Schwein unter Anklage - »Pesthauch des Bösen – Die Stunde des Schweins«
Schwein unter Anklage
»Pesthauch des Bösen – Die Stunde des Schweins«
Für den 1944 im nordirischen Belfast geborenen Regisseur und Produzenten Leslie Megahey stellt „Pesthauch des Bösen“ seinen bislang einzigen und auch letzten Film dar, der für die große Kinoleinwand inszeniert wurde. Alle seine vorangegangenen Filme und Serienepisoden entstanden fürs Fernsehen. Vieles davon ist auch eher dem dokumentarischen Bereich zuzuordnen, da er mit der Reihe „Star Close-up“ Ende der 1960er Jahre einige Filmstarporträts inszenierte oder unmittelbar vor „Pesthauch des Bösen“ mit der Dokumentation „With Orson Welles: Stories of a Life in Film“ die Karriere des bekannten Regiekollegen und Schauspielers Revue passieren ließ. Sein in der Renaissance angesiedelter Kinofilm ist ein exzellent besetztes Historiendrama, in dem sich neben Altstars wie Donald Pleasence, Michael Gough und Sir Ian Holm auch der seinerzeit noch recht unbekannte Colin Firth („The King’s Speech“, „A Single Man“) in der Hauptrolle findet, welche dem absurden Geschehen alle mit Klasse und Niveau begegnen und deswegen den Fans ein Anschauen schmackhaft machen können.
Der junge Anwalt Richard Courtois (Colin Firth) hat sich aus Paris in die Provinz versetzen lassen, wo er den vakant gewordenen Posten des Strafverteidigers übernehmen soll. Als Chefankläger in den lokalen Prozessen fungiert Maitre Pincheon (Donald Pleasence), die Urteile fällt der ehrenwerte Magistrat Boniface (Michael Gough). Im 15. Jahrhundert ist es allgemein zwar nicht mehr üblich, dass Tiere unter Anklage gestellt werden, aber in dem nach wie vor sehr mittelalterlich anmutenden Städtchen hat sich diese antiquierte Tradition halten können. Gerade erst wurde eine Eselin begnadigt, mit der ihr Bauer Unzucht getrieben hatte, der Bauer selbst erhielt die Todesstrafe. Nun wird aber ein Schwein für die Tötung eines jüdischen Jungen verantwortlich gemacht und von Pincheon angeklagt. Courtois soll die Verteidigung des Tieres übernehmen. Als er die Besitzerin des Schweines, die hübsche Samira (Amina Annabi), kennenlernt, die aus Ägypten nach Frankreich ausgewandert ist, erwacht in Courtois ein Beschützerinstinkt. Nicht nur, dass er sich zu der jungen Frau sexuell hingezogen fühlt, muss er auch die rassistische Ablehnung erleben, die dieser von Seiten der französischen Dorfbevölkerung entgegengebracht wird. Je tiefer er sich mit dem Fall auseinandersetzt, desto mehr Ungereimtheiten treten dabei zu Tage. Der ehrenwerte Seigneur Jehan d’Auferre (Nicol Williamson), der als höchster Adeliger die Fäden in der Stadt in seiner Hand hält, scheint ebenfalls in die Geschichte verwickelt zu sein.
Genau so skurril, wie diese kurze Inhaltsbeschreibung klingt, ist der Film auch insgesamt ausgefallen. „Pesthauch des Bösen“ ist ein an beeindruckenden Originallocations stimmungsvoll inszenierter Historienfilm mit höchst eigenartiger Thematik, der allerdings über weite Strecken an der reichlich fahrigen und sprunghaften Inszenierung Leslie Megaheys krankt. Immer wieder scheinen Szenen allzu abrupt zu enden oder recht willkürlich aneinandergereiht, was es dem Zuschauer umso schwerer macht, sich in die seltsame Geschichte einzufinden. Die gleichwohl formidabel aufspielende Starbesetzung reicht indes, um sich diesen hierzulande auch relativ unbekannten Film (er erlebte seine Deutschlandpremiere 1996 im ZDF) doch einmal zu Gemüte zu führen. Die DVD-Erstveröffentlichung in der Reihe „Pidax Historien-Klassiker“ bietet ein nicht immer voll überzeugendes Bild (im Widescreen-Format 1,78:1, eventuell von einem französischen Magnetbandmaster gezogen) und einen ordentlichen Ton (Deutsch und Englisch in Dolby Digital 2.0), der stets gut zu verstehen ist. Auf die Beigabe von Bonusmaterial hat man verzichtet.
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