K. H. Scheer und seine Leihbücher der Jahre 1948 bis 1965 - Herr der Meere – Pierre de Chalon (1)
K. H. Scheer und seine Leihbücher ...
... Herr der Meere – Pierre de Chalon
... Herr der Meere – Pierre de Chalon
Anders als bei dem Verlagspseudonym Diego el Santo handelt es sich bei Pierre de Chalon um ein Autorenpseudonym, unter dem nur Scheer selbst schrieb.
Nach dem Zerwürfnis Scheers mit dem Besitzer des Reihenbuch-Verlages im Jahr 1953 dauerte es über ein Jahr, bis er bei anderen Verlagen (Pfriem 1955, Balowa 1956) als Schriftsteller wieder Fuß fassen konnte. Die Romanreihe ‚Herr der Meere‘ erschien ab 1956 im Balowa-Verlag.
Es handelt sich dabei um folgende Romane:
Nach dem Zerwürfnis Scheers mit dem Besitzer des Reihenbuch-Verlages im Jahr 1953 dauerte es über ein Jahr, bis er bei anderen Verlagen (Pfriem 1955, Balowa 1956) als Schriftsteller wieder Fuß fassen konnte. Die Romanreihe ‚Herr der Meere‘ erschien ab 1956 im Balowa-Verlag.
Es handelt sich dabei um folgende Romane:
Die ersten sechs Romane wurden in einer von Frau Heidrun Scheer bearbeiteten verkürzten Jugendbuchausgabe in den Jahren 1983 bis 1985 neu aufgelegt.
Ein weiterer Versuch wurde 1988 im Verlag ‚Blaue Giraffe‘ mit dem 5. Band gestartet und 1991 bis 1992 folgten noch die ersten drei Bände im selben Design wie die Engelbert-Ausgabe.
Eine Neuausgabe der Romane erfolgte mit Genehmigung von Frau Heidrun Scheer ab 2009 durch den Terranischen Club Eden, wobei diesmal bereits 8 Bände erschienen sind, der letzte Band soll noch 2012 erscheinen. Für die ersten sechs Bände gab es die Genehmigung nur für die von Frau Scheer bearbeiteten Versionen, nicht aber für die im Balowa-Verlag erschienenen Originalromane. Lediglich die letzten drei Romane konnten in der Originalversion erscheinen, wobei die Rechtschreibung angepasst wurde. Dies finde ich insofern schade, weil ich die Meinung vertrete, dass man einen Autor möglichst im Original und auch ungekürzt lesen sollte.
Dafür wurden die Bände mit Kartenmaterial und Illustrationen angereichert und aus den Fußnoten der Originalausgabe, die in den späteren Ausgaben fehlen, ein kleines seemännisches Lexikon erstellt. Für die Neuausgabe bin ich teilweise mitverantwortlich, da ich die Originale eingescannt und die Rohtexte extrahiert habe.
Scheer verfasste mit der ihm eigenen erzählerischen Dynamik spannende Romane über die Abenteuer des Schiffes MARIA STUART und seiner Besatzung.
Und nun etwas zum Inhalt und den handelnden Personen:
Hauptfiguren der Romanreihe sind der Kapitän Reinhard Gonder und sein Freund und Erster Offizier Andre de Aurignac. Sie entführen zusammen mit einigen Gefährten das neueste Schiff der britischen Kriegsmarine, den Dreimaster MARIA STUART, bemannen ihn mit französischen Piraten und müssen sich neben konkurrierenden Piraten mit der spanischen und britischen Kriegsmarine herumschlagen.
Scheer hat zwar den Plot seiner ersten Piratenreihe 'König der Meere' samt vielen handelnden Personen wiederverwendet, vermeidet aber diesmal die gröbsten Fehler seines ersten Versuches in diesem Genre.
So entsprechen diesmal sowohl Schiff als auch Waffen den üblichen Modellen dieser Zeit, die MARIA STUART führt als Flottenneubau neben den üblichen Kanonen aber noch zwei Hundertpfünder-Geschütze an Deck mit. Auch mit den technischen Neuerungen bleibt Scheer diesmal wesentlich bescheidener, er führt unter anderem kleine Handbomben mit Lunte ein, ferner eine Möglichkeit zur Verwendung von Glühkugeln auf einem Segelschiff und als letzte Innovation sogenannte Langbomben mit Aufschlagzünder, die von den beiden Hundertpfündern verschossen werden können.
