In memoriam: Der Vater des Horrorheftromans Eine Jürgen Grasmück - (Kurz-) Biographie
Der Vater des Horrorheftromans
Eine Jürgen Grasmück-(Kurz-)Biographie
Eine Jürgen Grasmück-(Kurz-)Biographie
Seine Mutter starb bei der Geburt, und er wurde von seiner Tante Josefine Kopp, geb. Grasmück (einer Schwester seines Vaters) und deren Mann Alois großgezogen. Sein leiblicher Vater fiel 1944 bei Stalingrad in Rußland, als Jürgen gerade vier Jahre alt war.
Von Kindesbeinen an kaum, dass er lesen und schreiben konnte - waren seine liebsten Gefährten Bücher. Jürgen las mit Begeisterung alles, wenn es nur merkwürdig und ungewöhnlich genug war. Zum Leidwesen seiner Lehrer verfasste er in seinen Schulheften am laufenden Band abenteuerliche Geschichten. Eine besonders wilde und lange Geschichte tippte er schließlich im Einfingersystem auf einer uralten klapprigen Schreibmaschine ab. In diesem 'Roman' spielten ein Wilderer und eine Gruppe Jugendlicher die Hauptrollen. Der Wilderer lebte in einer mit allen technischen Raffinessen ausgestatteten Erdhöhle mitten in einem finsteren Wald und wurde von den kleinen Helden beobachtet, bekämpft und schließlich das Handwerk gelegt.
Jürgen Grasmück war so vermessen, das 'Werk' einem Verlag zur Prüfung vorzulegen. Es handelte sich um den STERN-Verlag, der damals in seiner Zeitschrift eine Beilage für Kinder hatte, das "Sternchen". Nach einiger Zeit kam es zurück (wie später übrigens noch einiges andere). Die Begründung: so etwas könne ein Jugendlicher nicht geschrieben haben. Es kämen Ausdrücke darin vor, die man in seinem Alter nicht benutze. Da er den Roman allein geschrieben hatte, war er über diese Meinung damals sehr bedrückt. Aber das nutzte auch nichts. Die Handlung war für damalige Zeiten ziemlich gruselig und phantastisch und man hatte es ihm wohl auch übel genommen, dass er Jugendliche den Fall klären ließ und nicht die Polizei einschaltete.
Man werfe einmal einen Blick inzwischen gängige Jugendbücher und buchserien. Man lasse Figuren wie Kalle Blomquist, die drei ???, die fünf Freunde und viele, viele andere Revue passieren. Man bedenke, was Jugendliche mittlerweile alles so erleben und aufklären. Man kommt unweigerlich zu dem Schluss: Jürgen Grasmück war seiner Zeit damals um einiges voraus. Mit großer Wahrscheinlichkeit wäre ihm das Manuskript dieses Jugendbuches später ohne Wenn und Aber abgenommen worden. Aber diese Arbeit ist leider verschollen. Jürgen hat das Manuskript seinerzeit nach der Ablehnung in den Müll geworfen.
Physisch ging es ihm nicht so gut. Jürgen Grasmück litt an einer seltenen und unheilbaren Krankheit (eine Art des Muskelschwundes). Vom fünfzehnten Lebensjahr an zwang sie ihn in den Rollstuhl. In dieser Zeit las noch mehr. Vor allem utopische Romane hatten es ihm angetan, die Reisen ins Weltall und zu fernen Sternen und Welten schlugen ihn in ihren Bann. Dabei steckt die SF, wie utopische Romane später genannte wurden, noch in den Kinderschuhen. Es gab erst einige Leihbüchern und erste Heftromane. So die Serie "Jim Parker" (die war ihm zu "technisch" war, denn er vermisste hier wirkliche Abenteuer auf fremden Planeten und mit außerirdischen Mächten). Es gab schließlich den UTOPIA-Kleinband und die ersten UTOPIA-Großbände des Pabel-Verlags tauchten auf. Hier fand er endlich die Abenteuer, die er so gern lesen wollte, und die ihn mitrissen.
In dieser Zeit erfuhr Jürgen Grasmück, auch von der Existenz des SFCD (Science Fiction Clubs Deutschland), dessen 1. Vorsitzender Walter Ernsting war. Fast augenblicklich schrieb Jürgen den Club an. Er erhielt von Walter Ernsting ein Probe-Exemplar der Club-Zeitung "Andromeda": Jürgen trat umgehend dem Club bei und unternahm seine ersten schriftstellerischen Versuche mit utopischen Themen. Ideen dafür hatte er zuhauf. Denn was man nicht lesen konnte, erdachte und erzählte er sich selbst. Jetzt flossen diese Erzählungen aus ihm heraus.
So entstand seine erste SF-Kurzgeschichte. Walter Ernsting (vielen besser bekannt als Clark Darlton) veröffentlichte sie in "ANDROMEDA" (Ausgabe 6 - Juli/August 1956) unter dem Titel "Atomkrieg auf dem Mars". Jürgen war einfach nur mächtig stolz auf diese Veröffentlichung und las sie mehrmals.
Schon wenige Monate nach dieser Veröffentlichung schrieb er seinen ersten SF-Roman. Wort für Wort erst mit der Hand. Dann wurde er noch abgetippt. Heinz Bingenheimer (der Gründer der Buchgemeinschaft TRANSGALAXIS, die noch heute besteht und von seinem Sohn Rolf weitergeführt wird), den Jürgen inzwischen kennen gelernt hatte, erkannte Jürgens Talent. Bingenheimer unternahm den schicksalhaften Versuch, das umfangreiche Manuskript zu lesen und zu lektorieren. In dem von Bingenheimer verfassten Gutachten vom 1. Dezember 1956 ist unter anderem folgendes zu lesen:
H. G. Franziskowsky, der Perry Rhodan-Autor, den Jürgen Mitte der sechziger Jahre kennen lernte, sagte, dass er, bisher noch kein so passendes Pseudonym entdeckt hätte, das dem eigenen Namen so perfekt nachempfunden sei).
