Picknick am Valentinstag
Picknick am Valentinstag
Es war bei John Wayne. Und wir konnten John Wayne nicht sehen, weil jedem von uns 50 Pfennig fehlten. Dabei war doch
Und mit meiner wenn auch jungen Obsession fürs Kino musste ich mich diesen Veränderungen nicht einfach nur stellen, sondern mit ihnen wachsen, weil dies in einer Beziehung eben so ist. Mit wäre ich sicherlich keine Beziehung eingegangen, hätte ich ihn zu der Zeit gesehen, als ich auf der Leinwand über mich ergehen liess. Beide Filme kamen ja ungefähr zur selben Zeit ins Kino. Doch dieses hätte mich wahrscheinlich zu Tode gelangweilt, oder mich zu Tode erschreckt. Bin ich froh, dass ich das damals nicht feststellen musste.
bestimmt ein aufregender, sehenswerter Film. Die Großmutter meines Kumpels arbeitete ganz in der Nähe in einem Kaufhaus und stellte sich so als letzte Rettung heraus, weil uns nur noch fünfzehn Minuten zum Filmbeginn blieben. Dieses Problem sollten wir also geregelt bekommen, aber tief im Inneren beschäftigte meine Kinderseele ein wesentlich komplexeres Thema. Ich war zehn Jahre alt und hatte das Gefühl, mein ganzes Leben lang für drei Mark ins Kino gegangen zu sein. Plötzlich veränderten sich die Preise, was mir klar machte, dass meine Leidenschaft für die Leinwand nicht auf Gegenseitigkeit beruhte. Peter Weirs fünfte Regiearbeit wird vielfach als Gruselfilm deklariert, manchmal auch als Drama. Schockierend ist er auf alle Fälle in seiner Konsequenz, dem Zuschauer keine Lösung anzubieten, das Rätsel ungelöst zu lassen. Die Schülerinnen einer Privatschule für Mädchen im australischen Victoria machen einen sonntäglichen Ausflug zu der nahen Sehenswürdigkeit
Von Anfang an taucht der Film immer wieder in Phasen ab, die man leicht für Traumsequenzen halten kann. Verspielte Überblendungen, aber auch konterkarierende Bilder, teilweise belanglose Dialoge und durchaus auch immer wieder kleine, falsche Fährten. Aber Fährten auf was? Während die Gruppe am Fuß des Felsmassives ihren Tag lesend, träumend, sinnlich flüsternd verbringt, begeben sich vier der Frauen auf Erkundungstour auf den nicht allzu hohen . Sie kommen nicht wieder. Zu diesem Zeitpunkt hat es Weir geschafft, den Zuschauer derart in diese unwirkliche Welt von Bildern und Tönen, von Wirklichkeit und Traumgebilden einzubinden, dass das unerklärbare Verschwinden der Mädchen wie ein Schock wirkt.
. Das Aufregendste für die Mädchen ist an diesem Tag, dass sie nach dem Durchqueren der Stadt per Kutsche ihre Handschuhe ausziehen dürfen. Es ist das Jahr 1900 und ein stickiger Tag. Schon in den ersten Sequenzen zeigt Russell Boyds Kamera einnehmende Bilder von kühler, unterdrückter Erotik, die der Regisseur aber stets mit undefinierbaren Soundcollagen und Zamfirs Panflöten-Musik durchbricht. Die Darstellerinnen sind allesamt von einer unglaublich zerbrechlichen Schönheit. Bei deren Auswahl wird aber trotz der allgemeinen Schönheit schnell offensichtlich, dass hier weder schlüpfriges Pädophilenkino im Sinn war, noch plumper Grusel zu erwarten ist. Wie in vielen Filmen von Peter Weir scheint hier der Mensch gegen die Natur anzutreten. Hier werden das sonnengebleichte Grün der Bäume und der nackte, bräunliche Fels zu mysteriösen Gegenspielern. Über Tage hinweg werden die Vermissten gesucht, ohne jede Spur. Doch die Atmosphäre um das Wahrzeichen
ist bei weitem kein Horrorfilm, aber auch kein Drama, und von einem Thriller ist er weit entfernt. Der Film selbst ist ein Mysterium, das sich nicht greifen lässt. Man muss sehr viel Verständnis mitbringen, will man sich auf diese Gradwanderung einer Geschichte einlassen. Der Film entzieht sich schlichtweg seiner eigenen Verantwortung. Die Hilflosigkeit der Protagonisten in der Geschichte wird zum Spiegelbild des Zuschauers, der dieser Geschichte nun ebenso hilflos gegenübersteht. Das ist durchaus geniales Kino. Das ist packendes, furchteinflößendes Kino. Aber nicht wirklich jeder Zuschauer kann und will sich auf ein derartiges Abenteuer einlassen. Auch wenn er in all seiner Konsequenz und technischen Umsetzung perfekt funktioniert, kann man nicht wirklich empfehlen. Man läuft sehr schnell Gefahr, die eigene Empfehlung um die Ohren geschlagen zu bekommen. Es ist vielleicht weniger Film, als vielmehr Gedankenexperiment. Sehr beunruhigend.
