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Ein Prolog nach Maß - (Perry Rhodan, Bände 2550 - 2551)

Perry Rhodan ... das Universum und ichZwischenfazit:
Ein Prolog nach Maß

Ein paar Worte zu Prologen und Zwischenspielen
Perry Rhodan, Bände 2550 - 2551

Prologe und Zwischenspiele. Das Vorwort bzw. der Auftakt zu einer Geschichte, und Einschübe, die immer mal wieder zwischen einzelne Kapitel gepackt werden. Von Autoren, gerade auch den Kräften bei PERRY RHODAN, werden beide Darstellungsformen gerne und oft verwendet. Insbesondere der Prolog; kaum ein Roman, egal ob im Rahmen von PR oder außerhalb der großen SF-Serie, in dem ein solcher einmal nicht zu finden ist.

 

Prologe und Zwischenspiele bieten Autoren eine ungeheure Freiheit. Es handelt sich hier um Passagen, in denen Schriftsteller die üblichen Zwänge der Handlung sprengen und ihrer Fantasie mehr oder weniger freien Lauf lassen können. Ein Angebot, das meist mit großer Freude angenommen wird.

In Prologen und Zwischenspielen pfeifen die Verfasser auf die standardmäßig im Roman verwendeten Erzählmuster. Da werden Ereignisse aus unüblichen Perspektiven geschildert; ein Tonfall wird bemüht, der sich in den „normalen“ Kapiteln nicht findet. Sehr gerne beschreiben solche Einschübe Ereignisse, die mit der eigentlichen Romanhandlung scheinbar nicht unmittelbar etwas zu tun haben, und erst gegen Ende der Geschichte lüftet sich der Schleier, welche Relevanz den Geschehnissen in Prolog und Zwischenspiel eigentlich zukommt.

Prolog und Zwischenspiel bieten dem Autor die Möglichkeit, sich geheimnisvoll zu geben. Sie erlauben es, rätselhafte Momente in eine Geschichte einzustreuen und die Neugier des Lesers zu wecken.

Letzteres zumindest dann, wenn der Leser bereit ist, sich auf Prolog und Zwischenspiel einzulassen. Mich persönlich ärgern diese Darstellungsformen allerdings im Allgemeinen eher, als dass sie mein Interesse wecken.

Mir ist durchaus bewusst, dass es Autoren einen Riesenspaß bereitet, entsprechende Einschübe in ihre Erzählungen einzubauen. Als Schriftsteller weiß man (zumeist), worauf eine Geschichte schlussendlich hinausläuft. Warum sollte man dieses Wissen nicht dazu, nutzen dem Leser mit einigen bewusst rätselhaft gehaltenen Andeutungen die Nase lang zu machen und an seine Neugier zu appellieren, sich diese Andeutungen nach und nach durch die Lektüre der Geschichte zu erschließen?

Ich kann verstehen, dass es einem Autor Freude bereitet, seine Leser mit Hilfe derartiger Stilmittel lange Zeit im Dunkeln tappen zu lassen. Dass sich beim Schreiben entsprechender Passagen eine gewisse fast schon diebische Freude aufgrund der Vorstellung einstellt, wie sehr sich der Leser hinsichtlich der Bedeutung des Erzählten den Kopf zerbrechen wird.

Das ändert aber nichts daran, dass ich Prologe und Zwischenspiele in der Regel einfach nur entnervend finde. In meinen Augen sind sie meist nichts sagend, langweilig und verwirrend. Oft erscheinen sie derart konfus oder unübersichtlich, dass einem die Lust vergehen kann, die Geschichte weiter zu lesen. Etwa dann, wenn man zu Romanbeginn unvermittelt in eine Handlung hineingeworfen wird, die mit der Ankündigung auf dem Buchcover, wegen der man den Roman schließlich gekauft hat, nichts zu tun hat. Und wenn man dann endlich die Auflösung für das geboten bekommt, was da in Prolog und Zwischenspiel eigentlich vor sich gegangen ist, bemerkt man das oft ohnehin nicht mehr, da man den Prolog im Grunde längst vergessen hat. Kein Wunder, hatte er mit der Handlung doch scheinbar nichts zu tun und musste sich daher nicht weiter behalten werden.

