Jesuiten und Indianer - Schwarzrock – Black Robe - Ein Roman von Brian Moore (1921-1999)
Jesuiten und Indianer
Schwarzrock – Black Robe - von Brian Moore (1921-1999)
Wer hier nun simple, verklärte und hinlänglich bekannte Indianerromantik im Stile eines James Fenimore Cooper erwartet, der wird enttäuscht. Wer einen Bericht über die Überlegenheit des Weißen dem Wilden gegenüber erwartet, der wird ebenso enttäuscht. Genauso wird derjenige enttäuscht, der ein romantisch verklärtes Plädoyer für den edlen Wilden erwartet.
Der irische Autor präsentiert uns hier nämlich einen Roman, dessen Szenario und historischen Hintergrund er während seiner Aufenthalte in Kanada äußerst akribisch recherchierte. Er selbst wurde 1948 übrigens auch kanadischer Staatsbürger und arbeitete für eine Zeitung in Montreal.
Als Quelle dienlich war ihm unter anderem das authentische Werk The Jesuits in North America in the Seventeenth Century von Francis Parkman, einem US-amerikanischen Historiker, der selbst in jungen Jahren unter Indianern lebte. Soviel als Hintergrundinformation zum Autor und zum Buch.
Der Leser bekommt einen sehr lebendig geschilderten Einblick in Alltag, Lebensweise und Philosophie der Ureinwohner der Woodlands und erfährt das Aufeinandertreffen von Kulturen, wie sie verschiedener nicht sein könnten: Die der Weißen und die der „Wilden“, die zwangsläufig unterliegen müssen. Zwar verachten sie die Normannen, sie fühlen aber dennoch das drohende Unheil das von diesen Menschen und ihrer Präsenz ausgeht und zwangsläufig ihren Untergang bedeuten wird: Materialismus, Missachtung der Natur und ganz profane selbstdienliche Besitzgier.
Moore ergreift in seiner Erzählung aber keine Partei, sondern erzählt seine Geschichte fast wertfrei. Fast. Unterschwellig glaubt der aufmerksame Leser nämlich zu erkennen, dass die Kultur der Wilden um einiges natürlicher und respektvoller der Schöpfung gegenüber ist, als die der Weißen. Angedeutet und beschrieben wird auch die animalische Anziehungskraft der Lebensweise der Sauvages, der Wilden auf die Europäer. Manch einer der Akteure legt das Mäntelchen der Zivilisation schnell ab und schlüpft intuitiv in das regressive Bärenfell des Ureinwohners.
Was nicht unbedingt zu seinem Nachteil scheint. Der Wilde an sich selbst ist nämlich nicht wild – im Sinne von Primitivität - , lediglich seine Weltanschauung und seine Lebensweise sind der westlichen Welt einfach nur fremdartig.
Genauso exotisch unnatürlich und absurd hingegen erscheint dem Wilden aber die Kultur der Weißen.
Der Roman geizt im Übrigen auch nicht mit expliziten Gewaltdarstellungen, wie etwa rituellen Kannibalismus, wobei diese nie zum Selbstzweck verkommen. Geschildert wird die Menschenfresserei zwar brachial, schonungslos und schockierend, allerdings gelingt Moor die Gratwanderung zwischen Effekthascherei und der Geschichte dienlichem notwendigem Stilmittel meisterhaft. Die Hauptfigur des Romans – der normannische Jesuiten-Pater – ist übrigens auch nicht gänzlich frei von Zweifeln und körperlichen Bedürfnissen. Wenngleich er auch kein Menschenfleisch genießt, sondern eher Hand an sich selbst legt, und dem Voyeurismus nicht abgeneigt ist.
Moore schildert dies alles insgesamt sehr überzeugend und hinterlässt einen sehr nachdenklichen Leser. Seine Sprache ist klar, die Ausdrucksweise gewählt und der jeweiligen Situation angepasst. Kein Wort ist zuviel, aber auch keins zu wenig. Das Ende des Romans bleibt indes offen: zwar werden die Heiden getauft, aber deren Herzen schlagen weiterhin wild und ungezähmt…
Verfilmt wurde das Buch übrigens im Jahre 1991 von Bruce Beresford. Der Streifen Black Robe – Am Fluss der Irokesen ist hierzulande aber leider fast unbekannt und wird auch nicht (oder zumindest sehr selten) im Fernsehen gezeigt. Was wohl auch an der falschen und unpassenden Kategorisierung „Western“ liegt. Ein ähnliches Schicksal wurde auch dem Film Der Schrecken der Medusa zum Verhängnis: Ein Mystery-Thriller, der fälschlich als Katastrophen-Streifen vermarktet wurde.
Klar, dass die Zuschauer enttäuscht waren.
Fazit: Eine klare Leseempfehlung. Das Buch lässt sich bequem an zwei Abenden lesen, ist auf jeder einzelnen Seite spannend und lässt eine Welt wie sie vor über 300 Jahren existierte, sehr lebendig und klar wieder auferstehen.
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