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Ein Herz für Remakes

Jochen und der (phantastische) TellerrandEin Herz für Remakes

Zufällig bin ich vor Kurzem über die Ankündigung gestolpert, dass das ZDF am 17. sowie am 20. Dezember eine Neuverfilmung des Klassikers »Sissi« ausstrahlt. Eine Entdeckung, die mich mehr als nur ein klein wenig überraschte. Zum einen, weil eine erste Neuverfilmung des Stoffes zu Beginn der 1990er gnadenlos floppte. Zum anderen, weil »Sissi« einer jener Filme ist, der auch heute noch Abermillionen Fans in seinen Bann zieht und insofern ein wenig den Status des Unantastbaren hat.

Letzteres vermutete ich jedenfalls bislang. Die Neuverfilmung durch das ZDF (die unter dem, wie es heißt,  historisch genaueren Titel »Sisi« ausgestrahlt wird) hat meine Annahme allerdings gründlich widerlegt.


Wie dem auch sei, fest steht jedenfalls, dass in Kürze ein Remake des von vielen Menschen hoch geschätzten Klassikers über die Bildschirme flimmern wird. Ob es sich tatsächlich um eine waschechte Neuverfilmung handelt oder ob der ZDF-Film schlichtweg auf dieselben historischen Hintergründe zurückgreift, sei einmal dahingestellt. Fest steht jedenfalls, dass sehr viele potenzielle Zuschauer und »Sissi«-Fans den Zweiteiler als Remake erachten werden. Und da so mancher das Original für rundum gelungen hält, wird er sich mit Händen und Füßen gegen »Sisi« wehren und seinen Unmut ob der „überflüssigen Neuverfilmung“ bereits im Vorfeld der Ausstrahlung kundtun.

Womit wir beim Thema der heutigen Ausgabe der Tellerrand-Kolumne wären: das (in meinen Augen voreilige) Wettern und Wüten gegenüber Remakes.

Jeder von und kennt das Phänomen: Kaum verkündet eine Produktionsfirma, man wolle die Neuverfilmung eines mehr oder weniger alten Films in Auftrag geben, hagelt es Proteste und verächtliches Kopfschütteln von allen Seiten. Wie kann man so was nur machen?, heißt es dann. Die alten Filme haben doch Klasse, sie haben ein Flair, an das ein Remake niemals herankommen wird. Von daher wäre es besser, gleich die Finger von der Idee zu lassen – ein Remake, das KANN nur schiefgehen!

Derartige Kommentare sind noch die harmlosesten, die in diesem Zusammenhang vorgebracht werden. Die meisten Bemerkungen sind deutlich spöttischer oder gar beleidigender.

Das immer wieder auftretende Schimpfen über Neuverfilmungen, noch bevor diese überhaupt realisiert wurden, ist eine Sache, die ich einfach nicht nachvollziehen kann. Bevor mich nun jemand wegen dieser Aussage erwürgen möchte, lasst mich sie ein wenig ausführen.

Zum einen möchte ich festhalten: Dass ich Neuverfilmungen gutheiße, hat nicht zu bedeuten, das ich die Originale nicht zu schätzen wüsste. Ganz im Gegenteil es gibt eine Menge alter Filme und Serien, die ich hoch schätze (gerade genieße ich etwas die klassische »Mission Impossible«-Serie auf DVD und bin zumeist hellauf begeistert von dem, was ich da geboten bekomme). Was allerdings wiederum nicht bedeuten soll, dass ich einer Neuauflage dieser Werke gegenüber abgeneigt wäre. So hätte ich etwa gegen eine neue »Mission Impossible«-Serie grundsätzlich nichts einzuwenden. Ob ich schlussendlich mit dem Ergebnis zufrieden bin, ist eine ganz andere Frage.