Aber nicht nur im Leben des Schriftstellers Jürgen Grasmück tat sich einiges. Auch das Leben des Menschen Jürgen Grasmück entwickelte sich zu seiner Freude. Nachdem er die Realschule beendet hatte, blieb er - aufgrund seiner Krankheit - zu Hause. Aber er vergrub sich nicht in seinen vier Wänden. Mit seinen Freunden unternahm er aber doch so einiges und dabei lernte er 1960 seine Frau Karin kennen. Noch im selben Jahr, am 28. Oktober 1960, heirateten die beiden und im August 1961 wurde Constanze, die Tochter von Jürgen und Karin, geboren.
Jürgen hatte mittlerweile einen Job bei einem Hanauer Versandunternehmen gefunden. Er schrieb und formulierte Mahnschreiben an säumige Zahler. Darüber hinaus gab er noch Nachhilfe, um über die Runden zu kommen. Die Honorare für Leihbücher, nicht nur aus dem Genre SF, waren niedrig. Das Leihbuch war bereits im Niedergang begriffen. Es gab keine Garantie für regelmäßige Abnahme. So war es schwierig für ihn, die Familie aus Honoraren und den anderen Einkünften zu ernähren.
So schrieb er auch für den österreichischen Rolf Mauerhardt-Verlag insgesamt elf Krimis und dazu seinen einzigen Western (Eine Stadt hält den Atem an, Rocky Tocky 114), den er selbst als Jugendsünde bezeichnete. Für diese Manuskripte gab es nur Mini-Honorare, aber sie halfen ihm einen Schritt weiter.
In dem SF-Roman "TESTAMENT DES GRAUENS" unternahm er einen ersten Vorstoß in die Gefilde der Phantastik bzw. des Horrors. SF und Grusel lagen nach seiner Meinung enger zusammen, als manch einer in den Redaktionsbüros von Heft- und Leihbuchverlagen seinerzeit dachte. Und so nahm er sicha du des Themas an, dass sowohl zu den Wurzeln der Science Fiction, als auch des Horrors zählen darf: Frankenstein. Beim Publikum kam das Buch seinerzeit so gut an, dass Jürgen Grasmück Monate später einen zweiten Band um das Thema schrieb. Der Roman hieß "DIE ANGST GEHT UM". Warum er damals dieses Konzept nicht weiter verfolgte, wußte er später nicht mehr. Höchstwahrscheinlich lag es zum Teil auch daran, dass die Honorare für die Leihbücher zu einem Hungerleider-Honorar abgesunken waren. Die meisten Leihbüchereien schlossen - dank der Konkurrenz des Fernsehens - ihre Pforten und die Leihbuch-Verlage folgten ihnen nur wenig später.
Bis 1964 waren dann insgesamt 18 SF-Leihbücher (von denen einige als Nachdrucke in den SF-Heftreihen TERRA und UTOPIA erschienen), 13 Krimis und ein Western erschienen. Dazu kamen noch zwei Kurzgeschichten, die in einer von Heinz Bingenheimer zusammengestellten Anthologie "LOCKENDE ZUKUNFT" herauskamen.
Im Jahr 1966 kam Jürgen Grasmück mit der Agentur Biehler in Kontakt. Der Inhaber versorgte die Bastei SF-Serie "REX CORDA" mit Manuskripten und Autoren. Jürgen Grasmück und Biehler kamen ins Gespräch und Jürgen durfte bei der Serie mitschreiben. Er verfasste drei Romane, die als Nummern 30, 34 und 38 erschienen. Leider war es nur ein kurzfristiges Gastspiel, denn die Serie wurde mit Jürgens dritten Roman eingestellt. Da aber die Biehler-Agentur auch noch die neu gestartete SF-Reihe des Zauberkreis-Verlages komplett gestaltete, kam Jürgen Grasmück auch dort unter. Er wählte ein neues Pseudonym, das wiederum an seinen Namen angelehnt war, Jürgen Grasse. Innerhalb von drei Jahren schrieb er für die Reihe 19 SF-Romane. Zudem war Jürgen bei Perry Rhodan im Gespräch. Eine große Chance, die er aber aufgrund seiner angegriffenen Gesundheit nicht wahrnehmen konnte.
Noch während er die SF-Manuskripte schrieb, sattelte er innerlich um, denn die Materie war immer noch nicht das, was er schreiben wollte. Ihm kam der Zufall zu Hilfe, denn auf der Frankfurter Buchmesse 1967 klagte ihm der damalige Verlagsleiter des Zauberkreis Verlages Ernst sein Leid. Die Krimi-Reihe, der Silber-Krimi, des Zauberkreis-Verlages lief nicht mehr so recht. Man suchte etwas Neues, um die Reihe aufzupeppen.
Jürgen Grasmück machte etwas Neues, nämlich das Exposé für den ersten Larry Brent-Roman. Dieses kam an und er wählte als neues Pseudonym "DAN SHOCKER". Wer sich hinter diesem Pseudonym verbarg blieb knapp zehn Jahre ein gut gehütetes Geheimnis. Nur durch einen dummen Zufall kam 1977 raus, dass sich der ehemalige SF-Autor Jürgen Grasmück zum Grusel-Autor Nummer eins entwickelt hatte. Ein Schulkamerad - der Zeichner Helmut Wenske - hatte sich verplaudert.
Mit der Zeit kamen Jürgen Grasmück neue Ideen, die er in seiner Larry Brent-Serie nicht so unterbringen konnte. Jürgen selbst wollte Abwechslung zu Larry Brnt. So entwarf er das Konzept für die Macabros-Serie. Mehr Fantasy kam ins Spiel, denn während Larry Brent eine gelungene Mischung zwischen Grusel, SF und Krimi war, wurde von Jürgen Grasmück bei Macabros der Schwerpunkt mehr auf die Fantasy gelegt.
Eigentlich sollte Macabros eine Taschenbuchreihe werden, aber der Zauberkreis-Verlag war anderer Meinung, und Jürgen durfte das taschenbuchlange Manuskript auf Heftlänge kürzen (Im Dan Shocker-Sonderband erschien 1993 die Urversion von "Der Monster-Macher").
Ab 1973 schrieb dann Jürgen Grasmück also alle zwei Wochen einen Roman, jeweils im Wchsel einen Larry-Brent-Roman und dann ein Abenteuer Björn Hellmarks aka Macabros. Wenn er es noch schafffte, schrieb er immer mal wieder Taschenbuch um Larry Brent.
