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Beziehungen

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Der letzte „Sternenfaust“-Roman „Rendezvous mit einem Klon“ ist der erste Roman seit langer Zeit, der konsequent eine Geschichte aus der Sicht eines einzelnen Charakters verfolgt. Das funktioniert überraschend gut. Der Roman verdeutlicht gleichzeitig aber auch, wie wenig man eigentlich über die Beziehungen der Charaktere weiß.

„Rendezvous mit einem Klon“ ist konsequent aus der Perspektive des Bordarzt Tregarde geschrieben.


Rendezvous mit einem KlonJe sympathischer der einst so arrogante Bordarzt war, desto mehr wurde er in eine Nebenrolle gedrängt. In diesem Roman kann er jedoch richtig auftrumpfen.

Er wurde von den Gemini entführt. Diese brauchen seine Expertise. Eigentlich ist das für die Gemini kein Problem. Sie klonen einfach Wesen verschiedener Völker und lassen sie dann zusammenarbeiten. Bei dem Klonprozess behalten die Klone sogar ihre Erinnerung an ihr früheres Leben. Bei dem Prozess geht jedoch auch viel Spontanität verloren. Das ist natürlich ungünstig, wenn Tregarde ein Problem lösen soll. Daher kann Tregarde nicht geklont werden, sondern muss überzeugt werden.

Diese Überzeugungsarbeit ist leider ein kleiner Grundfehler in dem Roman. Denn wie attraktiv kann eine Gesellschaft voller Klone denn für einen Menschen sein? Es ehrt die Gemini beinahe, dass sie zunächst versuchen, Tregarde mit Argumenten zu überzeugen. Aber allein die Tatsache, dass statt Namen Nummern verwendet werden, zeigt dem Doktor bereits, dass die Gemini für ihn keine Alternative sind.

Zu recht, denn es stellt sich nach seiner Weigerung heraus, dass alle Klone lediglich reibungslos kooperieren, weil ihnen das beim Klonprozess einprogrammiert wurde. Die Gentechnik nimmt ihnen alle Gedanken an eine Rebellion oder gar an kritische Gedanken. Als Tregarde sich sogar gegen den Klon Dana Frosts widersetzt, wird ihm etwas ähnliches eingepflanzt. Doch das wirkt bei dem Doktor nicht und er leistet Widerstand.

Diese Handlung sorgt für einen spannenden und gelungenen Roman. Lediglich bei Dana Frost wird Tregarde für einen Moment schwach. Dabei wird zum ersten Mal aus der Sicht des Doktors geschildert, wie er den Alltag auf der Sternenfaust erlebt und wie lange er – auch in der mittlerweile ausgesetzten Realität der Hefte 100-174 – bereits Gefühle für Dana Frost gehegt haben muss.

Inferno auf Hegel IIIDabei wirken seine Gefühle in diesem Roman zum ersten Mal wirklich authentisch. Denn bisher schien seine Sehnsucht etwas konstruiert. Im Roman „Inferno auf HEGEL III“ wurde enthüllt, dass Dana Frost an einer unheilbaren Krankheit litt. Als wäre es eine Nebensache, wurde zudem erwähnt, dass Tregarde bereits seit längerem in Dana verliebt war. Auch Danas Rückkehr auf die Sternenfaust brachte das Thema nicht in den Mittelpunkt der Handlung. Dana wurde von den Toten Göttern mit der relativen Unsterblichkeit gesegnet und deutlich verjüngt. Daraufhin rechnete sich Tregarde einfach keine Chancen mehr aus.

Dieses Beispiel ist eigentlich exemplarisch dafür, wie Beziehungen in der Serie in jüngster Vergangenheit gepflegt wurden.

Das war zu Beginn der Serie anders, aber nicht besser. Gleich von Beginn durfte Dana Frost Gefühle für den Kommunikationsoffizier Stein haben, sie aber nicht ausleben. Denn das verstieß gegen die Regeln des Star Corps. Obwohl nie etwas nennenswertes passierte, ließen die Autoren Frost pro Heft mindestens einmal an ihre Gefühle denken. Das wirkte wie eine Mädchenschwärmerei und war recht albern. Glücklicherweise nahm man rasch davon Abstand.

Erst später entkrampfte sich das Verhältnis der Serie zu Beziehungen zwischen ihren Charakteren. Bruder William durfte eine Zeit lang eine Beziehung mit Rana Quaid führen, Dana Frost mit Yngvar McShane. Beide Beziehungen überlebten jedoch den Zeitsprung der Serie nicht.

Während sich die Beziehungen zwischen Dana und Yngvar noch anbahnte und auch die Bruder Williams ein kleines Vorspiel hatten, wurde nach Band 100 eher postuliert. Tregarde war auf einmal in Dana verliebt. Brooks war in Sobritzky verliebt. Taglieri und Savannah waren schon immer ein Paar. Lediglich die Beziehung zwischen dem J'ebeem Gondrel Harath und der Christophorerin Frida wurde etwas breiter erzählt.

Aber nicht nur Liebesbeziehungen wurden von der Handlung in den Hintergrund gedrängt. Die Sternenfaust-Besatzung war eine einzige funktionale Einheit. Es gab keinerlei störende oder besondere Elemente mehr. Keine Arroganz, keine persönlichen Abneigungen. Lediglich einmal wurde angedeutet, dass Dana Frost ein wenig das Vertrauen in Captain Mulcahy verloren hat. Das eroberte er sich jedoch schnell zurück. Eine Dissonanz zwischen den Kurzzeit Freunden Alyawarry und Austen existierte zwar, wurde jedoch bis zur Auflösung der selben nie direkt thematisiert.

Das ist schade, denn solche Beziehungen machen die Handlung auf dem Schiff interessanter. Allerdings war bei der Handlungsfülle lang Zeit gar kein Platz für solche Handlungen. Durch die gute und umfangreiche Handlung bedurfte es meist gar keiner Charaktergeschichten. Tatsächlich war es sogar eine Stärke der Serie, selbst eine dünne Handlung durch die vielen Ebenen und Orte auf denen sie meist erzählt wurde, auszugleichen.

„Rendezvous mit einem Klon“ zeigt aber, dass die Autoren es auch beherrschen, einen Geschichte aus der Sicht eines einzigen Charakters zu erzählen. Es wäre wünschenswert, wenn sich das gelegentlich wiederholen würde. Im Idealfall gelingt sogar eine gute Geschichte aus der Sicht eines Charakters, die an Bord des titelgebenden Raumschiffes spielt.

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