Frisches Blut
Anmerkungen zum ersten PRA-Roman von Andreas Kasprzak
Wenn ich Andreas hier also als anerkannten und etablierten Autor bezeichne, dann ist das wohl keine Übertreibung. Doch... Schreibt ein Verfasser schon automatische deshalb einen guten PRA-Roman, weil er seit vielen Jahren aktiv auf dem Buchmarkt zu Gange ist? Wohl kaum. Denn, wie Andreas im Interview auf der LKS von Heft 20 bemerkt, es ist etwas ganz anderes, eine Geschichte für PRA zu verfassen, als ein eigenes Buch, dessen Handlung in einem selbst entworfenen Kosmos spielt, zu Papier zu bringen.
Daher habe ich mit einiger Spannung auf den Kasprzaks Roman gewartet.
Ich war neugierig, wie es ihm gelingen würde, sich schriftstellerisch
ins Perryversum einzubringen. Ob er den ganz großen Wurf gelandet hat?
Das will ich im Folgenden unter Beachtung einiger zentraler Aspekte der
Serie klären.
Was Action angeht, so durfte Andreas im Wesentlichen zweimal in die
Vollen greifen. Zum einen gleich zu Beginn des Romans, als Lok-Aurazin
und Liarr, die attraktive Ultima Ekhas, um die Kontrolle eines
Raumgleiters ringen, und zum anderen gegen Ende der Geschichte, als es
zu einer erneuten Konfrontation von Rhodan und dem letzten Regenten der
Energie kommt.
In Sachen Action macht Kasprzak seine Sache voll und ganz
zufriedenstellend. Die beiden doch sehr verschiedenen Sequenzen sind
wortgewandt in Szene gesetzt und wissen Dank einer Menge Spannung und
Dramatik zu überzeugen. Besonders der Kampf zwischen Lok-Aurazin und
Liarr zum Auftakt des Hefts eine geradezu klassische Actionsequenz,
bei der der Held und sein Gegner auf engstem Raum um die Kontrolle über
ein Fahrzeug ringen versteht es, den Leser an die Story zu fesseln.
Dass ich die Actioneinlagen nicht als sehr gut oder großartig
bezeichne, liegt schlicht und einfach daran, dass ich als Leser der
ersten PRA-Staffel ein wenig verwöhnt und dementsprechend ganz andere
Sachen gewöhnt bin. Mit den atemberaubenden Kampfszenen, wie sie Robert
Feldhoff oder Christian Montillon vorgelegt haben, können sich Andreas'
Beschreibungen einfach nicht messen.
Das soll nun allerdings keine Kritik sein. Die Actioneinlagen aus
»Splitter des Feindes« haben mich bestens unterhalten und mir so viel
Freude bereitet.
Hier heißt es: Beide Daumen hoch für Andreas Kasprzak! Was den Umgang
mit Perry und Co angeht sowie die Charakterisierung dieser Figuren, hat
er einfach alles richtig gemacht.
Es dürfte wohl zu den schwersten Aufgaben eines Autors gehören, mit
Protagonisten arbeiten zu müssen, die der Leser schon seit vielen
Heften kennt, mit denen man selbst allerdings noch nie zuvor zu Gange
gewesen ist. Die Leser haben bestimmte Vorstellungen davon, wie die
Figuren in verschiedenen Situationen reagieren werden, wie sie handeln
und wie sie sprechen, was sie fühlen und was sie denken. Als Autor
obliegt es einem nun, diese Erwartungen zu erfüllen, gleichzeitig aber
seinem eigenen Stil treu zu bleiben, um schlussendlich auch einen Roman
zu schreiben, mit dem man selbst mehr oder weniger zufrieden ist.
Andreas Kasprzak ist dieser Spagat perfekt gelungen. Auf der einen
Seite unterscheidet er sich in seinem Stil deutlich von den anderen
Autoren, und er verhehlt dies auch zu keiner Zeit. Auf der anderen
Seite entspricht das Bild, das er von Rhodan, Betty und all den anderen
entwirft, genau dem, das man sich als Leser im Laufe der
vorangegangenen Hefte von den Charakteren gemacht hat. Hatte man z.B.
bei Wim Vandemaan (Heft elf aus der ersten Staffel) das Gefühl, einen
ganz anderen Perry vor sich zu haben, als den, den man aus der
bisherigen Reihe kannte, so stellt sich eine derartige Irritation bei
der Lektüre von »Splitter des Feindes« nicht ein. Perry bleibt Perry,
wie er leibt, lebt und von einer Gefahrensituation in die nächste hetzt.