Entgegen der allgemeinen Auffassung beruhen die Geschehnisse am nicht auf einer wahren Begebenheit. Joan Lindsay als Autorin der Romanvorlage hüllte sich gerne in Schweigen oder beantwortete diesbezügliche Anfragen sehr nebulös, um stets den Eindruck der wahren Geschichte aufrechtzuerhalten. Aber man ist ja immer geneigt, gerne mal so ein klein bisschen mit den Gedanken zu spielen, ob nicht doch...
wirkt auf einmal weniger bedrohlich als zu Beginn, als die Mädchen zu ihrer verhängnisvollen Expedition aufbrachen. Die Auswirkungen jedoch sind weitaus mysteriöser, unheilvoller und noch rätselhafter. Weir zieht den Gegenspieler Natur bildtechnisch und auf der Tonebene aus dem Spiel zurück, als hätte der seine Pflicht erfüllt. Das Geheimnis wächst zur Katastrophe. Menschen zerbrechen daran. Selbst die Schule geht finanziell daran zugrunde, weil Eltern ihre Kinder abziehen. Die für den Zuschauer gestreuten Spuren verlaufen im Nichts. Schließlich findet man eines der Mädchen, zerschunden und am Ende jedweder Kräfte, aber ohne jegliche Erinnerung an die vorangegangenen Geschehnisse. Das Verschwinden und der Verbleib der Mädchen bleiben unbeantwortet, was das gesamte menschliche Umfeld mehr und mehr aus der Bahn wirft. kam im Jahre 1975 in die Kinos und erhitzte die Gemüter von Kritikern und Zuschauer. kam ebenfalls 1975 ins Kino und erhitzte niemanden, zudem war seine Geschichte ganz sicher frei erfunden. Ja, gut, es war John Wayne, aber auch auf mich schien dieser Film nicht sehr viel Eindruck gemacht zu haben, wahrscheinlich weil ich die ganze Zeit verwirrt war, dass der Amerikaner Wayne im englischen London herumballerte. Oder vielleicht war der Film auch einfach nur schlecht. Ich werde nicht auf Spurensuche gehen, es reicht schon, dass ich mit dem Dilemma fertig werden musste, dass sich der Eintrittspreis von drei Mark auf drei Mark fünfzig erhöht hatte. Danach ging es rasant bergauf. Die nächste Stufe waren dann gleich 4 Mark fünfzig. Wie sollte ein unbescholtener Bub, mit dem Glauben ans Gute im Kino, mit so etwas fertig werden. Das war echt schwul.
Picnic at Hanging Rock Picknick am Valentinstag
Darsteller: Anne Lambert, Christine Schuler, Rachel Roberts, Dominic Guard, Helen Morse, Jacki Weaver u.v.a Regie: Peter Weir; Drehbuch: Cliff Green, nach dem Roman von Joan Lindsay; Kamera: Russell Boyd; Bildschnitt: Max Lemon; Musik: Gheorghe Zamfir; Kostüme: Judith Dorsman
Australien / 1975; circa 115 Minuten besprochene Fassung 107 Minuten
Und mit meiner wenn auch jungen Obsession fürs Kino musste ich mich diesen Veränderungen nicht einfach nur stellen, sondern mit ihnen wachsen, weil dies in einer Beziehung eben so ist. Mit wäre ich sicherlich keine Beziehung eingegangen, hätte ich ihn zu der Zeit gesehen, als ich auf der Leinwand über mich ergehen liess. Beide Filme kamen ja ungefähr zur selben Zeit ins Kino. Doch dieses hätte mich wahrscheinlich zu Tode gelangweilt, oder mich zu Tode erschreckt. Bin ich froh, dass ich das damals nicht feststellen musste.
