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Ein Abend bei Gaisbauers (Teil 9)

Teestunde mit Rolf...Moin Rolf, weiter geht’s mit dm Interview im Hause Gaisbauer … Was liegt heute an? Erzähl mal.

Ein Abend bei Gaisbauers (Teil 9)

Unser Interview entwickelt sich wirklich zu einer fast unendlichen Geschichte. Aber es ist sehr Vieles darin enthalten, was ich später nicht mehr zu wiederholen brauche - oder schon erzählt habe. Und so haben sie Leute, die damals einige meiner Worte anzweifelten (diese Teestunden liegen schon etwas zurück) in der Lage, meine Erzählungen auf Wahrheit zu überprüfen.


Denn wer in die Jubiläums-Schrift sehen kann, der kann auch überprüfen, aber ich dieses Interview, das die Meinungen vor ca. 20 Jahren wieder gibt, irgendwie ›geschönt‹ habe.

Machen wir gleich weiter - denn wir sind immer noch bei einer Thematik, die sie über all die Jahre zum echten Dauerbrenner entwickelt hat - das deutsche Roman-Heft.

Gustav Gaisbauer: Also die Pabel-Serie "Kommissar X" hätte doch wirklich nicht eingestellt werden müssen, wenn man von der Redaktion her nicht konsequent von den Autoren der ersten Garnitur zu denen der zweiten und dritten Klasse übergegangen wäre. Am Ende erschien nur noch Schrott, obwohl durchaus bessere Autoren zur Verfügung gestanden hätten.

Schon wieder eine Zwischenbemerkung. Ich weiß, ihr denkt jetzt, auf gut Kasselänisch gesprochen: »Kann dann disse aahle Kanaalmaade nit moh sin gottverbummischdes Mäährmull haalen? - Näää, kann hä nit. Hä muss widder allszus drinne rum mähren, wenn emme was doderbie infälld.« Hach, ich liebe mein ›Fullebrücken-Platt‹ wie in der Altstadt und damals am Wesertor im ›Nachtjacken-Viertel‹ so normal gesprochen wurde wie Cockney in London East-End ...

Den gleichen Fehler wie damals die Pabel-Leute beim »Kommissar X« hat W. K.Giesa beim "Zamorra" gemacht. Crom weiß, wer ihn dazu beeinflusst hat, nicht bei Manfred Weinland und mit anzurufen, um das alte Zamorra-Team wieder arbeiten zu lassen. Ich stand ja eigentlich schon seit Band 500 in der Startlöchern, seit Werner mir auf einem Marburg - Con sagte, demnächst brauche er beim Zamorra mal wieder Hilfe. Und als er dann anrief und um Mitarbeit beim 666er Zyklus bat, weil er Amun-Re aus der Handlung haben wollte, sah ich das eigentlich als Startsignal für einen Neueinstieg an.

Weil Werner aber damals erkennbar noch keine anderen Aufträge hatte, musste ich annehmen, dass er bei einer Honorarforderung meinerseits das von seinem monatlichen ›Gehalt‹ abziehen müsse. Damit er eben nicht weniger Verdienst hatte, habe ich ihm eben damals den Text in der Länge von zwei Heftromanen zum Geburtstag geschenkt. Hermann hat meiner damaligen Lebensgefährtin dann auch aus Versehen erzählt, wie viel Geld ich da verschenkt habe - und weil für diese Frau eben das Geld am höchsten stand, gab es etwas, was ich mir bei verbalen Differenzen in sechseinhalb Jahre von ihr anhören musste.

Als Hermann dann von der Buchmesse kam und mir klar machte, dass Werner schon über ein halbes Jahr mit Co-Autoren zusammen arbeitete, die er ganz neu in die Serie reingezogen hatte, war das eben das glühende Schwert, das er mit in die Seele bohrte - oder wahrscheinlich bohren musste. Immerhin hatte er sich einen neuen Freundeskreis geschaffen und konnte als der maßgebende Autor der Serie Co-Autoren einsetzen wie er wollte.

Ob das der Serie gut getan hat, dass ständig neue Autoren daran basteln durften, müssen andere entscheiden.

Natürlich hat er mit Claudia Kern einer hervorragenden Autorin eine Plattform gegeben.
Selbst mit seinem väterlichen Freund und großem Leitbild Kurt Brand gab es in dessen letzten Lebensmonaten ein sehr ernstes Zerwürfnis.

Ja, wie also bei Pabel der "Kommissar X" zum Experimentierfeld für Nachwuchsautoren wurde - wenigstens eine sehr schillernde Persönlichkeit aus dem Horror-Fandom war dabei und durfte einen "Kommissar X" schreiben - so machte Werner Kurt Giesa aus dem Zamorra eine Spielwiese für Jungautoren. Dabei ist immerhin Christian Montillon herausgekommen. Und die Namen manch anderer Autoren werden wir wohl nie erfahren, die W.K. unter die Arme gegriffen haben.