Mit dem zunehmenden Erfolg seiner Larry-Brent-Romane und der Macabros-Serie verbesserte sich die finanzielle Lage in durchaus ansehnlichem Maße. Dan Shocker war einer der Stars des Zauberkreis Verlages. So veränderte sich die Familie Grasmück 1974 in Richtung der Wetterau. Man zog von Hanau nach Altenstadt. Dort hatte Jürgen ein Haus gekauft.
Die Jahre 1976 und 1977 waren in schriftstellerischer und noch mehr in privater Hinsicht nicht so gut für Jürgen Grasmück. Ein Herzinfarkt zwang Jürgen einige Wochen lang ins Krankenhaus. Schriftstellerisch scheiterte der Versuch im Rahmen der Macabros-Serie einen weiteren Helden, Frank Morell alias Mirakel, zu etablieren und aus der Macabros-Serie als eigenständige Serie auszukoppeln.
Das lag einerseits daran, dass die vier von Co-Autoren nach Exposé von Jürgen Grasmück verfassten Mirakel-Romane (Nrn. 55, 57, 62 und 72 der Macabros-Serie) beim Leser nicht gut ankamen und sich schlecht verkauften. Die Co-Autoren und die Story erwiesen sich als zu schwach. Das Konzept eines fliegenden Helden in Spandex scheint Comic und Film vorbehalten zu sein. Weitere Manuskriptvorschläge für die eigene Mirakel-Serie wurden von der Zauberkreis-Verlagsleitung deshalb abgelehnt. Mirakel ereilte also mit Band 76 der Macabros-Serie Der Ruf ins Vergessen. Ein wortwörtlich gemeinter Titel.
Immer wieder war in den Leserbriefen seiner Fans die Frage nach einem Dan-Shocker-Fan-Club aufgetaucht und so entschloss er sich, seinen eigenen Fan-Club zu gründen, um das Fanleben kanalisieren und beeinflussen zu können.
Am 1. November 1977 war es soweit und der DAN SHOCKER's FANTASTIK-CLUB "MARLOS" öffnete seine Pforten. Eigentlich hatte Jürgen Grasmück jemanden für die Club-Leitung gewinnen können. Doch die Arbeit häufte sich. Es gab mehr zu tun als erwartet worden war. So sprang Alexandro Laue schon nach kurzer Zeit ab. So managte Jürgen zusammen mit seiner Frau Karin den Club selbst. Neben seiner schriftstellerischen Tätigkeit betreute er über zwei Jahre lang redaktionell die Club-Letter, bis er in Gustav Gaisbauer einen Nachfolger fand, dessen Nachfolger wiederum der Verfasser dieser Zeilen wurde.
Als Jürgen Grasmück anlässlich des 2. Cons des Clubs, dem so genannten Marlos-Treffen 1980, die Burg Frankenstein in der Nähe von Darmstadt-Eberstadt besuchte, kam ihm spontan die Idee zu einer neuen Heldenfigur, die ihn von Stund' an zusätzlich beschäftigte: Robert Nordan, der Reporter des Unheimlichen.
Auch für ihn schuf Jürgen Grasmück einen ganz persönlichen Kosmos. Im Oktober/November 1981 erschien dann der erste "Monster Frankenstein-Spannungsroman" in Taschenbuchformat. Drei weitere sollten ihm noch im jährlichen Rhythmus folgen. (Immer zur Zeit des Halloween-Festes auf Burg Frankenstein; dies wurde zum Mythos).
Auf einer Geburtstagfeier von W.K. Giesa machte Jürgen Grasmück den Vorschlag eine neue Grusel-Serie für den Zauberkreis-Verlag zu kreieren. Der Magier war geboren und wurde nach Ideen von J.G. verfasst. Jürgen übernahm die redaktionelle Betreuung der Serie und hier zeigte es sich, dass Jürgen zwar ein sehr guter Autor, aber nur ein mäßiger Redakteur war. Zu oft warf er das Konzept der Romane um. Für die Autoren war es nicht einfach mit ihm zu arbeiten. Jürgen liebte es, spontane Ideen zu verwirklichen. Das war seine Stärke. Zuerst dachten die Magier-Leser, Dan Shocker würde die Romane verfassen. Nachdem jedoch Jürgen mehrmals klargestellt hatte, dass er die Serie nur betreue und nicht schrieb, sanken die Verkaufszahlen dermaßen, dass der Verlag die Serie einstellte.
Zwischenzeitlich war auch die Firma EUROPA auf Jürgen Grasmücks Werke aufmerksam geworden. So gab es wenig später 15 LARRY BRENT und 10 MACABROS-Hörspielcassetten, die aber leider nicht den Dauer-Erfolg der Hefte hatten. Leser der Romane waren mit den Ergebnissen nur bedingt zufrieden. Insbesondere die Musik erschreckte. Dennoch war es für Europa ein Riesenerfolg, aber als mit der Folge Die Schlangenköpfe des Dr. Gorgo Ärger mit dem Jugendschutz dräute, wurden die Horrorprojekte bei Europa eingestelt. Eine Neuauflage nach der Jahrtausendwende schaffte es nicht, den Erfolg zu wiederholen. Auch die Hörbücher, gelesen von der Stimme Larry Brents aus den Hörspielen, Rainer Schmitt, funktionierten kommerziell nicht.
Auf der Buchmesse 1983 wurde Jürgen Grasmück von einem anderen Hörspielproduzenten - Delta - darauf angesprochen, ob er nicht für sie eine Hörspielreihe konzipieren wolle. Jürgen hatte sofort mehrere Vorschläge parat und entschied sich dann für ein Thema aus dem Bereich "merkwürdige Abenteuer und ungewöhnliche Begebenheiten".
Seinen Serienhelden nannte er damals noch TOM KELLY. Aus ihm wurde schließlich RON KELLY, weil es schon in einer deutschen Westernserie einen Helden namens "Tom Kelly" gab. Anfang 1985 erschien RON KELLY zuerst als Heftroman-Serie, kurze Zeit später kam auch die Hörspielproduktion heraus. Die Hörspiele sind purer, aber stimmungsvoller Trash. Eine Art Plan from Outer Space für die Ohren. Im Hause Delta erschienen einige von diesen unfreiwillig komischen Hörspielen. Darunter auch Conan und Dan Cross.