bestimmt ein aufregender, sehenswerter Film. Die Großmutter meines Kumpels arbeitete ganz in der Nähe in einem Kaufhaus und stellte sich so als letzte Rettung heraus, weil uns nur noch fünfzehn Minuten zum Filmbeginn blieben. Dieses Problem sollten wir also geregelt bekommen, aber tief im Inneren beschäftigte meine Kinderseele ein wesentlich komplexeres Thema. Ich war zehn Jahre alt und hatte das Gefühl, mein ganzes Leben lang für drei Mark ins Kino gegangen zu sein. Plötzlich veränderten sich die Preise, was mir klar machte, dass meine Leidenschaft für die Leinwand nicht auf Gegenseitigkeit beruhte. Peter Weirs fünfte Regiearbeit wird vielfach als Gruselfilm deklariert, manchmal auch als Drama. Schockierend ist er auf alle Fälle in seiner Konsequenz, dem Zuschauer keine Lösung anzubieten, das Rätsel ungelöst zu lassen. Die Schülerinnen einer Privatschule für Mädchen im australischen Victoria machen einen sonntäglichen Ausflug zu der nahen Sehenswürdigkeit
Von Anfang an taucht der Film immer wieder in Phasen ab, die man leicht für Traumsequenzen halten kann. Verspielte Überblendungen, aber auch konterkarierende Bilder, teilweise belanglose Dialoge und durchaus auch immer wieder kleine, falsche Fährten. Aber Fährten auf was? Während die Gruppe am Fuß des Felsmassives ihren Tag lesend, träumend, sinnlich flüsternd verbringt, begeben sich vier der Frauen auf Erkundungstour auf den nicht allzu hohen . Sie kommen nicht wieder. Zu diesem Zeitpunkt hat es Weir geschafft, den Zuschauer derart in diese unwirkliche Welt von Bildern und Tönen, von Wirklichkeit und Traumgebilden einzubinden, dass das unerklärbare Verschwinden der Mädchen wie ein Schock wirkt.
. Das Aufregendste für die Mädchen ist an diesem Tag, dass sie nach dem Durchqueren der Stadt per Kutsche ihre Handschuhe ausziehen dürfen. Es ist das Jahr 1900 und ein stickiger Tag. Schon in den ersten Sequenzen zeigt Russell Boyds Kamera einnehmende Bilder von kühler, unterdrückter Erotik, die der Regisseur aber stets mit undefinierbaren Soundcollagen und Zamfirs Panflöten-Musik durchbricht. Die Darstellerinnen sind allesamt von einer unglaublich zerbrechlichen Schönheit. Bei deren Auswahl wird aber trotz der allgemeinen Schönheit schnell offensichtlich, dass hier weder schlüpfriges Pädophilenkino im Sinn war, noch plumper Grusel zu erwarten ist. Wie in vielen Filmen von Peter Weir scheint hier der Mensch gegen die Natur anzutreten. Hier werden das sonnengebleichte Grün der Bäume und der nackte, bräunliche Fels zu mysteriösen Gegenspielern. Über Tage hinweg werden die Vermissten gesucht, ohne jede Spur. Doch die Atmosphäre um das Wahrzeichen
ist bei weitem kein Horrorfilm, aber auch kein Drama, und von einem Thriller ist er weit entfernt. Der Film selbst ist ein Mysterium, das sich nicht greifen lässt. Man muss sehr viel Verständnis mitbringen, will man sich auf diese Gradwanderung einer Geschichte einlassen. Der Film entzieht sich schlichtweg seiner eigenen Verantwortung. Die Hilflosigkeit der Protagonisten in der Geschichte wird zum Spiegelbild des Zuschauers, der dieser Geschichte nun ebenso hilflos gegenübersteht. Das ist durchaus geniales Kino. Das ist packendes, furchteinflößendes Kino. Aber nicht wirklich jeder Zuschauer kann und will sich auf ein derartiges Abenteuer einlassen. Auch wenn er in all seiner Konsequenz und technischen Umsetzung perfekt funktioniert, kann man nicht wirklich empfehlen. Man läuft sehr schnell Gefahr, die eigene Empfehlung um die Ohren geschlagen zu bekommen. Es ist vielleicht weniger Film, als vielmehr Gedankenexperiment. Sehr beunruhigend.