Inhalt der Bücher/Story
Reinhard Gonder, ein Kapitän aus Brandenburg, ist Gefangener auf einer spanischen Gallione, die von seinem Todfeind, dem britischen Kapitän Stirling gekapert wird. Gonder kann mithilfe einiger Franzosen, darunter seinem späteren besten Freund Andre de Aurignac, einem Hugenotten, entkommen und erreicht mit einem Boot die Insel Barbados. Mithilfe eines dortigen Kaufmannes entführt Gonder mit 12 Gefährten einen britischen Flottenneubau, den Dreimaster MARIA STUART und entkommt den britischen Verfolgern.
Gonder hat zwar ein neues, voll ausgerüstetes Schiff, aber keine Wasservorräte. Er muss mit seiner kleinen Mannschaft das Riesenschiff bis zu einer Insel bringen, um dort Wasser zu finden. Dabei gerät er in einen Kampf zwischen britischen und französischen Korsaren. Die Franzosen werden vom Schiff der Roten Nancy besiegt. Gonder hilft den Überlebenden und nimmt sie in seine Mannschaft auf.
Den Rest seiner Besatzung rekrutiert er dann auf der Pirateninsel Tortuga, ohne sich den dortigen Piraten anzuschließen.
Gonder muss zunächst die MARIA STUART voll kampftauglich machen und die Besatzung trainieren. Sein Schiff wird durch die Totenkopfflagge bekannt und gefürchtet. Als die Spanier eine Schatzflotte über den Ozean schicken, werden sie von einem britschen Geschwader unter Admiral Wilmore überfallen, aber Gonder schnappt den Briten das wichtigste Schatzschiff weg und entkommt, wobei er vorher die Fregatte seines Todfeindes Stirling versenkt.
Außerdem bastelt Gonder an einer neuen Geheimwaffe, nämlich Glühkugeln, die er von seinem Schiff aus verfeuern will. Diese Glühkugeln sind eine tödliche Gefahr für hölzerne Schiffe, was in den folgenden Gefechten mit den Briten und Spaniern die MARIA STUART siegen lässt.
Die Engländer verfolgen Gonder, um das Schatzschiff zurückzuholen. Da dieses Schiff die schnelle MARIA STUART aufhält, lässt Gonder auf hoher See umladen, bevor ihn die Briten einholen.
Das Gefecht endet mit einem Desaster für die Briten, aber auch die MARIA STUART wird beschädigt und muss eine kleine Insel anlaufen, um die Schäden auszubessern. Dabei muss das Schiff an Land gebracht werden, um die Löcher zu stopfen und ist daher so lange ‚wehrlos‘. Die Piraten von Tortuga sind ebenfalls hinter den Schätzen her und die Rote Nancy versucht einen Handstreich, der mit Gonders neuartigen Handgranaten abgeschlagen wird.
Da mittlerweile alle in der Karibensee hinter der MARIA STUART und ihren Schätzen her sind, beschließt Gonder, nach Europa zurückzukehren, um vom französischen König einen Kaperbrief zu erhalten.
Bei der Fahrt stößt Gonder in ein Gefecht zwischen einer französischen Fregatte mit drei spanischen Schiffen unter Admiral Tudela.
Gonder erkennt seine Chance und vernichtet die spanischen Schiffe.
Der Franzose ist so schwer beschädigt, dass er aufgegeben werden muss, aber die Besatzung und der Geheimkurier des französischen Königs, Vicomte de Vetry, werden gerettet. Gonder trifft mit Vetry ein Abkommen: Er bringt den Kurier zu einem Treffpunkt vor der afrikanischen Küste und erhält dafür den ersehnten Kaperbrief. Vetry will ein Abkommen mit dem Bey von Algier gegen die Spanier treffen. Abd el Fasar, der Wesir des Beys, glaubt sich verraten und greift die MARIA STUART an und es gelingt ihm sogar, die Mannschaft mit Stinktöpfen zu betäuben. Nur Gonder und Jean Ruser, sein erster Kanonier, können sich in ein Geheimversteck des Schiffes retten. Sie nehmen el Fasar als Geisel, befreien die eingesperrte Mannschaft und erobern das Schiff zurück.
