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Springteufel

SchicksalswächterSpringteufel

Im aktuellen Zamorra-Roman erlebe ich eine faustdicke Überraschung. Eine Überraschung, auf die ich sehr gerne verzichtet hätte, denn aufgrund der Ereignisse um die Hölle und LUZIFER hatte ich angenommen, nie mehr auf diese Figur treffen zu müssen. Nein, nicht angenommen, sondern eher gehofft, dass diese Figur für immer aus der Serie verschwindet. Denn das habe ich als schönen Nebenaspekt zum unerfreulichen Untergang der Schwefelklüfte gesehen.

Die Rede ist von der ehemaligen Herrin der Hölle, Stygia. Wie ein Springteufel ist sie in die Serie zurückgekehrt. Unfähig wie eh und je. Wäre ich nicht schon über Hunderte von Bänden abgehärtet worden, dann könnte ich diese Figur vielleicht noch lustig oder tragisch finden. Sie erinnert mich fatal an Merlin, der auch über Hunderte von Bänden schmückendes Beiwerk war und nur auf das Ende gewartet hat.


Nun haben wir sie also erst mal wieder. Die unfähigste aller Höllenherrscher in der Zamorra-Serie ist wieder aufgetaucht. Was für ein Zufall, dass sie sich zu dem Zeitpunkt, als die Erneuerung von LUZIFER scheiterte, auf der Ebene der ewigen Schreie aufgehalten hat, die ja nicht gänzlich zerstört wurde. Nein, eigentlich kein Zufall, sondern absolut konsequent, wenn man sich anschaut, wie Stygia immer wieder in der Seriengeschichte überlebt hat. Sie selber konnte oft gar nichts dafür, sondern andere haben sie immer wieder überleben lassen. Eigentlich hätte ich ahnen müssen, dass sie wieder auftauchen wird, aber ich hatte die Hoffnung, dass sie diesmal nicht davonkommt. Schaut man sich Stygia und ihre Geschichte genauer an, dann ist es tatsächlich mehr als erstaunlich, dass sie immer noch existiert.

Stygia selber ist nichts weiter als eine ehemalige Hexe, die dann zur Dämonin wurde. Sie hat beide Machtpositionen innerhalb der Hölle nicht durch Stärke oder Intelligenz bekommen, sondern ausschließlich über die Hilfe anderer, oder dass die Umstände ihr so unglaublich in die Hände gespielt haben, dass man dem Schicksal schon einen Hang zur Komik unterstellen kann. Immer und immer wieder wurden dieser Dämonin ihre Grenzen und Machtlosigkeit vor Augen geführt, aber sie hat sich davon nicht irritieren lassen und ist wie ein Springteufel durch die Serie gehüpft. Das führte dann natürlich dazu, dass man sie nicht mehr wirklich als Gegnerin ernst nehmen konnte. Geht ja eh alles schief, was sie macht, mächtig ist sie auch nicht und überleben wird sie auch alles. Als Leser musste man sich keine Sorgen machen, dass sie Zamorra wirklich zusetzen kann.

Aber ist dies nicht eigentlich Aufgabe eines Höllenherrschers? Sei es der Fürst der Finsternis oder auch Satans Ministerpräsident. Asmodis in seiner Rolle als Fürst der Finsternis ist natürlich ein Gegner gewesen, den man eben nicht einfach so bezwingen oder überlisten kann, da waren andere Vorgehensweisen notwendig, um die Oberhand zu behalten. Ähnlich verhielt es sich mit Lucifuge Rofocale. Auch einen Erzdämon wie Astaroth bekämpft man nicht mal eben so. Dabei geht es ja nicht nur um deren extrem starke Magie, sondern vor allem auch um ihre Gerissenheit. Gerade starke und nicht immer einschätzbare Gegner sorgen doch für Spannung. So ist es für den Leser immer spannend, da man einfach nicht weiß, welche Opfer Zamorra bringen muss, um die Oberhand zu gewinnen oder um überhaupt die Gefahren zu überstehen.

Auch spielt die Entwicklung einer Figur eine große Rolle. Stygia war anfänglich auch für mich interessant, dies änderte sich aber schon recht schnell. Nachdem sie auf dem Thron des Fürsten der Finsternis Platz nahm, blieb nur das für sie so typische Verhalten übrig: Männer vernaschen, einfältige Pläne schmieden und wieder einmal ganz knapp der eigenen Vernichtung entkommen, ohne selber etwas dafürzukönnen. Dieses Bild hat sich über Hunderte von Romanen auch nicht sonderlich geändert. Es gab keine Hemmungen, Merlin aus der Serie zu entfernen, da er sich einfach vollends erschöpft hatte. Stygia hingegen hat einen noch weit weniger bedeutenden Hintergrund.

