Was einst lockte und heute vereint - Fanwelten im neuen Zeitalter
Was einst lockte und heute vereint
Fanwelten im neuen Zeitalter
Vor 55 Jahren wurde die Musikkassette marktfähig gemacht. Ein Stück Plastik mit Magnetband. Bei einer Umfrage unter Jugendlichen, wusste diese nicht was eine Musikkassette mit einem Bleistift zutun hat. Kein Wunder. Musikkassetten sind für unter 20jährige ein Relikt aus ferner Zeit. Schon mal gehört, aber nie genutzt. Dennoch die einzige Hörspielserie, die noch auf Kassette produziert wird sind die „Drei ???“. Warum wohl? Weil die Hörer teilweise so alt sind wie die Serie und älter und sie über das Kassettenzeitalter mental noch nicht herausgewachsen sind. Die Absatzzahlen müssen sich jedenfalls lohnen und nicht 100 Leute kaufen die Kassetten, sondern viel mehr. Andernfalls hätte EUROPA die Produktion der Tapes längst eingestellt. Es sind die Kassettenkinder.
Wer damals im TV Der Alte und Derrick schaute, der tat dies in der Familie und man hate außer einem Abspann keine weiteren Informationen zu den Serien. Heute bilden sich bei Facebook ganze Freundeskreise dieser und anderer Serien und auch die Darsteller, Regisseure und sogar Cutter von damals sind Mitglied. Und so bekommt man Einblicke und Infos fast 40 Jahre später und dadurch erneut begeisterungsfähig. Man sieht diese Serien aber auch mit anderen Augen. Eine neue Zeit ist eingekehrt. Fast unbemerkt.
Alles ist näher und zum anfassen, weniger mystisch als damals. Man lernt Stars von damals über Facebook kennen, plaudert mit Ihnen wie mit alten Bekannten. Regisseure von damals oder ihre Kinder tummeln sich in den Untiefen des Netzes. Der Enkel von Horst Tappert begegnete mir neulichst auf diese Weise. Der Mörder aus einem Uralt-Tatort grüßt mich freundlich über Whatsapp.
Und doch die Zeit ist durch. Der Heftroman ist durch. Und doch gibt es noch ewig der Sache Verschriebenen, die nicht loslassen können und wollen. Eine aussterbende Spezies, um die Verlage und Autoren kämpfen wie nie. Hält sich auch das eine oder andere Schiff wacker auf See. Es werden weniger, aber noch sind es ausreichend. Traumhafte Verkaufszahlen aus den 70er Jahren sind eben ein Traum und selbst damals war es manchmal nicht gut genug.
Klar gab es auch früher Fantreffen und ähnliches. Aber heute vereint man sich digital bei Facebook oder anderswo und man lernt u.a. Sinnesgenossen kennen, die früher das gleiche teilten ohne es zu wissen.
Fans von Heftromanen sind heute Autoren. Auch das gibt es. Fans von Hörspielen sind heute Produzenten und Macher. Doch hier gilt: Die Gruppe der Hörspielfans ist klein. Sehr klein im vergleich zu dem was ein Hype heute ausmacht. Ein Kinofilm wird mit weltweiten Einspielergebnissen finanziert. Es ist ein kurzer Hype. Ein Hörspiel wird mit einer Handvoll Fans finanziert (oder nicht rechnend finanziert) und das Interesse hält manches Mal Jahrzehnte.
So oder so ähnlich wird noch eine Weile bleiben. Auch der Zauberspiegel ist ein Medium für die Gruppe der einstigen Fans und Macher einstiger Medienprodukte. Und heute weiß man mehr darüber als früher. Dieses Wissen zu teilen macht Spaß.
Kommentare
schöner Artikel. Ich erlebe es in meinem Bekannten- und Freundeskreis so, dass auch die Kinder der "Kassettenkinder" mit den Kassetten aufwachsen, einfach weil sie immer (noch) sehr präsent sind, wenn man auch ein paar davon nicht anfassen geschweige denn abspielen darf
Meine Kids hören meistens ihre CDs, nur Alf wird grundsätzlich auf Kassette gehört, obwohl die komplette TV Serie auf DVD im Schrank steht. Als Einschlafhilfe etwas nervig, wenn sie nach der ersten Seite noch nicht die Kurve kriegen und wieder aufstehen, um die Kassette umzudrehen.
Allerdings schätze ich mal, dass meine Enkelkinder keine Kassetten mehr erleben werden...
...wir hatten damals sogar Raumpatrouille Orion auf Kassette aufgenommen, als eine Art Ersatzhörspiel. DVDs gab es ja noch nicht. nicht einmal Videokassetten. Perry Rhodan (und Bibi Blocksberg) erschienen übrigens auch auf Kassette.