Zum anderen: Sind wir mal ehrlich. Die Art und Weise, wie Geschichten erzählt werden, wie Filme gemacht und aufgebaut werden, hat sich im Laufe der Zeit radikal verändert, insbesondere natürlich in technischer Hinsicht. Was das Publikum 20 Jahren beeindruckt und begeistert hat, entlockt heutzutage nur noch den wenigsten mehr als ein müdes Lächeln.

Remakes sind daher eine Gelegenheit, einem neuen, zumeist jüngeren Publikum eine Geschichte, die frühere Generationen begeistert hat, auf eine Weise zu erzählen, die die neue Zuschauerschaft mit ihren vollkommen anderen Sehgewohnheiten ebenso begeistert. Während dem Zuschauer die klassische Verfilmung altmodisch, langatmig oder gar antiquiert vorgekommen wäre, kann der die Neuverfilmung dank Modernisierungen auf allen Ebenen (ob inhaltlich oder von der Machart her) in vollen Zügen genießen. Menschen, die die Originalverfilmung schon kennen, nicht selten den Film gar im Rahmen der Erstaufführung im Kino gesehen und genossen haben, bietet ein Remake darüber hinaus die Möglichkeit, sich eine Geschichte, die sie einst fesselte, in neuer Erzählweise und auf dem neusten Stand der Technik noch einmal zu Gemüte zu führen.

Ganz klar: Remakes sind eine heikle Sache. Die Originalfilme oder -serien bestachen durch ein gewisses Flair, sie wirkten eine ganz eigene Art von Faszination auf ihr Publikum aus. Doch warum sollte das der Neuverfilmung nicht ebenfalls gelingen? Remakes sind nicht automatisch schlechter, nur weil es eben Remakes sind. Ein solcher Schluss ist ziemlich sinnlos.

Neuverfilmungen können Schwächen eines alten Films durchaus ausgleichen. Insbesondere dank den Entwicklungen im technischen Bereich sind echte Verbesserungen möglich. Schlachtszenen oder Darstellungen von Katastrophen etwa, die in alten Verfilmungen oft recht, nun ja, sagen wir einmal, „einfach“ wirken, können heute in einer ganz anderen Qualität hergestellt werden als früher. Und wer sagt mir, das die Anpassung der Handlung an moderne Erzählweisen oder der Einsatz neuer Schauspieler nicht ebenfalls dazu beitragen kann, dass eine Geschichte in der Neufassung dazugewinnt?

Sicher, nicht jedes Remake ist gelungen. Man nehme nur mal die unsägliche Neufassung des Horrorklassikers »The Fog«. Nicht, dass das Original ein echter Reißer wäre, doch es ist bei weitem besser als der neue Film mit »Smallville«-Darsteller Tom Welling. Andererseits gibt es eine ganze Reihe von Remakes, die den Originalen in vielerlei Hinsicht überlegen sind. »Batman Begins« etwa, der die vorangegangenen »Batman«-Verfilmungen blass aussehen lässt, oder die Neufassung von »Der Flug des Phönix«, die ich weitaus überzeugender fand als das Original.

Als Zuschauer hat man das Recht, Neuverfilmungen in der Luft zu zerreißen. Man sollte seine Kritik allerdings gut begründen können und nicht schlicht im Vorfeld sagen, dass eine Neuverfilmung nicht machbar ist. Es gibt keinen vernünftigen Grund, warum das nicht möglich sein sollte. Mein dringender Appell daher: Habt ein Herz für Remakes und gebt ihnen eine Chance. Nach dem Anschauen kann man immer noch meckern und sie als schwächer als das Original erachten.

Ein Remake im Vorfeld als Schund anzutun, ohne dass man es kennt und bloß aus dem Grund, weil es ein Remake ist, das ist und bleibt etwas, was ich wohl nie verstehen werde.