Entgegen der allgemeinen Auffassung beruhen die Geschehnisse am nicht auf einer wahren Begebenheit. Joan Lindsay als Autorin der Romanvorlage hüllte sich gerne in Schweigen oder beantwortete diesbezügliche Anfragen sehr nebulös, um stets den Eindruck der wahren Geschichte aufrechtzuerhalten. Aber man ist ja immer geneigt, gerne mal so ein klein bisschen mit den Gedanken zu spielen, ob nicht doch...
wirkt auf einmal weniger bedrohlich als zu Beginn, als die Mädchen zu ihrer verhängnisvollen Expedition aufbrachen. Die Auswirkungen jedoch sind weitaus mysteriöser, unheilvoller und noch rätselhafter. Weir zieht den Gegenspieler Natur bildtechnisch und auf der Tonebene aus dem Spiel zurück, als hätte der seine Pflicht erfüllt. Das Geheimnis wächst zur Katastrophe. Menschen zerbrechen daran. Selbst die Schule geht finanziell daran zugrunde, weil Eltern ihre Kinder abziehen. Die für den Zuschauer gestreuten Spuren verlaufen im Nichts. Schließlich findet man eines der Mädchen, zerschunden und am Ende jedweder Kräfte, aber ohne jegliche Erinnerung an die vorangegangenen Geschehnisse. Das Verschwinden und der Verbleib der Mädchen bleiben unbeantwortet, was das gesamte menschliche Umfeld mehr und mehr aus der Bahn wirft. kam im Jahre 1975 in die Kinos und erhitzte die Gemüter von Kritikern und Zuschauer. kam ebenfalls 1975 ins Kino und erhitzte niemanden, zudem war seine Geschichte ganz sicher frei erfunden. Ja, gut, es war John Wayne, aber auch auf mich schien dieser Film nicht sehr viel Eindruck gemacht zu haben, wahrscheinlich weil ich die ganze Zeit verwirrt war, dass der Amerikaner Wayne im englischen London herumballerte. Oder vielleicht war der Film auch einfach nur schlecht. Ich werde nicht auf Spurensuche gehen, es reicht schon, dass ich mit dem Dilemma fertig werden musste, dass sich der Eintrittspreis von drei Mark auf drei Mark fünfzig erhöht hatte. Danach ging es rasant bergauf. Die nächste Stufe waren dann gleich 4 Mark fünfzig. Wie sollte ein unbescholtener Bub, mit dem Glauben ans Gute im Kino, mit so etwas fertig werden. Das war echt schwul.
Picnic at Hanging Rock Picknick am Valentinstag
Darsteller: Anne Lambert, Christine Schuler, Rachel Roberts, Dominic Guard, Helen Morse, Jacki Weaver u.v.a Regie: Peter Weir; Drehbuch: Cliff Green, nach dem Roman von Joan Lindsay; Kamera: Russell Boyd; Bildschnitt: Max Lemon; Musik: Gheorghe Zamfir; Kostüme: Judith Dorsman
Australien / 1975; circa 115 Minuten besprochene Fassung 107 Minuten
Kommentare
Das Picknick ist ein Film, der immer noch verstört, aber zugleich wunderbar ist. Schwer verdaulich, aber in der Konsequenz ausgesprochen wohlschmeckend, wenn man nicht überdosiert.
Man würde ihn heute als Mytery-Film bezeichnen.
Btw. ich bin noch nie von dem Opener eines Artikels so begeistert gewesen wie bei allen Deinen Eröffnungen, Uwe. Sehr unterhaltsam...
Danke, nicht nur dafür!
Picknick habe ich damals im Kino gesehen und am Ende sass ein ratloser Jugendlicher im Kinosaal, der mit einem derartigen Stoff nichts anfangen konnte (hätte ich den Ausdruck benutzt, hätte ich ihn wohl schwul genannt, so fand ich ihn einfach nur blöd). Als ich Ende der 80er das Ding in einer miesen PanScan-Videofassung noch einmal sah, war ich erstaunt, wie genial ich den fand. Heute hat man eine bildtechnisch gute Kinofassung im DVD-Regal - und man geniesst es.
Picknick am Valentinstag - was für ein Film. Jedesmal sitze ich schockiert, ratlos und gleichzeitig begeistert davor - und die Handlung beschäftigt mich nach dem Ansehen meist noch eine ganze Weile.
Ich habe ihn damals eher zufällig im TV entdeckt, und gleich total gefesselt, auch von diesen Bildgewalten, der ganzen Stimmung die das Thema verströmt. Mir das Picknick mal im Kino anzusehen wäre sicher toll.. vielleicht klappt das ja irgendwann mal, schön wäre es ja!
Und vielleicht kennen nicht alle Liebhaber des Films dieses kleine Juwel:
www.youtube.com/watch?v=G2RRdsIjsj8
Da ich damals zu VHS Zeiten noch in der Pubertät war, hoffte ich bei der Menge an flotten Mädels eher dass sich hoffentlich bald mal eine auszieht