Das Jahr 1985 brachte für Jürgen Grasmück einige Veränderungen, denn der Besitzer des Zauberkreis-Verlages - Herr Dr. Greiser - hatte sich entschlossen, den Verlag an den größeren Konkurrenz-Verlag Pabel/Moewig zu verkaufen. Nach einigen kleinen Eingewöhnungsschwierigkeiten lief eigentlich alles so weiter wie bisher. Aber so ganz war Jürgen Grasmück mit der Situation nicht zufrieden, denn während er beim Zauberkreis-Verlag die Nummer Eins in Sachen Grusel mit sehr vielen Freiheiten gewesen war, der immer mit seinen Vorschlägen auf entscheidungsfreudige Leute getroffen war, wurden bei Pabel Entscheidungen auf die lange Bank geschoben.
Im Mai 1986 kam durch einen tragischen Verkehrsunfall genau an seinem 50. Geburtstag Müller-Reymann, der Chefredakteur des Pabel-Verlages, ums Leben. Damit traten innerhalb des Verlages große Veränderungen ein. Kurzfristig wurde innerhalb einer Krisenkonferenz der Entschluss gefasst, die Serien MACABROS-Neuauflage und RON KELLY von Dan Shocker und drei weitere Serien/Reihen einzustellen. LARRY BRENT hatte nur noch eine Galgenfrist, denn Anfang Dezember 1986 wurde auch er eingestellt.
Doch so ganz unvorbereitet traf Jürgen Grasmück diese Entscheidung nicht mehr, denn im Sommer 1986 hatten seine Frau und er sich entschlossen, ein neues Standbein zu schaffen, denn in den Monaten davor zeichnete sich eine weitere Verschlechterung von Jürgens Leiden ab, so dass er des Öfteren Nachdrucke liefern musste, statt neue Romane zu schreiben, weil er kräftemäßig das frühere Tempo nicht mehr durchhielt.
So eröffnete er in Hanau zusammen mit seiner Frau die Esoterische Bücherstube. Bisher hatte er sich mit diesem zu der Zeit boomenden Thema nur in seinen Romanen beschäftigt, so kümmerte er sich nun darum sie zu verkaufen. Natürlich genügte ihm dieses nicht und so engagierte er sich für Veranstaltung von Seminaren und Vorträgen diverser Autoren aus dem Bereich. Darunter die Sängerin Penny MacLean.
In den Club-Magazinen des Dan Shocker's Fantastik-Club waren einige SF-Romane und unveröffentlichte Krimis von Jürgen Grasmück erschienen, aber etwas Neues gab es von ihm seit 1986 nicht zu lesen, das lag einerseits daran, dass seine körperliche Kraft in den letzten Jahren noch mehr nachgelassen hat und andererseits daran, dass ihn der Geschäft und die Organisation der Vorträge und Seminare seine ganze Zeit in Anspruch nahm.
Für DAN SHOCKER- Sonderband hatte er sich 1993 trotzdem die Zeit genommen und drei Anekdoten und das Vorwort geschrieben. Es war ein harter Kampf ihm die Zeit zu stehlen, aber weil er sich dann an die alte Zeit erinnerte, machte ihm die Sache doch viel Spaß.
Als 1997 der Blitz-Verlag die Serien Larry Brent und Macabros in Neuauflage als Paperback herausbrachte, bat mich Jürgen die Romane in seinen Sinne zu bearbeiten. Es sollten Wiederholungen gekürzt, aber keine technischen Neuheiten, wie Handy, Notebook usw., eingeführt werden. Winnetou fährt ja auch im Golf zum Treffen mit Old Shatterhand, der ja auch nicht im VW-Bus- bzw. (Bully-)Trek über die Prärie zieht.
Liebend gern hätte ich einen neuen Roman von Jürgen Grasmück in folgenden Jahren gelesen, aber es bleibt bei den 400 Romanen, die Jürgen zwischen 1957 und 1986 geschrieben hat. Lediglich eine Kurzgeschichte und ein paar in alte Romane eingestreute Fragmente für Zaubermond verfasste er noch. Dann verfasste er noch Vorworte für die esoterischen Bücher, die im Grasmück-Verlag erschienen, den er auch noch gegründet hat.
Heute vor zwei Jahren erlag er seiner langwierigen Krankheit.
Von Kindesbeinen an kaum, dass er lesen und schreiben konnte - waren seine liebsten Gefährten Bücher. Jürgen las mit Begeisterung alles, wenn es nur merkwürdig und ungewöhnlich genug war. Zum Leidwesen seiner Lehrer verfasste er in seinen Schulheften am laufenden Band abenteuerliche Geschichten. Eine besonders wilde und lange Geschichte tippte er schließlich im Einfingersystem auf einer uralten klapprigen Schreibmaschine ab. In diesem 'Roman' spielten ein Wilderer und eine Gruppe Jugendlicher die Hauptrollen. Der Wilderer lebte in einer mit allen technischen Raffinessen ausgestatteten Erdhöhle mitten in einem finsteren Wald und wurde von den kleinen Helden beobachtet, bekämpft und schließlich das Handwerk gelegt.
Jürgen Grasmück war so vermessen, das 'Werk' einem Verlag zur Prüfung vorzulegen. Es handelte sich um den STERN-Verlag, der damals in seiner Zeitschrift eine Beilage für Kinder hatte, das "Sternchen". Nach einiger Zeit kam es zurück (wie später übrigens noch einiges andere). Die Begründung: so etwas könne ein Jugendlicher nicht geschrieben haben. Es kämen Ausdrücke darin vor, die man in seinem Alter nicht benutze. Da er den Roman allein geschrieben hatte, war er über diese Meinung damals sehr bedrückt. Aber das nutzte auch nichts. Die Handlung war für damalige Zeiten ziemlich gruselig und phantastisch und man hatte es ihm wohl auch übel genommen, dass er Jugendliche den Fall klären ließ und nicht die Polizei einschaltete.