Kommentare  

#1 Laurin 2009-12-12 00:50
Also was "Sissi" oder "Sisi" angeht, da finde ich, ist der Film "Lissi und der wilde Kaiser" die beste Neuverfilmung :lol:
Aber mal ernsthaft, ich betrachte Remakes ziemlich kritisch und von manchen Filmen sollte man überhaupt die Finger lassen weil sie (z.B. sogenannte Edelwestern) eng mit den alten Kinostars verwurzelt sind und trotz besserer Technik man eben dieses große Kino dann nur noch abklatschmäßig nachdreht. Manchmal kann das Remake auch näher an der Romanvorlage liegen und verursacht nur ein Kopfschütteln (selbst dann, wenn die ältere Version noch in s/w gedreht wurde).
So habe ich mir manches Remake z. B. vom s/w Klassiker King Kong nur einmal (und dann nie wieder) angesehen. Die letzte Version des Riesengorillas jedoch finde ich erfrischend positiv :-) .
Also lernen wir, nicht jedes Remake ist für die Tonne! Ich nenne da mal zwei Beispiele:
So finde ich das Remake von "Amityville", also "The Amityville Horror" nicht um Längen besser, aber durchaus gleichwertig und was die Schauspieler und deren Leistung betrifft, sogar besser! Wer den Roman von Stephen King "Brennen muß Salem" kennt und die damalige Verfilmung gesehen hat, der dürfte heute die Neuverfilmung "Salem's Lot - Brennen muß Salem" geradezu herbeigesehnt haben (ein Spitzenremake, auch wenn ich nicht gerade ein Fan von Rob Lowe bin). Ansonsten muß ich aber auch sagen das es in den letzten Jahren eine Menge Remakes gegeben hat, fallen den Machern keine neuen Storys zum verfilmen ein? :sigh:
#2 Mainstream 2009-12-12 07:02
-
...hmm...
Nichts gegen Deine Ausführungen zu sagen. Soweit.
Ich denke aber, das bei den meisten Cinephilen der
Aufschrei über jedes neue Remake deswegen so stark
ausfällt, weil man sich eigentlich nach viel mehr
Original-Geschichten sehnt. Fortsetzungen und die
Neuinterpretationen bestimmen den wichtigen Markt.
Und wer oft ins Kino geht, will das nicht mehr.

Aber mal zu SISSI. Bin da nicht so ganz aktuell: Ist SISI
jetzt ein Remake der Filmtrilogie, oder eine neue
Biografie über die Kaiserin? Das wäre ja dann wieder
was anderes.
#3 Pisanelli 2009-12-12 11:11
Manche Remakes scheitern einfach nur daran, dass Schauspieler nicht zu kopieren sind. Sissi lebt absolut von der Person Romy Schneider (und auch von Karlheinz Böhm) - das ist in dieser Art nicht wiederholbar. Was nicht heißen soll, dass ein Remake schlecht sein muss - aber es ist auf alle Fälle anders. Legenden kann man einfach nicht wiederholen. Es gibt einige Filme, die ich in diese Kategorie einordnen würde, vor allem Liebesfilme, weil die halt besonders an den Schauspielern hängen, z.B. "Casablanca" oder "Vom Winde verweht".
Und naütlich sind Geschmäcker verschieden: ich fand "Batman Begins" einfach nur schlecht, da waren die alten Batman-Verfilmungen aber zehnmal besser (die hatten eben ihren ganz besonderen Charme, vor allem auch, was die Selbstironie betraf).
Auch den neuen "Superman" fand ich schlecht.
Aber es stimmt schon, gerade techniklastige Filme, von denen Remakes entstehen, können besser sein, müssen aber nicht.
#4 G. Walt 2009-12-12 11:12
Jaja die Remakes. Also KING KONG fand ich in der 2005er Variente auch nicht übel. Aber ansonsten schrecken mich Remakes eher ab. Bei King Kong und Titanic konnte man nicht viel falsch machen. Ein Riesengorilla durch L.A. trampeln, und einen Luxusliner unteregehen zu lassen, das klappt heute genauso wie vor 70 Jahren. Schwieriger wird es tatsächlich wenn mit dem Film eine Legende verbunden ist. Zum beispiel Schauspieler oder Regisseure, oder Autoren.

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