Die Goofys der (Krimi)-Literatur oder »Harry, hol' schon 'mal den Wagen...« - Der Neben-Protagonist als Erhellung der Hauptperson
Die Goofys der (Krimi)-Literatur ...
oder ... »Harry, hol' schon 'mal den Wagen...«
Der Neben-Protagonist als Erhellung der Hauptperson
Da fällt uns zuerst Sancho Pansa ein, der Gefährte von Don Quichotte, der mehr Verstand (zumindest gesunden Alltagsmenschenverstand) besitzt als die Hauptperson, hier so gewählt, um die Verwirrtheit des Protagonisten besonders klar zu konturieren. Ansonsten sind aber seit Robin Hood und Little John, die Begleiter der Hauptperson, bei allen ihnen beigegebenen Fähigkeiten oft nur dazu da, um das Licht des genial denkenden oder handelnden Protagonisten um so heller leuchtend herauszustellen.
Nur selten sind sie gleichwertig (wie etwa Perry und Atlan, Old Shatterhand und Winnetou, Enkidu und Gil-Gamesch eben.). Von Micky Maus und Goofy zu Holmes und Watson, Hornblower und Bush, van Dusen und Hatch oder Poirot und Hastings, sind die Partner der Helden nur als Resonanzboden zur Unterstützung da. Aufzählen ließen sich noch mehr Paare: Batman und Robin z.B.).
Ursprünglich auch bei Star Trek so vorgesehen, mauserte sich Spock zur Gleichwertigkeit neben Kirk...
Helden die als Solitär dastehen, wie z.B. Superman werden hier jetzt ebenso wenig betrachtet wie diejenigen, die nur ab und an einen Begleiter zur Seite gestellt bekommen hatten.
Warum also existiert dieser Begleiter?
Ist er wirklich nur ein tumber Resonanzboden, der den Haupthelden unterstützt, oder ist er auch zu eigenständigem Handeln und Denken fähig? Ist die Ergänzung zum Couple eine Erweiterung oder Behinderung der Fähigkeiten beider? Benötigt Derrick seinen Assistenten „Harry“ zu mehr als zum Wagenholen?
Kann dieser auch eigenständig Gangster fangen bzw. selbständig handeln und Denken? Interessant sind solche Serien dann, wenn die Sekundärfigur herausgelöst werden kann und als selbstwertig agierndes Subjekt mindestens genauso gut dargestellt wird wie das Duo.
Manchmal klappt das nicht: die Spenser-Krimis von Roberrt B. Parker etwa, die ich mag, sind gut verfilmt, Spenser und Hawk kommen zusammen gut rüber. Die später ausgelagerte Fernsehserie, Hawk allein, gefiel nicht so gut, hier fehlte der interessante Kontrast zwischen der „weißen“ und der „schwarzen“ Alltagswelt im modernen Amerika. Diese Serie erschien mir daher eher monoton, das Feeling der Hauptserie kanm nicht herüber, obwohl Hawk eine sehr interessante Figurendarstellung des klassischen Helden abgibt, der sich ja auch immer selbst mythologisiert.
Wären denn Romane um Watson allein als Detektiv spannend (es gibt ja auch die Inspektor Lestrade-Romane von Meirion James Trow, in denen Holmes lange tot ist und eben L. die Hauptfigur, übrigens allen zu empfehlen., die sie nicht kennen, in D-Land einst bei Rowohlt, schwarze Reihe, erschienen)? Oder kommen die Haupthelden eben nur als „Dynamisches Duo“ besonders gut herüber in ihren Kontrasten?
Wäre auch der Protagonist allein erzählenswert bzw. gut zu lesen? Warum können einige Helden alleine agieren (Superman z.B.) und andere benötigen Partner? Fehlt diesen Charakter-Kreationen etwas zur Vollständigkeit als alleinige Persönlichkeit? Oder genügt hier der Zwei-Seelen-Habitus als Normalmensch und Superheld zur Vervollkommnung des Charakters?
Warum sind dann Batman und Robin zusammen besser als Batman allein? Sind alle diese „Goofys“ wirklich notwendig zur Unterstützung des Haupthelden? Wie steht es mit ihrer eigenen Tragfähigkeit? Selbst der „originale“ Goofy kann ja als Supergoof allein agieren...(Würde z.B. jemand mit mir zusammen einen „Watson-Roman“ schreiben...ohne Holmes...hätte dieser Erfolg?)
© 2015 by Aarn Munro
Kommentare
Also, ich muss gestehen, dass ich echte Bedenken wegen
der Bezeichnung Goofy habe.
Wohingegen ich vehement widersprechen muss, ist
der Kirk / Spock Vergleich. Nach den ersten beiden
Pilotfilmen wurde STAR TREK neu konzipiert. Ist Kirk
zweifellos die Hauptfigur, wurde ihm Spock an die Seite
gestellt, um als Vernunft-Wesen den Gegenpol zum
impulsiven Captain zu bilden. Und darin bilden sie
eine Einheit. Kein Sidekick, und auch kein Goofy.
AAAABER, (also ein sehr großes Aber), Pille wurde erst
später als Ergänzung zum Triumvirat entdeckt.
Letztendlich hast du aber Recht. Diesen Einfluss
sollte man nicht außer acht lassen.
Erstens braucht das Publikum jemanden, mit dem es sich identifizieren kann. Das wird bei Helden mit Superkräften, körperlichen oder geistigen, schon mal etwas schwierig. Der Begleiter ist sozusagen das Bindeglied zwischen dem Normalbürger und dem Helden. Und es schmeichelt ja auch ein bisschen, zu sehen, wie der Superheld auch mit dem weniger genialen Begleiter Freundschaft hält, als sich allein oder nur unter seinesgleichen durch die Welt zu schlagen.
Zweitens ist es ja oft so, dass der Begleiter dem Helden zuarbeitet. Bei Krimis beispielsweise ist es oft der Assistent aus der zweiten Reihe, der dem Kommissar viele Dinge erzählt, die er beim Recherchieren am PC rausgefunden hat, was das Labor berichtet, was die Untersuchung der Leiche ergeben hat und dergleichen mehr.
Genau genommen erzählt der Assistent diese Dinge in erster Linie dem Publikum. Das braucht die Informationen, um die Handlung besser verstehen zu können. Bei der echten Polizeiarbeit ist es ja ein vielköpfiges Team, das diese Informationen einholt und in regelmäßigen Besprechungen miteinander teilt. Das in einem Krimi realistisch darzustellen wäre schwierig, weil den Leser zu viele Namen und den Zuschauer zu viele Gesichter leicht durcheinander bringen können - abgesehen von den höheren Produktioniskosten bei einer Verfilmung, wenn da so viele Leute auftreten.
Eine interessante Version davon sind die Münster-Tatorte mit Boerne und Thiel. Diese beiden sind gleichberechtigt und beide in ihrem Fachgebiet gut. Aber auch sie brauchen ihre Assistentinnen, der Professor bekommt Unterstützung von "Alberich", den Kommissar hält Nadeschda auf dem Laufenden, was die weiteren Ermittlungen ergeben haben. Beide Frauen unterrichten aber auf diesem Wege vor allem das Publikum über die Hintergründe des Falles.