Man werfe einmal einen Blick inzwischen gängige Jugendbücher und buchserien. Man lasse Figuren wie Kalle Blomquist, die drei ???, die fünf Freunde und viele, viele andere Revue passieren. Man bedenke, was Jugendliche mittlerweile alles so erleben und aufklären. Man kommt unweigerlich zu dem Schluss: Jürgen Grasmück war seiner Zeit damals um einiges voraus. Mit großer Wahrscheinlichkeit wäre ihm das Manuskript dieses Jugendbuches später ohne Wenn und Aber abgenommen worden. Aber diese Arbeit ist leider verschollen. Jürgen hat das Manuskript seinerzeit nach der Ablehnung in den Müll geworfen.
Physisch ging es ihm nicht so gut. Jürgen Grasmück litt an einer seltenen und unheilbaren Krankheit (eine Art des Muskelschwundes). Vom fünfzehnten Lebensjahr an zwang sie ihn in den Rollstuhl. In dieser Zeit las noch mehr. Vor allem utopische Romane hatten es ihm angetan, die Reisen ins Weltall und zu fernen Sternen und Welten schlugen ihn in ihren Bann. Dabei steckt die SF, wie utopische Romane später genannte wurden, noch in den Kinderschuhen. Es gab erst einige Leihbüchern und erste Heftromane. So die Serie "Jim Parker" (die war ihm zu "technisch" war, denn er vermisste hier wirkliche Abenteuer auf fremden Planeten und mit außerirdischen Mächten). Es gab schließlich den UTOPIA-Kleinband und die ersten UTOPIA-Großbände des Pabel-Verlags tauchten auf. Hier fand er endlich die Abenteuer, die er so gern lesen wollte, und die ihn mitrissen.
In dieser Zeit erfuhr Jürgen Grasmück, auch von der Existenz des SFCD (Science Fiction Clubs Deutschland), dessen 1. Vorsitzender Walter Ernsting war. Fast augenblicklich schrieb Jürgen den Club an. Er erhielt von Walter Ernsting ein Probe-Exemplar der Club-Zeitung "Andromeda": Jürgen trat umgehend dem Club bei und unternahm seine ersten schriftstellerischen Versuche mit utopischen Themen. Ideen dafür hatte er zuhauf. Denn was man nicht lesen konnte, erdachte und erzählte er sich selbst. Jetzt flossen diese Erzählungen aus ihm heraus.
So entstand seine erste SF-Kurzgeschichte. Walter Ernsting (vielen besser bekannt als Clark Darlton) veröffentlichte sie in "ANDROMEDA" (Ausgabe 6 - Juli/August 1956) unter dem Titel "Atomkrieg auf dem Mars". Jürgen war einfach nur mächtig stolz auf diese Veröffentlichung und las sie mehrmals.
Schon wenige Monate nach dieser Veröffentlichung schrieb er seinen ersten SF-Roman. Wort für Wort erst mit der Hand. Dann wurde er noch abgetippt. Heinz Bingenheimer (der Gründer der Buchgemeinschaft TRANSGALAXIS, die noch heute besteht und von seinem Sohn Rolf weitergeführt wird), den Jürgen inzwischen kennen gelernt hatte, erkannte Jürgens Talent. Bingenheimer unternahm den schicksalhaften Versuch, das umfangreiche Manuskript zu lesen und zu lektorieren. In dem von Bingenheimer verfassten Gutachten vom 1. Dezember 1956 ist unter anderem folgendes zu lesen:
"Der Roman ist weitaus besser als z. B. die meisten der UTOPIA-Kleinbände wie auch manche der in Buchform erschienenen Titel der letzten zwei Jahre. Dem Inhalt nach ist eine Verwendung für Jugendbuch-Reihen zu empfehlen, da der Inhalt technisch keine Ansprüche stellt und bei der leicht verständlichen und doch spannenden Handlung für alle Leser Interesse hat, die einen schweren SF-Roman ablehnen. Immerhin kann auch eine Vorlage erfolgen, wo Autoren wie J. E. Wells, Axel Jeffers u.a. Manuskripte veröffentlichen, die dem vorliegenden Band kaum gewachsen sind."Im Begleitschreiben teilt Heinz Bingenheimer Jürgen unter anderem Folgendes mit...
"... habe inzwischen ihr Manuskript durchgearbeitet und bin zu dem beiliegenden Ergebnis gekommen. Mir persönlich hat der Roman gefallen und ich freue mich, daß Sie die Gabe haben, schreiben zu können..."Heinz Bingenheimer gab sich große Mühe mit dem Manuskript und schaffte es, dieses beim Bewin-Verlag unterzubringen. Es erschien 1957 unter dem Titel "DIE MACHT IM KOSMOS". Jürgen Grasmücks Arbeistitel lautete "GEISTERSCHIFFE ÜBER TERRA". Aber den wollte der Verlag nicht übernehmen. Heinz Bingenheimer ist es zu verdanken, dass weitere SF-Bücher von Jürgen Grasmück erschienen, denn er brachte ihm die nötigen handwerklichen Kniffe bei und so folgten in kommenden Jahren in unregelmäßigen Abständen die nächsten SF-Leihbücher von Jay Grams. So lautete inzwischen das Pseudonym Jürgen Grasmücks. Er hatte es aus seinem Namen entwickelt: JAY - englisch für J wie Jürgen; GRAMS - Weglassen der letzten Silbe seines Namens und Umstellen von zwei Buchstaben.
H. G. Franziskowsky, der Perry Rhodan-Autor, den Jürgen Mitte der sechziger Jahre kennen lernte, sagte, dass er, bisher noch kein so passendes Pseudonym entdeckt hätte, das dem eigenen Namen so perfekt nachempfunden sei).
Aber nicht nur im Leben des Schriftstellers Jürgen Grasmück tat sich einiges. Auch das Leben des Menschen Jürgen Grasmück entwickelte sich zu seiner Freude. Nachdem er die Realschule beendet hatte, blieb er - aufgrund seiner Krankheit - zu Hause. Aber er vergrub sich nicht in seinen vier Wänden. Mit seinen Freunden unternahm er aber doch so einiges und dabei lernte er 1960 seine Frau Karin kennen. Noch im selben Jahr, am 28. Oktober 1960, heirateten die beiden und im August 1961 wurde Constanze, die Tochter von Jürgen und Karin, geboren.
