Leit(d)artikel KolumnenPhantastischesKrimi/ThrillerHistorischesWesternAbenteuer/ActionOff TopicInterviewsHintergründeMythen und WirklichkeitenFictionArchivRedaktionelles

Eine gottesfürchtige Stadt klagt an - »Wer Sturm sät«

Wer Sturm sätEine gottesfürchtige Stadt klagt an
»Wer Sturm sät«

So unglaublich es uns im 21. Jahrhundert auch vorkommen mag – die Ereignisse, die im Fernsehfilm „Wer Sturm sät“ (eine recht unglückliche deutsche Titelwahl des im Original „Inherit the Wind“ benannten Films) beschrieben werden, haben sich im Jahr 1925 in Dayton im US-Bundesstaat Tennessee tatsächlich zugetragen. Das, was dort vor einer Heerschar an Journalisten vor dem Criminal Court verhandelt wurde, ist als „Affenprozess“ in die Geschichtsbücher eingegangen.

Wer Sturm sätDreißig Jahre danach wurde der Prozess gegen den Lehrer John Thomas Scopes, der sich erdreistete, in seinem Schulunterricht die Evolutionstheorie nach Charles Darwin zu lehren und damit die religiöse Majorität seiner Stadt vor den Kopf stieß, erstmals für eine fiktionalisierte Version aufgegriffen. Jerome Lawrence und Robert E. Lee schufen unter dem Titel „Inherit the Wind“ 1955 ein Theaterstück, das ein Sensationserfolg beim Publikum und u.a. mit dem Donaldson Award ausgezeichnet wurde. Fünf Jahre darauf schrieben Nedrick Young und Harold Jacob Smith die Theatervorlage in ein Filmdrehbuch um, das von Stanley Kramer inszeniert und hierzulande als „Wer den Wind sät…“ ausgewertet wurde. Der mit Spencer Tracy und Fredric March hochkarätig besetzte Film brachte es auf vier Oscar-Nominierungen. Für das US-Fernsehen entstanden in den folgenden Jahren noch mehrere Remakes, 1965 mit Melvyn Douglas und Ed Begley (in Deutschland bislang nicht gezeigt), 1988 als „Der Brady-Skandal“ mit Jason Robards und Kirk Douglas und schließlich 1999 als „Wer Sturm sät“ mit Jack Lemmon und George C. Scott.

Wer Sturm sätNachdem der Lehrer Bertram Cates (Tom Everett Scott) im Schulunterricht Charles Darwins Evolutionstheorie gelehrt hat, wird er im Städtchen Hillsboro angeklagt, weil er damit der Schöpfungsgeschichte, wie sie in der Bibel beschrieben wird, widersprochen hat. Als Staatsanwalt fungiert der charismatische, tief religiöse Politiker Matthew Harrison Brady (George C. Scott), der schon wiederholt für den Posten des US-Präsidenten kandidierte. Dem jungen Lehrer wird mit Henry Drummond (Jack Lemmon) ein ebenso versierter Verteidiger an die Seite gestellt, der vor einigen Jahrzehnten mit Brady eng befreundet war und dessen Wahlkämpfe unterstützte. Ein weiterer Konflikt entsteht durch die private Liaison Bertrams mit Rachel Brown (Kathryn Morris), deren Vater Reverend Jeremiah Brown (Lane Smith) ist, der in ganz Hillsboro überaus beliebte Prediger der Stadt. Aus Baltimore reist der Reporter E.K. Hornbeck (Beau Bridges) an, der ebenfalls auf der Seite des Lehrers steht und den anachronistischen Schauprozess bundesweit bekannt machen möchte.

Wer Sturm sätDaniel Petrie sr. („Ein Fleck in der Sonne“, „Mein Freund Mark Twain“) hat sich in diesem Remake auf die Stärke der Vorlage verlassen und einfach auf das Original-Drehbuch des Stanley-Kramer-Films von 1960 zurückgegriffen. Auch die Wahl der beiden redegewandten Antagonisten trägt viel zum Gelingen dieser Neuverfilmung bei. Jack Lemmon wurde für seine Darstellung mit dem Golden Globe ausgezeichnet und – wie auch Beau Bridges – für den Emmy Award nominiert. Sein filmischer Kontrahent George C. Scott (die beiden traten kurz zuvor auch gemeinsam im Fernseh-Remake von „Die zwölf Geschworenen“ gemeinsam auf) erhielt eine Nominierung zum Screen Actors Guild Award, dessen Verleihung er allerdings nicht mehr erlebte, weil er nur wenige Monate nach der Erstausstrahlung von „Wer Sturm sät“ mit 71 Jahren gestorben war. Scott wirkt in seinem filmischen Vermächtnis auch schon ziemlich angeschlagen, was sein schauspielerisches Können aber nicht schmälert und den dramatischen Ausgang der Ereignisse umso glaubwürdiger macht. Für Freunde intelligenter Schlagabtausche und exquisiter Schauspielerleistungen ein kurzweiliger und tiefgründiger Genuss. Die DVD-Erstveröffentlichung bietet ein exzellentes Bild (im Vollbildformat 1,33:1) von bestechender Schärfe und einen ebenfalls nicht zu beanstandenden Ton (Deutsch und Englisch in Dolby Digital 2.0 Stereo). Extras sind nicht mit aufgespielt.

Der Gästezugang für Kommentare wird vorerst wieder geschlossen. Bis zu 500 Spam-Kommentare waren zuviel.

Bitte registriert Euch.

Leit(d)artikelKolumnenPhantastischesKrimi/ThrillerHistorischesWesternAbenteuer/ActionOff TopicInterviewsHintergründeMythen und WirklichkeitenFictionArchivRedaktionelles