40 Jahre Tatort - TAXI NACH LEIPZIG
Dem Hamburger Hauptkommissar Paul Trimmel geht der Nebensatz mit den westdeutschen Schuhen nicht aus dem Kopf. Sein Ostberliner Kollege Karl Lincke, mit dem er früher im Reichskriminalamt zusammen gearbeitet hat, versichert ihm zwar: "Der Fall ist tot für euch".
Trotzdem beginnt Trimmel zäh mit eigenen Nachforschungen. Vergebens klingelt er an der Tür einer Villa an der Hamburger Elbchaussee. Der vermögende Chemiker Erich Landsberger - unehelicher Vater des Kindes, das die Mutter Eva Billsing in der DDR als ihren toten Sohn Christian identifiziert hat - ist mit seinem zweiten Jungen nach Frankfurt umgezogen.
Als Trimmel ihn dort aufsucht, weicht der Witwer den Fragen des Kriminalbeamten kühl aus. Er kann aber nicht verhindern, dass dieser den auffälligen Dialekt seines Sohnes vernimmt. Auf eigene Faust fährt Hauptkommissar Trimmel mit seinem Wagen über die Zonengrenze in Richtung Westberlin.
Bei Leipzig täuscht er eine Panne vor, mietet ein Taxi und sucht nach Eva Billsing, die im Vorort Markkleeberg wohnt...
Der Schauspieler WALTER RICHTER mimte in "TAXI NACH LEIPZIG" den Kommissar TRIMMEL und war damit der erste Tatort-Kommissar der Fernsehgeschichte.
Doch bereits die erste Folge vom TATORT war skandalträchtig, denn Kommissar Trimmel hält sich darin nicht an die Dienstvorschriften, ist eigentlich überhaupt nicht zuständig für den Fall, fährt undercover in die DDR, wo er gar nicht hin dürfte, und lässt am Schluss den Täter laufen, der seinen todkranken Sohn mit einem Kissen erstickt hat, um statt seiner einen unehelichen Sohn aus der DDR herauszuschmuggeln.
Damit brach TAXI NACH LEIPZIG (mit einer Einschaltquote von 61%) spektakulär mit der deutschen Serienkrimi-Tradition, in der die Ermittler entsprechend korrekt sind und der Täter natürlich am Schluss zur Strecke gebracht und verurteilt wird.
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© 2009 by Ingo Löchel
Bilder: Archiv des Autors
Kommentare
Die Handlung fand ich nicht so besonders klasse, aber die Atmosphäre der frühen 70er Jahre (oder der späten 60er?) entschädigt dafür. Die Autos und die Klamotten sind klasse, und ich finde, die Repressionen des DDR-Staates kommen gut rüber. Auch die alte Straßenbahn gefällt mir als Fan natürlich gut.
Erstaunlich für heutige Zuschauer ist zudem, wie viel dort geraucht und getrunken wurde. Trimmel hat praktisch den ganzen Film über eine Zigarre im Mund, und zu jeder passenden und unpassenden Gelegenheit wird gekippt, bis der Arzt kommt.
Weiß eigentlich jemand, ob der Film tatsächlich im Osten gedreht wurde? Als Trimmel in Leipzig ist, sehen die Häuser dort schon recht bunt aus; da hätte man eher grau erwartet. Aber das Café am Flughafen und die Straßenbahn...