Jürgen hatte mittlerweile einen Job bei einem Hanauer Versandunternehmen gefunden. Er schrieb und formulierte Mahnschreiben an säumige Zahler. Darüber hinaus gab er noch Nachhilfe, um über die Runden zu kommen. Die Honorare für Leihbücher, nicht nur aus dem Genre SF, waren niedrig. Das Leihbuch war bereits im Niedergang begriffen. Es gab keine Garantie für regelmäßige Abnahme. So war es schwierig für ihn, die Familie aus Honoraren und den anderen Einkünften zu ernähren.
So schrieb er auch für den österreichischen Rolf Mauerhardt-Verlag insgesamt elf Krimis und dazu seinen einzigen Western (Eine Stadt hält den Atem an, Rocky Tocky 114), den er selbst als Jugendsünde bezeichnete. Für diese Manuskripte gab es nur Mini-Honorare, aber sie halfen ihm einen Schritt weiter.
In dem SF-Roman "TESTAMENT DES GRAUENS" unternahm er einen ersten Vorstoß in die Gefilde der Phantastik bzw. des Horrors. SF und Grusel lagen nach seiner Meinung enger zusammen, als manch einer in den Redaktionsbüros von Heft- und Leihbuchverlagen seinerzeit dachte. Und so nahm er sicha du des Themas an, dass sowohl zu den Wurzeln der Science Fiction, als auch des Horrors zählen darf: Frankenstein. Beim Publikum kam das Buch seinerzeit so gut an, dass Jürgen Grasmück Monate später einen zweiten Band um das Thema schrieb. Der Roman hieß "DIE ANGST GEHT UM". Warum er damals dieses Konzept nicht weiter verfolgte, wußte er später nicht mehr. Höchstwahrscheinlich lag es zum Teil auch daran, dass die Honorare für die Leihbücher zu einem Hungerleider-Honorar abgesunken waren. Die meisten Leihbüchereien schlossen - dank der Konkurrenz des Fernsehens - ihre Pforten und die Leihbuch-Verlage folgten ihnen nur wenig später.
Bis 1964 waren dann insgesamt 18 SF-Leihbücher (von denen einige als Nachdrucke in den SF-Heftreihen TERRA und UTOPIA erschienen), 13 Krimis und ein Western erschienen. Dazu kamen noch zwei Kurzgeschichten, die in einer von Heinz Bingenheimer zusammengestellten Anthologie "LOCKENDE ZUKUNFT" herauskamen.
Im Jahr 1966 kam Jürgen Grasmück mit der Agentur Biehler in Kontakt. Der Inhaber versorgte die Bastei SF-Serie "REX CORDA" mit Manuskripten und Autoren. Jürgen Grasmück und Biehler kamen ins Gespräch und Jürgen durfte bei der Serie mitschreiben. Er verfasste drei Romane, die als Nummern 30, 34 und 38 erschienen. Leider war es nur ein kurzfristiges Gastspiel, denn die Serie wurde mit Jürgens dritten Roman eingestellt. Da aber die Biehler-Agentur auch noch die neu gestartete SF-Reihe des Zauberkreis-Verlages komplett gestaltete, kam Jürgen Grasmück auch dort unter. Er wählte ein neues Pseudonym, das wiederum an seinen Namen angelehnt war, Jürgen Grasse. Innerhalb von drei Jahren schrieb er für die Reihe 19 SF-Romane. Zudem war Jürgen bei Perry Rhodan im Gespräch. Eine große Chance, die er aber aufgrund seiner angegriffenen Gesundheit nicht wahrnehmen konnte.
Noch während er die SF-Manuskripte schrieb, sattelte er innerlich um, denn die Materie war immer noch nicht das, was er schreiben wollte. Ihm kam der Zufall zu Hilfe, denn auf der Frankfurter Buchmesse 1967 klagte ihm der damalige Verlagsleiter des Zauberkreis Verlages Ernst sein Leid. Die Krimi-Reihe, der Silber-Krimi, des Zauberkreis-Verlages lief nicht mehr so recht. Man suchte etwas Neues, um die Reihe aufzupeppen.
Jürgen Grasmück machte etwas Neues, nämlich das Exposé für den ersten Larry Brent-Roman. Dieses kam an und er wählte als neues Pseudonym "DAN SHOCKER". Wer sich hinter diesem Pseudonym verbarg blieb knapp zehn Jahre ein gut gehütetes Geheimnis. Nur durch einen dummen Zufall kam 1977 raus, dass sich der ehemalige SF-Autor Jürgen Grasmück zum Grusel-Autor Nummer eins entwickelt hatte. Ein Schulkamerad - der Zeichner Helmut Wenske - hatte sich verplaudert.
Mit der Zeit kamen Jürgen Grasmück neue Ideen, die er in seiner Larry Brent-Serie nicht so unterbringen konnte. Jürgen selbst wollte Abwechslung zu Larry Brnt. So entwarf er das Konzept für die Macabros-Serie. Mehr Fantasy kam ins Spiel, denn während Larry Brent eine gelungene Mischung zwischen Grusel, SF und Krimi war, wurde von Jürgen Grasmück bei Macabros der Schwerpunkt mehr auf die Fantasy gelegt.
Eigentlich sollte Macabros eine Taschenbuchreihe werden, aber der Zauberkreis-Verlag war anderer Meinung, und Jürgen durfte das taschenbuchlange Manuskript auf Heftlänge kürzen (Im Dan Shocker-Sonderband erschien 1993 die Urversion von "Der Monster-Macher").
Ab 1973 schrieb dann Jürgen Grasmück also alle zwei Wochen einen Roman, jeweils im Wchsel einen Larry-Brent-Roman und dann ein Abenteuer Björn Hellmarks aka Macabros. Wenn er es noch schafffte, schrieb er immer mal wieder Taschenbuch um Larry Brent.
