# 82: Wecken mit Wagner
# 82: Wecken mit Wagner
Das erklärt sich unter anderem dadurch, dass damals
der Videorekorder noch nicht flächendeckend verbreitet war, so dass man es
entweder live oder gar nicht sehen konnte.
Am Freitag davor sollte eine Autorenlesung
stattfinden. Dafür hatten sich W. K. Giesa und Rolf Michael. Dieses Fiasko ist
aber auch nicht Thema dieser Folge. Diese Geschichte werde ich später
erzählen... Viel später...
Das Wecken, das Frühstück und die Fahrt von
Drochtersen nach Harburg am folgenden Tag und die daraus resultierende Folgen sind
unsere Themen dieser und der nächsten beiden Folgen von As Time Goes By.
Wie immer kam man ziemlich spät ins Bett, da noch
dieser oder jene Schoppen zu trinken, diese oder jene Sache zu besprechen oder
über Diesen und Jenen zu lästern war.
Hinzu kam: Unser Haus in Drochtersen-Nindorf war Zink
gedeckt, weil meine Eltern sich in den Fünfzigern nicht leisten konnten, das
Reetdach zu erneuern. Ich weiß nicht, wer sich an den Sommer 1982 erinnern
kann? Manche mögen noch Quark im Schaufenster gewesen sein. In diesen Tagen der
WM war er heiß, der Sommer.
Wer nun Zink kennt, der weiß um die ausgezeichneten
Eigenschaften des Materials bezüglich Wärmeleitung. Zwar war mein Zimmer mit
einer zwanzig Zentimeter dicken Schicht aus Glaswolle bedeckt, aber in diesen
Tagen brach die Wärmeisolierung gegen Mittag zusammen, um die Hitze dann erst
gegen drei Uhr nachts wieder ziehen zu lassen.
Wenn ich abends Fußball schaute, saß ich mit einer
Kühltasche voller Getränke vor dem Fernseher und schwitzte mich zu Tode.
Aber am Morgen gegen neun begann das Wecken.
Immerhin wollte ich als Co-Organisator nicht als letzter in der Rönneburger
Eiche eintreffen. Diese Gaststätte hatte den Vorteil, die Endstation einer
Buslinie zu bilden, die über den Harburger Bahnhof führte.
W. K. und Rolf hatten oben in meinem Zimmer geschlafen,
wo auch meine Stereoanlage stand und ich meine Hefte aufbewahrte.
Auf meinen liebevollen Weckruf Moin, aufstehen
und das bei der Marine beliebte Reise, Reise erschien nur Rolf auf der
Bildfläche.
Es war einfach nicht W.K.s Zeit. Er geruhte weiter
zu schlafen.
Rolf, der frühstücken wollte, ging entschlossen zum
Auto von W.K., denn der hat seinen Riesenopel als Mobil zur Verfügung gestellt.
Ein Griff du eine Kassette erschien in seiner Hand. Wagner weckt jeden,
brummte das Altgetwern.
Ich weiß heute, mehr als ein viertel Jahrhundert
und sechs Fußballweltmeisterschaften später, nicht mehr welches flotte Stück
aus den Opern Wagners Rolf ausgesucht hatte. Aber ich tendiere zum Walkürenmarsch.
Wir gingen nach oben, Rolf bedeutete mir an der Tür
zurückzubleiben. Er schaltete die Anlage ein. Das vertraute leichte Brummen
sagte mir, er riss die Lautstärke voll auf. 80 Watt mochten im Che-Stadium
nicht viel sein, aber in einem zwanzig Quadratmeter großen Zimmer können die
übles anrichten.
Rolf drückte auf Play und wir flohen.
Sekunden später dröhnten Flüche und Verwünschungen
folgten uns. Die Musik war aus ... Aber W.K. war wach und er hasste uns.
Nur einmal beim Zelten in Wallenstein, war sein
Zorn noch größer, aer auch diese Geschichte erzähle ich ein andermal...