Jeder von den neuen Autoren versuchte natürlich, seine eigenen Ideen in die Serie einzubringen und auf diese Weise wurde der ganze Hintergrund der Handlung nur noch unübersichtlicher. Es ist ein Wunder, dass die Serie das damals überstanden hat - aber ich vermute, im Verlag ist man darauf irgendwann aufmerksam geworden und hat rechtzeitig den Platz auf der Kommandobrücke in andere Hände gelegt.

Das ist inzwischen alles Vergangenheit. Und es ist kaum anzunehmen, dass es Susanne Picard bei der Menge der zur Verfügung stehenden Autoren nötig hat, mit ›unbedarften Amateuren‹ zu experimentieren, wie W. K.Giesa das gemacht hat.

Wie sagte Hermann und mir mal vor vielen Jahren ein Chefredakteur beim Bastei-Verlag? »Wir sind ein wirtschaftliches Unternehmen das auf Verkaufen und Gewinn basiert und kein Experimentierfeld oder Mäzen für untalentierte hoffnungsfrohe Jungautoren.«

Werner ist fast fünf Jahre tot - aber der »Professor Zamorra« ist noch am Leben und verkauft sich noch. Das zeigt also, dass das Management jetzt wieder richtig gut funktioniert und dass durch das jetzige Team erfahrener Autoren ein gleichbleibendes Niveau der Serie erhalten wird.

Machen wir mal im Interview weiter ...

H.H.von Allwörden: Ein Verlagsleiter eines anderen großen deutschen Zeitschriften-Konzerns sagte mir mal auf den Kopf zu: "Heftromane und Taschenbücher - wissen Sie eigentlich, wie unwirtschaftlich die Dinger sind und was man damit verdienen kann? Ich brauche nur eine Zeitschrift und erwirtschafte damit das Zehnfache des gesamten Heft-Programms." Daher kommt ein Konzern wie Bauer beim Heftroman automatisch zum Schluss, dass damit zu wenig Geld zu machen ist, selbst wenn eine Serie gut läuft.  
W.K.Giesa: An jedem verkauften Heftroman verdient der Verlag gerade mal fünf Pfennige, was mittlerweile vielleicht auf sechseinhalb bis sieben Pfennige gestiegen sein mag.
Franz Schröpf: Ein kleiner, unabhängiger Verlag, wie es Pabel früher war, hätte also mit seinen Heftserien ganz gut leben können, weil er nicht so hohe Ansprüche gestellt hat.
H.H. von Allwörden: Teils - teils...

Hier müssen wir natürlich die früheren Verkaufsauflagen zugrunde legen, die teilweise Hunderttausend und mehr ausmachten. Davon träumen die Verlage heute noch...

Franz Schröpf: Ist das große Heftroman-Sterben nun auf die Gigantomanie der Konzerne zurückzuführen, die sie prinzipiell für unrentabel halten oder ist der Absatz auf dem Heftromansektor tatsächlich zurück gegangen?
W.K.Giesa: Der Absatz ist nicht zurück gegangen, die Serien sind von oben zugemacht worden.

Damit meinte Werner sicher die Pabel-Serien, die nach dem Unfalltod von Herrn Müller-Reymann alle zusammen zugemacht wurden und damit das Fiasko von 1986 bewirkten, das einen Dan Shocker zum Arbeitslosen machte - und einen W.K.Giesa vermutlich auch, wenn er nicht noch durch den Zamorra eine kleine Verbindung zum Bastei-Verlag gehabt hätte.

Denn in dieser Zeit drängte sich Werner immer mehr zu Pabel hin, weil die erstens erheblich mehr bezahlten (weshalb W.K. mit ja den Zamorra völlig übergeben wollte - wenn er ...) und weil er durch seine Mythor-Kontakte mit Herrn Schelwokat hoffen konnte, bei Perry-Rhodan in die Heft-Serie zu kommen. Spätestens dann wäre Werner beim Zamorra nur noch gelegentlicher Gast-Autor gewesen, weil er da ja - seinen eigenen damaligen Worte zufolge - bares Geld drauf legt, wenn er für Bastei arbeitet. Heute darf man diese damals streng geheimen Worte ja sagen ...

