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Textwüsten

Jochen und der (phantastische) TellerrandTextwüsten

Eines der grundlegenden Dinge, die ich Laufe meines Medienwissenschafts-Studiums gelernt habe, ist, dass die Aufbereitung von Informationen mindestens ebenso wichtig ist wie die Information selbst. Sprich: Es kommt nicht nur darauf an, dass der Inhalt stimmt, auch die Art und Weise, wie dieser präsentiert wird, wie sich dieser den Sinnen seines Publikums darbietet, ist von Bedeutung.

Gerade in der heutigen Zeit, in der wir dank Internet und dem Aufkommen immer neuer Medien mit einer schieren Unmenge an Angeboten konfrontiert werden, ist es wichtig, dass auf die Aufmachung  eines Produkts viel Wert gelegt wird. Wenn ein Angebot mich auf den ersten Blick visuell nicht anspricht oder gar abschreckt, dann ist es sehr unwahrscheinlich, dass ich einen zweiten Blick riskiere. Ist ja auch nicht nötig, Alternativen gibt es, gerade im Bereich der Unterhaltungsmedien, schließlich genug.


Wenn man von Aufmachung, Design und ähnlichem spricht, dann denkt man zumeist erst einmal an Bilder, Grafiken, Animationen und ähnliches. Man sollte allerdings nicht vergessen, dass es ein weiteres Medium gibt, bei dem Aussehen eine zentrale Rolle spielt: Text.
Dass man Texte in vielfältiger Form designen kann, lässt sich leicht an einigen einfachen Beispielen zeigen:

  • Zunächst einmal lässt sich die Schriftart verändern, was dank Computern und Schreibprogrammen heutzutage ein Kinderspiel ist.
  • Dann wiederum kann ich Texte fett schreiben, oder kursiv.
  • Oder ich ändere die Textfarbe.
  • Ich kann auch die Schriftgröße  verändern und Dinge groß oder klein schreiben.
  • Oder aber ich lockere einen Fließtext dadurch auf, dass ich Aufzählungen wie diese einbaue, die Ihr gerade lest.

Die visuelle Gestaltung von Texten trägt viel dazu bei, ob ein textgebundenes Angebot (etwa ein Zeitungsartikel oder ein Beitrag auf einer Webseite) von Lesern als attraktiv empfunden und schlussendlich gelesen wird. Inhalte sind nicht zweitrangig, das will ich hier gar nicht behaupten, doch die Aufmachung eines Angebots ist ebenso wichtig wie die inhaltliche Qualität (wie etwa in der Zeitungsforschung festgestellt wurde). Insbesondere eben dann, wenn es vergleichbare Alternativen gibt, auf die ein Leser ausweichen kann, wenn ihn ein Produkt nicht anspricht.

Ein Medium, in dem das Design des Textes von größter Bedeutung ist, ist das Buch. Um nur mal zwei Gründe dafür zu nennen:

Bücher stehen mit einer Vielzahl anderer, optisch weitaus ansprechenderer Medien in Konkurrenz. Filme und Comics wirken auf den ersten Blick weitaus attraktiver und leichter zugänglich als das textgebundene Buch.

Die Zahl an Büchern wächst und wächst. Es gibt mittlerweile so viele Geschichten in Buchform zu erwerben, dass ich selbst dann, wenn ich auf der Suche nach ausgefallenen Genres bin, zumeist eine Fülle an Auswahlmöglichkeiten habe und nicht gezwungen bin, mir ein Buch zu kaufen, das vom Inhalt her vielleicht interessant sein könnte, mich optisch aber abschreckt.

Ein Buch, das einen vom Text her optisch abschreckt – gibt es so etwas? Na sicher gibt es das! Jedem von Euch fallen da sicher einige Beispiele ein. Man denke nur an all die Romane, deren Schrift so klein geraten ist, dass selbst jemand mit gesunden Augen Mühe hat, sie zu entziffern.

  1. 1. Bücher stehen mit einer Vielzahl anderer, optisch weitaus ansprechenderer Medien in Konkurrenz. Filme und Comics wirken auf den ersten Blick weitaus attraktiver und leichter zugänglich als das textgebundene Buch.
  2. 2. Die Zahl an Büchern wächst und wächst. Es gibt mittlerweile so viele Geschichten in Buchform zu erwerben, dass ich selbst dann, wenn ich auf der Suche nach ausgefallenen Genres bin, zumeist eine Fülle an Auswahlmöglichkeiten habe und nicht gezwungen bin, mir ein Buch zu kaufen, das vom Inhalt her vielleicht interessant sein könnte, mich optisch aber abschreckt.
So ist es mir etwa ergangen, als ich den Roman »Die Flammen der Dunkelheit« von Evelyne Okonnek aus dem Hause Otherworld (Rezension folgt in Kürze) zur Hand genommen habe. Das erste, was mir ins Auge gesprungen ist, waren die endlos erscheinenden Absätze des Buchs.

Ich weiß nicht, wie es Euch geht; vielleicht bin ich der Einzige, der das so empfindet. Aber für mich gestaltet sich die Lektüre von Textwüsten, wie sie gerade beschrieben wurden, immer als äußerst schwierige Angelegenheit. Nicht nur, dass ich dynamische Dialogszenen vermisse. Darüber hinaus finde ich es ungemein schwierig, in solchen Texten die Übersicht zu behalten, muten diese doch wie undurchdringliche graue Wände ohne Orientierungspunkte an.

