Rasputin - Einfluss aufs Zarenhaus
Rasputin (1966)
Einfluss auf das Zarenhaus
Vielleicht weiß nicht jeder, wer dieser Rasputin tatsächlich war und was ihn zu dieser Figur der Popkultur werden ließ – aber den Song, den ihm Boney M. im Jahr 1978 gewidmet haben, kann wohl so ziemlich jeder mitträllern. „Ra-Ra-Rasputin, lover of the Russian Queen, … Russia’s greatest love machine“ sind nur zwei Zeilen des Songs, die schon einiges über den Mann mit dem Rauschebart und dem irren Blick aussagen. In der Filmgeschichte griff man sein tragisches Schicksal schon erstmals während der Stummfilmzeit auf. Nur wenige Monate nach seinem gewaltsamen Tod wurde er von Montagu Love in „Rasputin, the Black Monk“ dargestellt. In den folgenden Jahren schlüpften noch etliche weitere versierte Schauspieler in die Rolle des wahrsagenden und heilenden Mönchs, beispielsweise Conrad Veidt („Rasputin, Dämon der Frauen“, 1932), Lionel Barrymore („Der Dämon Rußlands – Rasputin“, 1932), Christopher Lee („Rasputin – Der wahnsinnige Mönch“, 1966) oder schließlich sogar Gérard Depardieu („Rasputin – Hellseher der Zarin“, 2011). Hierzulande am bekanntesten ist vielleicht die 1996 entstandene Fernsehfassung „Rasputin“ von Uli Edel, in der Alan Rickman die Titelrolle verkörperte. Gänzlich ohne verklärenden Schnickschnack und unseriöse dramaturgische Überzeichnungen wurde 1966 der Fernsehzweiteiler „Rasputin“ von Robert A. Stemmle gestaltet, der in der Form des seinerseits sehr beliebten Dokumentarspiels daherkam.
Eine Untersuchungskommission unter Leitung des Staatsanwalts Rudnew (Rudi Schmitt) soll einige Jahre nach dem gewaltsamen Tod Rasputins (Herbert Stass) die Hintergründe ermitteln und die Fakten von den Legenden trennen. Aus diesem Grund werden etliche noch lebende Zeitzeugen befragt, die den Wanderprediger persönlich gekannt hatten, der schließlich zum wichtigsten Berater des russischen Zaren Nikolai Nikolajewitsch Romanow (Wolfram Schaerf) und seiner Gattin Alexandra Fjodorowna (Anneliese Römer) aufgestiegen war. Sergej Trufanow, der ehemalige Prior Iliodor (Klaus Miedel), ist nicht gerade gut auf seinen Glaubensgenossen zu sprechen. Seiner Meinung nach steckte Rasputin mit dem Bösen im Bunde und hat seine besondere Stellung auf schamlose Weise ausgenutzt. Völlig anders sieht Anna Alexandrowna Wyrubowa (Heike Balzer) die Sache. Anna war Hofdame am Zarenhof und eine enge persönliche Vertraute der Zarin. Sie wurde Zeugin, wie es Rasputin durch seine besonderen Fähigkeiten gelang, den jungen Thronfolger, Zarewitsch Alexej (Mathias Einert), vor dem Tod zu retten, nachdem sich der an der Bluterkrankheit leidende Junge innere Verletzungen zugezogen hatte. Am Ende der Untersuchung kommt auch noch Fürst Jussupoff (Dieter Ranspach) zu Wort, der in den Mord an Rasputin verwickelt war.
Wie von den klassischen Dokumentarspielen jener Zeit nicht anders zu erwarten, ist auch der Zweiteiler „Rasputin“ eine präzise und dialoglastige Rekonstruktion der damaligen Ereignisse. Neben den zahlreichen Befragungen im Saal der Untersuchungskommission werden aber auch etliche der Ereignisse in weiteren Spielszenen abgebildet, in denen es Herbert Stass in einer intensiven Darstellung der Titelfigur gelingt, den zwischen Nächstenliebe und Wahn pendelnden Mann überzeugend wieder zum Leben zu erwecken. Frei von plakativem Firlefanz entsteht dabei das überaus realistisch anmutende Porträt eines Mannes, dem es gelang, die Geschicke Russlands durch seinen Einfluss auf das Zarenhaus und die Politik maßgeblich zu beeinflussen. Trotz des nüchternen Drehbuchs und der schnörkellosen Inszenierung sind die insgesamt 163 Minuten des Zweiteilers stets kurzweilig unterhaltsam. Die DVD-Erstveröffentlichung bietet ein überdurchschnittlich gutes Bild (im Vollbildformat 1,33:1), insbesondere in den Nahaufnahmen, in denen etliche Details erkennbar sind. Auch der deutsche Originalton (in Dolby Digital 2.0) ist nicht zu beanstanden. Auf die Beigabe von Bonusmaterial hat man verzichtet.