Franz Schröpf: Das heißt, die Auflagen wären heute noch so ebenso hoch wie vor zehn Jahren?
W.K.Giesa: Nein, so hoch wie vor zehn Jahren nicht mehr. Aber sie sind noch akzeptabel. Doch Bauer ist an Heftromanen eben nicht interessiert. Deshalb wurden alle Serien eingestellt. Selbst die, für die man kurz zuvor durch den Aufkauf des Zauberkreis-Verlages viel Geld ausgegeben hatte.
Die "Landser"-Reihe schlachtete man allerdings nicht, da sie eine heilige Kuh darstellt. Auch "Gaslicht" wurde nicht eingestellt. Man will möglicherweise versuchen, in den Taschenheft-Bereich hinein zu kommen. Eine weitere heilige Kuh ist Perry Rhodan. Aber dessen Auflagen und Nebenserien wurden ja auch bereits gewaltig beschnitten.
Gustav Gaisbauer: Aber warum hat Bauer dann Zauberkreis überhaupt aufgekauft, wenn die ganzen Zauberkreis-Reihen und Serien unmittelbar darauf eingestellt wurden.
W.K. Giesa: Das weiß man nicht. Man könnte vermuten, dass es zu diesem Zweck geschah, die Konkurrenz platt zu machen.
Franz Schröpf: Da kann ich mir nicht vorstellen. Denn nach dem Ausstieg Pabels aus dem Heftromansektor hätte man doch kein Geld mehr ausgeben müssen, andere Heftverlage unter zu kriegen. Meine Überlegung ist, dass Pabel anfangs durchaus noch größere Pläne mit den Zauberkreis-Heften hatte und die Entscheidung für die Rundum-Einstellung erst nach dem Ankauf erfolgte.
W.K.Giesa: Vielleicht diente es dazu, das Gesicht zu wahren. Wenn man zuerst einen anderen Verlag aufkauft und dessen Hefte einstellt, dann kann man anschließend die eigene Heftserie beenden, ohne an Image zu verlieren.
Franz Schröpf: Nein, das gibt wirtschaftlich keinen Sinn. Das ist ein Minus-Geschäft.

Hier ist wieder mal erkennbar, wie W.K.Giesa, der die Wahrheit sehr genau kannte, sich gebärdet wie ein Freimaurer, dem man versucht, die Geheimnisse zu entlocken. Seine Ausführungen sind - um es mit Mister Spock zu sagen - ›Faszinierend, aber unlogisch‹.

Der Zauberkreis-Verlag war schon Monate vorher verkauft worden und Jürgen Grasmück war eigentlich froh, jetzt unter dem Dach des Heft-Verlages zu stehen, der die höchsten Honorare zahlte.

Er hatte ja große Pläne mit »Ron Kelly« und Werner wäre irgendwann sicher Co-Autor (wahrscheinlich gar Hauptautor) bei »Larry Brent« und »Macabros« geworden, wenn Jürgen das Schreiben nicht mehr geschafft hätte. Ich war ja schon für »Ron Kelly« vorgesehen und Jürgen hatte ein völlig neues Konzept dafür entwickelt.

Durch den tragischen Verkehrsunfall von Herrn Müller-Reymann wurde dessen Stelle mit einer neuen Person besetzt - die dann auch alles neu überdachte und neu kalkulierte. Denn es muss ernsthaft angezweifelt werden, dass eine Einstellung der Serien damals auch nur angedacht waren, als Zauberkreis aufgekauft wurde. Das wäre Narretei gewesen. Warum gebe ich Geld für die Übernahme eines Verlages, wenn ich mein Programm erheblich kürzen will? So weit ich weiß, war Pabel ja der einzige Interessent an der Übernahme. Kelter wäre finanziell dazu sicher gar nicht in der Lage gewesen.

Aber ich sagte ja schon vor längerem, dass Werner dieses Interview so bearbeitet und geschönt hat, dass er bei Verlagen keine Probleme bekommen konnte. Und - bis zum Schluss hat er ja immer geglaubt, mal ›in den Rhodan reinzukommen‹. Das war der größte Wunsch seines Lebens.

Und von daher muss man das sehen, das W.K.G. hier wahrhaft seltsame Argumente bringt, anstelle die Chance zu nutzen, um eine kleine Abrechnung zu halten. Denn schließlich haben die Pabel-Einstellungen ihn ja genau so betroffen. Und hätte der Professor Zamorra sich nicht als Retter im letzten Augenblick erwiesen, dann wäre der Umzug vom großen Haus am Waldesrand in eine bürgerliche Reihenhauswohnung schon wesentlich früher erfolgt - und der silberne Daimler hatte ganz gewiss auch zur Disposition gestanden.

Es geht dann mit dem Konkurs des Marken-Verlages im Thema weiter. Doch das heben wir uns für die nächste Woche auf. Denn ich hätte eigentlich noch eine Woche Zeit für die neue Teestunde - aber ich habe Lisa am Wochenende hier und außerdem will ich endlich mal wieder Vollschicht an einem neuen Visionia-Kapitel machen.

Und ihr erfahrt gleich, wie es in der Höhle des Diebesgottes Manos aussieht, deren Eingang Sina und ihre Freunde suchen. Langweilig wird es denen dort unten wirklich nicht. Und in einer Woche wisst ihr dann auch ganz genau, ob Sabrina und ihre Freunde im Drachen-Feuer geröstet werden und welches Schicksal Vanessa Seemann und ihre Freundin Monika erwartet.

Eins kann ich versprechen. Es bleibt spannend. Bis in einer Woche also ...

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