Mit dem zunehmenden Erfolg seiner Larry-Brent-Romane und der Macabros-Serie verbesserte sich die finanzielle Lage in durchaus ansehnlichem Maße. Dan Shocker war einer der Stars des Zauberkreis Verlages. So veränderte sich die Familie Grasmück 1974 in Richtung der Wetterau. Man zog von Hanau nach Altenstadt. Dort hatte Jürgen ein Haus gekauft.
Die Jahre 1976 und 1977 waren in schriftstellerischer und noch mehr in privater Hinsicht nicht so gut für Jürgen Grasmück. Ein Herzinfarkt zwang Jürgen einige Wochen lang ins Krankenhaus. Schriftstellerisch scheiterte der Versuch im Rahmen der Macabros-Serie einen weiteren Helden, Frank Morell alias Mirakel, zu etablieren und aus der Macabros-Serie als eigenständige Serie auszukoppeln.
Das lag einerseits daran, dass die vier von Co-Autoren nach Exposé von Jürgen Grasmück verfassten Mirakel-Romane (Nrn. 55, 57, 62 und 72 der Macabros-Serie) beim Leser nicht gut ankamen und sich schlecht verkauften. Die Co-Autoren und die Story erwiesen sich als zu schwach. Das Konzept eines fliegenden Helden in Spandex scheint Comic und Film vorbehalten zu sein. Weitere Manuskriptvorschläge für die eigene Mirakel-Serie wurden von der Zauberkreis-Verlagsleitung deshalb abgelehnt. Mirakel ereilte also mit Band 76 der Macabros-Serie Der Ruf ins Vergessen. Ein wortwörtlich gemeinter Titel.
Immer wieder war in den Leserbriefen seiner Fans die Frage nach einem Dan-Shocker-Fan-Club aufgetaucht und so entschloss er sich, seinen eigenen Fan-Club zu gründen, um das Fanleben kanalisieren und beeinflussen zu können.
Am 1. November 1977 war es soweit und der DAN SHOCKER's FANTASTIK-CLUB "MARLOS" öffnete seine Pforten. Eigentlich hatte Jürgen Grasmück jemanden für die Club-Leitung gewinnen können. Doch die Arbeit häufte sich. Es gab mehr zu tun als erwartet worden war. So sprang Alexandro Laue schon nach kurzer Zeit ab. So managte Jürgen zusammen mit seiner Frau Karin den Club selbst. Neben seiner schriftstellerischen Tätigkeit betreute er über zwei Jahre lang redaktionell die Club-Letter, bis er in Gustav Gaisbauer einen Nachfolger fand, dessen Nachfolger wiederum der Verfasser dieser Zeilen wurde.
Als Jürgen Grasmück anlässlich des 2. Cons des Clubs, dem so genannten Marlos-Treffen 1980, die Burg Frankenstein in der Nähe von Darmstadt-Eberstadt besuchte, kam ihm spontan die Idee zu einer neuen Heldenfigur, die ihn von Stund' an zusätzlich beschäftigte: Robert Nordan, der Reporter des Unheimlichen.
Auch für ihn schuf Jürgen Grasmück einen ganz persönlichen Kosmos. Im Oktober/November 1981 erschien dann der erste "Monster Frankenstein-Spannungsroman" in Taschenbuchformat. Drei weitere sollten ihm noch im jährlichen Rhythmus folgen. (Immer zur Zeit des Halloween-Festes auf Burg Frankenstein; dies wurde zum Mythos).
Auf einer Geburtstagfeier von W.K. Giesa machte Jürgen Grasmück den Vorschlag eine neue Grusel-Serie für den Zauberkreis-Verlag zu kreieren. Der Magier war geboren und wurde nach Ideen von J.G. verfasst. Jürgen übernahm die redaktionelle Betreuung der Serie und hier zeigte es sich, dass Jürgen zwar ein sehr guter Autor, aber nur ein mäßiger Redakteur war. Zu oft warf er das Konzept der Romane um. Für die Autoren war es nicht einfach mit ihm zu arbeiten. Jürgen liebte es, spontane Ideen zu verwirklichen. Das war seine Stärke. Zuerst dachten die Magier-Leser, Dan Shocker würde die Romane verfassen. Nachdem jedoch Jürgen mehrmals klargestellt hatte, dass er die Serie nur betreue und nicht schrieb, sanken die Verkaufszahlen dermaßen, dass der Verlag die Serie einstellte.
Zwischenzeitlich war auch die Firma EUROPA auf Jürgen Grasmücks Werke aufmerksam geworden. So gab es wenig später 15 LARRY BRENT und 10 MACABROS-Hörspielcassetten, die aber leider nicht den Dauer-Erfolg der Hefte hatten. Leser der Romane waren mit den Ergebnissen nur bedingt zufrieden. Insbesondere die Musik erschreckte. Dennoch war es für Europa ein Riesenerfolg, aber als mit der Folge Die Schlangenköpfe des Dr. Gorgo Ärger mit dem Jugendschutz dräute, wurden die Horrorprojekte bei Europa eingestelt. Eine Neuauflage nach der Jahrtausendwende schaffte es nicht, den Erfolg zu wiederholen. Auch die Hörbücher, gelesen von der Stimme Larry Brents aus den Hörspielen, Rainer Schmitt, funktionierten kommerziell nicht.
Auf der Buchmesse 1983 wurde Jürgen Grasmück von einem anderen Hörspielproduzenten - Delta - darauf angesprochen, ob er nicht für sie eine Hörspielreihe konzipieren wolle. Jürgen hatte sofort mehrere Vorschläge parat und entschied sich dann für ein Thema aus dem Bereich "merkwürdige Abenteuer und ungewöhnliche Begebenheiten".
Seinen Serienhelden nannte er damals noch TOM KELLY. Aus ihm wurde schließlich RON KELLY, weil es schon in einer deutschen Westernserie einen Helden namens "Tom Kelly" gab. Anfang 1985 erschien RON KELLY zuerst als Heftroman-Serie, kurze Zeit später kam auch die Hörspielproduktion heraus. Die Hörspiele sind purer, aber stimmungsvoller Trash. Eine Art Plan from Outer Space für die Ohren. Im Hause Delta erschienen einige von diesen unfreiwillig komischen Hörspielen. Darunter auch Conan und Dan Cross.
