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Von Schauplätzen, ihrem Ausmaß und viel zu viel Potenzial - (Perry Rhodan, Bände 2554 - 2555)

Perry Rhodan ... das Universum und ichVon Schauplätzen, ihrem Ausmaß und viel zu viel Potenzial
SF-Autoren und der Drang, unerforschbar große Welten zu erschaffen
Perry Rhodan, Bände 2554 - 2555

Geschichten aus dem SF-Genre warten häufig mit einer interessanten Eigenart auf, die ich so von keinem anderen Genre, nicht einmal von der Fantasy her kenne. Im Bestreben, faszinierende und mysteriöse Handlungsorte zu erschaffen, kreieren Autoren immer wieder Schauplätze, die so gewaltig sind, dass die Helden der jeweiligen Geschichte sie nur zu einem Bruchteil erkunden können.

 

Ganz spontan fallen mir hier die mächtige Helixwelt-Struktur in Eric Browns »Helix« sowie die Abertausenden mit einem Sternentor versehenen Welten bei »Stargate – Kommando Sg. 1« ein. Von allen möglichen Einzel-Schauplätzen wurde nur ein winziger Teil schlussendlich auch besucht.

Ein Paradebeispiel für diese Eigenart der SF ist, wie sollte es auch anders sein, einmal mehr PERRY RHODAN. Man nehme nur mal die Wunderwelt Evolux (an die sich die meisten wohl noch erinnern dürften), von der der Leser nur einen winzigen Ausschnitt zu sehen bekam. Oder aber, um auf die aktuelle Handlung zu sprechen zu kommen, das Gebilde der 20.000 Scheibenwelten, das Perry und Co gegenwärtig erforschen.

Im Grunde ist es ein wenig bizarr. Allenthalben liest man auf der LKS oder im Internet Anmerkungen von Leserseite aus, dass die Terraner ihre eigene Heimat, die Milchstraße, nur zu einem überraschend geringen Teil erforscht haben. Man sollte meinen, den Machern von PR würde dadurch genug Raum zur Verfügung stehen für fantastische, abenteuerliche Geschichten, ohne die Handlung an einen neuen Ort zu verlagern. Doch was geschieht? Immer wieder schicken die Autoren Rhodan in andere Dimensionen, andere Galaxien oder andere Zeiten, wo er mit einer Vielzahl weiterer Schauplätze konfrontiert wird, die er, wie schon die Milchstraße, auch diesmal nur flüchtig erkundet, bevor er zu neuen Ufern aufbricht.

Mit den 20.000 Scheibenwelten wird es letztendlich nicht anders sein, darauf wette ich. Rhodan und seine Gefährten werden fünf oder sechs der Scheiben einen Besuch abstatten, und danach wird das atemberaubende Gebilde, wie zuvor schon Evolux, sang- und klanglos in der Versenkung verschwinden.

Irgendwie paradox. Ein ums andere Mal werden Handlungsorte mit schier unendlichem Potenzial geschaffen – nur, um den größten Teil dieses Potenzials ungenutzt zu lassen.

Was im ersten Moment wie eine ungeheure Verschwendung kreativer Energie anmutet, erweist sich aber bei weiterem Nachdenken als durchaus verständlich, um nicht zu sagen durch und durch sinnvoll.

Was veranlasst mich zu dieser Einschätzung? Da kann ich gleich mehrere Aspekte anführen:

  • 1.    Zunächst mal möchte ich meinen Kollegen Michel Wuethrich zitieren, der in seinem letzten Beitrag über PR bzgl. der 20.000 Scheibenwelten Folgendes geschrieben hat: „Ich gebe nur die Hoffnung zum Ausdruck, dass ich froh wäre, wenn nicht alle 20.000 Welten abgeklappert würden! Was durchaus Stoff für einige Romane liefern könnte, aber die Spannung ginge dabei stetig den Bach runter.“
    Eine Einschätzung, die ich teile. Würden Perry und Co die nächsten hundert Hefte ausschließlich damit verbringen, eine Welt nach der anderen abzuklappern (eine Variation dessen, was im Serienbereich allgemein als „Monster bzw. Fall der Woche“ bekannt ist), so würde sich schnell Routine und schlussendlich wohl auch Langeweile einstellen. Von daher ist es gar nicht so verkehrt (um das Ganze etwas allgemeiner zu formulieren), wenn nur ein Teil eines Schauplatzes erkundet wird und sich die Handlung der Reihe/ des Romans/ des Films hiernach wieder auf den eigentlichen Rahmen konzentriert.
  • 2.    Dadurch, dass ein Schauplatz nur zu einem Bruchteil erforscht wird, behält er über sein eigentliches Auftauchen hinaus eine Aura des Geheimnisvollen. Der Leser wird diesen Ort auch dann noch im Hinterkopf behalten, wenn die Handlung schon lange Zeit vor anderer Kulisse spielt. Das noch offene Potenzial, die Möglichkeit einer Rückkehr an besagten Schauplatz, die Aussicht, dort zukünftig auf weitere Mysterien zu stoßen … All das erhöht die Faszination für den Gesamtkosmos der Geschichte, da man weiß: Es gibt noch jede Menge Möglichkeiten für weitere Abenteuer!
  • 3.    Orte, die in der eigentlichen Geschichte nur in Teilen beleuchtet wurden, bieten die ideale Möglichkeit für ergänzende Erzählungen über die eigentliche Serie hinaus. Bestes Beispiel hierfür sind die Hardcover der Heftserie »Maddrax« im Zaubermondverlag. Die Romane werden dazu genutzt, Aspekte, die in der Reihe als solcher zu kurz kamen, einer eingehenderen Betrachtung zu unterziehen. Für den geneigten Fan ein Glücksfall, erhöht sich dadurch doch die Dosis Unterhaltung von seiner Lieblingsserie.
  • 4.    Wer meine Rezensionen zu den Romanen der Horroraction-Serie »Torn« kennt, der weiß: So gut ich die gegenwärtige zyklische Handlung auch finde, so sehr vermisse ich doch die Einzelabenteuer vom Beginn der Serie. Ein mehr oder weniger waschechter Stand-Alone-Roman, in dem die Wanderer gezielt gegen eine ganz bestimmte Bedrohung vorgehen und das Problem bis zum Ende des Buchs – auf welche Weise auch immer – erledigen.
    Andererseits, wie ich ja bereits bei Punkt 1) erwähnte, werden Einzelabenteuer auf die Dauer auch langweilig. Das wiederholte Auftauchen neuer, gewaltiger Schauplätze wie dem Gebilde der 20.000 Scheibenwelten bietet hier gewissermaßen die perfekte Lösung: Die Erforschung einiger Plätze/ Teilwelten des Gebildes erfolgt weitestgehend unabhängig von der Rahmenhandlung und ist in sich geschlossen. Bevor es aber eintönig werden kann, unterbrechen die Autoren dieses Vorgehen zugunsten der Rahmenhandlung, die dann weiterläuft und das Gebilde als solches wieder in den Hintergrund drängt. So gelingt (möglicherweise) die perfekte Synthese zwischen Einzelabenteuern und zyklischer Handlung.

Wenn ich mir diese Gründe noch einmal vor Augen führe, so komme ich nicht umhin festzuhalten: Die Tatsache, dass Schauplätze nur in Bruchteilen erkundet werden, ist alles andere als bloße Verschwendung. Gerade, dass die Möglichkeiten, die der Handlungsort bietet, eben nicht bis auf den letzten Tropfen ausgereizt werden, sorgt dafür, dass man ihn als Leser in guter Erinnerung behält.

Von daher würde ich mich sehr freuen, wenn die Macher von PR auch in Zukunft Schauplätze wie Evolux und die 20.000 Scheibenwelten erschaffen würden, die von den Helden zwar erkundet, jedoch nie in ihrer Gänze erfasst werden. Denn merke: Weder Abwechslung noch ein Rest von Geheimnissen haben einer guten Geschichte je geschadet – ganz im Gegenteil!


Die Romane im Überblick
Die lodernden HimmelPR Band 2554, »Die lodernden Himmel«, von Leo Lukas
Perry Rhodan beschließt, die Scheibenwelten von Anthuresta genauer in Augenschein zu nehmen. Gemeinsam mit dem Konzept Fellmer/Lloyd wagt er die Reise durch den Transferkamin – und landet in einem Reich voll tiefreligiöser Fanatiker, dem eine Katastrophe unvorstellbaren Ausmaßes unmittelbar bevorsteht.

Wo mich die Darstellung von Scheibenwelt Nummer 1 in Frank Borschs Doppelband im Großen und Ganzen begeistert hat, ließ mich die Beschreibung von Scheibenwelt Nummer 2 vollkommen kalt. Die Geschichte um Orcizu und die religionsfanatischen Frerin gestaltet sich zäh und uninteressant. Verheißt das erste Kapitel des Hefts, die sogenannte Vorgeschichte, noch einen spannenden Roman, so versinkt die Handlung schon bald in Gleichgültigkeit und Langeweile. Die Protagonisten sind blass und eindimensional, das Potenzial des Schauplatzes wird, anders als im vorangegangenen Zweiteiler, nur selten ausgenutzt.

Nur wenig interessanter als die den meisten Platz des Romans einnehmende Storyline um die Frerin gestaltet sich der Handlungsbogen um Rhodan, der sich aufmacht, das Rätsel der 20.000 Scheibenwelten zu lösen. Da in diesem Stroyarc im Grunde kaum mehr passiert, als dass der Terraner und seine Mannen erste Infos über die Frerino sammeln, verliert sich die hier erzählte Geschichte sang- und klanglos im Gesamtroman.

Fazit: »Die lodernden Himmel« hat mich ziemlich enttäuscht. Von einem Leo Lukas-Roman über eine der Scheibenwelten hätte ich mir bedeutend mehr erwartet. Das macht nicht gerade viel Freude auf den zweiten Roman, der die Geschehnisse dieses Hefts fortsetzen wird.

Kante des UntergangsPR Band 2553, »Kante des Untergangs«, von Leo Lukas
Um die Welt der Frerin vor dem Untergang zu bewahren, muss Perry Rhodan in die Geschicke des Volkes eingreifen. Doch ist die Zerstörung der Scheibenwelt überhaupt noch aufzuhalten?

Ganz so schlimm, wie ich befürchtet habe, ist der zweite Teil von Leo Lukas‘ Doppelband glücklicherweise doch nicht geworden. »Kante des Untergangs« – ein in diesem Falle zwar passender, dennoch aber reichlich alberner Titel für einen Roman – sagte mir weitaus mehr zu als der Vorgänger. Konzentrierte sich dieser noch hauptsächlich auf die (in meinen Augen vollkommen uninteressanten) Frerin, so verschiebt sich der Fokus diesmal zugunsten der (weitaus interessanteren) Galaktiker. Storymäßig punktet das Werk gegenüber Teil 1 durch ein höheres Tempo, mehr Dramatik und die ein oder andere überraschende Wendung, wie sie in Band 2554 gefehlt hat.

Allzu berauschend fand ich den Roman alles in allem aber nicht. Kein Vergleich zu dem bedeutend spannenderen und vom Szenario her faszinierenderen Doppelband von Frank Borsch von vor zwei Wochen.

Bin mal gespannt, ob mich die Abenteuer auf weiteren Scheibenwelten (sofern denn noch welche kommen) mehr zu fesseln wissen. 

Kommentare  

#1 Michel 2010-08-10 18:58
Sehr schöner Artikel. Wie eigentlich immer. :P
Habe festgestellt, dass dein Urteil nun doch nicht so vernichtend ausgefallen ist, wie letzte Woche angedeutet. Der Autor wird es dir sicher verdanken.

;-)

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