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Von der Neufassung zum Original

Jochen und der (phantastische) TellerrandVon der Neufassung zum Original

Ganz unabhängig von ihrer Qualität haben Remakes und Adaptionen fast immer mit einem grundlegenden Problem zu kämpfen: mit der lauten Empörung von Fans des Originals, die es für eine Zumutung halten, dass ihr Lieblingsfilm neu interpretiert, ihr Lieblingsbuch (das stets unverfilmbar ist) verfilmt oder ihrem Lieblingsvideospiel eine wie auch immer geartete Adaption zuteil wird.

Als jemand, der der festen Überzeugung ist, dass die richtige Person mit den richtigen Möglichkeiten (von Talent über finanzielle Rahmenbedingungen bis hin zu technischen Möglichkeiten, was etwa Spezialeffekte angeht) im Grunde jedes Werk äußerst gelungen adaptieren bzw. neufassen kann, kann ich mit derartigen Kritiken – besonders dann, wenn sie im Vorfeld geäußert werden – meist recht wenig anfangen (auch wenn ich die Reaktionen echter Fans durchaus nachvollziehen kann).


Doch selbst als entschiedener Gegner von Neufassungen sollte man keinesfalls vergessen, dass Remakes und Adaptionen durchaus ihren Wert haben, rufen Sie doch einem breiten Publikum das Original wieder in Erinnerung – oder machen ihm gar erst einmal bewusst, dass es das entsprechende Werk überhaupt gibt. Das wiederum ist die Grundlage dafür, dass Menschen auf die Idee kommen, sich mit dem Original auseinander zu setzen. Um nur mal ein paar Beispiele aus meiner eigenen Erfahrung zu nennen:

  • Nachdem ich den dritten »Mission Impossible«-Film gesehen hatte, besorgte ich mir die erste Staffel der Original-TV-Serie auf DVD – und war begeistert. Ohne das filmische Remake (das in meinen Augen nicht im Entferntesten an die TV-Fassung heranreicht), wäre mir dieses Highlight entgangen.
  • Erst die Neufassungen von »Ocean's Eleven« und »The Fog« haben mich dazu bewegen können, mir die Originale anzuschauen.
  • Die vielen Verfilmungen von Arthur Conan Doyles »Die vergessene Welt« sowie den Romanen von Jules Verne machten mich irgendwann neugierig auf die Bücher selbst. Zum Glück, wie ich mittlerweile sagen muss; insbesondere Vernes Meisterwerke wissen mich immer wieder in ihren Bann zu ziehen

Um abschließend noch ein aktuelles Beispiel zu bringen: Disney und Tim Burton sei Dank griff ich vor wenigen Tagen kurzerhand zur Buchfassung von »Alice im Wunderland«. Eine glückliche Fügung, wenn ich das so sagen darf, hat mich das Buch doch bestens amüsiert. Ohne die Neuverfilmung wäre ich in der Buchhandlung allerdings aller Wahrscheinlichkeit nach einfach an dem Roman vorbeigegangen, ohne ihm einen zweiten Blick zu gönnen.

Von daher bin ich jedem Remake und jeder Adaption dankbar, stößt sie mich doch stets auf das Original, macht mich neugierig auf dieses oder animiert mich dazu, es mir, sofern bereits bekannt, ein weiteres Mal zu Gemüte zu führen. Ohne die viel kritisierten Neufassungen wäre mir so einiges entgangen – einfach deshalb, weil eben erst diese, ganz unabhängig von ihrer Qualität, meine Neugier am Original entfachen konnten.

Kommentare  

#1 Pisanelli 2010-02-06 12:45
Tja, manchmal ist es ja - erschreckenderweise - so, dass viele gar nicht mehr wissen, dass überhaupt schon ein Original existiert. "Alice im Wunderland" ist ein literarischer Klassiker genauso wie Jules Verne, die man einfach gelesen haben muss, wenn man sich für Fantasy interessiert. Ich habe Verne schon als Kind gelesen und war begeistert, es gibt ja unzählige gekürzte und ungekürzte Ausgaben. Besonders angetan hat's mir immer "In 80 Tagen um die Welt" - ganz toll u.a. verfilmt mit Pierce Brosnan. Wer kann schon den englischen Gentleman so gut verkörpern wie er? Da fällt mir höchstens noch Gregory Peck ein...
Mir ist mal was Lustiges (?) in der Disco passiert. Ich war mit einem Bekannten tanzen. Da standen wir - es muss irgendwann um das Jahr 2000 gewesen sein - und waren beide gerade 30 geworden. Neben uns hüpften so ein paar Teenager rum. Dann wurde ein Remix von "La Isla Bonita" eingespielt und eine von den Mädels quietschte ganz aufgeregt: "Oh, toll, das NEUE Lied von Madonna!" Mein Bekannter und ich drehten uns im selben Moment um und starrten sie an wie eine Erscheinung. Als sie ganz irritiert zurückblickte, meinte mein Bekannter nur ganz trocken: "Mädels, das Lied haben wir schon vor fünfzehn Jahren gehört!"
Wir waren beide ein bißchen geschockt, schließlich gehört das Lied zu den wohl bekanntesten, die Madonna jemals kreiert hat... :o
#2 Laurin 2010-02-06 13:31
:lol: Ja die Teenager Pisanelli! Die konnten mich schon häufiger schockieren :P .

Aber was Remakes angeht: Man sollte nie vorher Kritik üben, sondern eine Neuverfilmung erst einmal sehen! Nehmen wir mal King Kong, die bisherigen Remakes haben mir nie zugesagt, bis eben auf das letzte und das war schlicht genial gut. Oder man nehme "Mit Schirm, Charme und Melone" (mit Uma Thurman und Ralph Fiennes). Gegenüber der früheren Serie noch eine Runde überdrehter aber doch irgendwie kultig! Oder "Salems Lot", daß Remake kommt dem Buch von Stephen King weitaus näher und ist um Klassen besser als die Erstverfilmung. Natürlich gibt es auch Remakes die ich kein zweites mal sehen (will) muß (auch wenn sie vieleicht näher am Buch sind, aber dann ziehe ich das Buch vor). Aber meckern bevor man es gesehen hat, daß überlasse ich mal den Hardcore-Fans. Die führen sich meist eh auf wie die Hüter des heiligen Gral :o !
#3 Frank Rieger 2010-02-06 15:20
Hehe. Bei mir gab es vor einiger Zeit mal eine Diskussion unter Kollegen in der es um Klassiker ging. Unglaublich wieviel Leute nicht wissen, dass Shelley's Frankenstein und Stoker's Dracula Literatur ist (und nicht nur Trashfilme in Schwarz-Weiss). Ich geb selbst gerne zu das besonders Stoker nicht besonders einfach zu lesen ist... aber so was sollte man doch fast wissen (oder? :-? )
Und immer mehr Menschen scheinen auch noch nie was von Jules Verne gehört zu haben.
Aber zum Thema: Remakes find ich gar nicht verkehrt - wenn sie denn was neues zum Mythos beitragen können. Die neueste Sherlock Holmes Verfilmung könnte mich reizen da sie Holmes mal "anders" darstellt. Wenn dieselbe Geschichte einfach nur neu (am besten mit "hippen" Schauspieltern) verfilmt wird... Naja, meine Euros bekommen sie dafür nicht.

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