Gonder und Vetry beschließen, über Gibraltar ins Mittelmeer und nach Marseille zu segeln.
Bei einer Wasseraufnahme in einer nordafrikanischen Bucht werden sie von el Fasar erneut vergeblich angegriffen, segeln an Gibraltar vorbei und müssen sich noch mit einem spanischen Geschwader herumschlagen, bevor sie endlich Marseille erreichen.
Gonder hat zwar den gewünschten Kaperbrief erhalten und ist jetzt kein Pirat mehr, bringt aber die Franzosen in eine peinliche Lage, da diese gerade mit den Engländern verbündet sind und diese die MARIA STUART zurückverlangen.
Die Lösung ist ein Befehl des Königs, auszulaufen und die Spanier anzugreifen. Während der Liegezeit bastelt Gonder an einer neuen Geheimwaffe, sogenannten Langbomben mit Aufschlagzündern, die er bald nötig hat, denn vor Marseille lauert auch ein britisches Geschwader, das die MARIA STUART um jeden Preis zurückholen soll. Die Langbomben sind der entscheidende Trumpf Gonders bei der Vernichtung des britischen Geschwaders. Dann läuft er die spanische Küste an, kapert ein Schatzschiff und bringt es als Prise mit nach Marseille.
Auf dem gekaperten Schiff war auch eine gefangene Spanierin, Teresa Segovia, die die Spanier als Geisel nach Maracaibo bringen wollten, um von ihrem Onkel das Geheimnis eines Inkaschatzes zu erpressen, bei dem alle Foltermethoden wegen dessen Schmerzunempfindlichkeit versagt hatten.
Da Gonder im Moment in Frankreich aus politischen Gründen unerwünscht ist, beschließt er mit seiner Mannschaft, Teresas Onkel zu befreien und die Inka-Schätze zu erobern. Die MARIA STUART durchbricht die spanische Sperre bei Gibraltar und segelt zurück in die neue Welt. Unterwegs kapern sie ein spanisches Kurierschiff, mit dessen Hilfe sie sich in Maracaibo einschleichen, die Festung stürmen und Teresas Onkel befreien.
Die Karibikpiraten unter der Führung von Vincent Thoman, den man den Schwarzen Hai nennt, wollen ebenfalls die Schätze der Inkas und verfolgen die MARIA STUART. Dabei platzen sie in diverse Gefechte zwischen Spaniern, Holländern, Franzosen und Briten, die um die Vorherrschaft in der Karibik kämpfen. Gonder findet die Schätze und besiegt zuletzt den Schwarzen Hai und eine Piratenflotte. Da ihm der Boden wieder zu heiß geworden ist, beschließt Gonder, in ruhigere Gewässer weiterzusegeln.
Mit der Absicht, nach Peru und zu weiteren Schätzen zu fahren, endet die Geschichte und es gab leider keine Fortsetzung mehr. Über die Gründe kann man nur spekulieren, aber Scheer hat in diesen Jahren die meisten seiner SF-Romane geschrieben und für anderes vermutlich keine Zeit mehr gehabt.
Wenn man diese spannenden Bücher liest, was durch die Neuauflage möglich ist, findet man neben dem typischen Heldenpaar Gonder und Andre de Aurignac, vormals Robert Tagman und Michel de Racine, viele bekannte Figuren aus Scheers erster Piratenreihe „König der Meere“ wieder, z. B. den Kanonier Louis Renard, dessen Vorbild Jean Ruser war, die Rote Nancy, vormals Rote Nelly, den Steuermann Schwarzbart, Pierre Richard, den Piraten Säbelbein und … (Link zu Artikel König der Meere)
Falls man sich dafür näher interessiert, habe ich die Original-Klappentexte aller ‚Herr der Meere‘-Bücher im zweiten Teil dieses Artikels zusammengefasst.