# 62 - Aus dem Stegreif ...
# 62: Aus dem Stegreif ...
Großspurig hatte ich angekündigt, ich mach mal 'nen Dia-Vortrag zur
Geschichte des Horrorheftromans. Ganz easy. Erik Schreiber hatte mir
Dias gemacht. Ich hatte ein ellenlanges Manuskript geschrieben, wo ich
alle nötigen Infos erfasst hatte, um die Leute mit meiner Eloquenz
zuzuschwafeln. Das ganze begann mit Leihbüchern Grasmücks unter dem
Pseudonym Jay Grams, führte über "Das Grauen schleicht durch Bonnards
Haus", den Dämonenkiller und John Sinclair bis hin zu den neuesten
Serien wie MacKinsey und so. Einzelreihen und Exoten wie der
zweibändige Horror-Trip waren auch dabei. Sogar Dr. Morton und Der Lord
wurden berücksichtigt. Alles war dabei.
Morgens in Drochtersen. Schlecht geschlafen, lange fern gesehen (bis zum Sendeschluss; für die Jüngeren unter den Lesern: Das gab es damals noch!), dann noch gelesen und da ich bei Hitze schlecht schlafe, habe ich höchstens anderthalb Stunden gepennt. Morgens zum Zug gefahren mit Dia-Projektor und anderem Gepäck.
In Darmstadt glücklicherweise am Fuß des Berges auf dem die Burg steht W.K. Giesa getroffen, der mit seinem Zweitfahrzeug (damals ein Manta A) unterwegs war, und ihm mein Gepäck in die Hand gedrückt. Leider war für mich kein Platz mehr und so habe ich mich zusammen mit Norbert an den steilen Aufstieg zur Burg gemacht, den wir aus den Jahren 1981/82 zur Genüge kannten.
Oben angekommen erstmal ein paar kühle Getränke rein und die verlorenen Kalorien wieder raufgefressen. Irgendwann hieß es dann: "Es wird dunkler. Bau doch mal auf."
Also Dias waren da, Dia-Prokjektor war da. Vortragsskript? Wo zum Teufel ist der Vortrag!? Alle Gepäckstücke exessiv bis zu dreimal durchsucht. In W.K.'s Wagen geguckt. Und da überkam mich die Erleuchtung. Das Skript liegt auf dem Schreibtisch in Drochtersen.
Wat nu?, fragt sich der Plattdeutsche. Antwort: Augen zu und durch. Dias ablaufen lassen und aus dem Stegreif erzählen (souffliert von Uwe Schnabel). Hat prima geklappt. Auch als ich den Vortrag noch mal wiederholte, war mir das Gleiche passiert, aber den routinierten Leser und Fan brachte nichts aus der Ruhe. Ablabern und sich wohlfühlen. Und irgendwie war das Spontane viel besser als das, was ich mir aufgeschrieben hatte. Seither halte ich für solche Anlässe meine Notizen immer kurz und knapp.