Dass es auch anders geht, dass Prologe und Zwischenspiele tatsächlich anregend und spannend sein können, beweist Michael Marcus Thurner in PR Band 2550, »Die Welt der 20.000 Welten«. MMT nutzt Prolog und Zwischenspiele, um die Geschehnisse des Romans aus Sicht eines in ferner Zukunft lebenden Forschers zu beschreiben, der das Aufeinandertreffen der JULES VERNE mit dem geheimnisvollen Handelsstern in einen größeren Kontext einordnet und dem Leser dadurch die Bedeutung der Geschehnisse klar macht. Eine Bedeutung, die aus dem Roman als solchem im Übrigen nicht hervorgeht; ohne die Kommentare des Forschers erschiene einem die Handlung des Doppelbandes 2550/51 ziemlich belanglos.

MMTMehr noch: In besagten Einschüben lässt MMT so manche Andeutung über große Veränderungen im Serienkosmos fallen, auf die sich der Leser in der zweiten Hälfte des »Stardust«-Zyklusses gefasst machen darf. Was bei den meisten Prologen schlichtweg nervt und unverständlich erscheint, erweist sich diesmal als wahre Freude: Die von MMT vorgebrachten Anspielungen basieren nämlich nicht auf einem Wissen, das ausschließlich dem Autor geläufig ist. Stattdessen greifen sie auf die dem PR-Leser längst bekannte Serienmythologie zurück.

Natürlich lassen sich viele der Anspielungen nur bedingt entschlüsseln. Was genau an dramatischen Veränderungen auf die Leser zukommen wird, verraten die Einschübe nicht. Dadurch, dass MMT Prolog und Zwischenspiele aber auf Altbekanntes aufbaut (so kennt der geneigte Perry-Fan etwa die erwähnten Personen, er weiß mit Kosmokraten ebenso etwas anzufangen wie mit dem Ereignis der Versetzung der JULES VERNE aus der Andromeda-Galaxis), sieht man sich aber nicht mit vollkommen Neuem konfrontiert, sondern kann das Gesagte in einen bekannten Zusammenhang einordnen und dadurch in seiner Tragweite erfassen.

Die Folge: Prolog und Zwischenspiele erzeugen tatsächlich Spannung! Der Leser – sofern es nicht gerade ein Neueinsteiger ins Perryversum ist – versteht die gemachten Andeutung und fragt sich staunend, was denn da in den nächsten Heften so alles auf ihn zukommen wird. Wo viele Prologe Leser ganz und gar verwirrt zurücklassen, sorgen Vorwort und Zwischenspiele in PR Band 2550 dafür, dass zwar Fragen aufgeworfen und unbeantwortet stehen gelassen werden. Der Leser weiß aber um ihre Bedeutung, kann sie ins große Ganze einordnen und die Einschübe daher in vollem Umfang genießen – als Appetithäppchen, das Lust auf das macht, was da in der zweiten Hälfte des »Stardust«-Zyklusses auf einen zukommt.

Natürlich hat nicht jeder Autor das Privileg, den Prolog seines Werkes auf Vorwissen aufbauen zu können, das dem Roman- bzw. Serienkosmos entstammt. Zumeist leitet ein Prolog ja ein in ein vollkommen neues Universum, über das der Leser (selbst dann, wenn es sich um eine Geschichte handelt, die in der „realen“ Welt spielt) im Grunde nichts weiß. Insofern können die meisten Prologe gar nicht in der Art und Weise das Interesse wecken, wie es jener aus »Die Welt der 20.000 Welten« vermag.

Allerdings ist das Vorwort aus Band 2550 selbst für PR-Verhältnisse etwas Besonderes. Häufig bauen die Serienautoren ihre Prologe nämlich nicht auf der Rahmenhandlung der Reihe, sondern auf der Romanhandlung des jeweiligen Hefts auf, die zu Beginn logischerweise noch vollkommen unbekannt ist. Ein schönes Beispiel hierfür ist der Auftakt zu Band 2542, »Shandas Visionen«. Hubert Haensel leitet diesen Roman reichlich verwirrend mit der Beschreibung eines medizinischen Notfalls ein. Der Leser versteht hier zunächst mal nur Bahnhof, weshalb die an sich dramatische Handlung nicht wirklich dramatisch erscheint.

