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Das Chamäleon – Taglieri: Bürohengst, Held und Politikstar

SternengeflüsterDas Chamäleon
Taglieri:
Bürohengst, Held und Politikstar


Aus Admiral Taglieri wurde gleich zu Beginn des Zyklus Ratspräsident Taglieri.

Seit Band 100 dominiert die Figur Taglieri, die zuvor nicht aufgetreten ist, beinahe jeden Roman der Serien und legt dabei die Wandlungsfähigkeit eines Chamäleons an den Tag.

Jedes Mal benötigen die Autoren erst einmal etwas Zeit, bis sie Taglieri in seiner neuen Rolle ankommen lassen.


Herkunft: Langweiliger Bürohengst; Ziel: Abenteuer!
Mit Band 100 folgte ein Zeitsprung in der Serienhandlung und Admiral Taglieri wurde Befehlshaber der Sternenfaust III. Captain der Sternenfaust wurde Dana Frost. So hatte man schnell einen extrem konstruiert wirkenden Konflikt zwischen Dana Frost, der bisherigen Befehlshaberin der Sternenfaust, und Vincent Taglieri. Wie es sich für einen solchen Konflikt gehört, waren die grundlegenden Charaktereigenschaften der beiden grundverschieden.

Taglieri ist ein altgedienter Soldat des „Star Corps“. Bei all seinen Aktionen und Kommandos ging er in der Regel auf Nummer Sicher und befolgte Befehle stoisch. Auf diese Weise diente er sich rasch zum Admiral hoch. Während der Bürotätigkeit langweilte er sich jedoch zu Tode. Als die Sternenfaust III gebaut wurde, witterte er seine Chance und machte sich quasi zum Befehlshaber. Seine Motivation war dabei einzig und alleine, endlich wieder „nach draußen zu kommen.“

Dana Frost wiederum tut immer das, was nötig ist. Sie trifft intuitive Entscheidungen, überlegt nicht lange und ist offen für neue Entdeckungen. So kommt es bei der Entdeckung telepathisch begabter Menschen sofort zum Clash zwischen den beiden leitenden Offizieren der Sternenfaust, denn Taglieri vertritt die Position, dass so etwas schlicht nicht möglich ist. Auf diese Weise zeigt sich, dass Taglieri dort wo er herkam genau richtig ist: Nämlich am Schreibtisch. Da er nur das, was die Wissenschaft schon weiß, für bekannt vorraussetzt, ist das Erforschen des Weltalls, was er so gerne machen möchte, mit ihm eigentlich nicht zu machen. Schließlich lässt er sich auf Neues kaum ein.

Der konstruierte Konflikt wird über ein paar Hefte ausgetragen, die Siegerin ist Dana Frost. Taglieri akzeptiert Telepathen und wird pflegeleichter. Das Problem: Der Konflikt las sich nicht spannend und schon damals fragte man sich wann Taglieri das Schiff verlässt. Wobei die Frage zum Teil auch ein Wunsch war.

Mit Savanna Dionga wurde ihm eine ehemalige Freundin zur Seite gestellt, mit der er immer mal wieder ein Verhältnis pflegte. Ihr ging es beinahe so, wie mir als Leser: Mal war der Admiral ganz erträglich, doch auf Dauer war er nicht auszuhalten.

Intermezzo: Kleinkind

Taglieri blieb im vorherigen Zyklus eigentlich ein Bürhengst. Immer wieder sorgte er sich mehr um Paragraphen als um die aktuelle Situation. Leider wurde ihm zusätzlich eine Handlung angedichtet, die überhaupt nicht zu ihm passte. Der damalige Ratspräsident war Jasper Mitchell, der einst unter Taglieri diente. Er ist eher wie Dana Frost und widersetzte sich regelmäßig Taglieris Kommando. So entstand eine große Menge Hass zwischen den beiden Männern, die es beiden nicht möglich machte, miteinander vernünftig zu arbeiten.

Diese Konstruktion wirkte noch aufgesetzter als der Konflikt zwischen Frost und Taglieri. Das der so pflichtbewusste Taglieri, dem Befehlsgehorsam ein Leichtes war, nicht persönliches bei einem Kommandierenden Ausblenden kann, war einfach unglaubwürdig. Zwar wurde Mitchell mehrmals verwendet, um Taglieri etwas „Hintergrund“ anzudichten, doch sympathischer wurde der Admiral dadurch auch nicht. Glücklicherweise hielt dieser Konflikt nicht endlos an. Aber er machte Taglieri zu einer widersprüchlichen Figur, die auf der einen Seite nüchtern, sachlich und befehlstreu war und bei einer anderen Person eine eher kindische Verhaltensweise an den Tag legte.

