Savage Dragon 5
Savage Dragon 5
Diese fünfte Ausgabe enthält wieder vier US-Ausgaben der Originalserie "The Savage Dragon" und Larsen lässt es ordentlich krachen. Die Zeichnungen und die Layouts explodieren förmlich, und der Leser darf die außergewöhnlichen Seiten betrachten und kommt aus dem Staunen nicht heraus. Leser, die die Zeichnungen Larsens mögen, werden ihre helle Freude an der Ausgabe haben. Die actionhaltigen und dynamischen Kämpfe ziehen sich phasenweise über die komplette Seite und wechseln in den wenigen Dialogszenen in überschaubare Panels. Das sorgt grafisch für etwas Abwechslung. Ansonsten knallen den Leser die quietschbunten Seiten entgegen.
Inhaltlich passiert nicht viel und das ist ein Problem, das sich bereits in den letzten Ausgaben ankündigt. Dragon stürmt von einem Kampf zum nächsten, und die Handlung bleibt dabei auf der Strecke. Er erhält dabei Unterstützung von anderen Helden und auch die Wild C.a.t.s haben einen Auftritt. Leser der Image-Serien der 90er werden den einen oder anderen Helden wiedererkennen. Für Neuleser ergibt sich allerdings ein einzigartiges Durcheinander. Die Zauberstern-Ausgabe besteht aus 4 US-Ausgaben und es ist in dem Gewusel nicht erkennbar, wann die Geschichten ineinander übergehen.
Die Masse der Protagonisten wird von Seite zu Seite immer unüberschaubarer. So werden die Ankömmlinge zwar in kurzen Texten vorgestellt, bleiben dabei aber verhältnismäßig blass. Der Leser begreift schnell, dass er sich auch gar nicht näher mit den Charakteren beschäftigen muss, denn ein paar Seiten später sind sie schon wieder verschwunden. Das wirkt auf die Dauer ermüdend, und zur Mitte der Ausgabe ist der Leser geneigt, die Panels nur noch zu überfliegen.
Einige kleine Handlungsbögen der letzten Ausgaben werden thematisiert, kommen aber nicht großartig voran. Rapture ist weiterhin an Dragon interessiert, und die beiden landen im Bett. Frank Darling stellt sich in einer kurzen Sequenz Overlord entgegen und gibt damit zu erkennen, dass er seinen Tod nur vorgetäuscht hat. Dragons vorgebliche Mutter hat einen kurzen Auftritt im Fernsehen, so dass wahrscheinlich auch dieses Thema noch nicht abgeschlossen ist. Richards, der Herausgeber der Chicago Voice, nutzt seine Zeitung, um gegen den Dragon Stimmung zu machen. Der Bürstenhaarschnitt erinnert an Jonah Jameson, der in Spider-Man kräftig gegen die Spinne austeilt. Die Ähnlichkeit der beiden dürfte kein Zufall sein.
Die inhaltliche Leere der Geschichten erinnert an die ersten Ausgaben von Spawn. In den ersten 80 Ausgaben bewegt sich die Serie ebenfalls nicht vom Fleck weg. Der Höllenkrieger sitzt auf seinem Thron in einer Gasse und bekämpft Metawesen, die sich dort hineinwagen. Spawn scheint selbst nicht zu wissen, was für eine Aufgabe er eigentlich hat. Der Dragon hat zumindest eine Aufgabe als Polizist und mit dem Vicious Circle einen erklärten Gegner. Trotzdem kommt die Serie nicht richtig in Fahrt und sie nähert sich schon der 20. US-Ausgabe.
Todd McFarlane bekommt irgendwann um die Ausgabe 80 die Kurve und lässt andere Autoren richtige Geschichten erzählen. Als er später selbst wieder die Handlung schreibt, scheint auch bei ihm ein Umdenken stattgefunden zu haben, und er verschiebt den Fokus auf ein besseres Storytelling. Ob bei Erik Larsen ebenfalls ein Umdenken stattfindet, lässt sich zu diesem Zeitpunkt nicht sagen. Langzeitleser der US-Ausgaben werden dazu eher Auskunft geben können.
Zauberstern Comics sollten überlegen, ob sie für ihre Ausgaben einen zeitlichen Sprung machen und an bessere Ausgaben aufschließen. Die Lücken ließen sich durch Sonderbände schließen, wenn ein Interesse der Leserschaft besteht. Es ist nicht unwahrscheinlich, dass Leser der gegenwärtigen Ausgaben sich von der Serie abwenden. Sammler und Nostalgiker werden der Serie wohl treu bleiben. Neue, und vor allem jüngere, Leser dürften mit dieser Art des Geschichtenerzählens nicht angezogen werden.
08/2024