tolles Thema. Hat mir sehr gefallen. Ich finde das sollte man beibehalten. Vielleicht sogar ein Workshop daraus machen. Was mir zur Spannung und Dramatik einfällt; kurze Sätze erhöhen den Lesefluß.
#2 Harantor 2015-01-25 01:33
Schaun'n mer mal was Hans-Peter dazu sagt. Man wird sehen ... Ich kann nur jeden dazu raten, sich das Buch zu besorgen

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