Das Jahr 1985 brachte für Jürgen Grasmück einige Veränderungen, denn der Besitzer des Zauberkreis-Verlages - Herr Dr. Greiser - hatte sich entschlossen, den Verlag an den größeren Konkurrenz-Verlag Pabel/Moewig zu verkaufen. Nach einigen kleinen Eingewöhnungsschwierigkeiten lief eigentlich alles so weiter wie bisher. Aber so ganz war Jürgen Grasmück mit der Situation nicht zufrieden, denn während er beim Zauberkreis-Verlag die Nummer Eins in Sachen Grusel mit sehr vielen Freiheiten gewesen war, der immer mit seinen Vorschlägen auf entscheidungsfreudige Leute getroffen war, wurden bei Pabel Entscheidungen auf die lange Bank geschoben.
Im Mai 1986 kam durch einen tragischen Verkehrsunfall genau an seinem 50. Geburtstag Müller-Reymann, der Chefredakteur des Pabel-Verlages, ums Leben. Damit traten innerhalb des Verlages große Veränderungen ein. Kurzfristig wurde innerhalb einer Krisenkonferenz der Entschluss gefasst, die Serien MACABROS-Neuauflage und RON KELLY von Dan Shocker und drei weitere Serien/Reihen einzustellen. LARRY BRENT hatte nur noch eine Galgenfrist, denn Anfang Dezember 1986 wurde auch er eingestellt.
Doch so ganz unvorbereitet traf Jürgen Grasmück diese Entscheidung nicht mehr, denn im Sommer 1986 hatten seine Frau und er sich entschlossen, ein neues Standbein zu schaffen, denn in den Monaten davor zeichnete sich eine weitere Verschlechterung von Jürgens Leiden ab, so dass er des Öfteren Nachdrucke liefern musste, statt neue Romane zu schreiben, weil er kräftemäßig das frühere Tempo nicht mehr durchhielt.
So eröffnete er in Hanau zusammen mit seiner Frau die Esoterische Bücherstube. Bisher hatte er sich mit diesem zu der Zeit boomenden Thema nur in seinen Romanen beschäftigt, so kümmerte er sich nun darum sie zu verkaufen. Natürlich genügte ihm dieses nicht und so engagierte er sich für Veranstaltung von Seminaren und Vorträgen diverser Autoren aus dem Bereich. Darunter die Sängerin Penny MacLean.
In den Club-Magazinen des Dan Shocker's Fantastik-Club waren einige SF-Romane und unveröffentlichte Krimis von Jürgen Grasmück erschienen, aber etwas Neues gab es von ihm seit 1986 nicht zu lesen, das lag einerseits daran, dass seine körperliche Kraft in den letzten Jahren noch mehr nachgelassen hat und andererseits daran, dass ihn der Geschäft und die Organisation der Vorträge und Seminare seine ganze Zeit in Anspruch nahm.
Für DAN SHOCKER- Sonderband hatte er sich 1993 trotzdem die Zeit genommen und drei Anekdoten und das Vorwort geschrieben. Es war ein harter Kampf ihm die Zeit zu stehlen, aber weil er sich dann an die alte Zeit erinnerte, machte ihm die Sache doch viel Spaß.
Als 1997 der Blitz-Verlag die Serien Larry Brent und Macabros in Neuauflage als Paperback herausbrachte, bat mich Jürgen die Romane in seinen Sinne zu bearbeiten. Es sollten Wiederholungen gekürzt, aber keine technischen Neuheiten, wie Handy, Notebook usw., eingeführt werden. Winnetou fährt ja auch im Golf zum Treffen mit Old Shatterhand, der ja auch nicht im VW-Bus- bzw. (Bully-)Trek über die Prärie zieht.
Liebend gern hätte ich einen neuen Roman von Jürgen Grasmück in folgenden Jahren gelesen, aber es bleibt bei den 400 Romanen, die Jürgen zwischen 1957 und 1986 geschrieben hat. Lediglich eine Kurzgeschichte und ein paar in alte Romane eingestreute Fragmente für Zaubermond verfasste er noch. Dann verfasste er noch Vorworte für die esoterischen Bücher, die im Grasmück-Verlag erschienen, den er auch noch gegründet hat.
Heute vor zwei Jahren erlag er seiner langwierigen Krankheit.
(c) by Uwe Schnabel 1990, 1993 & 2009
Kommentare
Wer genau hinschaut sieht mich auf dem Gruppenfoto. Aber das stammt von 1989 und wurde in der Schweiz (Dietikon) beim Marlostreffen aufgenommen.
Ein paar Punkte am Bericht von Uwe möchte ich aber kritisieren:
1. Es gibt kein "Larry Brent" Hörspiel mit dem Titel "Insel der Skelette", da hast Du dich wohl im Titel geträuscht. Ich denke Du meintest "Die Schlangenköpfe des Dr. Gorgo".
2. Hast Du vergessen zu schreiben das es ein großartiges Nachschlagewerk über Jürgen gibt, von Christian Montillon.
3. Es gab ein Dan Shocker Lexikon und zwar von mir und das mit Vorwort von Jürgen höchstpersönlich.
4. Es gibt die "Macabros" Hörspiele von Hörspiele-Welt die Du nicht erwähnt hast.
5. Und zu guter letzt hast Du auch die "Dan Shockers Burg Frankenstein" Hörspiele vergessen, die nach Jürgens Burg Frankenstein Spannungsromane entstanden.
Aber das nur der Form halber.
Edit: Und Christians Buch ist eigentlich mehr ein Dan Shocker-Nachschlagewerk, denn eines über Jürgen (ungeachtet dessen absolut hohen Wertes, der Qualität und des Nutzens)
(Blitz-Verlag: "Draculas Höllenfahrt"). Der darin enthaltene Stiel der 70ger Jahre, das Konzept um Larry Brant und die PSA, aber auch seine SF-Story "Die Macht im Kosmos" wissen mich auch heute noch zu faszinieren. Es ist schade das so ein begnadeter Autor nicht mehr unter uns weilt, gleichsam finde ich es äußerst positiv, das der Zauberspiegel ihn und seiner Werke in vielen Artikeln ein Andenken bewahrt.
Vielen Dank für die vielen Stunden der Unterhaltung