MMT hat es in Band 2550 deutlich besser gemacht. Prolog und Zwischenspiele sind wahre Highlights. Passagen, die die Spannung kräftig anheizen und den Leser wünschen lassen, dass die noch fehlenden Hefte des Zyklusses doch bitte so schnell wie nur irgend möglich erscheinen mögen. So, genau so, müssen Prologe und Zwischenspiele aussehen.
In Zukunft bitte mehr davon!

Die Romane im Überblick
Die Welt der 20.000 WeltenPR Band 2550, »Die Welt der 20.000 Welten«, von Michael Marcus Thurner
Während der Schlacht um die Hibernationswelten wurden die JV-2 und das Mittelteil des Hantelraumers JULES VERNE von einem Transportkamin erfasst und in einen der Besatzung fremden Teil des Universums katapultiert. Auf der Suche nach einem Weg zurück in die Heimat machen Rhodan und Co eine außergewöhnliche Entdeckung.

Vor einigen Tagen äußerte sich Michael Wuethrich einige recht kritische Töne über »Die Welt der 20.000 Welten« (seine Rezension findet ihr durch Klick auf diesen Link). Ich kann mich seinen Worten an dieser Stelle nur anschließen. MMTs neuster Beitrag zur großen SF-Serie ist alles andere als misslungen; allzu berauschend ist er allerdings ebenso wenig. Interessante Ansätze wie das Erscheinen der Psi-Folien und die Entdeckungen, die die Besatzung der JULES VERNE im Laufe der Handlung macht, werden überlagert vom behäbigen Gang der Dinge (insbesondere zu Beginn des Romans), der zentralen Rolle, welche der Autor der zum Gähnen langweiligen Figur des Wissenschaftlers Chuncan Tica zugedacht hat, sowie dem reichlich knapp bemessenen Raum, der für die Ausgestaltung der Szenen um die Psi-Folien zur Verfügung steht.

Highlight des Romans sind die kurzen Dokument-Passagen aus Sicht von Loach-bei-den-Weisheiten (näheres dazu siehe im vorangegangenen Artikel). Diese lassen so manch interessante Entwicklung für die kommende Zyklushälfte erwarten.

Im aktuellen Roman ist davon leider nichts zu bemerken. Ohne größere Spannungsmomente und mitunter ein wenig zäh schreitet die Handlung von »Die Welt der 20.000 Welten« voran. Das Potenzial zu einem großartigen Roman ist durchaus vorhanden, wird aber nur in kurzen Momenten voll genutzt. Man darf gespannt sein, ob die Handlung im zweiten Teil des Doppelbandes an Fahrt gewinnt.

Die Wunder von AnthurestaPR Band 2551, »Das Wunder von Anthuresta«, von Michael Marcus Thurner
Noch immer sitzt die JULES VERNE auf dem geheimnisvollen Handelsstern fest. Während das Schiff von der Psi-Folie Myles Kantor in Gefahr gebracht wird, trifft Perry Rhodan auf den Wächter von ANTHURESTA.

Auch der zweite Teil des Doppelbandes will nicht so recht zünden. Der Handlung fehlt es schlicht an echter Substanz. Weder der Kampf gegen die Psi-Folien noch das Aufeinandertreffen Rhodans mit einem Bewohner des Handelssterns sind sonderlich spannend und bringen die Geschichte kaum voran. Am Ende des Romans sind weder der Leser noch der unsterbliche Terraner sonderlich schlauer, welchen Gefahren sich die Besatzung der JULES VERNE denn nun konkret gegenübersieht, was es mit den 20.000 Scheibenwelten auf sich hat und wie der Hantelraumer wieder in die heimische Milchstraße zurückkehren kann.

Alles in allem ein zwar gut geschriebener, storymäßig aber äußerst dünner, zeitweise zäher Roman, den man sich gut und gerne hätte schenken können.

Kommentare  

#1 Cartwing 2010-07-23 18:53
Wobei ich den zweiten Teil dann doch gelungener und weniger langatmig fand. Auch das Auftauchen des Walwesens brachte immerhin einen kleinen Aha-Effekt, nachdem man schon mal in Andromeda eins entdeckt hat.
Umgehauen haben auch mich beide Romane nicht.
MMT ist immer am besten, wenn er Einzelromane schreibt

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