Aber vielleicht ist das ja jetzt endgültig die letzte Etappe von Stygia. Ich hoffe, dass die Autoren nicht planen, sie später wieder in der Hölle auf einen Thron zu setzen, aber dazu muss man ja erst mal abwarten, wie sich die Hölle in Zukunft darstellen wird.

Gerade die Schwefelklüfte sollten schon stark aufgestellt sein, denn darauf kann man dann auch aufbauen. Vor allem Höllenherrscher sollten doch mächtige und unberechenbare Gegner sein. Es darf auch sehr gerne eine weibliche Höllenherrscherin sein, aber dann doch bitte mit der entsprechenden Machtfülle und Ausstrahlung. Nichts ist langweiliger als ein Gegner, den man eben nicht als Gegner wahrnimmt, der einfach keine Gefahr ausstrahlt. Der Höhepunkt der Gefahrlosigkeit war natürlich die Kombination Fu Long/Stygia.

Damit wäre ich dann beim Ausgangspunkt meiner Gedanken. Es geht nicht ausschließlich um Stygia, diese ist halt nur sehr auffällig. Momentan fehlt es der Serie schon an starken Gegnern, die auch das Gefühl von Gefahr vermitteln. Damit meine ich jetzt auch kein starkes Kanonenfutter, welches ein paar Romane lang aufgebaut wird, nur um dann fulminant besiegt zu werden, sondern Gegner, die im Hintergrund wirken und eben nicht nach ein paar Romanen verschwinden. Momentan sehe ich da aber weit und breit nichts, was natürlich an den Ereignissen um LUZIFER liegt. Andererseits hat man jetzt aber auch die Chance, genau solche Gegenspieler aufzubauen. Ich habe die Hoffnung, dass genau dies das Ziel der Autoren ist. Mit der Ankündigung, dass Zarkahr ebenfalls überlebt hat, haben sie natürlich ein ganz heißes Eisen im Feuer. Damit wurde Stygia fast schon wieder nebensächlich. Auch die Dynastie der Ewigen wird sicher wieder zu einem Brennpunkt werden. Momentan sehe ich die Ereignisse in der Serie als Phase der Konsolidierung an. Da sich mein Eindruck in den letzten Monaten auch mehr und mehr gebessert hat, sehe ich einfach mal hoffnungsvoll nach vorne.

Aber trotzdem würde mich interessieren, was andere Zamorra-Leser dazu sagen. Sind mächtige Gegner im Hintergrund notwendig? Vor allem, wenn es sich um eine Serie handelt, die eben keine Ansammlung von Einzelromanen ist, sondern die die Geschichte um Zamorra, seine Freunde, Feinde und Hintergründe stetig weiterentwickelt.

Die Kinder des El RojoBand 958 Die Kinder des El Rojo (Volker Krämer)
Artimus van Zant ist im Regenwald unterwegs. Genauer gesagt in der Region, in welcher auch Zamorra einen Roman vorher tätig war. Aber Artimus hat andere Gründe, dort aktiv zu werden. Sein Ziel ist es, eine Hilfsorganisation für traumatisierte Kinder aufzubauen, ähnlich wie no tears. Sein Weg führt ihn dann nach Kolumbien, wo er erfahren muss, dass dort Kinder von einem Vampir gefangen gehalten werden. So macht er sich auf den Weg, die Kinder aus der Gewalt der Vampire zu befreien, gerät dann aber in den Einflussbereich der Entität, die sich im kolumbianischen Regenwald gebildet hat.

Zur gleichen Zeit bekommt Zamorra von seinem Freund Robert Tendyke mehrere Bilder gezeigt. Auf diesen ist zu erkennen, dass die Ausdehnung im Regenwald von Kolumbien noch größer geworden ist, was natürlich durch die Energien der Atomexplosion begünstigt worden ist. Er erfährt auch, dass sich Artimus in diese Gegend begeben hat und entschließt sich, ihm zu helfen. Um schnellstmöglich in den Regelwald zu gelangen, kontaktiert er Dalius Laertes. Mit seiner Hilfe gelangt Zamorra dann in den Regenwald. Gerade noch rechtzeitig, denn Artimus van Zant steckt schon mitten im Kampf gegen den Vampirclan. Im weiteren Verlauf der Ereignisse befreien sie schließlich die Kinder aus ihrem Gefängnis.

Aber noch eine Handlungsebene öffnet sich. Ted Ewigk erwacht aus seinem Schlaf und bekommt von einer seltsamen Frau namens Mysati einen verlockenden Vorschlag unterbreitet. Sie bietet Ted an, ihm seine Erinnerung wiederzubringen. Aber der von ihr vorgeschlagene Weg ist nicht gefahrlos. Trotzdem willigt Ted Ewigk ein, ohne zu ahnen, dass Mysati ihm zwar seine Erinnerung geben will, aber gleichzeitig versucht sie ihn zu manipulieren, sodass er zu ihrem Diener wird. Im letzten Moment wird dies aber verhindert.

Sehr positiv an diesem Roman ist natürlich, dass die Geschehnisse im Regenwald wieder aufgenommen werden. Hier verknüpfen zwei verschiedene Autoren die Handlung, was ich als sehr positiv empfinde. Die Kinder des El Rojo ist wieder ein guter Roman von Volker Krämer, aber durch die verschiedenen Handlungsebenen werde ich als Leser nicht so richtig warm mit den Geschehnissen im Urwald. Als etwas störend empfinde ich die Handlung um Ted Ewigk, die so gar nicht zu dem Roman passen will. Hier wäre vielleicht ein eigener Roman die bessere Lösung gewesen. Aber das ist bei Romanen von Volker Krämer jammern auf hohem Niveau.

Auch wenn ich keine Ratten mag, der Jimi Hendrix ist schon knuffig …

Asmodis HölleBand 959 Asmodis Hölle (Christian Schwarz)
Asmodis ist sehr deprimiert. Er hat den Auftrag von LUZIFER nicht erfüllen können. Sein Selbstmitleid hindert ihn daran, wieder aktiv zu werden. Er hat sich nach Avalon zurückgezogen, damit er seine Ruhe hat. Aber diese Ruhe wird von einem Boten des Wächters der Schicksalswaage unterbrochen. Der Bote erinnert Asmodis an seine Aufgaben als Diener der Schicksalswaage. So bricht Asmodis auf und kehrt nach Caermardhin zurück. Als er versucht, die Ereignisse der letzten Monate zu rekonstruieren, fallen ihm die abgeschotteten Zonen in Kolumbien und London auf. Diese wecken natürlich seine Neugierde und er versucht, deren Geheimnisse zu ergründen.

In Kolumbien angekommen, kämpft er sich bis zur inneren Zone vor, kann diese aber nicht betreten. Was ihm auch ziemlich deutlich zu verstehen gegeben wird. Doch ein weiterer Bote des Wächters der Schicksalswaage gibt Asmodis einen wichtigen Hinweis. Er benötigt den Dunklen Apfel, um Zugang zu der Zone zu bekommen. Da Asmodis nichts damit anfangen kann, sucht er einen Archivar auf. Dazu muss er sich nach Venedig begeben und einen Dämon namens Aravius kontaktieren. Dieser ist auch bereit, Asmodis zu helfen, aber dazu wird es nötig, dass sich Asmodis um einen entarteten Fluch kümmert. Dieser Fluch wurde von Aravius selber ausgesprochen, ist nun aber derart manipuliert worden, dass er für Aravius zur Gefahr wird.

Also macht sich Asmodis auf den Weg, diesen Fluch zu lösen. Dabei trifft er völlig unerwartet auf Stygia. Nachdem der Fluch aufgehoben worden ist, nimmt Asmodis sie gefangen, um ihr eine Reihe Fragen zu stellen. Er ist auch verwundert, dass diese schwache Dämonin auf einmal über etwas stärkere Fähigkeiten verfügt. Während der Fragestunde erfährt er auch, dass Zarkahr und andere mächtige Dämonen den Untergang der Hölle überlebt haben. Er lässt Stygia danach wieder frei.

Asmodis Hölle hat mir viel Spaß gemacht. Ich habe jede Seite des Romans verschlungen. Einmal natürlich, weil er sich hauptsächlich mit Asmodis beschäftigt, aber auch, weil es weitere Hinweise gibt, dass die Hölle nicht gänzlich zerstört ist. Asmodis vermutet, dass die Zone im Regenwald von Kolumbien ein Teil der Ebenen der ewigen Schreie ist, was auch Sinn ergeben würde. Schon beim ersten Roman um diese Zone hatte ich die Vermutung, dass der Untergang der Hölle dafür verantwortlich ist. Leider ist die Rückkehr von Stygia kein Grund zum Jubeln, aber vielleicht ist das ja ihre letzte Ehrenrunde. Dass Zarkahr ebenfalls überlebt hat, ist natürlich eine erfreuliche Nachricht.