Ich weiß selbst, dass man beim Schreiben schnell dazu neigt, ewig lange Absätze zu bilden. Alles, was in einen Sinnzusammenhang gehört, sollte möglichst in einen Absatz gepackt werden, so denkt man bei sich. Damit wird dem Leser dann auch klar, dass die entsprechenden Teile zusammen gehören. Also schreibt man munter unter Ignoranz der „Enter“-Taste drauf los – und stellt nachher fest, dass man auf 20 eng beschriebenen Seiten gerade einmal fünf oder sechs Absätze hat.

Angenehm zu lesen ist so etwas ganz und gar nicht.

In meinen Augen ist es daher die Aufgabe von Autoren, gerade aber auch von Lektoren, Verlagen und Herausgebern, darauf zu achten, dass Romane nicht zu Textwüsten werden. Natürlich dürfen immer mal wieder Passagen vorkommen, in denen mehrere längere Absätze aufeinander folgen. Doch in keinem Fall darf der Text eines Romans wie eine undurchdringliche Wand erscheinen. Das macht den Text, wie ich finde, ungemein unattraktiv – und führt in der Buchhandlung schnell dazu, dass der Roman nach einem flüchtigen Blick in sein Inneres wieder beiseite gestellt wird.

Es müssen ja nicht gleich nur noch Ein- oder Zweizeiler sein, aus denen eine Geschichte besteht. Doch Textwüsten sollten auch nicht fabriziert werden. Ein gesundes Mittelmaß, und ein Text wirkt optisch, meiner Meinung nach, ganz angenehm, eben so, dass ich auch angetan bin, ihn zu lesen.

Aber vielleicht seht Ihr das ja anders. Ich bin gespannt auf Eure Meinungen zu dem Thema.

Kommentare  

#1 Pisanelli 2010-02-20 09:40
Bei Büchern fällt mir gerade kein Beispiel ein, aber dass das Auge "mit-ißt", war mir schon immer wichtig. Vor allem während meiner Studienzeit war der häufigste Tipp, den ich anderen gegeben habe: mach mal was mit Deiner Gliederung, Deiner Formatierung. Schwupps, schon war das Ganze wesentlich angenehmer zu lesen, und wenn es nur ist, dass man die Kanten begradigt. Es ist zwar fast nicht zu glauben, aber sogar Germanistik-Studenten im 8. Semester halten diesen Punkt häufig noch für viel zu unwichtig. Aber jeder Professor weiß eine optisch aufbereitete Arbeit SEHR zu würdigen.
#2 Norbert 2010-02-20 17:38
Da ich mir gern Bücher kaufe, kann ich den Inhalt des Artikels sehr gut nachvollziehen. Wie oft habe ich schon gerade von Taschenbüchern Abstand genommen, deren Schriftgrösse meine Augen zum Tränen gebracht haben. Ich habe vor langer Zeit das Lesen der Musikzeitschrift "Rock It!" aufgegeben. Schon mal den Rezensionsteil gesehen? Selbst ein Mikroskop ist dafür keine Hilfe.
Es hängt wirklich viel von einer optischen Gestaltung ab. Ich mag es zum Beispiel auch, wenn Kapitel mit einem grossen oder geschwungenen Buchstaben beginnen, wenn Illustrationen das Werk auflockern (aber nicht zu viele bitte).
Des weiteren stimme ich Dir bei den Endlosabsätzen zu. Da ich sehr viel unterwegs lese, ist es einfach besser, wenn ich mir die Absätze merken kann (Das Lesezeichen hilft ja nur die Seite wieder zu finden). Zudem sind solch extrem umfangreiche Absätze nicht dazu geeignet, den Text besser zu verstehen, zumal man als Leser das Gefühl hat, auf der Stelle zu treten. Schon mal Elizabeth Goudge (1900-1984) gelesen? Da konnte es schon mal vorkommen, dass ein Absatz sich über mehr als zwei eng bedruckte Seiten zog. Als ich ein zweites Buch von ihr angefangen hatte, warf ich es nach 40 Seiten frustriert weg. Meine Nerven waren ruiniert. Diese Autorin wird heute gar nicht mehr verlegt. Die Romane müssten komplett neu lektoriert werden.
#3 Laurin 2010-02-20 20:08
Also sowas habe ich bis jetzt nur in Fachliteratur (vornehmlich politisch) gefunden. Also unheimliche Kleinschrift ohne Absätze und dann möglichst noch mit einer halben Seite Fußnoten und Erklärungen ohne Punkt und Komma und im Schrifttyp noch was kleiner für Leser mit Tunnelblick und Vergrößerungsglas. Solche Bücher schmeißt man gerne aus dem Fenster!
#4 mDiS 2010-02-21 19:05
Hm,
also ich sehe das irgendwie anders.

Bei Heftromanen gefällt mir gerade die teilweise recht kleine und gedrängte Schrift.
Genauso verhält es sich bei Büchern.Mir gefallen zum Beispiel Reclam-Bücher auch gerade wegen der "Textwüste".

Außerdem gefällt es mir nicht, wenn Taschenbücher eine große Schriftgröße verwenden, zwischendurch immer mal einzelne Sätze besonders groß schreiben müssen.
Wenn dann noch in jedem Buch unterschiedliche Farben in die Schriften einkehren würden, würde ich glaube ich gänzlich durchdrehen.

Nein, ich möchte Blocksatz, einen leichten Einrücker bei einem neuen Absatz. Beschreibungen können dann gerne nach einer "Textwüste" aussehen. Bei den Dialogen hängt es dann von der Länge des Gesprochenen ab.

Die Auflockerung gestalte ich dann in meiner Fantasie, nämlich bei dem was ich mir während des Lesens vorstelle :-)

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