Taglieri wird Held
Mit dem „Erzengel“-Zyklus gelang es den Autoren Taglieri endlich zu einem guten Kommandanten der Sternenfaust aufzubauen. Scheinbar hatte man erkannt, dass Taglieri neben Dana Frost nur verlieren konnte. Also schrieb man Frost für den Zyklus von der Brücke der Sternenfaust. Mit Dana Frost verließ auch die vorletzte profilierte Person aus den Heften vor der Nummer 100 die Sternenfaust, zurück blieb nur noch der Doktor, der mittlerweile aber nur noch eine Statistenrolle hatte. Taglieri war damit das Zentrum der Handlung. Das bekam ihm recht gut, auch weil sich seine Befehlsweise im Verlauf immer mehr an die Dana Frosts anpasste.

ApokalypseDer Zyklus strotzte vor guten Geschichten. Im Vergleich zum vorherigen Zyklus war die Sternenfaust auch nie längere Zeit „kalt“ gestellt, Zwischenromane blieben Zwischenromane und wurden keine kleine Zwischenzyklen. Taglieri wurde akzeptiert und machte sich gut in seiner Rolle.

Mittlerweile konnte er auch die verrücktesten Dinge akzeptieren. Da Auftauchen der Weltraumquallen versetzte ihn zwar in Angst, aber warf ihn nicht mehr komplett aus seinem Weltbild, wie es noch die Entdeckung der Telepathen gemacht hatte. Er stand der Theorie einer Offizierin, wonach die Quallen Geschöpfe der Toten Götter seien, sogar erstaunlich offen gegenüber. Das Kommando hat den Bürohengst also zum galaxisoffenen Raumfahrer gemacht.

Auf diesem Weg war es für ihn dann nicht schwer, ein kleiner Held zu werden, der in Apokalypse mal eben die Welt rettete. Eigentlich hätte Taglieri nun seinen Platz gefunden, aber aller guten Dinge sind auch bei Sternenfaust scheinbar noch drei.

Heldenhafter Politikstar
Der neue Zyklus startete mit mehreren Krachern. Dana Frost wurde unsterblich gemacht und entdeckte, dass die Toten Götter noch leben. Die radikale Anti-Alien-Gruppe Pro Humanity schickte sich an, den Ratsvorsitz zu erobern und Jasper Mitchel sorgte ironischerweise dafür, dass gerade Taglieri zum Politiker wurde. In überraschender Schnelle gefiel Taglieri diese Rolle, er kämpfte und wurde auch knapp gewählt. Dadurch wurde Dana Frost Kommandant der Sternenfaust.

Seitdem haben die Autoren gezeigt, dass Dana Frost als alleinige Kommandantin eine gute Rolle macht. Obwohl die meisten Autoren noch nie einen Sternenfaust-Roman geschrieben haben, in dem Frost Kommandantin war, wirkten die Szenen auf der Sternenfaust seitdem viel routinierter. Auch der Einzelroman „Die Vergessenen“ mit eigentlich simpler Handlung, las sich nun sehr angenehm.

Es ist auch eine richtige Entscheidung, Taglieri jetzt nicht aus den Augen zu verlieren. Allerdings hat er sich schon wieder kaum verändert. In dem Zweiteiler „Angriff auf den Konsensdom / Die Welt der Naniten“ spazierte Taglieri ohne Leibwächter auf der Heimatwelt der Starr herum und wurde natürlich prompt angegriffen. Im vergangenen Zweiteiler „Sol X / Invasionsstufe Eins“ begibt er sich auch ohne Schutz auf eine Konfrontation mit übermächtigen Aliens. Als Kommandant eines Raumschiffes wäre tapfer und mutig und vielleicht etwas unverantwortlich. Aber da ja die Sternenfaust ja mittlerweile immer auch noch einen Captain mit an Bord hat, wäre ein Tod des Kommandanten kein großes Problem. Nun ist Taglieri aber der Ratspräsident der Solaren Welten und damit der wichtigste Mensch. Sein Tod würde die Regierung nicht nur eine Weile lähmen, sondern bei der „starken Opposition“, die Taglierie angeblich durch Pro Humanity hat, auch zu der Gefahr eines extremistischen Regierungsumsturzes führen. Es bleibt in dieser Hinsicht abzuwarten, ob Taglieri in den nächsten Heften ein verantwortungsvolleres Handeln an den Tag legt und ob die Autoren auch einmal darstellen, wie ihn das Amt wieder einmal verändert hat.