Was mich etwas gestört hat, sind diese Boten des Wächters der Schicksalswaage. Asmodis verkommt mir etwas zu sehr zum Laufburschen dieser Boten, denn wozu braucht der Wächter überhaupt einen Diener, wenn doch seine Boten so direkt eingreifen? Vielleicht zeigt Asmodis in den nächsten Bänden mal, was er davon hält. Noch besser wäre es vielleicht, wenn er im Laufe der nächsten Bände - oder bis Band 1000 - sein Amt als Diener der Schicksalswaage wieder ablegen würde.

Ich habe in der Vergangenheit die Romane von Christian Schwarz nicht so gerne gelesen, da mich einfach die Schöpferwesen-Thematik und diese komischen Gottheiten sehr gestört haben; mit diesem Roman hat sich das aber wieder geändert. So habe ich seine Romane schon vor Band 900 gerne gelesen. Auch finde ich es sehr positiv, dass auch hier wieder die Handlung miteinander verwoben wird. Wie schon bei Volker Krämer einen Roman vorher, ist momentan alles in einen Rahmen eingebettet. Der nächste Roman spinnt den Rahmen ja auch wieder weiter. Die Serie wächst wieder mehr und mehr zu einem großen Ganzen zusammen. Momentan macht es mir richtig Spaß, Zamorra zu lesen; dies ist ein Gefühl, das ich schon lange nicht mehr hatte. Wenn Susanne Picard und die Autoren an diesem Kurs festhalten, dann wird die Serie nach einer längeren Durststrecke gestärkt fortschreiten. Ich habe das Gefühl, als wäre jetzt eine einheitliche Linie gefunden worden. Bitte weiter so, macht Spaß zu lesen.

Aber eines kann ich mir jetzt nicht verkneifen. Ich habe eine Stilblüte aus dem Roman von Christian Schwarz, die ich einfach mal zitieren möchte. Der Autor möge es mir bitte nachsehen.

"Kleine" Zitate "Grosser" Leutre
„Die nackte Teufelsgestalt überragte Onda um das Dreifache und ließ sie wie ein zierliches, zerbrechliches Püppchen wirken. Schon allein das riesige Geschlecht, das bei jedem Schritt träge zwischen Asmodis Beinen pendelte, war größer als die Priesterin, die sich im Übrigen nicht im Geringsten daran störte“.
Hier war ich mir jetzt nicht sicher, ob ich lachen oder weinen sollte. Es gibt ein paar weitere Formulierungen in dieser Art, die sich Christian Schwarz meiner Meinung nach hätte sparen können.

Kommentare  

#1 Wolfgang Trubshaw 2011-03-13 00:04
:lol:
"Springteufel" finde ich genial! *applaudier*
#2 karl 2011-03-13 10:02
Daß die Stygia wieder ihr männervernaschendes Unwesen treibt, tangiert mich eher am Rande.
Jedoch war Band 959 seit einigen Bänden wieder ein wirklich würdiger Vertreter der Zamorra-Geschichten, so wie ich sie gerne lesen mag.
Natürlich hat der Roman noch ein paar Bonuspunkte zusätzlich eingeheimst, weil ich vor ein paar Wochen mit meiner Frau durch unzählige Winkelgassen von Venedig gestapft bin und die ehrwürdigen Sehenswürdigkeiten mitgenommen habe, falls wir nicht gerade mit Gondel oder Vaporetti die Kanäle unsicher gemacht haben.

Beide Daumen nach oben, so funktioniert der Zamorra einwandfrei und diverse Stilblüten sehe ich da gerne großzügigerweise nach.
Und das Desaster in London, der aufgetauchte Höllenteil im Dschungel des Amazonas und das Wiederauftauchen nerviger Springteufelinnen in Venedig steuert doch auf ein großes Ganzes hin, da reichen poppelige 64 Seiten alle zwei Wochen leider fast nicht wirklich aus.
#3 Loxagon 2011-03-13 14:28
Also ich hoffe sehr dass uns Stygia noch viele Jahrzehnte erhalten bleibt. Ich mag sie einfach und sie zeigt halt auch dass auch Dämonen gerne "Menscheln". Denn mal ehrlich... Die meisten unserer Politiker wie Merkel sind genau wie Stygia ehr durch Glück noch an der Macht. Mit Fähigkeiten hat das bei unserer jetzigen Regierung wirklich nichts zu tun. Von daher passt es bei Stygia perfekt. Nur dass sie mir wesenlich sympatischer ist, als unsere derzeitge Regierung.
#4 AltesEisen 2011-03-13 15:10
Zitat:
"Springteufel" finde ich genial! *applaudier*
Danke, aber genau das geht mir immer durch den Kopf wenn Stygia auftaucht ;-)

Gruß

Mike
#5 Laurin 2011-03-13 18:20
Der Vergleich ist wirklich gut, Loxagon!!!! :D

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