Daher also nochmal: Erstklassig, Herr Kasprzak! Den Umgang mit den Protagonisten des Perryversums hat er ohne Zweifel drauf.
Genau hier liegt dann der berühmte Hund begraben. So spannend die
Actionszenen auch waren und so stimmig die Schilderung der Personen von
statten ging, in Sachen Dynamik und Tempo fehlt es dem Roman mitunter
sehr.
Nach dem Non-Stop-Action-Auftakt der ersten Staffel ist es im Laufe der
Serie ja ein wenig ruhiger geworden. Gerade was den
»Kristallmond«-Zyklus angeht, merkt man das deutlich. Die zweite
Staffel ist spürbar weniger action- und temporeich als die
Vorgängerseason. Dennoch hat man auch während Staffel zwei bislang nie
das Gefühl gehabt, ein Roman komme irgendwie nicht von der Stelle (von
ganz wenigen Einzelszenen einmal abgesehen).
Anders ist die bei »Splitter des Feindes«. Viele der Nicht-Actionszenen
wirken ein wenig langatmig. Nicht langweilig, das bestimmt nicht!
Nichtsdestotrotz kann man sich des Gefühls nicht erwehren, immer wieder
auf Szenen zu stoßen, die einen Tick oder zwei zu lang sind, in denen
der Autor zu lange am selben Aspekt der Handlung hängen bleibt, ohne
die Story wirklich voranzutreiben. Das ist schade, denn dadurch
verliert der Roman merklich an Dynamik und man wartet beim Lesen ein
wenig ungeduldig darauf, dass nun endlich wieder etwas aufregendes
Neues passiert.
Dies trifft, wie gesagt, nicht auf die spannend inszenierten
Actionszenen zu. Doch in den Sequenzen dazwischen fällt die fehlende
Dynamik mitunter doch schon störend auf.
Einen Roman zu schreiben, der spannend und bewegend sein soll, ohne
dabei besonders auf eine stimmige Atmosphäre zu achten, das geht gar
nicht. Eine der Handlung und der Absicht des Autors angemessene
Stimmung ist ein wesentlicher Bestandteil eines guten Manuskripts.
Im Großen und Ganzen weiß Andreas Kasprzak in dieser Hinsicht zu
überzeugen. Das Setting des Romans ist gut beschrieben, und man hat
keine Mühe, sich das Geschriebene bildlich vorzustellen und die
Handlung wie einen Film vor seinen Augen ablaufen zu lassen.
Einzig aufgrund der fehlenden Dynamik ergibt sich hier ein Problem.
Atmo, das meint das harmonische Zusammenspiel von allen Elementen, die
einen Roman ausmachen. Die Charakterisierung der Personen muss ebenso
stimmen wie die Darstellung von Handlungsorten und die Schilderung
glaubwürdiger Dialoge. Da es dem Roman aber an Dynamik mangelt, leidet
auch die Atmosphäre ein wenig. Alles in allem liegt Kasprzaks Werk aber
eine durchaus gelungene Stimmung zugrunde, die einen über so manche
etwas langatmig erscheinende Szene hinwegtröstet.
»Splitter des Feindes« ist ein ordentlicher, wenn auch nicht rundum
gelungener Roman. Andreas Kasprzaks PRA-Debüt weiß in vielerlei
Hinsicht zu überzeugen, doch es hat die ein oder andere Schwäche
gerade, was Tempo und Dynamik angeht die verhindert, dass man sich
ganz und gar in der Geschichte verliert. Mit dem bislang stärksten
Debüt eines PR(A)-Neulings, dem von Marc A. Herren, kann der Roman
daher nicht konkurrieren.
Aber, und das sollte unbedingt festgehalten werden: Andreas' Beitrag
ist alles andere als ein Schuss in den Ofen. Gerade was den Umgang mit
den Charakteren anbelangt erweist sich der Autor als äußerst
talentiert. Ich hätte nicht gedacht, dass ein Neuling Perry, Tanisha
und all die anderen derart treffend inszenieren kann.
So viel zu Andreas Kasprzak und seinem Heftroman »Splitter des
Feindes«. Ich bin gespannt, wie der Einstand von Hermann Ritter in vier
Wochen ausfällt. Doch es ist ja noch ein wenig hin, bis wir in dieser
Hinsicht genaueres erfahren. In zwei Wochen ist es an einem alten
Bekannten, die weiteren Abenteuer rund um Perry, Lok-Aurazin und die
Opulu zu schildern. Achim Mehnert übernimmt dann erneut das Steuer, und
der Titel seines Romans lautet: