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Das realistisch Unrealistische - Ein Lob

SternenGeflüsterDas realistisch Unrealistische
Ein Lob

„Der Tele-Ring der Alendei“ heißt das aktuelle „Sternenfaust“-Heft. Bei dem besagten Tele-Ring handelt es sich um eine Waffe aus uralten Zeiten. Vermutlich wurde sie von mächtigen Wesen, die heute als die „Toten Götter“ bezeichnet werden, geschaffen. Der Ring saugt jedes Raumschiff, das sich ihm nähert an, zerstört es und wirft es auf einen einige Lichtjahre entfernten Weltraumfriedhof.

Dort haben sich mittlerweile tausende, wenn nicht gar Millionen Schiffwracks gesammelt. Das ist aber noch nicht alles, was das Heft an übermächtigen Waffen aufbringt: Wieder einmal tauchen die mysteriösen Quallen auf. Ihre Herkunft ist noch nicht geklärt, aber vermutlich wurden sie ebenfalls von den „Toten Göttern“ erzeugt.


Diese im Raum schwebenden Quallen sind immun gegen jedwede Art von Waffen und zerstören, wo immer sie auftauchen, alles, was ihnen im Weg steht. Achja, es wird auch wieder einmal ein Planet vernichtet, und das Schicksal eines weiteren besiegelt. Nachdem die Alendei eine 300-Schiff starke Flotte der J'Ebeem vernichtet haben, tauchen die Quallen auf und schubsen einen Mond auf ihren Heimatplaneten.

Kurzum: In der eigentlich bodenständigen Serie „Sternenfaust“ geht es auf einmal wieder ganz schön mächtig zu. Denn mit Bodenständigkeit haben diese teils etwas „unrealistisch“ wirkenden Ereignisse kaum noch etwas zu tun.

Der WeltraumfriedhofMan muss jedoch sehen, dass dieser Zyklus gewisse Altlasten mit sich trägt. Der letzte Zyklus beschäftigte sich fast ausschließlich mit den „Toten Göttern“. Allerdings in einer fatal schwammigen Art und Weise. Da betrat erst das Hilfsvolk der „Erdanaar“ die Bühne, dann entpuppten sich deren Herren als die „Basiru-Aluun“, dann fand man heraus, dass die „Erdanaar“ eigentlich „Alendei“ heißen und größtenteils freundlich sind, während die „Basiru-Aluun“ mal eben die ganze Menschheit vernichten wollten, nur weil diese an etwas forschte, was den „Basiru-Aluun“ nicht gefiel. Zum Schluss konnten sie  – natürlich im letzten Heft – durch einen simplen Trick abgewehrt werden und so zogen die „Basiru-Aluun“ ab, nachdem sie allerdings noch eine – oho – Warnung ausgesprochen hatten. Bei all dem hatte man keine Ahnung, was das alles soll, die Geschichten kamen kaum voran, der Informationsgehalt pro Heft war unglaublich gering. Nebenbei hatte man ja einen Zeitsprung durchgeführt, aber sich lediglich fünf Hefte mit den neuen Charakteren beschäftigt. Erst zum Ende des Zyklus kam man auf die Idee, die Sternenfaust häufiger zu benutzen, sodass zumindest ein paar Namen beim Leser hängen blieben.
Ein gutes Beispiel für den Aufbau des Zyklus war der sogenannte „Weltraumfriedhof“. Dieser wurde gleich im zweiten Band entdeckt. Die Sternenfaust wurde dort von den J'Ebeem hingelockt. Es gab keine Erklärung, wie so etwas entstehen kann. Fatalerweise fragte sich aber noch nicht einmal die Sternenfaust-Besatzung, worum es sich bei dem Weltraumfriedhof handelte und wie er entstehen konnte. Stattdessen wurden Flugübungen mit Jägerpiloten durchgeführt, deren Namen man nach zwei Heften wieder vergessen hatte, und die auch kaum eine Rolle im Zyklus spielen sollten. Der Weltraumfriedhof wurde in diesem, eigentlich als „Zyklus mit viel Kontinuität“ angekündigten Zyklus schnell wieder vergessen und wurde erst später immer mal wieder in Nebensätzen erwähnt.

Der aktuelle Zyklus macht das anders.

Spuren im WeltraumfriedhofHier werden keine „großen“ Geheimnisse mehr gehütet. Stattdessen gibt es verhältnismäßig „kleine“ Probleme. Parasiten bei den Kridan und J'Ebeem, Krieg, Genetiker hatten alle wenig zu tun mit übermächtigen Wesen, der Vernichtung der Menschheit und Göttern.

Aber natürlich musste die Handlung aus dem letzten Zyklus und der bisherigen Serie (von den "Toten Göttern“ weiß man seit Heft 4(!)) fortgeführt werden. Aber selbst das Auftauchen der mysteriösen Quallen wirkt, trotz ihres unrealistischen Charakters, glaubwürdig. Im Gegensatz zu den Alendei und den „Basiru-Aluun“ werden hier keine merkwürdigen Dialoge gesponnen. Diese Wesen sind einfach unberechenbar, mysteriös und unkommunikativ. Es könnte sogar sein, dass sie gar nicht kommunizieren, sondern einfach nur aus „Fixströmen“ auftauchen.

Außerdem werden alte Entdeckungen konsequent aufgearbeitet. Ein Beispiel dafür ist der Weltraumfriedhof, dessen Entstehung nun so gut wie geklärt ist. Und man erfährt zum Beispiel endlich mehr über die J'Ebeem-Gesellschaft nach der Revolution im vorletzten Zyklus. Das hätte eigentlich gleich nach dem Zeitsprung erfolgen müssen. Von den Ungreimtheiten des letzten Zyklus besteht eigentlich nur noch die Frage, wer die Hintermänner der Terroristen waren, die in der 117 die "Starlight" gekapert haben.

Daneben sind die Geschichten wieder abgeschlossen und fördern einen roten Faden. Sprich: Das Problem wird in einem bis zwei Heften gelöst, aber die Gesamtsituation wird nur geringfügig geändert. Das sorgt für Spannung und gute Hefte. Im vorherigen Zyklus war die Gesamtsituation das Problem und wurde pro Heft geringfügig geändert, was kaum für Spannung sorgte. Erst die Einzelromane zum Schluss brachten da eine leichte Verbesserung.

Zudem bemüht man sich jetzt wieder vermehrt um den Einsatz der Sternenfaust und um die Crew. Mittlerweile wird sogar auf der Leserseite darauf hingewiesen, wie lange man sich noch gedulden muss, bis die Sternenfaust wieder fliegt. Und das obwohl die Gründe für ein Abschwenken von der „Sternenfaust“-Handlung offensichtlich sind (in diesem Fall war die Sternenfaust so beschädigt, dass sie nicht mehr fliegen kann). Das aber erwartet man, wenn das Schiff und die Crew über einen Monat pausieren muss. Denn sonst fragt man sich, wie im letzten Zyklus, wo das Schiff eigentlich steckt .

So ist die neue Sternenfaust-Crew dem Leser zwar noch nicht wirklich ans Herz gewachsen, aber mittlerweile sind zumindest die Namen der Stammbesatzung im Hirn verankert, da sie in der Regel pro Heft einmal erwähnt werden. Auch bemüht man sich immer wieder um Szenen zwischen den Crewmitgliedern. Das ist für eine Heftromanserie zwingend notwendig. Denn schließlich möchte man sich mit den Charakteren identifizieren können.

Aber wie gesagt: Daran wird hart gearbeitet. In der „Verletzungspause“ des Schiffes ging zum Beispiel der erste Offizier al-Kahled auf Agentenmission. Das war zwar etwas bemüht, aber immerhin wurde auch ihm mal ein Heft gewidmet. Im aktuellen Heft wetten al-Kahled und der dritte Offizier Austen wie die Reaktion des Admirals auf einen Vorfall aussehen wird. Solche kleinen Situationen gab es im vorherigen Zyklus kaum und sind daher zwingend notwendig und noch ausbaufähig.

Der Tele-Ring der AlendeiDen einzigen Vorwurf, den man diesem Zyklus machen könnte, ist, dass ständig Planeten oder Flotten zerstört werden. Darüber gab es schon einmal eine Kolumne, im aktuellen Zweiteiler ist noch das Heimatsystem der Alendei und eine 300-Schiff-Flotte dazugekommen. Nicht kleckern, sondern klotzen scheint hier das Motto zu sein. Das ist meistens noch recht bewegend, aber langsam tendiert es zu der Reaktion „da ist noch ein Planet kaputt, welcher wird der nächste sein?“

Es ist aber schön, dass das der einzige große Kritikpunkt an dem Zyklus ist. Der aktuelle Zweiteiler, der mit „Der Tele-Ring der Alendei“ beendet wurde, zeigt, dass die Serie mittlerweile auch die „fantastischen“ Elemente glaubwürdig verkaufen kann, Altlasten erklären kann und sich um Charaktere bemüht.

Wo so viel richtig gemacht wird, mag man zum Schluss kaum noch sagen, dass gerade das letzte Heft, obwohl es nicht schlecht war, nicht mehr so spannend war wie die vorherigen Hefte des Zyklus. Wobei das einfach nur zeigt, welch hohe Erwartungen die bisher fast ausschließlich sehr guten Hefte des Zyklus mittlerweile schüren.

Kommentare  

#1 Hermes 2010-07-18 11:07
Vielleicht wäre der Weltraumfriedhof in den letzten Bänden noch aufgeklärt worden. Aber man hat dann ja lieber diese an den Haaren herbeigezogene Story um die Terroristen gebracht. Ich denke, da ist man schon vom ursprünglichen Picardschen Konzept abgewichen. Deshalb dann auch dieser irgendwie abgewürgte Abschluß des Zyklus.
#2 Christian Kramer 2010-07-19 23:42
Zitat:
Vielleicht wäre der Weltraumfriedhof in den letzten Bänden noch aufgeklärt worden.
Ja, vielleicht. Und vielleicht hätte sich dann mancher Leser über eine noch törichtere Auflösung des Rätsels geärgert, als über die absurden Umstände, die die Sternenfaust seinerzeit erst zum Weltraumfriedhof geführt haben.

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