Sol XIn einer Hinsicht ist Taglieri aber schon ganz Politiker. In „Sol X“ wird beschrieben, wie er sich erst einmal eine 1-A-Wohnung in New York errichtet hat, mit Swimming Pool und allem anderen SchnickSchnack. Die muss er zwar abtreten, wenn er nicht mehr gewählt ist, aber nach dem Angriff der Orphanen gab es sicherlich wichtigere Dinge zu tun, als sich zunächst um die Wohnung des Präsidenten zu kümmern. Merkwürdigerweise ist diese Art, für sich selbst Luxus zu beschaffen, eigentlich nicht Taglieris Stil. Es ist aber möglich, dass seine jetzt wieder feste Freundin Savanna Dionga hierfür verantwortlich ist.

Im aktuellen Zweiteiler zeigt sich auch, dass sich mit Taglieri nichts im Vergleich zu Mitchell  verändert hat. Der musste in Apokalypse abtreten, weil er ein menschenunwürdiges Evakuierungsprogramm gestartet hatte, was Menschen rein nach mathematischen Berechnungen bewertete. Auch zuvor war es schon merkwürdig, dass die menschliche Politik so krass von Militärs bestimmt wird. In unserer Gesellschaft wäre es auf jeden Fall sehr merkwürdig, wenn ein General auf einmal Bundeskanzler würde und trotzdem noch den größten Fokus auf die Bundeswehr legen würde.

Genau das aber hat Mitchell getan und es deutet sich an, dass Taglieri dem in nichts nachsteht. Er trat seine Präsidentschaft mit dem Versprechen an, dass „Star Corp“ zu stärken. Dagegen spricht ja auch nichts und der Schwerpunkt sollte auch die Erforschung des Weltraums werden. Doch auch Taglieris Administration setzt sich weiterhin über Gesetze hinweg.

Invasionsstufe 1Im letzten Zweiteiler „Solx X / Invasionsstufe Eins“ tauchte ein neuer Planet im Sonnensystem auf. Es gab einen zivilen Zeugen, dem man sofort die GalAb auf den Hals hetzte. Dieser wendete sich daraufhin verstört an die Medien. Die glaubten ihm zwar nicht, waren aber bereit, auf Recherchereise zu gehen. Das ist ja auch nur verständlich. Schließlich hört sich die Nachricht, dass auf einmal ein neuer Planet aufgetaucht sei, doch sehr nach einem April-Scherz an. Die Recherche zeigt nur, dass die Solaren Medien doch noch ein wenig risikofreudig sind. Das Star Corp wiederum nimmt die Gruppe kurzerhand bei Betreten des militärischen Sperrgebietes fest und tut weiterhin alles, um die Existenz des neuaufgetauchten Planeten vor der Bevölkerung zu verschleiern. Das Militär und Sicherheitsinteressen haben also weiterhin Vorrang. Die Pressefreiheit wird teilweise eingeschränkt, teilweise mit manipulierenden Tricks umgangen. Nur drei Hefte nach seiner Wahl macht Taglieri nichts anderes als das, wofür sein Vorgänger seinen Posten räumen musste.

Und auch das passt nicht wirklich zu dem Admiral. Denn obwohl er im „Erzengel“-Zyklus offener und gelassener geworden ist, hat er seine Vorschriftstreue doch noch nicht ganz abgelegt. Scheinbar gilt das aber eher für militärische als für menschenrechtliche Vorschläge. Zwar bemerkt Taglieri einmal, dass die Geheimhaltung des Planeten genau das sei, wofür die Vorgängerregierung abgewählt wurde, aber dann zieht er die Geheimhaltung doch komplett durch. Hier wäre es schö,n die angeblich so starke Opposition zu Taglieri demnächst zu erleben.

Es ist beinahe witzig. Der ursprüngliche Taglieri hätte sich als Ratspräsident wahrscheinlich sehr gut gemacht. Mit Sicherheit wäre er ein gute Staatsmann geworden. Und nun macht gerade das, was Taglieri im letzten Zyklus so sympathisch gemacht hat, ihn zu einem unglaubwürdigen Ratspräsidenten. Das ist eine Chance. Denn daraus ergeben sich auch Möglichkeiten für politische Geschichten mit Taglieri, die seine Anpassungsschwierigkeiten zum Thema haben. Gerade jetzt, wo Pro Humanity nicht nur eine Terroristenvereinigung ist, sondern offensichtlich auch eine parlamentarische Opposition bildet, lassen sich da gute Geschichten erzählen. Schließlich wäre es merkwürdig, wenn der terroristische und der parlamentarische Arm nicht miteinander kooperieren würden.

Taglieris Wandelfähigkeit wird in diesem Zyklus auf jeden Fall einmal wieder auf die Probe gestellt. Diesmal erzeugt das aber nicht den Wunsch auf seine Ablösung, sondern eher Spannung in welche Richtung er sich wohl diesmal entwickeln wird.

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