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Meine Zeit bei Bastei - Unterschiede, warum ich nie Jerry Cotton schrieb und ein Nachtrag

Der Heftroman nach HübnerMeine Zeit bei Bastei
Unterschiede, warum ich nie Jerry Cotton schrieb und ein Nachtrag 

Nach dem Tode von Horst Hübner am 6. Februar 2009 veröffentlichen wir die letzten Fragmente der Texte, die er zum Thema Heftromane  auf Band gesprochen hat und die von Jörg Bielefeld bearbeitet wurden.
Leider muss diese Serie ein Fragment bleiben. Doch das uns noch zur Verfügung steht, soll publiziert werden.  

Horst Hübner begann im Februar oder März 1961 seine Tätigkeit als Redakteur beim Bastei-Verlag im Westernbereich und betreute u.a. die Serie Rocky Steel.

Ende 1964 schied er freiwillig aus, um sich beruflich zu verändern.

Von 1973 bis 1986 war er freiberuflich als Autor für den Bastei und den Marken-Verlag tätig.

Nach dem Ende des Marken-Verlages Ende 1986 arbeitete er in der ersten Hälfte des Jahres 1987 als Übersetzer und Probeleser für den Bastei-Verlag.

Heute geht es um Unterschiede zwischen Bastei und Marken, Jerry Cotton und einen Nachtrag...

Bastei und Marken zu vergleichen? Da schneidet Marken nicht gut ab. Ja, bei Bastei war es einfacher, bei Marken bestand immer der Druck Auflage, Auflage, Auflage. Bei Bastei stimmte der Vertrieb. Lübbe hat ausgesprochen großen Wert auf einen vernünftigen Vertrieb gelegt, d.h. mindestens zwei Mal im Jahr wurden die Grosso- und die Einzelhandelsvertreter zu einer gewaltigen Drei-Tages-Konferenz nach Bergisch-Gladbach geladen. Es gab immer am ersten oder zweiten Abend ein großes Essen, zusammen mit den Redakteuren und Vertretern. Die Redakteure mussten dann jeweils Genre für Genre antreten und die Vertreter und Großhändler, die draußen die Romane verkaufen sollten, mit Motiven versorgen. Man musste allerdings aufpassen, dass man sich da nicht um Kopf und Kragen redete, man konnte aber auch Pluspunkte sammeln.

Lübbe hat sich durch diese Vertreter, die sowohl das Grosso als auch den Einzelhandel besuchten, immer wieder Informationen über einzelne Verkäufer geben lassen, auch über die Grossisten. Die Grossisten nahmen in seiner berühmten Kladde Eingang, aber er hat auch den kleinen Verkäufern, den Kiosk-Besitzern und den Büdchen-Betreibern, große Aufmerksamkeit geschenkt. Er hat ihnen Drehständer hingestellt, da durften seine Sachen rein. Seine Vertreter mussten sich mit den Leuten unterhalten und haben das auch gerne getan. Sie haben immer wieder kontrolliert, dass in den Drehständern nur Sachen des Bastei-Verlages waren und nicht die Romane von Kelter, Zauberkreis, Moewig oder sonstigen Verlagen.

Lübbe hat seinen Vertrieb ganz vorzüglich organisiert. Da hat mal Rolf Kalmuczak, der erfolgreiche Lektor von Jerry Cotton, in die Worte gefasst: „Lübbes Vertrieb könnte auch in Tüten gefüllte Kuhscheiße verkaufen“.

Wir waren manches Mal nicht davon überzeugt, was wir da machten oder machen mussten, aber ab und zu gab einem das Ergebnis Unrecht. Man hatte da z.B. einen Autor oder einen Roman im Vorhinein schlecht beurteilt. Der hat es dann trotzdem gebracht und sich ganz ordentlich verkauft. So etwas konnte also auch passieren, das waren so die kleinen Überraschungen und das Leben und das Salz des Daseins eines Redakteurs.

Bei Marken gab es das nicht. Lübbe hatte in den Glanzzeiten über zwanzig Vertreter. Und Marken hatte genau Dreieinhalb. Die hatten dann auch noch die Produkte des Stoof-Verlages bei den Grossisten unterzubringen. Das waren also Druckerzeugnisse, die hatten mit dem Marken-Verlag und seinen Heftromanen überhaupt nichts zu tun. Daran lag es auch, dass der Marken-Verlag längst nicht so erfolgreich war wie der Bastei-Verlag.

Es hat sich nicht ergeben Jerry Cooton zu schreiben. Die Autorenschaft für Cotton stand fest und Krimis haben mir zu diesem Zeitpunkt [Hübner meint den Zeitraum 1961 – 1964, Anm. J.B.] noch nicht so sehr gelegen. Ich habe Krimis lieber gelesen als geschrieben.

Nachzutragen wäre auch noch etwas zur Person Lübbe, dem Patriarchen. Er war vielleicht in den Jahren, als ich nicht mehr im Verlag war, ein Patriarch.

Zu meiner Zeit war er das nicht, er war der Verleger, er war der fürsorgliche Mann, der Vorgesetzte, aber auch der Kumpel. Ich erinnere mich mit großer Freude an abendliche Tischtennisrunden. Wir haben da im Keller des Wohnhauses Lübbe oder im Verlagsgebäude gespielt. Wir wurden eingeladen, Donnerstag oder Freitag abends bei ihm Tischtennis zu spielen. Dann gesellte er sich dazu, spielte mit uns Tischtennis, übrigens gar nicht schlecht. Wir wurden später ins Wohnzimmer gebeten, zur Hinterseite war der offene Kamin an. Es wurde eine Flasche Whiskey gereicht und diese haben wir meistens bis auf den Boden leer gemacht. Und wenn Bedarf war, brachte Ursula Lübbe noch eine Flasche, der wir auch noch zu Leibe rückten.

Kommentare  

#1 Feldese 2016-03-18 11:06
Da merkt man den Unterschied zu den Verlegern bzw. Managern in den Zeitungsverlagen der heutigen Zeit, auf welcher Ebene auch immer. Ich durfte diese u.a. bei der Funke Medien Gruppe und beim Springer Verlag kennenlernen. Menschlichkeit, Verantwortung den Mitarbeitern gegenüber? Fehlanzeige! Heute haben die Technokraten das Sagen, Mitarbeiter sind nur noch Kostenfaktoren.
Auch deshalb lese ich Herrn Hübners Erinnerungen an die alte Zeit, die doch noch sehr anders war, so gern. Ich selbst habe den Übergang, sozusagen die Zeitenwende, noch miterlebt. Ohne alles alte schönreden zu wollen, es gab damals eine größere menschliche Verbundenheit auf der Arbeit, mehr soziale Kontakte, ein Gemeinsamkeitsgefühl. (Und vollere Aschenbecher und Gläser). Und selbst, wenn die Arbeitszeit eine längere war, heute müssen die Angestellten in ihrer kürzeren Wochenstundenzahl mehr abarbeiten als damals, so dass für das Menschliche weniger, bis gar keine, Zeit mehr bleibt. Der Mensch wird zur reinen Erfüllungsmaschine. (Wahrscheinlich lese ich deshalb so gern Western, auch im Wissen, dass diese eine Zeit schildern, die es so nie gegeben hat...)

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